Berliner Immobilienwirtschaft

  • Eine Katastrophe für die Mittelschicht aus meiner Sicht. Erzeugt durch die künstliche Marktverknappung (Unzureichende Ausweisung von Neubaugebieten NIMY + Realitätsverweigerung (Tempelhofer Feld, Randbebauung) und gleichzeitig erhöhte Regulation (Mietendeckel) bei gleichzeitig weiter steigender Nachfrage.

  • Sehr interessant ist die Diskussion zum Mietendeckel in den USA. New York hat 1 Mio rent-stabilized apartments, und da gibt es inzwichen umfangreiche Langzeitstudien, die die Effekte untersuchen.

    Fazit: schützt zwar vor Mietensteigerungen, läßt aber die wirtschaftliche Dynamik sinken, reduziert intra-city Mobilität, kreiert einen Schwarzmarkt für diese Wohnungen (in dem dann die Wertschöpfung stattfindet), und benachteiligt neu zuziehende Bürger und wachsende Familien (dh mit mehr Kindern).

    Sehr gut zusammen gefaßt bei Freakonomics Radio in diesem Podcast (in jeder podcast app zu finden):

    https://freakonomics.com/podcast/rent-control/

  • Fazit: schützt zwar vor Mietensteigerungen, läßt aber die wirtschaftliche Dynamik sinken, reduziert intra-city Mobilität, kreiert einen Schwarzmarkt für diese Wohnungen (in dem dann die Wertschöpfung stattfindet), und benachteiligt neu zuziehende Bürger und wachsende Familien (dh mit mehr Kindern).


    Exakt jeder einzelner nachteilige Punkt ist von mir vor der Inkraftsetzung des MD in Berlin so antizipiert worden.


    Das Schockierende: In Berlin gibt es noch nicht einmal eine Oppositionspartei, die genügend Grips hat all die Fehlentwicklungen zu erkennen, zu benennen und anzuprangern.


    Der MD ist indirekt eine der härtesten Zuzugsbremsen. In einer Stadt, die angeblich von ihrer Weltoffenheit lebt.

  • ^Sorry aber da muss man der AfD an dieser Stelle attestieren das sie Recht hat. Es wundert mich nur das eine ähnliche Aussage nicht auch von der FDP kommt oder von der CDU.

  • Nicht vergessen, sondern nicht gewusst. Ich hätte wohl schreiben sollen: Es würde mich schon wundern das eine ähnliche Aussage nicht von FDP/CDU...gekommen ist.

  • Ganz interessant: Ökonomen des Deutschen Wirtschaftsforschungsinstituts haben ausgerechnet, wie stark sich AirBnB-Wohnungen auf die Mieten in Berlin auswirken. Im Schnitt seien sie durch solche Wohnungen um 10 Cent pro Quadratmeter gestiegen, in einigen Bezirken aber um 40 Cent und mehr. Seltsamerweise ist der Effekt in den Randbezirken höher als im Zentrum.


    Die Studie hat auch die Wirkung des Zweckentfremdungsverbotes von 2016 auf die Zahl der AirBnB-Wohnungen untersucht. Die fällt sehr unterschiedlich aus: In Mitte ist die Zahl um fast ein Viertel zurückgegangen, die Friedrichshain-Kreuzberg nicht einmal um zwei Prozent. Ein ausführlicher Bericht findet sich bei SPON.

  • Diese Untersuchungen gehen meines Erachtens völlig an der Wirklichkeit vorbei. Abgesehen dass dieser Effekt ziemlich unbedeutend ist - in Berlin Mitte gerade mal 8 Cent -ist es auch nur eine theoretische Zahl.

    Diese Studie setzt nämlich voraus, dass dieser Effekt eintritt, wenn man anstatt über Airbnb ganz normal vermietet. Und genau das würde nicht passieren. Für viele Vermieter wäre das keine Alternative, sie würden ihre Wohnung diesem Mietmarkt sowieso nie zur Verfügung stellen. Entweder würden sie lieber verkaufen, sie leer stehen lassen, um sie ab und an Familie oder sonst jemand zu geben oder aber möbliert monatsweise vermietet. Nur eine Minderheit würden diese Wohnungen dem normalen Mietmarkt zuführen.

    Hier wird etwas suggeriert, was de facto gar nicht stattfinden würde. Ebenso sind natürlich Airbnb Wohnungen für die Kommunen eine willkommene Ablenkung von den eigenen Defiziten in der Wohnungsbaupolitik.


    Ein weiteres Problem in Berlin ist auch die deprimierende Tatsache, dass trotz aller Rhetorik die Bezirke nicht in der Lage sind, das mit viel Trara eingeführte Gesetz für Zweckentfremdung entsprechend durchzusetzen. Die Schätzungen - genau weiß das ja eh keiner - über Airbnb Wohnungen, die nicht rechtmäßig angemeldet sind, belaufen sich auf bis zu 80 Prozent. Corona jedenfalls hat in ein paar Monaten wesentlich mehr beigetragen in der Reduzierung der Wohnungen als der Senat in den letzten 10 Jahren. Und ob sich der Markt nach Corona wieder so schnell und überhaupt erholen wird, ist völlig offen und eher unwahrscheinlich.

  • ^ Meine Güte, die Untersuchung analysiert einen kleinen Bereich des Mietmarktes. Ich fand einfach die Information interessant. Für Dich mal wieder ein Anlass, so zu tun, als müssten Vermieter in Berlin den Mietern Geld geben, damit sie bei ihnen wohnen dürfen (obwohl sich die Mieten seit 2010 vielerorts verdoppelt haben).


    Und Airbnb als Geschäftsmodell kommt bei Dir auch nicht vor - bei Dir gibt es nur arme Einzelpersonen, die zufällig die eine oder andere überzählige Wohnung besitzen und vom Senat quasi gezwungen werden, zwischen Airbnb und Leerstand zu entscheiden ("Dieser Mietmarkt"). Man hat es ja so schwer als Immobilienbesitzer heutzutage!


    Wie sich das Zweckentfremdungsverbot auswirkt, steht übrigens in der Studie (aber auch da kannst Du natürlich "Glaub ich nicht!" sagen).

  • Auch ich bin gestern durch einen paywall-versteckten Artikel der FAZ-online auf eine interessante Seite gestoßen. Sie heißt https://scoperty.de/home und man kann sich hier ein mehr als nur oberflächliches Bild über die Immobilienpreise in Berlin machen. Dem Anspruch nach kann man jedes einzelne Haus adressieren, und ohne beurteilen zu können, wie substantiell die Schätzwerte sind, so bekommt man hier doch mindestens einen plastischen Eindruck davon, wie die KI-Systeme der großen Investmentmentgesellschaften wie Blackrock, auf der Grundlage von immensen Datenbergen, die gesamte Welt zielgenau quantifizieren und monetarisieren können, mit uneinholbarem Wissensvorsprung gegenüber den kleinen Fischen und natürlich uns Letztverbrauchern, also Kapitalismus in dämonischer Perfektion.

  • ^


    Die Schätzwerte sind aktuell kaum brauchbar, da u.a. die Anzahl der Wohneinheiten in einem Gebäude fehlerhaft ist und Grundstücksgrößen nicht berücksichtigt werden. Fraglich ist auch, ob das beabsichtigte Geschäftsmodell ertragreich sein kann. Der Immobilien(ver)kauf lebt von Vertrauen, Seriosität, sozialer Interaktion. Möglicherweise können klassische Vermittler wie E&V als Partner gewonnen werden, nur müssen dann die angegebenen Preise tatsächlich "zielgenau" sein, um einen Mehrwert bieten zu können. Genau dafür fehlt scoperty aber eine Menge an Daten zur jeweiligen Immobilie, die eben nur über die Eigentümer in Erfahrung zu bringen sind.

  • Ja der Berliner Mietendeckel wird wohl in die Geschichte eingehen als das handwerklich schlechteste und kontraproduktivste Gesetz der Bundesrepublik. Jetzt müssten die Politiker doch mal Anstand zeigen, und persönlich die Mietrückforderungen aus eigener privater Tasche bezahlen. Mein Gott, armes Berlin, womit hast du diesen Zirkus verdient.

  • Hier der genaue Wortlaut der Beschlusses:


    https://www.bundesverfassungsg…en/DE/2021/bvg21-028.html

    Das ist lediglich die Pressemitteilung. Den genauen Wortlaut des Beschlusses gibt es hier:


    https://www.bundesverfassungsg…s20210325_2bvf000120.html


    Im übrigen wars im Ergebnis eine einstimmige Entscheidung der Richterinnern und Richter – und das, obwohl eine von den Grünen kommt und drei aus der SPD.

  • Ja der Berliner Mietendeckel wird wohl in die Geschichte eingehen als das handwerklich schlechteste und kontraproduktivste Gesetz der Bundesrepublik. Jetzt müssten die Politiker doch mal Anstand zeigen, und persönlich die Mietrückforderungen aus eigener privater Tasche bezahlen. Mein Gott, armes Berlin, womit hast du diesen Zirkus verdient.

    Kontraproduktivste Gesetz? Nun ja, es wurde in seiner jetzigen Form offiziell abgelehnt.


    Ich sehe dieses ganze Vorhaben eher als einen eigenmächtigen Versuch ein Zeichen gegen eine Politik der Ignoranz auf Bundesebene bezüglich städtischen Wohnens zu setzen. Die Ausgangssituation hat die Bundesregierung zu verantworten, die das ganze "Der-Markt-Regelt" Treiben in der Wohnungspolitik über Jahrzehnte angefeuert hat. Dieser Gesetzesvorschag war jetzt zwar ein Griff ins Klo, leitet aber eine bundesweite Debatte über dieses Thema ein. Das war lange überfällig und dafür bin ich persönlich dankbar.

  • Klar auch kontraproduktiv, weil viele Mietwohnungen an Eigennutzer verkauft wurden, weil jetzt der Mietenspiegel wahrscheinlich nicht mehr aussagend ist und dadurch Mieterhöhungen durch Vergleichswohnungen eintrudeln, weil Investoren verschreckt wurden, weil Zeit verloren wurde die Probleme zu lösen anstatt durch extreme Ideologie anzugehen. Oh ja, und kontraproduktiv, weil Mieter jetzt Rückzahlungen aufbringen müssen

  • Viele haben es immer befürchtet und man musste eigentlich auch immer Bauchschmerzen haben. Das dürfte ordentlich kollektive Katerstimmung erzeugen, was in Kombination mit Corona schon ziemlich toxisch für die Stadt werden könnte.


    So hart es klingt, es bestätigt leider meine Wahrnehmung: Unsere lokale politische Kaste ist mE nur groß im Investieren aber weitgehend unfähig im Entwickeln guter Konzepte. Sie beherrschen keine Märkte, keine juristische Absicherung, keine effektive Bildungspolitik, keine aktive Wirtschaftspolitik... Auch bei der Verkehrswende bin ich bislang noch sehr skeptisch, auch wenn es grundsätzlich nicht verkehrt ist.


    KrauseGlucke Deine persönliche Dankbarkeit in allen Ehren. Aber davon können sich die Betroffenen leider im wahrsten Sinne des Wortes auch nichts kaufen.


    Edit: Lese gerade, dass zumindest die großen Gesellschaften wohl kulant bezüglich Nachzahlungen sein wollen (Vonovia verzichtet, Deutsche Wohnen geht nach den Finanzen der Mieter, Landesbetriebe fordern natürlich auch nichts zurück). Immerhin etwas!

    2 Mal editiert, zuletzt von jan85 ()