Quartier am Tacheles

  • ^ Ich finde gerade nicht, dass es "plattgelutscht" aussieht. Das nicht verfugte Fassadenmaterial erinnert mich irgendwie an nordafrikanische Lehmziegel-Architektur wie hier in der tunesischen Stadt Tozeur (Tauzar): http://gdiel.com/lehmziegel-architektur-in-tozeur

    Dadurch wirkt die Fassade archaisch-traditionell, gleichzeitig jedoch hypermodern. Außerdem bin ich froh, dass man auf eine Unterteilung der Fenster verzichtet. Es macht Sinn, wenn die Fenster in ihrer Ur-Form wirken können. Das bisherige Ergebnis finde ich ziemlich spannend.

  • Man kann sich auch alles schönreden. ;)
    Der Vergleich mit Tozeur erscheint schon arg an den Haaren herbeigezogen. Rund um die Welt gibt es zig Millionen an Ziegelmauern/fassaden, an die das Oro einen eher erinnern könnte.
    Demnächst, wenn ich eine schlicht weiß getünschte Hausmauer sehe, dann sage ich: Oho! Die erinnert mich an das Weiße Haus in Washington DC! Klassizistisch und edel!
    Ernsthaft, die Oro-Fassade unterscheidet sich doch ganz erheblich von Tozeur-Fassaden:
    - Kalte, hell-beige Ziegel gegen Ziegel in einem warmen Goldton.
    - Eine industriell gleichmäßige, relativ gering texturierte Oberfläche gegen eine durch traditionellen Ziegelbau mit unregelmäßigen, handgemachten Ziegeln stark texturierte Oberfläche.

    - Eine komplett schmucklose Fassadengestaltung gegen Fassaden die von aufwendigen und einfallsreichen Ziegelmustern und Ziegelreliefs geschmückt werden.

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  • Ernsthaft, die Oro-Fassade unterscheidet sich doch ganz erheblich von Tozeur-Fassaden:

    Ich gebe dir recht, dass die Fassade des Oro nicht so individualistisch ausgeprägt ist wie nordafrikanische Ziegelfassaden. Aber das Oro steht nicht in Nordafrika, sondern in der Oranienburger Straße. Aus dem konformistischen Berliner Einheitsbrei sticht das Oro deutlich hervor und ist überdurchschnittlich individuell. Für nordafrikanische Verhältnisse ist das Oro langweilig, für deutsche Verhältnisse ist das Oro ein Hingucker.

  • Ein klein wenig underwhelmed war ich zunächst aus oben genannten Gründen ehrlich gesagt von dem Mauerwerk auch. Ich hatte da irgendwie etwas eher Chipperfield-esques erwartet.


    Andererseits ist das ja alles noch lange nicht fertig, aufgeräumt und bezogen.


    Das wird schon sehr nett!

  • Nach und nach kommt die Fassade des Oro immer mehr zum Vorschein. Ich finde das Fassadenmaterial äusserst gelungen. Die gebrochenen Hohlblockziegel bilden zwar auf den ersten Blick eine homogene, plane Fläche, auf dem Zweiten allerdings, kann man eine reliefartige Tiefe erkennen. Für mich das erste Haus unter den Neubauten am Tacheles. Ich warte auf die Zuckerseite, also die schmale Seite, die den Eingan zum Hof bildet.


    Beim Nachbarn ist mir die Unterschiedlichkeit der Fassade und Fensterlaibung aufgefallen. Sehr schick.


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    meine bilder

  • die Seiten der Backsteinblöcke sehen so schrecklich aus, dass sie die Fassade für mich wirklich ruinieren. Ich bin mir nicht sicher, wie das deutsche Wort lautet, aber für mich sehen sie aus wie "Cinderblocks", ein billiges und hässliches Baumaterial, das in den USA häufig als Stützen für Wohnwagenparkgebäude verwendet wird.

  • ^ Ich schätze Ihre Expertise und Ihre Fotos sehr. Aber wenn Ihnen etwas nicht gefällt, wird es hässlich: Mal fordern Sie den Abriss sämtlicher Bundesbauten zugunsten von Parkplätzen, mal nennen Sie die Werke von Richter und Beuys "Müllkunst", dann wieder wünschen Sie sich eine KI herbei, die gewählte Volksvertreter "abholt" (und anschließend wo genau hinbringt?) – und nun zerren Sie Trailerparks herbei, um das Oro zu beschreiben.


    Kritik in allen Ehren. Aber geht es auch mal ne Nummer kleiner? Sowas macht eine rationale Debatte über Ästhetik kaputt. Ich fühle mich dann immer genötigt, Gebäude, die ich selbst gern kritisieren würde, gegen maßlose Vorwürfe zu verteidigen.


    Das Oro finde ich wirklich hervorragend, die Fassaden in der Johannisstraße zumindest originell. Aber die Front zur Friedrichstraße ist auch mir zu groß und zu eintönig. Würde ich gerne drüber diskutieren – ist aber schwierig, wenn ständig jemand mit pauschalen Groß-Assoziationen um die Ecke kommt.

  • Ich glaube, dass du dieses Mal ein bisschen zu weit gegangen bist. Ich habe eine Bemerkung zu einem Aspekt des Gebäudes gemacht, der meiner Meinung nach ästhetisch nicht besonders ansprechend ist. Lies den Kommentar vielleicht noch einmal und verbinde meine früheren Ansichten nicht mit diesem besonderen Bauwerk. Das Gebäude ist im Großen und Ganzen in Ordnung, es ist nur bedauerlich, dass ein offensichtlich teures Gebäude billig aussieht, weil die Blöcke wie "cinderblocks" aussehen.


    Das ist eine faire Einschätzung meinerseits. Ich lade dich herzlich ein, einen der berühmten Wohnwagenparks in meinem Land zu besuchen, um den Vergleich selbst anzustellen! :)

  • ^ Du schreibst aber von einem Detail der Fassade, das den meisten bisher wohl gar nicht aufgefallen ist. Dieses Detail soll also die ganze Fassade ruinieren. Das halte ich für stark übertrieben. Das ist einfach nur maßlos. Zudem verortest du dieses Detail auch noch an dem falschen Gebäude. So hab ich das jedenfalls verstanden. Nee nee, da hat Architektenkind völlig recht.

  • DerBe Das Foto, das ich kommentiert habe, ist in der Reihe der Fotos, die er zusammen mit dem Oro-Gebäude gepostet hat. Es ist, wie du erwähnst, das Gebäude neben dem Laden. Die Fassade wird - wieder einmal, für mich - durch die "cinderblock"-Ästhetik ruiniert. Herzlichen Glückwunsch und frohe Weihnachten!

  • Mann-oh-Mann, danke Architektenkind für deine Anmerkungen!!!


    Die Details aus DerBe's Post waren mir noch gar nicht aufgefallen. Sowas habe ich glaube ich noch gar nicht gesehen.

    Hamburger Chic vermisse ich da eigentlich nicht Heinzer . Im Gegenteil, neulich wurde im Hamburger Forum schon gestöhnt, dass es schon wieder roter Backstein sei. Was ich dann auch wieder nicht unterschreiben kann ;)


    In Hamburg gibt's auch ein paar mehr Simse und Vorsprünge, aber das vermisse ich so beim Oro und seinem Nachbarbau nicht.

  • Auch bei mir weckt der Stein Assoziationen. Es ist so, als würde man in das Innere eines zerhauenen Steines schauen. Möglicherweise hat die Verwendung des Rundlochklinkers in seinem gebrochenem Zustand etwas mit der Ruine des Tacheles zu tun. Erinnert sich noch jemand an die Rückseite des Tacheles, als man von Außen in die offenen Etagen hineinschauen konnte, als wäre ein Teil des Hauses soeben erst weggerissen worden? Auch wenn H&deM den Stein schon öfters in ähnlicher Form eingesetzt haben, finde ich ihn hier doch sehr passend. Eine sehr schöne, haptische, raue Oberfläche, finde ich.

  • Das habe ich heute getan und möchte hier ein paar Fotos vom Oro teilen. Was etwas seltsam anmutet, sind die Holzfenster in den Nischen/Balkonen. Die außen bündigen Fenster gefallen mir dagegen recht gut. Es gibt auch ein paar hübsche Spiegelungen der gegenüberliegenden Altbauten:


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    Fassade:


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    Fotos: meine

  • Mir gefällt die Fassade grundsätzlich ganz gut. Aber kann es sein, dass da einfach unsauber gearbeitet wurde? Bei den Übergängen zwischen einzelnen Verblendungselementen, bspw. die ungleichmäßigen horizontalen Fugen auf Bild Nr.2 von KaBa1

  • Für mehr fraktale Textur an der Fassade hätte z. B. auch beigetragen, wenn die Fensteröffnungen nicht wie aus der aufgeklebten Steintapete ausgestanzt daherkämen (ein Kragbogen in der Form wäre nie tragend!), sondern (gemäß "Form folgt Funktion") "echte" gemauerte Bögen abbilden würden. So wirken nicht nur die großen ungeteilten Fenster in sich statisch fragil, sondern die gesamte Fassade über den Bögen, die in die Fensterlöcher zu stürzen scheint. Dadurch hätte man auch die riesige glatte Fassade optisch etwas strukturieren können, ohne sie tatsächlich strukturell weniger glatt zu machen (was hier ja wohl ein vorherrschendes Entwurfsmotiv zu sein scheint). Man vergleiche z. B. damit: RE: Forum an der Museumsinsel (Freiberger Holding)

  • Für mich sehen die Loggien extrem schmal aus. Passt da überhaupt ein Klappstuhl hin? Dem Standard einer Luxuswohnung wird das jedenfalls nicht gerecht.

  • Um noch einmal die Fassadendisskussion von mr_ilaischa und DerBe aufzunehmen habe ich an der Fassade Friedrichstraße noch ein paar Details fotografiert.


    Irgendwie muten die "kaputten" Steine etwas seltsam an. Soll es so sein (was ich denke) oder sind sie nur so empfindlich. Ich weiß es nicht.



    Fotos: meine