Kulturforum

  • Man soll ja nicht immer meckern. Jede Baumaßnahme ist eine Verbesserung des Vorzustandes.


    Trotzdem muss man sich dann doch mal Grundsätzliches fragen wie ich finde.


    Warum gelingt es eigentlich seit Jahrzehnten nicht mehr, öffentliche Platzanlagen attraktiv zu gestalten? Ähnlich wie die Kunst am Bau ist es meiner Meinung nach der Gestaltung des öffentlichen Raums beinahe noch schlimmer ergangen.


    Früher waren Garten und Platzanlagen Höhepunkte der Kultur. Sozusagen die Sahne auf dem Eis. Heutzutage ist es nur noch Pflasterfläche. Wenn man Glück hat wenigstens noch Naturstein. Und dann muss man ja schon für jeden Baum dankbar sein. Adäquate Stadtmöblierung? Fehlanzeige. Und das fängt bei der Wahl der Beleuchtung an, setzt sich bei den Bänken fort und endet bei der Bepflanzung.


    Heute gilt scheinbar nur noch der Grundsatz: bitte lass keine Folgekosten entstehen. Und so sehen die Plätze dann auch aus. Hauptsache keine Gärtnerkosten und die Kehrmaschine kommt problemlos durch.


    Ich finde das mittleerweile nur noch eine einzige Bankrotterklärung. Wenn es nur noch darum geht, das Grau des Steins auszuwählen und ob die Umrandung des Baums als Kreis oder Ellipse ausgeführt wird und ob man bestenfalls noch 5 Reihen Rollrasen im Strichcode irgendwo verteilen kann, sorry, aber irgendwann ist das nicht mehr lustig.


    Klar kann man immer wieder sagen, dass man das Geld woanders dringender braucht, aber dann sollte man vielleicht mal drüber nachdenken, ob es z.B. wirklich 3 Opern braucht oder ob man nicht mal irgendwo Geld wegnimmt und es in eine ansprechende Pflege und Gestaltung der öffentlichen Räume investiert. Brunnen und ein paar Blumen wären ja schon mal ein Anfang.

  • Man soll ja nicht immer meckern.


    Sagen Sie das mal den Berlinern! ;)


    Jede Baumaßnahme ist eine Verbesserung des Vorzustandes.


    Ich würde sagen: Diese Baumaßnahme (Neugestaltung des Eingangsbereichs der Philharmonie) ist eine Verbesserung des Vorzustandes.


    Trotzdem wird aus dem Kulturforum nichts mehr, solange man nicht eine andere Trasse für die B1 findet. Es ist absurd, dass eine der meistbefahrenen Straßen Berlins ausgerechnet diesen als "moderne Museumsinsel" konzipierten Ort der Künste und des Wissens zertrennt. Der permanente Straßenlärm nimmt ihm jede Aufenthaltsqualität.


    Aber schön, dass Ortsunkundige den Eingang zur Philharmonie aus Richtung Potsdamer Platz jetzt wenigstens ohne Hilfe finden werden.


    Trotzdem muss man sich dann doch mal Grundsätzliches fragen [...]. Warum gelingt es eigentlich seit Jahrzehnten nicht mehr, öffentliche Platzanlagen attraktiv zu gestalten? [...] Früher waren Garten und Platzanlagen Höhepunkte der Kultur. [...] Heutzutage ist es nur noch Pflasterfläche.


    Ganz so schwarz-weiß ist es ja nicht. In den letzten Jahren sind in Berlin einige schön gestaltete Parks und Grünflächen entstanden, ganz in der Nähe vom Kulturforum etwa der wunderbare Park am Gleisdreieck. Auch im Tiergarten hat es partiell große Verbesserungen gegeben (etwa die Gegend um den Goldfischteich mit dem wiederhergestellten Beethoven-Haydn-Mozart-Denkmal).


    Leider muss man aber auch sagen, dass viele unserer Mitbürger ihren archaischen Zerstörungstrieb bei öffentlichen Gütern offenbar nicht unterdrücken können. Insofern ist die "gröbere" Gestaltung moderner Parks nicht nur ein Zeichen knapper Kassen, sondern auch Folge der allgemeinen Verrohung der Sitten. (Ja, ja, nennen Sie mich ruhig altmodisch - in diesem Punkt bin ich es. ;))

    4 Mal editiert, zuletzt von Carlo ()

  • Leider muss man aber auch sagen, dass viele unserer Mitbürger ihren archaischen Zerstörungstrieb bei öffentlichen Gütern offenbar nicht unterdrücken können. Insofern ist die "gröbere" Gestaltung moderner Parks nicht nur ein Zeichen knapper Kassen, sondern auch Folge der allgemeinen Verrohung der Sitten. (Ja, ja, nennen Sie mich ruhig altmodisch - in diesem Punkt bin ich es. )


    Das sehe ich etwas anders. Vergleicht man mal historische Fotografien mit heutigen Bildern von Städten, dann ist einer der ersten Unterschiede, die mir immer auffallen, dass es heute kaum noch Blumenbeete gibt. Die waren früher überall. Heute muss man in Innenstädten danach suchen. Auch das hat mit Kultur zu tun. Man lässt hier was weg und da und so verliert man jedes mal einen Funken mehr. Ich finde das schade. Und wenn die Politik sich dazu entschieden hat, die Polizei derart kaputt zu sparen, dass sie nicht mehr in der Lage ist, ihren Pflichten nachzukommen und ja, dazu gehört auch der Schutz öffentlicher Güter vor Vandalismus, dann ist auch das ein Abbild des Zustands unserer Gesellschaft.


    Man hat auch hier seitens der Polizei in den letzten Jahrzehnten immer mehr durchgehen lassen oder durchgehen lassen müssen. Vandalismus gegen öffentliche Parkanlagen im kleinen zeigt sich aber ja auch in Krawallen oder mutwilligen Zerstörungen im großen (z.B. 1.Mai) . und es ist ja bezeichnend, dass diese Taten von einigen noch immer als berechtigter Protest legitimiert werden gegen Obrigkeit und was weiß ich.


    Aber trotzdem darf man doch davor nicht kapitulieren und daraus folgern, dass man es dann einfach lässt.


    Und wie man ja grade am Schloss sieht: nur Angst vor Vandalismus ist es dann auch nicht. Leider gibt es auch im Bereich der Landschaftsarchitektur Leute die glauben, die Blume ist das Ornament der Straße. Und man weiß was manche Architekten über das Ornament denken.


    In der Summe ist es wohl eine Mischung aus Kostendruck, Vandalismusangst und Unwillen zur Gestaltung. Aber warum soll sich der öffentliche Raum da von den Problemen des Hochbaus unterscheiden? Zufrieden kann einen diese Entwicklung trotzdem nicht stellen!

  • ^
    Ich glaube auch dass es die "Verrohung der Sitten" ganz gut trifft. Es muss nicht einmal Vandalismus sein, es reicht schon der ewige Kampf gegen Kaugummi und Hundescheisse. Die Abfalleimer im öffentlichen Raum werden auch immer größer um die Massen an "toGo" Abfall zu schlucken.


    Der Frust Effekt ist in kleinem Umfang gut zu messen wenn man z.B. die Pflege einer Baumscheibe hier übernimmt und den Abfall wegklauben muss, da trotz netter Beschilderung mit der Bitte pfleglich zu sein, der erstbeste Schmutzfink seinen Unrat abladen muss. Vom Klauen von Bepflanzung gar nicht zu sprechen....


    Beim Konzept der Blumenbeete glaube ich aber schon dass es hier Unterschiede in den Städten gibt die sich mehr Betriebskosten leisten können und Blumenbeete sind aufwändiger in der Pflege.


    Verifizieren kann ich das nicht aber ich reise regelmäßig von Berlin nach Dresden und bewundere in Dresden allgemein die prächtige Bepflanzung und bilde mir ein dass hier aufwändiger gepflanzt wird...

  • Nach all dem kulturpessimistischen Lamento der vergangenen Beiträge möchte ich mal einen Kontrapunkt setzen: Hier ist ja kein barockes Gartenparterre verschwunden, sondern ein Parkplatz. Und wenn an den Autoverkehr verlorenes Terrain für die Öffentlichkeit zurückgewonnen wird, indem man es in einen gestalteten Stadtraum verwandelt, dann halte ich das für zivilisatorischen Fortschritt. Im übrigen handelt es sich nicht um eine Parkanlage, sondern um einen Zugang zu einem Konzerthaus, der nach der Vorstellung binnen einer halben Stunde von weit über tausend Leuten frequentiert wird. Was sollte man da anderes bauen, als breite, gepflasterte Flächen, die man mit etwas Grün auflockert?


    Aber vielleicht denke ich auch viel zu einfach – wenn man die inhaltliche Quersumme der letzten Beiträge bildet, hat man sich bestimmt wegen der Hausbesetzer aus der Rigaer Straße gegen Beete entschieden: Die kämen sonst und klauten die Stiefmütterchen. ;)


    Von den genannten Argumenten, warum allgemein so wenig Blumenbeete angelegt werden, finde ich nur ein einziges plausibel: Sie sind aufwendig zu pflegen und deshalb teuer im Unterhalt. Dass sie dort, wo sie sind, verwüstet würden, kann ich nicht nachvollziehen: Die Luiseninsel, nur einen Steinwurf (*hihi*) von der Philharmonie entfernt, ist jedenfalls immer in einem Topzustand. Die einzigen Vandalen, die dort ihr Unwesen treiben, sind Kaninchen. Von dem (in der Tat riesigen) Müllproblem sind Blumenrabatten meiner Beobachtung nach viel weniger betroffen als Rasen- oder Pflasterflächen.


    Und zu guter Letzt: Die Rede von der "Verrohung der Sitten" ist vermutlich so alt, wie der Sittenbegriff selbst. Er hat weniger mit Erkenntnis der Gegenwart zu tun, als mit Idealisierung der Vergangenheit. Wer wissen will, wie es um Sitte und Rohheit in der vermeintlich guten, alten Zeit bestellt war, der schaue sich keine 100 Jahre alten Ansichtskarten an, sondern Zeichnungen und Fotografien von Heinrich Zille. Oder er vergleiche mal, wie viele Gewaltverbrechen es 1900 gegeben hat und wieviele es heute gibt – und vergesse dabei bitte nicht den Umstand, dass Gewalt in der Familie seinerzeit als völlig normal galt und eine grün und blau geprügelte Ehefrau in keiner Kriminalstatistik auftauchte.


    Aber klar, damals hat niemand Kaugummis auf den Gehsteig gespuckt, und das ist natürlich der viel bessere Rohheits-Indikator...

  • Sorry aber in meinem Beitrag ging es um die Antwort auf die Frage warum Platzgestaltung heute scheinbar so schlecht funktioniert, ich habe nicht die neue Gestaltung um die Philharmonie kritisiert, die finde ich durchaus gelungen und ist ein Fortschritt zur besseren Anbindung des Kulturforums an den Potsdamer Platz.


    Ich persönlich finde es auch wichtiger und in Berlin auch gelungen, möglichst viele Grünflächen und Parks zu haben die Allen offenstehen als nur möglichst repräsentative Blumenrabatte an prominenter Stelle...


    Es geht nicht darum eine "Verrohung der Sitten" wortwörtlich zu nehmen und direkt mit dem Strafregisterauszug zu kommen, sondern zu sehen dass Alle gepflegte Plätze mögen, sich dafür aber niemand verantwortlich fühlt.

    Einmal editiert, zuletzt von TwistedRoad ()

  • ^ Ich erlaube mir, noch einmal das Bauschild aus #454 zu zeigen:



    Es geht um einen Eingangsbereich und nicht um einen Park, Garten oder Platz. Nach über einem Vierteljahrhundert hat man endlich auf die neue Situation reagiert, dass Richtung Osten der Philharmonie kein Brachland und Grenzgebiet mehr liegt, sondern das stark frequentierte neue Sony-Center und die Neubauten am Potsdamer Platz. Die Besucherströme zur Philharmonie haben sich somit gewaltig verändert.


    Und als solcher Eingangsbereich gefällt mir die Gestaltung seht gut. Hier sind in erster Linie keine blühenden Orleanderbüsche und Stiefmütterchenbeete gefragt, sondern ein breiter, heller, transparenter und einladender "Zugangsbereich".


    Natürlich entspricht die Gestaltung auch dem Zeitgeist, aber hier kann man m. E. sehr gut mit dem Ergebnis leben.

  • ^ Ich bin ja schon froh, dass man von der zeitgeistigen Hügelbeetgestaltung wie noch am Leipziger Platz, Spreebogenpark, Henriette Herz Park und Tilla Durieux Park, zu bewundern, abgekommen ist. Es wäre schön wenn diese sehr gelungene Gestaltung auch bei der gegenüberliegenden StaBi umgesetzt werden würde.
    Bedenklich finde ich den Begriff ”Touristische Erschliessung des Berliner Kulturforums“, auf dem von Backstein gezeigten Bauschild.
    Als wären es die Berliner selbst nicht wert.


    Letzte Woche gab es eine Meldung, dass die Spielbank und das Musicaltheater um die Ecke wohl schliessen. Das wäre natürlich ein Verlust an Attraktivität für den ganzen Bereich.


    http://www.rbb-online.de/kultu…er-platz-berlin-ende.html


    http://www.rbb-online.de/abend…bank_potsdamer_platz.html

    3 Mal editiert, zuletzt von Camondo ()

  • Die "Touristische Erschliessung" ist eine Reminiszenz daran, dass hier Tourismusfördermittel verbraten werden, wie auch beim archäologischen Zentrum.

  • "Thema verfehlt", ...

    Die Rede von der "Verrohung der Sitten" ist vermutlich so alt, wie der Sittenbegriff selbst. [...] Oder [man] vergleiche mal, wie viele Gewaltverbrechen es 1900 gegeben hat und wieviele es heute gibt – und vergesse dabei bitte nicht den Umstand, dass Gewalt in der Familie seinerzeit als völlig normal galt und eine grün und blau geprügelte Ehefrau in keiner Kriminalstatistik auftauchte.


    ... wie es so schön heißt.


    Der in Berlin vielerorts (und gerade auch in Parks) zu beobachtende Vandalismus, um den es hier ging, hat zum Glück nichts mit Gewaltverbrechen zu tun. Insofern gehen Ihre Ausführungen zum Sittenbegriff im Wandel der Zeiten etc. am Thema vorbei. ;)

  • Unfassbar:



    (C) Herzog & de Meuron Basel Ltd., Basel, Schweiz mit Vogt Landschaftsarchitekten AG, Zürich/Berlin


    Die Erläuterungen von HdM sind absolut spitze:

    „Ist es eine Lagerhalle? Oder eine Scheune? Oder vielleicht eine Bahnhofshalle? Ist es nicht vielmehr ein Tempel mit den exakt gleichen Giebelformen wie die Alte Nationalgalerie von August Stüler? Tatsächlich ist es ein Ort des Lagerns wie eine Lagerhalle, ein Ort der Vorräte und der Nahrung wie ein landwirtschaftlicher Betrieb, ein Ort der Begegnung und der Verbindung wie eine Bahnhofshalle. Und – wie ein Tempel – ist es auch ein Ort der Stille und des Nachdenkens, der Wahrnehmung von Kunst, der Wahrnehmung von sich selbst.


    Da fällt einem nichts mehr zu ein.


    Quelle Pressemeldung SMB

  • Was wollt ihr, immerhin kein Kasten mit Rasterfassade und Schießschartenfenstern... ;)


    Aber im Ernst, der erste Eindruck ist in der Tat erschreckend. Es kommt mir vor wie ein schlechter Scherz, was durch den "Lagerhallen"-Bezug im Text noch verstärkt wird.


    Ich vermute bzw. hoffe, die Materialien für die Außenhaut werden zumindest kein rohes Holz oder Wellblech, aber selbst eine edle Kupferfasdade würde es wohl nicht rausreißen.


    Was man sich da wohl gedacht hat...

  • Kulturstauraum?

    Man muss ja schon ziemlich abgebrüht sein, um solch einen Entwurf einzureichen - und als Jury diesen auszuwählen...


    Aber konsequent: Man erhebt die Aufbewahrung der wertvollen Kulturgüter einfach gleich zum Konzept und baut ein besseres Schaudepot als Endlager des 20. Jahrhunderts.


    Und man bemüht sich auch gar nicht erst mehr um allzu sophistische Sätze um über die Verweigerung, irgendeine künstlerisch anspruchsvolle Gestaltung des Gebäudes vorzunehmen, hinwegzutäuschen. Man hätte ja auch sagen können, dass dieser minimalistische Entwurf gerade in seiner Einfachheit gegenüber der Vielfalt der Kunstrichtungen des 20. Jahrhunderts zurücksteht und in seiner Reduziertheit besonders dadurch mit der nebenanliegenden Nationalgalerie korrespondiert ohne sie selber versucht zu übertrumpfen.


    Aber so...man benennt das Gebäude einfach als das was es ist: Eine Lagerhalle oder Scheune. Bildet das Kulturforum damit demnächst das neue Scheunenviertel?:D

  • Auch eine Jury kann nur damit arbeiten, was die Architektenschaft anbietet. Wir waren ja schon beim "Vorwettbewerb" recht einig, dass das aus irgend einem Grund schon nicht besonders brilliant war.


    Schaut euch Platz 2 und Platz 3 an. Platz 2 erinnert an Brutalismus reinster Sorte, schon die Visu versucht den grauen Sichtbeton gar nicht freundlicher darzustellen als er ist. Gepaart mit einer Fassade, die mich an das Skyline Plaza Einkaufszentrum (FFM) erinnert, nur halt im Brutalismus ausgeführt. Der Innenraum wirkt regelrecht unheimlich und ist in seiner Düsternis auch Beleuchtungstechnisch IMHO als Ausstellungs- oder Verkehrsfläche schlicht ungeeignet. Zusätzliches Kunstlicht hin oder her, wenn man nach der Visu geht hat man es beim Entwurf (und Materialität) trotzdem gerade auf einen düsterne Raumwirkung abgesehen. Mir unverständlich.


    Und Platz 3 erinnert statt an eine Scheune an eine Fabrikhalle aus dem 19. Jh. (Shedhalle) und die Innenansicht schafft es tatsächlich noch unwirtlicher zu wirken, als das derzeit unbebaute Freigelände. Rohe Wände, grober Pflasterboden, keine sichtbaren Fenster in's Freie. Meine Assoziation ist eine zugige, alte Bahnunterführung. Wundervoll.


    Unter den drei Beiträgen hätte ich auch den 1. Preis präferiert. Wohlwollend mag man darin, vgl. auch die Innenvisu, erkennen, dass der Begriff Forum i. S. d. einer kleinstädtischen Piazza als Ort des Austausches aufgegriffen wurde. Das Zentrum mit den "Sitzsteinen" erinnert an einen zentralen Brunnen oder ggf. auch Maibaum (Altbayern) o. ä., es weckt aufjedenfall Assoziationen mit solch einem Treffpunkt. Darüber ist die Baumasse des Baus offen, seitlich sind die Gänge, die an Balkone oder Loggien von umliegender, dichter Bebauung erinnern und im Hintergrund ist ein großer Baum zu erkennen, der offenbar in das Gebäude integriert werden wird. Sozusagen ein wortwörtlich überdachtes "Forum" der Kultur (menschlicher Austausch, dazu die Kunst). Vgl. auch der Eintrag zu "Forum" im Wiktionary:


    seit dem 18. Jahrhundert bezeugt; aus lateinisch forum → la; ursprünglich „länglicher, viereckiger freier Raum“, später „Marktplatz, Versammlungsort“


    Vielleicht eine Art abstrakte Version einer solchen künstlichen "kleinen Welt" wie Tropical Islands oder Centerparcs unter einem Dach, eine Abstrahierung eines "Forums", eines öffentlichen Raumes, der nicht minder abstrakten Kultur des 20. Jh. gewidmet. Das sind meine Assoziationen dazu.


    Ich kann, wohlwollend, zumindest noch einen roten Faden oder eine Grundidee erkennen.


    Es wird wohl ganz extrem auf die Materialität und Detailausführung ankommen. Und wenn ich einmal ganz kurz an die Elbphilharmonie erinnern darf, dann hat das Büro durchaus bewiesen, dass es hier größeren Wert auf wertige Ausführung legt als der Architektenmainstream dies gewöhnlich macht. Aber, dass damit dann auch u. U. ordentliche Kostensteigerungen verbunden sein können. Also mit den 200 Mio. € Gesamtbudget, das ist nun IMHO vielleicht mit Vorsicht zu genießen.

  • Die Entwurfe des Realisierungswettbewerbes werden vom 18. November 2016 bis 8. Januar 2017 im Kulturforum (direkt hinter dem Bauplatz) zu sehen sein.


    Der Siegerentwurf wird mit 14.700 qm Nutzfäche angegeben, davon 9.200 qm als Austellungsfläche.


    Und zum Entwurf selber: mir gefällt es nicht schlecht. Die Raumaufteilung innen gefällt mir gut und die äußere Scheunen- o. Lagerhallenform im Kontext mit den Sammlungen Pietzsch, Marx und Marzona ist interessant und spricht mich an.
    Mir hat die Sammlung Marx in den Hallen neben dem Hamburger Bahnhof ja schon gut gefallen.
    Jetzt mit dem Innenleben wie das geplant ist?! Ich freu mich auf die Eröffnung und plane schon jetzt mich dort einzufinden.


    Link zu den Pressebildern: Klick

  • Unfassbar


    Dem ist nichts hinzuzufügen.


    Es ist ohnehin ein Fehler, an dieser Stelle überhaupt zu bauen. Der disparate Raum "Kulturforum" funktioniert nur deshalb einigermaßen, weil zwischen den (für sich genommen großartigen, aber nicht zusammenpassenden) Bauten Neue Nationalgalerie, Staatsbibliothek und Philharmonie ein großer Freiraum ist, so dass jeder dieser Solitäre "atmen" kann. Mit Einschränkungen gilt das sogar für Gemäldegalerie und Kunstgewerbemuseum.


    Diesen Freiraum zuzubauen, ist m. E. äußerst problematisch. (Die richtige Stelle für einen Neubau wäre das Gelände westlich der Neuen Nationalgalerie, auf dem sich heute ein Parkplatz befindet, aber dagegen hat sich ja Staatsministerin Grütters gestellt.)


    Dass es eine solche Katastrophe werden würde, war aber dann doch nicht zu erwarten. Aber vielleicht habe ich immer noch nicht gelernt, dass in Berlin grds. die schlechteste Lösung die besten Chancen hat, realisiert zu werden, warum auch immer.

  • Wenns mit musealer Nutzung nichts wird, kann ja immer noch eine Lidl oder Aldi-Filiale einziehen. Diese Alternative wurde offenbar geschickt miteingeplant. Äußerst nachhaltiges Konzept.