Rund um den Kudamm (westl. der Fasanenstraße)

  • Den Dachausbau finde ich durchaus gelungen Aber ich muss gestehen mir hat der vorgängerturmhelm fast besser gefallen - der war auf jedenfalls markanter als diese aufm letzten Meter der Laterne doch etwas lustlos geratene Rekonstruktion. Auch wenn die Schieferdeckung wertig und überzeugend daherkommt.


    Die Mühe der Turm-Aufwertung hätte man da wohl besser auf die zu nudelig geratenen Fahradknochen-Kapitelle mit dem triglyphenstuss verwenden sollen, die dürften auch aus den 80ern sein - da dürften vormals schöne kompositkapitelle existiert haben - vielleicht findet jemand ein Foto vom Urzustand ich konnte keines entdecken.

  • Woraus besteht denn bitte die Laterne ... Pappe? Schade, dass die Detailausführung dann doch recht billig ausgefallen ist. Dadurch kann man die Laterne, die eigentlich als würdigen Abschluss des repräsentativen Altbaus dienen soll, nicht ganz ernst nehmen.


    Aber zumindest kann man sich über die enorm aufgewertete Fernwirkung durch die geschlossene Kuppelverkleidung freuen - die Silhouette ist auf jeden Fall wieder repariert!

  • Ich fand die Glaskuppel eigentlich auch immer ganz schnieke. Als dann aber das BB auf der Spitze (und auch der Schriftzug) weg war, wars einfach nicht mehr dasselbe. Sone Kleinigkeit, aber hat irgendwie alles ruiniert...


    Bin gespannt, wie es aussieht, wenn es abends von innen beleuchtet ist.

  • Hier in Beitrag 12 könnt ihr den Vorkriegszustand sehen:


    Kudamm / Ecke Westfälische Straße.


    Hier der Link direkt zum Beitrag 12 mit dem Bild, damit man nicht groß suchen/scrollen muss.

    Wenn ich so etwas sehe weint mein Herz - so eine unfassbar schöne, prächtige, homogene Stadtansicht von damals. Alleine diese Dachlandschaften -vertikal, abwechslungsreich, verspielt... Nciht wie heute eine langweilige gerade Kante entlang der kompletten Strassenflucht... Wenn irgendwo eine komplette Strasse in Berlin (oder Deutschland) stehen geblieben wäre die so etwas nachvollziehbar machen würde wäre es einfacher, aber so etwas einzig und allein nur aus Bildern zu kennen? Diesen kompletten Bruch mit dem ausradieren einer völlig anderen Darstellung und Wahrnehmung des Stadtraumes finde ich (als Millenial ohne persönlichen zeitlichen Bezug) unfassbar schmerzhaft und brutal. Wie oft stehe ich staunend in Städten in Italien, Spanien, Frankreich, England, oder Wien und bewundere diese Gefühl der Ehrfurcht beim Betrachten dessen wozu Menschen fähig sind, wie sich Städte anfühlen können.. Und wie oft denke ich mir wenn die meisten Leute nur wüssten wie es hier mal aussah, die unzufriedenheit mit dem Ist-zustand wäre so viel größer..

    Sorry, offtopic. Ich weiss auch dass Gründerzeit-Berlin nicht nur seine Fans hat. Aber wie Menschen mit Disneyland oder ideologischen verkopften Debatten auf so etwas reagieren wird sich mir nie erschließen.

  • Die Fassade hatte im Vorkriegszustand auch unterhalb der Kuppel aufwendige Verzierungen. Mich würde interessieren, ob diese Verzierungen durch Kriegszerstörungen verschwunden sind? Oder ob diese erst nach dem Krieg entstuckt worden sind?

  • Die Entstuckung vieler Häuser am Kurfürstendamm begann bereits Ende der 20er Jahre, so ungefähr nachdem der Baustadtrat Ludwig Hoffmann aus dem Dienst schied, der letzte 'Klassiker' unter den Architekten. Gerade am Kurfürstendamm gab es da etliche solcher nun nacktem Gebäuden. Auch etliche Kuppeln wurden 'entsorgt'.

  • Lieber Architektur-Fan, den Vergleich zum Nolli hätt ich jetzt nicht unbedingt gezogen - beide folgen zwar der Idee einer Skelettierten Version aber die Nollendorfplatzkuppel, soll die Vorgängersituation eher simulieren, deshalb wirkt die Kuppel dort auch eher wie ein Pappkamerad aussm Ausschneidebogen und mutet leider wie eine Karikatur des Vorbildes an.

    Ich weiß gar nicht ob ich das als Architektur oder als Kunst am Bau werten soll.

    Das Ding hat blöderweise Dank dieser Simplifizierung eher das Niveau einer Verkehrskreiseldeko in der Provinz aber zu mehr reichte es wohl nicht.


    Natürlich ist’s schön wenn Kuppeln und richtige Dächer den Weg zurück ins Stadtbild finden und Stadt aufhört wie ein Schuhkartonlager auszusehen. Ich geb zu dass die Kuppel ohne die Lichtreklame deutlich von ihrem Charme eingebüßt hat - und letzt recht provisorisch daher kam von daher kann man die neuere Version durchaus auch begrüßen trotz der fade geratenen Laterne / auf dem historischen Foto erkennt man leider nur schwach dass die oberen Stockwerke ein etwas lebendigeres Fassadenbild hatten und sich zwischen den Gebrochenen Giebeln wie über den Fenstern eine Art Kartusche mit barockisierender Ornamentik befand.

    In Nähe von Dach und Kuppel ist für mich vorstellbar dass das kriegsverlust ist, bei der Fassadengestaltung hätte ich eher Zweifel - da müsste man recherchieren wie sich das Gebäude nach dem Krieg darstellte.

    Ne Schlichtung kann ja sowohl vor als auch nach dem Krieg vollzogen worden sein - das war ja schon unter den Nazis als „Entschandelung“ Programm. Diese Flegelei im Stadtbild hat keine andere Nation in Europa so kontinuierlich auf die Spitze getrieben wie die gründlichen Deutschen.

  • Zuletzt hier: #601

    In der Lietzenburger Straße 76 scheint derweil schon das Abbruchunternehmen zu Gange zu sein.


    Je1mjjRl.jpg

    ek0n3PWl.jpg


    (Bilder von mir)

    2 Mal editiert, zuletzt von ouyawei ()

  • Bleibtreustraße 48a (ehem. Zillemarkt)

    Dieses BV wurde hier anscheinend noch nicht erwähnt. Der Zillemarkt in der Bleibtreustraße 48a (DAF-Karte) direkt am Stadtbahnviadukt wurde vor einiger Zeit abgerissen. Das Grundstück hat 2020 die PRIMUS Immobilien AG erworben.


    Was genau dort gebaut werden soll, ist noch nicht bekannt (oder ich konnte es nicht herausfinden).


    Fotos vom beräumten Grundstück:


    bleibtreu48_01.jpg


    bleibtreu48_02.jpg


    bleibtreu48_03.jpg

  • Mir immer noch unbegreiflich warum man mit der Lietzenburger 76 ausgerechnet einen nicht nur handwerklich höherwertigere Architektur sondern auch einen strassenstimmigen Bau für irgend eine affektierte allerweltsbürokiste mit schmieriger ökoanbiederung abreißt.

    2 Weltkriege, Revolotionen, die Autogerechte Stadt und Generationen von Ignoranten Stadtentstellungen hat das Gebäude überdauert und ausgerechnet in der Ära des ausgereizten Denkmalschutzbegriffes, der überspannten Nachhaltigkeitsdiskussionen und des Ökomedaillienmarketings reißt man so was ohne Wiederspruch ab?


    Fand sich da kein Künstlertreff und keine Polit- Aktivistengruppe die sich da einquartieren wollte, kein Milleu dass man vor dieser gentrifizierenden Gewerbeparkimmobilie schützen muss? Nich ma n Baum im Hof oder an den man sich ketten könnte oder ne versaute Aussicht?


    Bei jeder Scheußlichkeit der industriellen Gebäudeproduktion aus Beton quakt man was von grauer Energie in den Äther.

    Und bei nem soliden, Ziegelbau mit hölzernem Dachstuhl und robuster Wandstärke, der keines WDVS -Giftes bedarf, gesuchten Raumproportionen die so markttechnisch kaum noch herstellbar sind, der mit ner guten Sanierung noch weitere Jahrzehnte überdauert hätte, fällt einem der der Nachhaltige Wert nicht auf?

    Irgendwie komm ich bei der Moral dieses Bauwerkes das da nun entsteht etwas ins schleudern.

    Einmal editiert, zuletzt von Endell ()

  • ^dann bitte direkt die ausführende Firma, Architekt & Investor anschreiben. Das wird den Abriß nicht verhindern, aber das ist die einfachste Form des Aktionismus. Auch Google Bewertungen sollen schon geholfen haben.

  • Mir immer noch unbegreiflich warum man mit der Lietzenburger 76 ausgerechnet einen nicht nur handwerklich höherwertigere Architektur sondern auch einen strassenstimmigen Bau für irgend eine affektierte allerweltsbürokiste mit schmieriger ökoanbiederung abreißt.

    Ne Allerweltskiste war der Bestandsbau zum Zeitpunkt seiner Entstehung ebenso ...


    Manchmal habe ich bei der Emotionalität hier wirklich das Gefühl, man fürchte das Aussterben des Berliner Stangenware-Altbaus. Der wird der Stadt noch lange erhalten bleiben... viele wirds freuen - einige andere eben nicht.

  • Ich habe den Projektentwickler kontaktiert und meinen Ärger über den Abriss in sachlichem Ton vermittelt. Ich bin gespannt, ob ich überhaupt eine Antwort erhalte, werde aber natürlich berichten, wenn es dazu kommen sollte.


    ^

    Das ist ein typischer Charlottenburger Altbau, das stimmt. Das Haus gehört jedoch zu der anspruchsvollsten "Stangenware" in der Architekturgeschichte und ist somit auf jeden Fall erhaltenswert. Erst recht wenn die Qualität des Neubaus nicht an den Altbau herankommt, gibt es durchaus Grund zum Ärger.

  • Ne Allerweltskiste war der Bestandsbau zum Zeitpunkt seiner Entstehung ebenso ...


    Manchmal habe ich bei der Emotionalität hier wirklich das Gefühl, man fürchte das Aussterben des Berliner Stangenware-Altbaus. Der wird der Stadt noch lange erhalten bleiben... viele wirds freuen - einige andere eben nicht.

    Wie respektlos. Der "Stangenware-Altbau" ist genau die Wohnform nachdem sich die allermeisten Berliner sehnen. Nein, nicht nach den unmenschlichen Zuständen der Weimarer Republik und des Kaiserreiches, der Überbelegung dieser Wohnungen, den Toiletten auf den Gang - nein. Aber nach genau dieser Architektur: den hohen Räumen, den stuckverzierten Eingängen, den eleganten Treppenhäusern.


    Jedes Hinterhaus von damals sieht nach zwei Weltkriegen immer noch mondäner aus, als so mancher Neubau.

  • überspitzt formuliert gibt es bei fast jedem nachkriegsblock ne demo, wenn ein abriß geplant ist. es wird wohnungserhalt gefordert oder (aktuelles beispiel) die unterbringung für obdachlose.

    will man aber einen altbau abreißen heißt es nur: ach, der ist nur durchschnittlich, ne allerweltskiste, stangenware oder ähnliche gebäude bleiben der stadt eh noch lange erhalten. der neubau ist dann plötzlich sogar zeitgemäß 😁

    dass altbauwohnungen verschwinden und durch büros ersetzt werden ist dann überraschenderweise völlig egal und stört kaum jemanden.


    manchmal bin ich echt fassungslos wenn ich hier die kommentare lese

  • ^Wir befinden uns an einem Scheidepunkt in der Betrachtungsweise der jüngeren Architekturgeschichte. Eine jüngere Generation drängt sehr stark und frustriert in den Markt und schafft neue Initiativen und Denkanstöße um die "alten, neuen Denkweisen" der Moderne abzuschaffen. Eine große Initiative ist ja z.B. "Stadtbild Deutschland" - dort sind sehr, sehr viele junge Menschen aktiv. Ich bin überzeugt: Wir werden die Alt-68er überwinden, aber noch sind sie sehr stark, da im mittleren bzw. seniorem Alter oft in Entscheidungspositionen auf allen Ebenen: Stadtentwicklung, Investoren, Architekten. Das sind leider nun mal die "Influencer" der Architektur in Deutschland...Man sieht ja auch, wie umstritten immer noch der eine oder andere Neo-Retro-Bau in Berlin diskutiert wird.

  • Auch wenn ich den Ärger über Altbauabrisse teile und Euch inhaltlich komplett zustimme, muss ich doch daraufhinweisen, dass Berlin ohne die "Alt-68er" noch an wesentlich mehr Stellen so aussähe wie am Kotti. Insofern bin ich mir nicht sicher, wer oder was genau "überwunden" werden muss. Mein Eindruck ist auch nicht, dass die lautesten Verfechter der Moderne dieser Generation angehörten, viel eher derjenigen in ihrem Schatten sozialisierten (also von Leuten, die ca. 1975-1990 erwachsen geworden sind), mithin den sogenannten "Boomern". Die 68er-Generation ist eigentlich mit Gerhard Schröder und Konsorten weitgehend abgetreten. Leute, die 1968 auch nur 20 waren (und somit wohl jünger als der durchschnittliche Revoluzzer seiner Zeit), werden dieses Jahr 74. Die meisten 68er dürften auf die 80 zugehen oder schon drüber sein und mithin ungeeignet, ein echtes Feindbild für die Verfehlungen der heutigen Zeit und Architektur abzugeben.


    Im Gegenteil dürften sich die meisten 68er leicht verwundert die Augen reiben über die Aufgeregtheiten und Empfindsamkeiten unserer Zeit.