Zum Abriss des Baudenkmales-
Auch wenn ich die Entscheidung des Bußgeldes und der Verpflichtung zum Wiederaufbau nachvollziehen und der Geste des Bezirks viel abgewinnen kann - frag ich mich schon welchen Wert das wiederaufgebaute In diesem Fall komplett rekonstruierte Gebäude dann für den Denkmalschutz noch darstellt, und in welchem Verhältnis zum realen und wahrnehmbaren öffentlichem Interesse, diese eingeforderte Leistung für einen Bau in einem rel. Geschlossenen wissenschaftlich orientierten Start-Up-Campus steht.
Wie denkt der amtliche Denkmalschutz eigentlich über diese „Rekonstruktion“. Diese Forderung streift ja eine ganze Reihe von Fragen zu Gängigen Forderungen und Prinzipien in heutiger Architektur und Denkmalschutz, ihrer Ethik, Politik und Recht etc.
Die „Rekonstruktion“ hier kann doch theoretisch nicht mehr als eine architektonische Sühne-Erscheinung werden.
Das zu rekonstruierende Kessel- und Turbinenhaus stand für ein Stück Industriegeschichte des Stadtteiles, das eigentlich. ausschlaggebende, denkmalwirksame, industrietechnische Innere, wird wohl beim Wiederaufbau kaum wieder einziehen.
Man wird wohl auch kaum den Schornstein und das Dachaufbautengeröhre wieder herstellen - falls doch - wie sinnvoll sind dann diese Gebilde?
Furunkeln die dann wie der 4.Schornstein der Titanik nur dekorativ für die Vervollkommnung einer beeindruckenden Technik-Kulisse rum?
Wie soll diese Architektur dann genutzt werden?
Welchen Grad von Rekonstruktion kann man da erwarten, damit es überzeugt?
Das Gebäude dürfte ohne seine Industrieausweisenden Attribute, aufgrund seiner Universal-Architektur endgültig keiner Typologie mehr zuzuordnen sein, die einstige Funktion des Baues zu erkennen und einzuordnen wäre damit gar nicht mehr möglich, - der dokumtarische Wert tendiert bei einer praktikablen Reko damit gegen Null und mir ist auch kein besonderer Architekturhistorischer oder Baukünstlerischer Wert bekannt, der eine Vollrekonstruktion aus dem Nichts, irgendwie rechtfertigen würde.
Die in die Öffentlichkeit getragene Empörung mag berechtigt sein aber erst die Berichterstattung über die dreiste Abräumung, des als Denkmal ausgezeichneten Baues, dürfte vielen bewusst gemacht haben, dass es da überhaupt einen Schutzstatus gab.
Das Interesse für den nun komplett abgeräumten abseitigen Bau dürfte abseits der lokalen Fachkreise äußerst übersichtlich gewesen sein.
Wie rechtfertigt man hier den juristisch eingeforderten Akt der Rekonstruktion gegenüber anderen geäußerten, populäreren Rekonstruktionsanliegen, die möglicherweise sogar mehr Sinn und gesellschaftl. Nutzen und Rückhalt haben?
Der amtl. Denkmalschutz orientiert sich vorrangig an den Prinzipien nach Dehio und der Charta von Venedig von 1964, und lässt wenn dann max. eine Anastylose gelten.
Das wäre hier ja nunmehr schlecht möglich.
Das was hier imitiert wird, droht f.m zum historisierenden Gebäudefasching at it’s Worst zu geraten.
Aus DS, Architekten und verwandten Berufsständen verweist man Vers Reko, zu gern auf die fehlende Authentizität, die Verfälschung und Relativierung von Geschichtlichkeit und mahnt zeitgenössische Alternativen an, die leider besonders in Berlin selten mit ihren Mitteln, den Phantomschmerz über die Vermisste Architektonische Gestalt und den meist damit einhergehenden derangierten Stadtraum überzeugend zu überlagern versteht.
Egal welcher Qualität und Akzeptanz, gilt die moderne Schöpfung als
Ausdruck der Identiät einer sich
kontinuierlich entwickelnden Gesellschaft, als einzig legitim und erstrebenswert.
Wohin führt diese Rekoidee?
Ist diese Forderung für andere Fälle dann auch anwendbar und wenn ja, ist sie beschränkt auf Fälle die die Missachtung des Denkmalschutzes aus rein privatwirtschaftlichem Interesse zum Gegenstand haben?
Ich erinnere mal an die Kinderklinik in Althohenschönhausen die mittlerweile Abbruchreif seit Jahrzehnten rumgammelt - selbst als 2015 der Bau an die Stadt zurückfiel, geschah bis heute kein Rettungs- und Wiederaufbauversuch.
Die denkmalgeschützte Anlage ist seit dieser Zeit erfolgreich zur Vollruine mutiert, trotz Denkmalschutz.
Ist jetzt hier die Stadt Berlin od. der Bezirk auch zum Wiederaufbau zu verurteilen?
Wer übernimmt in solchen Fällen die Verantwortung oder wird hierzu herangezogen?
Warum musste z.b Ähnliches nicht schon das ZDF für die Mittelstrasse 44 leisten.
Die Politik der Stadt, hat sich zu allmöglichen Zeiten unethisch gegenüber dem
denkmalgeschütztem, baukulturellen Erbe verhalten und damit gegen das historische und kulturelle Gedächtnis der Stadt gehandelt.
Vergalopierte Entscheidungen durch polit Personal, wie im Fall Mauerstrasse 15 mit Hassemer/Dubrau oder gar dem Anhalter Bahnhof mit Schwedler, dubiose Abrissgenehmigungen aus Gefälligkeit bei der sich die Senats- Politik die Beschlüsse des Bezirkes torpedierte und wie bei der Deutschlandhalle den Abriss durchsetzte.
Ich meine, man schafft ja irgendwo einen Präzedenzfall der für zukünftige ähnliche Vorkommnisse nach ähnlichen Konsequenzen verlangen könnte ohne dass hier bei den Verantwortlichen und der Art des objektes selektiert werden sollte.
Wenn sich daraus keine gängig anwendbare Straferscheinung für die Zerstörung von baukulturellem Erbe ableiten lässt und es lediglich ein an einzelnen Protagonisten anhängiges Symbol bleibt, grenzt das doch sehr an launiger moralischer Onanie und erscheint mir damit recht Willkürlich.
Da hätt ich es sinnvoller gefunden ne Mordwange für ein niedergemähtes Baudenkmal aufzustellen und die veranschlagten Kosten für diese Rekonstruktion für Rekonstruktion und Sanierung am Bestand von noch existenten Baudenkmalen aufzuwenden.
Davon gibt es in Berlin immer noch genug, wie die dümpelnde Dauerbaustelle Schloss Althohenschönhausen, das Hubertusbad in Lichtenberg etc.
Empfänger dieser so entstandenen Mittel könnten also konkrete Projekte in Berlin / oder notfalls die deutsche Stiftung Denkmalschutz sein.