Stadtschloss Berlin: Der Thread für den Wiederaufbau

  • Im Gespräch mit der Berliner Zeitung erklärt der Architekturtheoretiker Andreas Ruby, dass der Schloss-Entwurf von Stephan Braunfels Ost und West versöhnen könnte. Würde der zur Spree zeigende Flügel nicht gebaut, könnte dieser Bau in Mitte ein Signal sein: Die Zukunft nimmt verschiedene Epochen in sich auf.


    http://www.berliner-zeitung.de…ur,24905948,24987694.html

  • We are the world - we are the children

    dass der Schloss-Entwurf von Stephan Braunfels Ost und West versöhnen könnte.


    Dann sollten wir aber das Schloß in Spandau bauen. Dort würde es auch Ost und West vereinigen. Daß eine Idee schwachsinnig ist, zeigt sich häufig an solch herbeikonstruierten und offen widersinnigen Argumenten.


    Das gleiche Argument stand heute auch in der Berliner Zeitung. Darauf wurde entgegnet, daß das Band des Bundes diese Vereinigung bereits besorge. Diesmal allerdings wirklich grenzüberschreitend. :)


    Braunfels ist wohl ein Narziß und soll Ruhe geben.

  • ^^
    Hmm, anders als im Artikel angesprochen ist der Änderungsvorschlag wohl doch nicht geeignet eine Versöhnung der verfeindeten Lager herbeizuführen. Zumindest wenn man die Reaktionen hier im Thread betrachtet.


    Er findet anscheinend nur bei jenen viel Anklang die eigentlich gar kein Schloss wollten.

    ......
    Nebenbei bemerkt erscheint es mir etwas seltsam, dass viele frühere Schlossgegner nun offenbar umgeschwenkt sind und als feinsinnige Ästheten das Schloss auf einmal "schlossiger" wollen, als es jemals gewesen ist.


    Das ist in der Tat seltsam. Jene denen das Schloss nicht am Herzen liegt können sich wohl psychologisch leicht mit Änderungen anfreunden. Während die Schlossbefürworter darin eher einen feindseligen Angriff auf ihr schönes Projekt sehen.


    Interessant an dem Interview ist auch, dass Andreas Ruby meint das nach Osten offene U ermögliche eine weit bessere stadträumliche Integration des Baues. Da gibt es keine Übereinstimmung mit den Rekofans weil die vermutlich gar kein Interesse an einer Integration in den "modernen" Osten haben sondern auch dort das Rad zurück drehen wollen.

  • Konstantins Behauptungen muss ich leider in allen Punkten widersprechen:



    • Hochtiefs Schadenersatz für entgangenen Gewinn könnte aus jenen Mitteln finanziert werden, die durch den Wegfall der Ostfassade freiwerden.



    Wie oft muss man es noch sagen, es gibt KEINEN Schadensersatz für entgangene Gewinne!!!!!!
    Dies gibt es einfach nicht.
    HochTief hat nur einen Anspruch auf bereits entstandene Kosten gegen Nachweiß.


    Wie will man auch den entgangenen Gewinn festlegen???

  • Sei es nun aus Trotz oder aus Gleichgültigkeit, dass es jenen, denen das Projekt am A* vorbeigeht nicht juckt, obs nun so oder so aussieht, ist ja wohl klar. Geht mir bei einem Neubau am anderen Ende der Stadt auch so.


    Ich finde den Entwurf von Braunfels an sich schöner, als der Stellas oder eben den Vorzustand mit den zwei Höfen. Eben die französische Variante, wie es im Artikel steht. Hat was einlandenderes.


    Ich Bemängel an Braunsfels' Plänen aber, dass es dadurch noch disneylandiger wird, als es ja - nach Ansicht der Gegner - eh schon ist. Ostflügel einfach weglassen, wäre ja noch erträglich. Aber den Schlüterhof einfach mal um 180° drehen geht dann nicht mehr. Einerseits soll/will/muss man der Authentizität halber orig. Bauteile verwenden, andererseits schiebt man hier und da bisl hin und her, bis es passt, s.Potsdam.



    Wieso wird diese Braunfels-Diskussion immer wieder aufgebracht. Man kann ja neue Artikel posten und dazu was sagen. Aber immer wieder damit zu beginnen, ob nicht doch und wenn und wieso und aber...

  • So ich bin gerade aus der Beuth Hochschule zurückgekehrt, wo am heutigen Tage der Vortrag von Franco Stella zum Humboldtforum stattfand. War im Großen und Ganzen sehr informativ, auch wenn für eingefleischte Fans wahrscheinlich nicht allzu viel neues in Erfahrung zuu bringen war.


    Stella begann seinen Vortrag mit der Frage, was er unter "Rekonstruktion" verstehe und antwortete, dass es sich seines Erachtens um den "Wiederaufbau eines wie auch immer verlorenen Gebäudes handelt - wo es war und wie es war". Er grenzte seine Definition somit von den Begriffen "Kopie" (Ort stimmt nicht) und "Interpretation" (das "wie" wurde verändert) ab. Darüber hinaus habe er sich gefragt, welche Gebäude seiner Meinung nach rekonstruktionswürdig sein und beantwortete sich dies, dass ein Gebäude eine identitätsstiftende Wirkung auf die Gemeinde oder die Stadt haben müsse, in der es steht/stand. Sein Entwurf des Humboldtforums sieht er zu 50% als Rekonstruktion (nicht nur Fassadde, sondern auch Raumaufteilung in den drei Barockflügeln), die restlichen 50% seien schlichtweg ein Neubau. Im Anschluss daran ging es um die Integration moderner Architektur in bereits bestehende Strukturen.


    Daraufhin folgte ein Abriss der Entstehung des originalen Schlosses bis zu dessen Sprengung. Die Bekanntgabe der Sprengung durch den damaligen Generalsekretär Walter Ulbricht kommentierte er dabei lässig mit den Worten "Warum sollte er das letzte Wort haben?!" und ging recht schnell zu seinem Entwurf über. Laut Stella liegen die Stärken seines Entwurfes in der Offenheit und den allzeit frei zugänglichen Veranstaltungsräumen (Agora, Schlossforum, Schlüterhof). Zusätzlich zu diesen Veranstaltungsräumen gewinne Berlin durch die Piazza zwischen Spree und Ostfassade einen weiteren Platz, der ursprünglich aufgrund des Apothekerflügels nie existiert habe.
    Stella machte klar, dass er die Ostfassade als einen Neubau sieht und hob hervor, dass es nie seine Intentioon war, die Barockfassade der restlichen Seiten auf irgendeine Art und Weise neu zu interpretieren ("Man kann nichts interpretieren, was es vorher nie gegeben hat"), was er mit der "Einkerbung" auf der Nordseite und der klaren Abgrenzung mittels des Rondells auf der Südseite hervorheben wollte. Er betonte auch, dass es sich bei seiner Ostfassade nicht um eine gewöhnliche Lochfassade handele, die ausschließlich aus identischen Fensterbänden besteht, sondern die Proportionen vieler Renaissance-Bauten in seiner italienischen Heimat aufgreife, an denen er sich orientiert habe. Beim Schlossforum (also der Durchquerung zwischen Nord- zu Südportal) hat er sich unter anderem bei der Galleria degli Uffizi in Florenz oder auch dem römischen Kolosseum inspirieren lassen. Die Neubaufassaden im Inneren orientierren sich jedoch in ihren Proportionen an den Barockfassaden (z.B: Schlüterhof) und interpretieren diese neu.


    Untermauert wurde der Vortrag von vielen Bildern und Visualisierungen, von denen mir viele neu waren, unter anderem auch von den Treppenhallen an den beiden Neubauseiten der Agora.
    Gegen Ende der Veranstaltung beantwortete er die Frage eines Studenten, der wissen wollte, wie man bei einer so kolossalen Deckenhöhe wie beim Stadtschloss Toiletten und andere Funktionsräume unterbringt, gekonnt und ironisch abwinkend mit den Worten "Toiletten?! Gibt's keine Toiletten, gibt's keine Toiletten!", worauf hin er doch die Lacher des Publikums auf seiner Seite hatte.


    Besonders beeindruckt hat mich der Umstand, dass Franco Stella den gut anderthalbstündigen Vortrag komplett in Deutsch gehalten hat, wofür er sich meinen vollen Respekt verdient hat! Ich hatte mit gebrochenem Englisch gerechnet.
    Nichts desto trotz war es eine informative und tolle Veranstaltung gewesen, in denen nicht nur Studenten die Hörerschaft bildeten.

  • Wie oft muss man es noch sagen, es gibt KEINEN Schadensersatz für entgangene Gewinne!!!!!!
    Dies gibt es einfach nicht.
    HochTief hat nur einen Anspruch auf bereits entstandene Kosten gegen Nachweiß.
    Wie will man auch den entgangenen Gewinn festlegen???


    Scheinst ja, Jurist zu sein, Ruhrbaron.


    Natürlich ist der Gewinn zu beziffern. Dieser wird bei einer bestimmten Perzentage des Auftrages angenommen, wenn dieser auskömmlich war. Bis vor einigen Jahren mussten das sogar noch Hochbauamtsleiter lernen um Angebote bei öff. Aufträgen abzulehnen, die nicht auskömmlich kalkuliert waren - um Vergabe mit Pleite des AN zu verhindern.


    Wenn Du bei mir z. B. ein Gutachten bestellst und es nach drei Monaten wieder abbestellst oder sagst - sorry, nur eingeschränkter Gutachtenumfang - musst Du es trotzdem bezahlen - in voller Höhe, wenn nicht sogar mehr.


    So müssen bei einem Vertrag über Baudienstleistungen sich auch beide Seiten an ihre Verträge halten - da kann der AG nicht einfach sagen: ich baue nur die Hälfte.

  • Wie oft muss man es noch sagen, es gibt KEINEN Schadensersatz für entgangene Gewinne!!!!!!
    Dies gibt es einfach nicht.


    Wie meinst Du das? Soll Deiner Meinung nach generell der Ersatz entgangenen Gewinns nicht existieren oder nur in diesem speziellen Fall nicht?

  • ^^^
    Ich war gestern auch dort.
    Was ich noch interessant fand war, dass es ihm bei seinem Entwurf vor allem um die Form des Baukörpers und die Funktion geht, der Stil seiner Neubaufassaden ist ihm dabei nicht wichtig, es geht nur darum, dass sie sich von der Rekonstruktion abgrenzen.

  • "entgangener Gewinn"

    Wie meinst Du das? Soll Deiner Meinung nach generell der Ersatz entgangenen Gewinns nicht existieren oder nur in diesem speziellen Fall nicht?


    Zur obigen Diskussion:


    Würde der Ostflügel nicht gebaut, und ist dieser - wie ich vermute - im an Hochtief vergebenen Vertrag enthalten, so läge insoweit eine Teilkündigung des Vertrags vor.


    Was im Falle einer solchen Kündigung gilt - und ob sie überhaupt zulässig wäre -, regelt vorrangig der Vertrag, den wir nicht kennen.


    Geht man von der gesetzlichen Regelung aus (§ 649 BGB), so wäre die Kündigung zunächst einmal wirksam (§ 649 S. 1 BGB), d. h. die Pflicht zur Bauausführung entfällt.


    Allerdings behielte Hochtief - da man die Kündigung dort nicht verschuldet hätte - nach der gesetzlichen Regelung den Anspruch auf die vertraglich vereinbarte Vergütung für den nicht gebauten Ostflügel, abzüglich dessen, was an Aufwendungen eingespart wurde und was als Folge der Kündigung anderweitig verdient werden kann (§ 649 S. 2 BGB).


    Ohne weiteren Nachweis wären dies 5 % der auf die für den Ostflügel anfallenden (Rest)Vergütung. In der Praxis machen Baufirmen jedoch weitaus mehr geltend, so etwa die auf die Einheitspreise kalkulierten Zuschläge, zu denen auch der kalkulierte Gewinn gehört (u. a. deshalb wird der Anspruch aus § 649 S. 2 BGB häufig auch als Anspruch auf entgangenen Gewinn bezeichnet). Die Einzelheiten sind streitig und kompliziert. Sicher ist jedoch, dass der Bauherr im Falle einer solchen "freien" (Teil)kündigung ein erhebliches und vor allem im Vorfeld nur schwer kalkulierbares Risiko einginge, das u. a. Herr Braunfels und die anderen Befürworter seiner Idee offenbar unterschätzen.

    Einmal editiert, zuletzt von Leo2505 () aus folgendem Grund: Tippfehler

  • Manfred Rettig hat natürlich mit der Beibehaltung der abgesegneten Planung recht:
    Wir haben seit 22 Jahren über das Schloss mit allen möglichen Leuten und allen denkbaren Meinungen diskutiert.
    Das Ergebnis wird gerade gebaut.
    Da hätten einige Leute sich eher zu Wort melden und Mehrheiten gewinnen müssen.
    Wahrscheinlich haben die das sogar - wie Braunfels - schon einmal versucht und hatten keinen Erfolg.
    So what? :cool:

  • Leo2505:
    Sehr richtig was du schreibst.
    Die wichtigstens Punkte in einem Vertrag sind halt Gewährleistung, Vertragsrücktritt und Schadensersatz.
    In Verträgen wird dies aufgrund des BGB´s anders geregelt. Es wird halt ein Kompromiss gefunden.
    Falsch ist einfach die Vorstellung, dass man z.B. 100Mio. bestellt hat, 1Mio. verbaut ist und man 99Mio. Strafe zahlen muss.


    In der Praxis (zumindest Industrie) läuft es meist auf bereits erbrachte Leistung + phi hinaus.
    Die gesetzliche Lage ist hierbei nicht das schwierige sondern der Nachweis der erbrachten Leistung.
    Wenn man Teilgewerke wie hier Ostflügel hätte wäre die von Leo2505 beschriebene Regelung die beste.
    Da man aber die explodierenden Kosten bei öffentlichen Bauten kennt, wird der Vertrag bestimmt keine Teilgewerke haben und lauten "Ein Schloß bitte".
    Hier würde Hochtief alle bereits aufgelaufenden Kosten dem Ostflügel zuschreiben und dann quasi doppelt kassieren wollen

  • Nicht auszumalen, was wäre, wenn alle unterlegenen Teilnehmer des Wettbewerbs so schlechte Verlierer wären wie Braunfels.


    Wer Versailles liebt, dem empfehle ich, nach Versailles zu fahren, denn:
    Berlin wird NIEMALS Versailles!

  • Berlin Versaille??

    Ich bring das auch mit dem Stadtschloß nicht zusammen? Was soll der Unfug?


    Weil man das Stadtschloss wieder aufbauen möchte, liegt daran weil Leute versuchen aus Berlin Versaille zu machen? Was erzählt er da?


    Wenn, wäre folgender Vergleich richtig, nur weil man in Berlin das Stadtschloss wieder aufbaut wird aus Berlin nicht Paris. Das wäre nachvollziehbar und auch das ist purer Unfug.

  • ^^
    Es ging bloß um die Alternativen "geschlossener Innenhof versus offener Ehrenhof". Der italienische Königspalast von Caserta hat ebenso wie das ehemalige Berliner Stadtschloss Innenhöfe während das Schloss in Versailles oder auch das Schloss Charlottenburg offene Ehrenhöhe haben.


    Würde man dem Vorschlag von Braunfels folgen hätte eben auch das Humboldtforum einen offenen Ehrenhof und damit in dem Punkt eine Parallele zu Versailles oder dem Charlottenburger Schloss und nicht mehr zum italienischen Palast. Das ist alles.

  • Mag ja sein, Chandler.
    Aber hier ging es nicht um den Wettbewerb "Unser Schloss soll schöner werden" (da hätte ich noch etliche
    Vorschläge gehabt ;)) sondern um Authetizität.
    Schließlich war eines der Hauptargumente der Schlossgegner der Vorwurf, wir würden ein Disneyland errichten.


    Die Stella´sche Ostfront ;) ist ja nicht auf dem Mist der Schlossfreunde gewachsen sondern war eine Kröte,
    die wir schlucken mußten.

  • Ich denke, dass es die ganze Debatte um Braunfels nur gibt, weil die Ostfassade von vielen Bürgern als extrem unbefriedigend wahrgenommen wird. Die Diskussion dient gewissermaßen als Ventil, durch das sich jetzt der ganze Unmut entlädt. Diese Stimmung konnte man auf der Veranstaltung am Montag im Berliner Verlag ganz gut spüren. Tosenden Beifall gab es immer dann, wenn ein Redner die Ostfassade in möglichst scharfen Worten verurteilt hat.


    Dieses Unbehagen kann ich gut nachvollziehen. Die Ostfassade in der jetzigen Form wirkt auf mich nicht einladend, sondern abweisend. Sie wirkt nicht wie die Schauseite eine offenen Hauses, sondern wie die Front einer Festung. Mich erinnert sie an die Fassade des Bundesnachrichtendienstes. Eine solche Fassade mag für einen Geheimdienst angemessen sein, für ein Humboldtforum ist sie unakzeptabel.


    Diese Gestaltung lässt sich auch nicht mit dem Wettbewerb von 2008 begründen. Denn die jetzige Fassade entspricht ja gar nicht dem Siegerentwurf von Stella, sondern sie wurde ohne Beteiligung der Öffentlichkeit gravierend verändert. Daher kann man jetzt auch nicht argumentieren, dass die Bürger zu spät aufgewacht wären, oder dass sie schlechte Verlierer wären, die Wettbewerbsergebnisse nicht akzeptieren würden. Vielleicht hätten die Medien früher Alarm schlagen sollen, andererseits kann man erwarten, dass die Stiftung Berliner Schloss solch weitreichenden Änderungen nicht ohne öffentliche Debatte beschließt.


    Fazit: Ich halte eine öffentliche Debatte über die Ostfassade dringend geboten, und wenn es dann Verzögerungen geben sollte, dann wäre dies nicht die Schuld der Bürger, sondern die Schuld von Manfred Rettig, der hier eigenmächtige Entscheidungen getroffen hat. Jedenfalls dürfte eine kurze Verzögerung des Projektes leichter zu ertragen sein als eine Fassade, über die sich die meisten Bürger ärgern und die einen Schandfleck an diesem zentralen Ort darstellt.