Kudamm-Tower auf dem Karstadt-Areal

  • Signa sagt den Bürgertreff zum Ku’damm Areal ab

    In einem Artikel der Berliner Zeitung wird berichtet, dass die Bürgerbeteiligung am 27.03. ohne offiziellen Grund abgesagt wurde. Eigentlich sollten dort zum ersten Mal die Entwürfe der Wettbewerbsteilnehmer vorgestellt und diskutiert werden. Einen neuen Termin gibt es offenbar erstmal nicht.


    Leider ist der Artikel hinter der Bezahlschranke, wenn also jemand mit Abo ein paar andere interessante Inhalte des Artikels ergänzen könnte, wäre das natürlich super.



    Optimistisch betrachtet könnte auch Signa nach Vorbild des Europacenter-Betreibers Pepper und der BVG die Ambitionen nach oben schrauben und eine weitere Überarbeitung der Pläne fordern, nun wo der neue Senat investitionsfreundlicher sein wird.

    Pessimistisch betrachtet könnte der Signa-Konzern die Pläne platzen lassen, da die aktuelle Wirtschaftslage zu unsicher ist. Ich halte das allerdings für eher unwahrscheinlich, da erst kürzlich die Umstrukturierung des Karstadt-Kaufhof Konzerns verkündet wurde und darin keine Schließung des Standorts vorgesehen ist.

  • ^^ Oder noch wahrscheinlicher ist, dass Signa sich derzeit keinen zu bohrenden Fragen zum Thema Karstadt aussetzen möchte, die das eigentliche Veranstaltungsthema "Kudamm HH" schnell in den Hintergrund treten lassen würden. Stichwort: Einstige Vereinbarung mit dem letzten Senat.

    Zudem ist das Verständnis für wirtschaftlichen Handlungsdruck (ohne persönliche Wertung der Entscheidungen der Firma) beim aktuellen Senat größer, was der Firma mehr Spielraum gibt. Eines ist sicher, Signa macht keine halben Sachen, das haben sie bisher in Berlin bewiesen, also abwarten...

  • Alsooo ich war heute bei der Bürgerbeteiligung und würde gerne ein bisschen berichten:


    Von den sechs eingeladenen Büros haben sich schließlich vier beteiligt: COBE, Henning Larsen, David Chipperfield und Mäckler Architekten. Die Vorgaben sind wie erwartet sehr umfangreich, wodurch die Planungsbüros auf einem kleinen Areal sehr viel unterbringen müssen - viele Nutzungen, Typologien und vor allem viel Baumasse. Bei allen entstanden quasi zwei unterschiedlich hohe Hochhäuser (ein hoher Büroturm und ein etwas niedrigerer Wohn-/Hotelturm), die in einem dichten Gefüge aus Blockrand-füllenden Bauten integriert sind. Es war zudem ein städtebaulicher Wettbewerb, d.h. konkrete Fassaden und architektonische Details gab es nicht, erstmal nur Platzhalter/Vorschläge.


    COBE, Henning Larsen und Mäckler haben alle ein ca. 120m hohes Hochhaus am Kudamm vorgesehen. Ein etwas niedrigerer Wohnturm (geschätzt 80m-100m) wurde auf der anderen Seite des Grundstücks an die Augsburger Straße, im Fall von Mäckler sogar direkt an die Ecke Augsburger- /Rankestraße gestellt. Chipperfield ordnet als einziger die beiden Hochhäuser dicht aneinander in die Mitte des Grundstücks und sieht als einziger ein 134m hohes Hochhaus vor (das kleinere Wohngebäue soll immerhin 109m hoch werden).


    Henning Larsen und Mäckler legen Wert auf die Charlottenburger DNA der Gründerzeitquartiere und betonten, dass ihr Ensemble aus individuellen, an die Parzellengröße der Umgebung angepassten Gebäude zusammengesetzt wird, die auch vorzugsweise von unabhängigen Architekten entworfen werden könnten. Viel mehr kann man nicht sagen, denn die bisherigen Visus hatten eben nur schematische Platzhalterfassaden. Chipperfield's Entwurf sieht hingegen ein eher einheitliches Ensemble vor, bei dem nach außen sichtbare, tragende Beton-Rasterfassaden in leichter Variation die komplette Baumasse überziehen.


    COBE, Henning Larsen und Chipperfield sehen alle ein sehr durchlässiges Quartier vor, bei dem große öffentliche Flächen im Blockinneren mit Verbindungen zum Kudamm, zur Augsburger Straße und Rankestraße geschaffen werden. Auch sollen alle Dachflächen aktiviert und begrünt werden.

    Mäckler hat die europäische Stadt als Vorbild besonders streng genommen und neben einer öffentlichen Passage vom Kudamm zur Rankestraße mit kreisrundem, zentralen Hof auch mehrere private/öffentl. unzugängliche Höfe geplant, die in ihrer Körnung dem Berliner Hinterhof nahekommen.


    Chipperfield hat als einziger das Warenhaus komplett ins UG verlegt. Ein großer Haupteingang am Kudamm vermittelt zur Straße und die Menschen sollen über Rolltreppen hinabgeführt werden. Alle anderen haben sich eher an die klassische Warenhaustypologie orientiert und die Verkaufsflächen über mehrere Ebenen verteilt.


    Insgesamt gab es keinen wirklich ausgefallenen Entwurf - was nicht unbedingt negativ sein muss. Etwas mehr Mut in Bezug auf die doch eher kastenförmigen Hochhäuser hätte ich mir allerdings gewünscht. Ich persönlich bevorzuge tendenziell Henning Larsen, mich würde aber sehr interessieren, wer noch da gewesen ist und wie ihr die Entwürfe einschätzt?

  • Spannend! Danke für die Erläuterungen, sehr sehr ausführlich deinerseits. 🙏

    Schön wäre es, wenn viel Masse ähnlich Tokyo errichtet werden würde, weil Berlin muss pragmatisch werden und auf kleinen Platz viel errichten können in Zukunft und nebenei nicht an Höhe sparen, denn 150-250 Meter sollten drinnen sein, geht ja auch in Deutschland, siehe Hamburg oder Frankfurt am Main bzw. in Berlin am Alex mit Hines und MonArch (wenn beide kommen - hoffentlich.)

  • Danke für die interessanten Eindrücke! Bin gespannt auf die dann veröffentlichten Entwürfe.

    Generell lässt sich feststellen dass Chipperfield nach den Vorgaben ja eigentlich raus wäre, da die Hochhäuser meines Wissens nach Vorgabe eigentlich nur max. 120m hoch sein durften. Vielleicht, oder gerade deswegen, wurde der Prozess von Signa erst jetzt fortgesetzt. Mit dem neuen Berliner Senat sind die Chance auf eine "liberaler" Sicht auf die Höhen vermutlich besser.

    Ich fänd eine Staffelung, ganz unabhängig vom übrigen Konzept, neben Upper West und Zoofenster mit 134m und 109m jedenfalls um einiges besser als den nächsten 120m Turm der sich dort einreicht!

  • Ja danke auch von meiner Seite - stimme Fips_65 zu. Bin schon sehr enttaeuscht, dass 135m das hoechste der Gefuehle ist - und dann auch nur von Chipperfield. Ich hatte mir erhofft dass sich alle aus der Deckung heraustrauen, in der Hoffnung, dass unter dem neuen Senat und unter Kahlfeldt auch hoeher gedacht werden kann. ... dass sonst alle weiterhin brav bei 120m bleiben finde ich eher unmutig.


    Chipperfield klingt von der Beschreibung her am interessantesten. Allerdings faende ich es schon besser wenn ein Turm direkt am Kudamm stuende, waehrend der andere etwas versetzt an der Augsburger bzw. Ranke Str. stuende - und nicht wie von maselzr beschrieben 'dicht in der Mitte des Grundstuecks'.


    Alles zu dicht stehende wuerde die Fernwirkung mindern glaube ich. Aber vielleicht erhofft sich Chipperfield hierdurch auch nur, dass die groessere Hoehe des Turms weniger auffaellt, wenn der Turm aus der Mitte herauswaechst (um 'Windfall-Kritikern' etwas entgegenzukommen). ;)

  • ^

    Die strenge Einhaltung der 120m hat mich auch gestört, besonders da es angesichts der vorgeschriebenen Baumasse sehr erzwungen wirkt. Die Büros hatten mit der großen BGF echt zu kämpfen - durch diese dogmatische Höhenbegrenzung musste die Freiraumqualität merkbar leiden, die Blockrand-Gebäude waren stellenweise zu hoch, um eine Aufenthaltsqualität in den Höfen zu schaffen (Mäckler) oder gewisse Freiraumpotenziale mussten von einem überflüssigen Gebäude zugestellt werden (COBE), dessen Baumasse man lieber auf die Hochhäuser hätte stapeln sollen. Die Hochhäuser wirkten bei Mäckler, COBE und Henning Larsen allesamt relativ massiv/fett (wie wir es in Berlin schon zu genüge kennen).


    Chipperfield hatte mMn die elegantesten Hochhäuser entworfen, sehr vertikal betont und zumindest an der Schmalseite schlank wirkend. Die dichte Anordnung war gekonnt und hat einen dramatischen Effekt, den die anderen Büros nicht erzeugen konnten. Leider hat mir persönlich der Chipperfield-Entwurf trotzdem nicht gefallen, da ich die Verlegung des Kaufhauses ins UG ohne Tageslicht für falsch halte und die durchsickernde Architektursprache im einheitlichen Betonraster-Format zu unterkühlt und streng fand. Das hatte leichte 60er-Jahre-Großstruktur Vibes.


    Nunja, bald werden die Entwürfe wohl öffentlich gemacht, dann gibt es auch eine bessere Diskussionsgrundlage.

  • ... mich würde aber sehr interessieren, wer noch da gewesen ist und wie ihr die Entwürfe einschätzt?

    Ich war gestern auch vor Ort und kam etwas später dazu, als die Beurteilung der 4 Entwürfe durch das Publikum begann. Mein Favorit war ebenfalls eindeutig Larsen, da sein Hochhaus sich m.E. am besten zu den anderen beiden (Waldorf und Upper West) gesellt in Bezug auf die Fernwirkung und vor allem mit dem angedachten potentiellen öffentlichen Garten in einem Glaskubus als Dachabschluss. Für mich das interessanteste Feature von allen Entwürfen. Es sah so aus, als ob dieser Glas-Abschluss auf den 120 Metern aufsetzt, so dass der Turm etwas an Höhe gewinnt über knapp 2-3 Etagen. Zudem zeigte Larsen eine interessante Gestaltung für die Passage zum Innenhof.


    Mäcklers und Cobes Entwurf fand ich städtebaulich am schwächsten. Mäckler schiebt die beiden Hochhäuser ineinander, so dass eine Art gestaffelte Hochhausscheibe entsteht, die in der Fernwirkung aus bestimmten Sichtachsen viel zu massig wirkt. Im persönlichen Gespräch sagte er mir, es wäre eine große Herausforderung gewesen, die BGF Vorgaben des Investors mit der Höhenbeschränkung auf dem Areal umzusetzen. Er hätte lieber nur ein Hochhaus geplant.


    Zudem finde ich seinen Ansatz bei den Wohnungen private Höfe zu schaffen im Geiste der Berliner Innenhof-Kultur, zwar interessant aber nicht unbedingt angebracht in dieser zentralen Innenstadtlage. Ansonsten ist sein Vorschlag eines runden Atriums in Form eines öffentlichen Gartens durchaus interessant, der sich die großen Europäischen Passage (z.B. Galleria Vittorio Emanuele in Mailand) als Vorbild nimmt und eine Durchwegung zum Los Angels Platz vorsieht.


    Cobe setzt auf nachhaltiges Bauen mit viel Holz und Fassaden Bepflanzung, so wie ich das interpretiert habe. Die Fassaden der beiden gedrungen wirkenden Hochpunkte haben dadurch eine etwas unharmonische Fernwirkung wie ich finde.


    Chipperfields Hochhaus gefiel vielen der Anwesenden schlicht aufgrund der Höhe, allerdings hat sein Entwurf m.E. große Schwächen bei der Gestaltung des Innenbereiches des Areals da er nur auf Durchwegung in Form von Gassen setzt, die mir etwas eng erscheinen und keine Öffnung als Platz vorsieht. Ausserdem mag ich die Idee des im UG "versteckten" Warenhauses nicht. Der Kudamm lebt schliesslich von den Schaufenstern!


    Ein Vertreter von Signa sagte mir dann noch, dass eine endgültige Entscheidung wohl erst nächstes Jahr vorliegen würde, da wohl nach der initialen Entscheidung nochmal ein individueller Fassaden Wettbewerb ausgeschrieben würde für die Hochhäuser. Das wunderte mich ein wenig.

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    Ein Vertreter von Signa sagte mir dann noch, dass eine endgültige Entscheidung wohl erst nächstes Jahr vorliegen würde, da wohl nach der initialen Entscheidung nochmal ein individueller Fassaden Wettbewerb ausgeschrieben würde für die Hochhäuser. Das wunderte mich ein wenig.


    Warum wunderte Dich das? maselzr hatte doch geschrieben, dass es zunächst erst um den städtebaulichen Wettbewerb, also die pure Baumassenstudie ging. Darauf folgt dann die Detailarbeit.

  • Mich wundert die Aussage von Signa, nicht die von maselzr, da die Entwürfe alle schon sehr detailliert in der Fassadengestaltung waren. War auch nur eine Randnotiz!

  • Oh, das ging jetzt aber flott mit der Entscheidung. Gewonnen hat Larsen mit einem 120m-Turm plus 80m-Turm.

    Kurfürstendamm kommt groß raus – mit neuem Turm und noch mehr Shopping


    Auch die Berliner Morgenpost berichtet ausführlich (leider hinter Bezahlschranke)


    Aber interessant, was die Höhe betrifft:


    Bitte DAF-Richtlinien beachten und keine 1:1 Zitate aus Presseartikeln übernehmen.

    Bato

    Einmal editiert, zuletzt von Batō () aus folgendem Grund: Ein Beitrag von Stad1982 mit diesem Beitrag zusammengefügt.

  • Hier ein erstes Bild des Siegerentwurfs:


    henning-larsen_berlinzkfbw.jpg


    Von der Rankestraße aus mit dem Eingang zur Passage:



    henning-larsen_berlinxuena.jpg


    Bilder: Signa Real Estate

  • Die Berliner Morgenpost schreibt, dass die Turmhöhe 120m + 13m „Panoramabschluss“ betragen soll.


    Wäre dann also ein 133m-Turm und damit höher als die Nachbarn am Breitscheidplatz.

  • Super Entwicklung! Für das dort ansässige Dorint Hotel, direkt hinter Karstadt, allerdings ein Wehrmutstropfen. Den teuer vermieteten Suiten wird damit die Aussicht Richtung City komplett verbaut.

  • ... wenn das jetzt nicht das Zugpferd für den 300 m Turm hinterm Europa-Center wird weiß ich auch nicht weiter. Der Turmabschluß mit diesem Gestänge-Käfig oben drauf halte ich noch für überarbeitungswert.

  • Super ich freu mich, endlich gewinnt mal der Favorit (bzw. mein Favorit) :)


    Nach zwei Tagen Verdauung der wirklich komplexen Entwurfskonzepte hat sich der Henning Larsen Entwurf für mich als der mit Abstand Beste herauskristallisiert. Mal ein paar Argumente, die mMn den Entwurf am meisten auszeichnen:


    - Das Grundkonzept eines Quartiers aus 9 Gebäuden unterschiedlichen Maßstabs, die auch von individuellen Architekten entworfen werden sollen. Damit wirkt das Quartier städtischer, lebendiger und gewachsener und die gründerzeitliche Prägung insbesondere in den Wohnquartieren der Augsburger Straße und Rankestraße wird respektiert.

    - Den 133m hohen Turm mit großartiger Dachterrasse, der somit aus dem 120m Plateau hinausragt und zusammen mit dem 80m Turm zu einer lebendigeren Skyline beiträgt.

    - Der großzügige Innenhof, den so kein anderes Architekturbüro erzeugen konnte. Der Hof und die umliegenden Gebäude wurden so proportioniert, dass man aus dem Blockinneren die Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche sehen kann - klasse Idee.

    - Die Quartierseingänge sind einladend gestaltet. Das Büro wünscht sich Durchgänge mit Rundbögen/Gewölbedecken. Bei anderen Büros ähnelten die Eingänge entweder Gewerbehofdurchfahrten (Chipperfield) oder waren viel zu showy und somit ästhetisch kurzlebig (COBE).


    Klar gibt es auch einige Kritikpunkte, u.a. die Kubatur des Hochhauses, doch mal schauen, was sich im Zuge der architektonischen Ausarbeitung noch ändern wird.

  • Diese +13m Käfig-Konstrukte on top, sind doch wieder einem Kuhhandel geschuldet, dass jeder Hochpunkt in der Stadt neuerdings gemäß „Hochhausleitbild“ ein öffentlich zugängliches „offenes Dachgeschoss“ haben muss. Mit „Offen“ ist die Zugänglichkeit gemeint, nicht die Offenheit der Konstruktion.


    Singulär ist das alles noch interessant, aber wenn nun beide Hochhäuser nebeneinander so ein Ding aufgesetzt bekommen, wirk das irgendwie peinlich. Nebenan macht man bei Hochhäusern >60m, dann immer so weiter - nach dem Motto, die Öffentlichkeit zieht es auch beim x-ten 60m-Haus einfach so auf die Dachterrassen.


    Praktisch für den Investor. Der kann den Käfig dann in der nächsten Planungsphase räumlich schließen, als Terrasse offen halten, begrünen, Haustechnik rein packen, oder alles zusammen. Man hat zumindest einen Freifahrtschein höher zu bauen und das ist zumindest die beste Nachricht an dieser Logik ;).


    Architektonisch, gebe ich meinen Vorrednern recht. Es wirkt gestalterisch und räumlich stimmig, hochwertig und individuell. Die Nutzungen kann man anhand der Fassaden und der Gebäudestaffelung auch gut ablesen. Allerdings verstehe ich nicht, warum man gerade am Ku’damm den Blockrand 9-geschossig! schließen (besser gesagt aufreißen) muss - gerade bei der Argumentation zur Anzahl und Höhe der Hochhäuser.

    Einmal editiert, zuletzt von Timmi ()