Boulevard West | Europacity

  • Oh jeh. Beim QH-Track wurde ja alles zusammengestrichen, was irgendwie nach Architektur aussah. Von einer stark profilieren Fassade, siehe erste Visualisierung, zur glatten, billigen Investorenkiste ohne Anspruch. Es ist zum Verzweifeln.

  • Wenn gefühlt bis zum Horizont alles aussieht, wie renovierungsbedürftige Arbeitsämter und Verwaltungsbehörden, dann ist das für mich die perfekte Dystopie. Noch ein bisschen Berliner Grauhimmel dazu, und der amtlich fabrizierte Albtraum ist perfekt.


    Bezeichnend ist, dass diese substanzlose Tristesse schon jetzt von fast allen abgeleht wird. Man wird in Zukunft also nicht einmal sagen können: "Sowas fand man damals attraktiv." Und somit kommen wir in der Europacity wohl tatsächlich dem näher, was man Ausdruck eines minderwertigen Architekturverständnisses nennen kann. Bei der Suche nach sinnvollen Antworten auf die Grundfragen von Architektur, wie man Volumina am besten gliedert, wie lebenswerte Räume gefasst und gestaltet werden können, wie Fassaden lesbar werden und Gebäude identitätsstiftend werden oder durch Ästhetik für Architektur faszinieren können, für all das kann man hier in Hülle und Hülle studieren, wie es nicht funktioniert.


    In veralteten Rechtssystemen hätte man die Entscheider*innen für dieses Trauerspiel als Dank wohl dazu verdonnert, dort bis an ihr Lebensende Quatier zu beziehen.

  • Es ist das Erbe von Frau Lüscher und ihrem Baukollegium.


    Ich sehe es nicht ganz so negativ, wie die Vorredner. Aber nach lebensfrohen Städtebau sieht es nicht aus. Der Kontrast zum romantischen Traum vom Bullerbü in der Stadt, wie er im Bergmannkiez oder Prenzlberg gelebt wird, könnte nicht größer sein. Die Faszination der anonymen Bürostadt, der Gleichmacherei durch Normierung wird hier gepflegt. Der Mensch wird zum Anhängsel zum Rädchen im Getriebe.

  • Ich denke das Europaviertel ist das was es ist: Profane Büroghetto Architektur. Bereit um in der Bedeutungslosigkeit zu versinken. Kein Mensch wird sich dafür in Zukunft interessieren. Ganz anders die Media Spree. Hier gibt es ebenfalls genug Bausünden aber: Viele unterschiedliche Projekte die im Gesamtbild sehr abwechslungsreich daherkommen. Manchmal sehr schrill (MB Platz), aber manchmal auch nüchtern elegant (Max und Moritz) und dann wieder ein wenig exzentrisch (Edge, Stream).


    Im Vergleich ist die E City weit abgeschlagen..

  • Mir gefällt es doch im Großen und Ganzen recht gut. Die Fassaden sehen wirklich sehr 70s aus (wobei man manchmal noch die Gerüste sieht), aber die allgemeine Räumlichkeit und die Straßenfluchten versprühen den Charme einer stillen, zugeknöpften, aber immens großstädtischen Büro-Ecke – einer Geschmacksrichtung, die für mich in einer Millionenstadt nicht fehlen darf und die es in Berlin vor den Projekten zwischen Nordhafen, HbF und Regierungsviertel in der Ausprägung meines Wissens noch nie so gab. Auf einem Bild stellt Betonkopf das mit dem Bildausschnitt besonders gut dar.


    Auch gefallen mir die Platzsituationen gut – hier dann meist auch die Fassaden. Kein Fan bin ich von dem Bild aus der Heidestraße selbst. Hier sind mir die Gebäude zu "riegelig". Ich hoffe auf einigermaßen nette Gestaltung und zügiges Baumwachstum. ;)


    Jetzt mit dem (fast schon Mega-) trend des Umdefinierens der Innenstädte, Home Office usw. wirkt es etwas aus der Zeit gefallen. Fast so, als sei es eine kuriose Folge Berlins Jahrzehnte lang eingefrorener Entwicklung, dass diese geschichtliche Lücke schnell noch gefüllt wird.

  • Die Faszination der anonymen Bürostadt, der Gleichmacherei durch Normierung wird hier gepflegt. Der Mensch wird zum Anhängsel zum Rädchen im Getriebe.

    Ich sage immer "Einheitsarchitektur für den Einheitsmenschen" -- so, als wollte jemand die Träume des Sozialismus wieder erwecken, wo die Massen, beseelt von der einen wahren Ideologie, ab den 1960er Jahren in Einheitsplatten zogen oder zur Büroarbeit gingen, um sich dort so richtig gleich und frei zu fühlen.


    Leider ist der Kapitalismus architektonisch nicht mehr das, was er mal war -- die Zeiten, als Investoren / Magnaten Gebäude wie das Woolworth Building, das Empire State Building oder das Chrysler Building bauten, die auf der ganzen Welt erkannt und bewundert wurden und werden, sind vorbei. Wenn man sich allerdings die Bürogebäude in Paris (La Défense), in Mailand, in Frankfurt etc. etc. anschaut, wird klar, dass in Berlin meist besonders kleingeistig und armselig gebaut wird, auch wenn die erwähnte Media Spree noch vergleichsweise gut wegkommen wird, wenn man sie aus der Ferne betrachtet und nicht das Pech hat, an den Fassaden der Stralauer Allee entlanglaufen zu müssen.

  • Also die Frankfurter Europa City unterscheidet sich nicht von der in Berlin.

    Kleingeistig geht also auch in FFM.

  • Ich sage immer "Einheitsarchitektur für den Einheitsmenschen" -- so, als wollte jemand die Träume des Sozialismus wieder erwecken, wo die Massen, beseelt von der einen wahren Ideologie, ab den 1960er Jahren in Einheitsplatten zogen oder zur Büroarbeit gingen, um sich dort so richtig gleich und frei zu fühlen.

    Architektonische Gleichmacherei und Einheitlichkeit kann auch der Kapitalismus, siehe z.B. die Arbeitersiedlungen im Norden Englands. Und eben jetzt auch in der Europa-City...

    Dieses ewige Sozialismus-Bashing langweilt nur noch.

  • Also die Frankfurter Europa City unterscheidet sich nicht von der in Berlin.

    Kleingeistig geht also auch in FFM.

    Die Europacity in Frankfurt finde ich städtebaulich und architektonisch sogar deutlich schlimmer als die Europacity in Berlin. In Frankfurt stehen (fast) nur weiß verputzte, belanglose WDVS Kisten, von denen viele als Spekulationsobjekt gekauft wurden und leer stehen. Das alles aneinandergereiht an einer überbreiten Straße, die ihren Spitznamen Stalinstraße hoch verdient hat. Dahinter liegen nur noch suburban anmutende Townhäuser, die null städtischen Raum erzeugen. Desaströser geht es wohl kaum.


    Das macht die Europacity in Berlin zwar nicht zu einem gelungenen Projekt, aber zumindest wurde hier ein städtebaulich kiezigeres und urbaneres Viertel geschaffen, das sich fassadentechnisch durchaus vom WDVS-Einerlei lösen konnte.

  • Machen wir uns nichts vor: Das ist schlicht und einfach ein deutsches Problem. Wenn gekürzt wird, dann an der Ästhetik, außen wie innen. Egal wohin man schaut, international ist in Ost & West fast jeder neue Stadtteil abwechslungsreicher gebaut als die Europacity. Wir haben uns in unserer vermeintlichen Rationalität sowas von in eine Sackgasse begeben, dass es mir ernsthaft vor der Zukunft graut. Und wer dagegen opponiert, wird oftmals zynisch in die Schranken gewiesen. Nichts darf nach Wert aussehen, nichts darf was kosten.

    Die verkopfte Klimadebatte bringt das Fass jetzt zum Überlaufen und das sage ich als absoluter Befürworter von deutlichen Maßnahmen gegen den Klimawandel. Aber auch das funktioniert nicht, wenn man jeden Euro dahingehend bewertet, ob er nicht irgendwo anders besser investiert werden könnte.

  • ^^ Das sehe ich auch so. Zumal das Wohngebiet östlich der Heidestrasse durchaus seine Qualitäten hat. Der Blockrand, das Platzgefüge und nicht zuletzt die Architektur ist so schlecht nicht. Die Lage am Kanal ist sowieso ein Pluspunkt.

    Das alles gilt bis jetzt nicht für die Bürostadt westlich der Heidestrasse, obwohl da ja durchaus respektable Architekturbüros bauen.

  • Update


    Blick über den noch immer verwahrlosten Nordhafen. Warum es immer drei Jahre braucht bis man nach der Fertigstellung auch die Aussenbereiche hinbekommt, werde ich auch nie verstehen




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    Während am einen Ende des Q Tracks noch am Rohbau gewerkelt wird, ist es am Anderen fast einzugsbereit.



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    Blick über den nach wie vor unfertigen Platz zum Q Track


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    Blick vom Ufer auf das Lite

    Ich hoffe ja immer noch, dass die provisorischen potthässlichen Uferbestigungen endlich mal durchgehend durch Uferwände oder Beflanzung ersetzt werden. Seit zehn Jahren ist dieser Kanalabschnitt in der Europacity noch immer nicht durchgehend hergerichtet worden. Das Desinteresse am öffentlichen Raum in Berlin ist wirklich nur schwer zu ertragen. Und nur mit Geld hat das nicht unbedingt was zu tun, denke ich.


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    Beim Riverside Square werden die Aussenbereiche, also der Uferbereich und der Zugang zur Heidestrasse auch langsam fertig


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    Und nochmal ein kleiner Schnappschuss vom Henngebäude.


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  • Ich hoffe ja immer noch, dass die provisorischen potthässlichen Uferbestigungen endlich mal durchgehend durch Uferwände oder Beflanzung ersetzt werden. Seit zehn Jahren ist dieser Kanalabschnitt in der Europacity noch immer nicht durchgehend hergerichtet worden. Das Desinteresse am öffentlichen Raum in Berlin ist wirklich nur schwer zu ertragen. Und nur mit Geld hat das nicht unbedingt was zu tun, denke ich.

    Verstehe die Aufregung nicht, das liegt doch augenscheinlich daran dass dort die letzten zehn Jahre durchgängig gebaut worden ist. Die Uferbereiche in denen die Gebäude fertiggestellt worden sind, sind doch bereits nutzbar und recht ansehnlich angelegt worden. Die letzten Abschnitte folgen dann vermutlich sobald das Lite und der Stadtplatz fertiggestellt sind. Weiter nördlich ist die Bepflanzung am Ufer auch schon lange fertiggestellt, man kann also davon ausgehen dass im Bereich des Lite statt der provisorische Spundwände zur Baustellensicherung, gleiches umgesetzt wird.

  • Das letzte Bild hat ja sogar was. Der Rest ist in der Einzelbetrachtung aber schon recht gruselig. Da wurde viel Potenzial verschenkt.

  • Mit etwas mehr farbigen Panelen könnte man da vielleicht noch was rausholen. Vielleicht bekommen die anderen Türme ja noch unterschiedliche Farben? Die Hoffnung stirbt zuletzt...

  • Dafür, dass Bahn begleitende Architektur in jeder Großstadt die ich von der Bahnseite her kenne immer monoton und recht öde ist, finde ich diese hier absolut wohltuend. Das gefühlte Baujahr 1957 verbindet als Klammer und man könnte hier und da kleinere Bezüge zum Hansaviertel erkennen, wenn man wollte. Ein Schwan unter den üblichen Bahntrassen-Entlein. 👍