Fischerinsel / Petriplatz / Breite Straße

  • Zur Erinnerung noch mal die Studie vom Büro WDVS, das im Auftrag des Senats eine Parzellierung untersucht hat. Wenn bei der Umsetzung mehrere und unterschiedliche Architekturbüros mitmachen können, also nich nur die Innercircle von der Senatsbaudirektorin, besteht die Hoffnung, dass eine urbane, innerstädtische Bebauung entsteht. Die Breite Straße gehörte einige Jahrhunderte zur besten Adresse der Stadt und verdient mehr als reine Zweckerfüllung. Ein wenig Genius Loci wäre an der Stelle nicht falsch.


    Verdächtig ist, dass sich im Netz über die Architektur dieses für die Mitte so wichtigen Projektes nichts finden lässt.

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  • Mich beschleicht auch eine dunkle Ahnung, dass die WBM das mit ihren Hausarchitekten, ohne Wettbewerb, bebauen will. Das wäre dann ein WDVS-Klotz mit komischen bunten Fensterrahmen, oder sonst einer geschmäcklerischen Verunstaltung.

  • ^ Genau. Nach BauO Bln soll die Genehmigung innerhalb von 3 Monaten erteilet werden, tatsächlich aber dauert das in Berlin deutlich länger. Im Frühsommer 2020 dürfte es allerdings mit vorbereitenden Baumaßnahmen losgehen.

  • Die groß angekündigte Investitionsoffensive des Senats erscheint mir persönlich wie eine Drohung. Hier wird jetzt vermutlich die historische Mitte von der Breiten Straße bis zum Klosterviertel entsprechend der Beschreibung von Tomov ^^^ exekutiert.


    Vom Fernsehturm bis zur Spree werden dann bunte Freiräume zur Volksbelustigung auf coloriertem (vorzugsweise Grüntöne) Asphalt eingerichtet.


    Mut zur Hässlichkeit!

  • ... exekutiert.


    Mut zur Hässlichkeit!

    ^ Wieso? Redet irgendwer von Abriss?


    Es wäre wohl besser erstmal die konkreten Entwürfe abzuwarten, bevor schon wieder alles verrissen wird.

    Das kann doch nicht die Diskussionsgrundlage sein.

  • ^ Die induktive Logik muss man Rathaus hier doch wohl zugestehen. Wo sind dann die Renderings Bitteschön, wenn es den Bauantrag schon gibt? Die Breite Straße ist nicht gerade Außenbezirk, wo man mal weggucken kann.

  • Die Tragik dieses Ortes wird vielleicht doch, dass hier niemand plant, der die Stadt als Heimat begreift, sie aus ihrer Historie heraus denkt, sie vielleicht liebt. Ich glaube, dass man sich hier entweder bewusst ist, an der Keimzelle der Stadt zu bauen, sich daher behutsam vorzugehen vornimmt, oder zu scheitern riskiert.

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  • ^ und ^^

    Das ist natürlich richtig, aber Manche werden sowieso alles unterhalb von Vollrekonstruktion als hässlich empfinden, obwohl ja die Fassaden noch nichts über die Nutzung und die Akzeptanz aussagen.


    Ich denke auch, dass der Senat versuchen wird, dort möglichst viel "mormalen" Wohnraum zu schaffen und somit die Stadtentwicklung der Nachkriegszeit weiter zu entwickeln, anstatt irgendetwas Hsitorisierendes zu bauen. Das muss aber nicht zwangsläufig schlecht sein.

  • Natürlich diskutieren wir weiter, wenn es Entwürfe gibt und dann Gebäude fertig werden und ich werde mich ggf. auch korrigieren. Aber alle Meinungen bis dahin zurück zu halten, kann man nicht erwarten, dann macht die Diskussion eher wenig Sinn.


    Wie vermutlich viele hier, erwarte ich seit etlichen Jahren mit Spannung die Entwicklung in diesem Bereich (Breite Straße, Klosterviertel). Eine hohe Zahl an Fassadenrekonstruktionen erwartet hier wohl kaum jemand, eher leider gar keine.


    Wenn jetzt jedoch die WBM kommt, Parzellen zu großen Riegeln zusammenfasst und im tausendfach zu bewundernden Einheitslook bebaut, dann wird es schlimm. Noch schlimmer wäre statt Einheitslook die etwas bessere Variante mit einigen poppigen Gimmicks. Jedoch auch der gehobene Sandart des Europaviertels wäre hier nicht überzeugend. Kleine Parzellen und anspruchsvolle Materialien wären das A und O, beides steigert aber die Baukosten.

  • Viele von uns haben wohl einfach noch die WBM-Fassade an der Gertraudenstraße in den Knochen, die uns Richtung Breite Straße in Aussicht steht und den Charme einer ganz besonders harten Backpfeife verbreitet.

  • Ich denke auch, dass der Senat versuchen wird, dort möglichst viel "mormalen" Wohnraum zu schaffen und somit die Stadtentwicklung der Nachkriegszeit weiter zu entwickeln, anstatt irgendetwas Hsitorisierendes zu bauen. Das muss aber nicht zwangsläufig schlecht sein.

    Ich teile Baukörpers Optimismus nicht, empfinde es als leider wirklich zwangsläufig: Die Stadtentwicklung der Nachkriegszeit hat zwei Dinge hinterlassen: Überdimensionierte Verkehrsschneisen und Arbeiterschließfächer. Die zerbombten Bezugspunkte im Stadtraum wurden abgeräumt: Petrikirche, Stadtschloß, Friedrichsgracht etc. Wenn man diesen Ansatz nun einfach weiterentwickelt, was wird dabei herauskommen?


    Man ergibt sich einfach stillschweigend in eine Verwahrlosung, denn mehr ist es doch nicht. Man orientiert sich einfach am vermeintlichen Mittelmaß der politischen Meinung, die Wahlen gewinnen will. Man identifiziert Bedürfnisse wie Wohnen, aber reicht das für diesen Ort? Man kämpft für die Freihaltung des Tempelhofes Feldes, verweigert sich aber jeder Bemühung, den Autoverkehr aus diesem innerstädtischen Bereichen konsequent zurückzudrängen, denn für dieses "Mittelmaß" tut sich hier kein Widerspruch auf.


    House of One mag ein interessantes (theosophisches? atheistisches?) Projekt sein, aber ist der Ort gut gewählt? Was, wenn es mißlingt? "Mittelmaß" muß das nicht weiter scheren, denn das Experiment findet ja auf einer Brache statt, die Krieg und die Stadtentwicklung der Nachkriegszeit hinterlassen haben; ob in einem Gewerbepark oder hier, wen juckt's?


    "Mittelmaß" beklagt die Verödung der Innenstädte und "no-go-areas", aber in "Alt-Cölln" wurde der historische Bezug, die Wahrnehmung als Innenstadt, als schützenwertem Ort und von Bewahrenswertem, doch aus dem öffentlichen Bewusstsein getilgt. Hier darf man nur zitieren und verfremdet interpretieren. Die Diskussion ist doch weit von Vollrekonstruktion entfernt, denn "Mittelmaß" will nichts wiedergewinnen, weil man nicht weiß, was war, aber auch nicht entwirft, was sein könnte. Und die Zunft, die das überzeugend leisten könnte, scheint sich zu verweigern. Wo ist denn ein Konzept, das diesen Ort wieder erlebenswert macht, wo man gern ist? Das Resultat ist nicht zwangsläufig schlecht, aber wem ist das als Anspruch denn gut genug?


    Wir sind dieses Jahr mit dem Boot die Friedrichsgracht bis zur Getraudenbrücke hochgefahren; weiter trauten wir uns nicht. Die Augen unserer Freunde - nicht aus Berlin - waren nur auf die 'Neu-Cöllner' Seite gerichtet. Die Fischerinsel sieht von hier aus halt wie ein Fremdkörper aus: Das steht so auch woanders rum, und die Uferbefestigung aus Betonfertigteilen wirkt wie die halb-versenkte Berliner Mauer. Für eine Versöhnung mit dem genius loci bedarf es keiner Vollrekonstruktionen, aber meine Stadt hat etwas besseres verdient als ein 'weiter so'.

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  • Gibt es denn neue Visus vom House of One? Wenn ich mich recht erinnere, sahen die Planungen ziemlich plump aus, eher so die Richtung Flakturm statt "Gotteshaus". Ich frage mich auch ob so ein Haus funktioniert und wenn es funktioniert, warum es das nicht öfter gibt. Seien wir doch mal ehrlich, die Leute, die tatsächlich davon profitieren würden, werden das Haus meiden wie die Pest und die, die sowieso schon tolerant, weltlich und aufgeschlossen sind, brauchen so ein Gebäude nicht. Aus diesem Grund muss ich das Haus in erster Linie architektonisch beurteilen und wenn es bei den Visus bleibt, dann wird das keine Schönheit. Ichglaube, ich lehne mich nicht zu weit aus dem Fenster wenn ich behaupte, dass es die Gegend nicht in dem Maße aufwerten und beleben wird, wie es ein Wohn- und Geschäftshaus getan hätte und ich bin der Meinung, dass dieser Bau im urbaneren Kreuzberg oder Prenzlberg in einer engen Straßenschlucht als Bruch zwischen Gründerzeitlern besser funktioniert hätte und vermutlich auch mehr echte Gläubige angesprochen hätte, weil man so ein Gebäude mit Intimität verbindet und die laute, breite und verkehrsstarke Leipziger Straße ist diesbezüglich ein Unort!

  • Ich frage mich auch ob so ein Haus funktioniert und wenn es funktioniert, warum es das nicht öfter gibt.

    In Bern gibt es das sogenannte Haus der Religionen. Das Konzept ist etwas anders, hier beschränkt man sich nicht auf die drei abrahamitischen Überlieferungen, aber als interreligiöses Zentrum ist es doch vergleichbar. Und es wird m.W. sehr gut angenommen.


    ..die Gegend nicht in dem Maße aufwerten und beleben wird, wie es ein Wohn- und Geschäftshaus getan hätte

    Ein Wohnhaus an der breiten und vielbefahrenen Gertraudenstraße (nicht Leipziger Straße) scheint mir wenig geeignet. Und warum Du Dir ausgerechnet von einem weiteren Geschäftshaus, an denen es wahrlich nicht mangelt, eine deutlichere Aufwertung erwartet hättest als von einem pionierhaften, experimentellen und national wie international beachteten Projekt, kann ich nicht nachvollziehen. Zudem passt das House of One m.E. viel besser zur Spreeinsel mit ihrer Konzentration an hochkulturell bedeutenden Einrichtungen.

  • Ich habe das Argument der "Intellektuellen Kopfgeburt" immer abgelehnt und würde mich wirklich freuen, wenn dieses Projekt wie geplant funktionieren würde, aber als ich in diesem Jahr erstmals beim Anzünden des Chanukka Leuchters am Brandenburger Tor war und erstmal an der Wagenburg der Polizei vorbei musste und gefühlt jeder Besucher einen Polizisten neben sich hatte, sehe ich die praktische Umsetzung an dieser Stelle und in der geplanten Form auch mit Skepsis...


  • Keine 300m entfernt kommt schon so etwas wie Altstadt-Flair auf (Friedrichsgracht/Ecke Scharrenstr.), Rudimente Alt-Köllns sind auch heute noch vorhanden, wenn man sich denn auf die Suche nach ihnen macht.


    Man könnte sich schon einmal damit auseinandersetzen, dass man sich hier im Bereich eines mittelalterlichen Stadtkerns befindet.
    Ich bin froh, dass wenigstens das Hochhaus nicht mehr kommt, das sehe ich schon als großen Erfolg.

    Wohnraum der notwenig ist? Das Hochhaus hätte die bestehenden einfach komplettiert. Was soll dort hin? Altstadt? Wir sollten logisch und pragmatisch handeln, denn Ästhetik sollte nicht vor Funktionalität gehen und im übrigen hätte man das geplante Hochhaus auch ansprechend ausgestalten können.

  • Was soll dort hin? Altstadt? Wir sollten logisch und pragmatisch handeln, denn Ästhetik sollte nicht vor Funktionalität gehen (...).

    Mit Logik hat das wenig zu tun. Städtebau muss immer mehrere Aspekte berücksichtigen: Funktionalität, Ästhetik, Geschichte und Kunst. Die Zeiten, in denen es nur nach Funktionalität ging sind gottlob vorbei und die Städträume, die nach diesem Primat errichtet wurden, haben eine kurze Halbwertszeit.

  • Leider hat das nun geplante Gebäude wenig Ästhetik, meiner Meinung nach, das Hochhaus war da 'imho' noch besser, und beide versagen in den Punkten Geschichte, Kunst und nur bei Funktionalität kann man sagen: es werden Wohnungen mit Heizung, Bad, Küche, ... .

  • Die Gegend um den Petriplatz und Spittelmarkt bleibt ein städtebauliches Wildschweingebiet und eine architektonische Geisterbahn. Die Eingriffe in die Verkehrsachse sind halbherzig, die Neubauperzellen immer zu grobschlächtig und in der Regel monogenutzt.


    Wie auch in der Heidestraße zeigt nach meiner Überzeugung der Senat, daß er Stadt weder reparieren noch neubauen kann. Wenn dann die Verkehrssenatorin tatsächlich die Mühlendammbrücke mit dieser Vielzahlt von Spuren für KfZ, Busse und einer Extraspur für die Straßenbahn erneut mit diesen enormen Rampen baut ist an dieser Stelle auch Hopfen und Malz verloren.


    In 20 Jahren wird Alt-Kölln ein Paradebeispiel für die späten Beispiele der Moderne werden, in Zentren antiurban zu bauen, vermutlich international.