Berliner Baupolitik

  • Senator Geisel äußert sich in der Morgenpost ausführlich zu seinem Ansatz auch in klarer Abgrenzung von der Politik seiner Vorgänger von der Linken. Er betont vor allem, dass nach allem partizipativen Sprechen mehr Handeln kommen muss, bei dem das bisherige Gegeneinander durch ein Miteinader ersetzt wird. Er plädiert auch für kürzere Planungsprozesse und schnellere Entscheidungen.


    Geisel sagt, die Baudichte in den Quartieren müsse erhöht werden. Damit meint er sicher auch, dass man mehr in die Höhe gehen will. Er meint, Berlin sei eine der grünsten Städte Europas, und wenn man wolle, dass das so bleibt, dürfe man nicht zu viel Flächen verbrauchen. An den Stellen, an denen man baue, müsse deshalb dichter gebaut werden als bisher.


    Deshalb will Geisel wohl an der Traufhöhe rütteln: Bisher sei die Traufhöhe mit 22 Metern beschrieben, weil das die Höhe der Feuerwehrleiter Ende des 19. Jahrhunderts gewesen sei. Man werde diese Höhe aber überdenken müssen. Es heiße nicht, dass man jetzt jeden Innenhof bebaue. Aber grundsätzlich dürfte man die Stadt nicht versiegeln und wertvolles Bauland in lockerer Bauweise verbrauchen, ohne dass man genügend Wohnungen bekomme.


    Geisel nennt in diesem Zusammenhang auch die Elisabeth-Aue. 2016 habe man von 5000 Wohnungen gesprochen. Der Bezirk Pankow habe ihm jetzt mitgeteilt, man könne sich 2000 Wohnungen vorstellen, vielleicht auch nur 1000. Da ist nun mit Geisel wohl nicht das letzte Wort gesprochen.

    https://www.morgenpost.de/berl…ermel-hochzukrempeln.html

  • Find die symphatisch, die Kahlfeldt!


    Hab ein paar Interview Passagen mit Kahlfeldt gesehen. Sie macht einen sehr engagierten und geschulten Eindruck.

    Am besten gefallen mir einige biographische Details von ihr. Studien- und Lehr-Stationen waren Florenz und Bologna.

    Sie hat offensichtlich eine Liebe für italienische Architektur. Nach dem Interview steigt meine Hoffnung, dass mit ihr mehr Qualitätsanspruch in Berlin einzieht.


    Auch Bausenator Geisel, den ich als Innensenator geschätzt habe, lässt jetzt ehrgeizige Ziele vom Stapel. Vielleicht wird mit dem Tandem Geisel/ Kahlfeldt doch noch ein Turbo gezündet....

  • Stadtplaner und Professer der TU Harald Bodenschatz fordert heute in der Berliner Zeitung mehr konstruktive Kritik und weniger Ideologie.

    Auch betrachtet er Kahlfeldts Spezialität der zukunftsorientierten Sanierung von Gebäuden im Lichte ihrer neuen Aufgaben und Herausforderungen.


    "Bauen in Berlin - geht's vielleicht auch ein wenig konstruktiver":

    https://www.berliner-zeitung.d…g-konstruktiver-li.205536

  • ^Der in meinen Augen sehr lesenswerte Artikel ist inzwischen leider hinter der Paywall verschwunden. Ich hatte ihn aber zum Glück noch geöffnet und kann so die wichtigsten Stichpunkte nennen:


    Formaljuristische Ebene:

    - Das Gesetz über die Rechtsverhältnisse der Staatssekretärinnen und -sekretäre besagt eindeutig, dass der zuständige Senator beruft und die Regierende Bürgermeisterin ernennt. Höchstens dIe Forderung einer beratenden Kommission wäre somit noch legitim gewesen; die Forderung einer Kommission mit Entscheidungsbefugnis jedoch bereits rein rechtsstaatlich problematisch.

    - Die Presseerklärung mit dem Titel "Die Ernennung von Petra Kahlfeldt - eine Kampfangsage an eine soziale und ökologische Stadtpolitik" habe dann auch nachträglich noch einmal die Legitimität der Ernennung angezweifelt und diese als eine "Ad-hoc-Ernennung" tituliert. Auch hier wurden die rechtlichen Rahmenbedingungen nochmals verkehrt.

    -Man kann nur vermuten, dass viele der Unterzeichner gar nicht genau wussten, was sie damit eigentlich ausdrücken.

    (meine Anmerkung: zumindest die Initiatoren der Kampagne sollten das aber sehr wohl gewusst haben)


    Fachliche Ebene:

    - Der eher traditionelle Gestaltungsstil diverser Projekte muss den Kolleginnen und Kollegen nicht zusagen.

    Die fachliche Eignung bezieht Frau Kahlfeldt aber ohnehin mehr aus ihren diversen Erfahrungen:

    -als Jurymitglied in nationalen wie internationalen städtebaulichen Wettbewerben

    -als Gestaltungsbeirätin diverser Städte

    -im Berliner Landesdenkmalamt

    -beim sehr erfolgreichen Umbau diverser (durchaus oftmals moderner) Gebäude wie dem Amerikahaus, dem Berlinpavillon der Interbau, dem Kunsthaus Dahlem, dem Metahaus, dem Museum für Fotografie, der Berliner Philharmonie sowie dem Hochhaus der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen

    - Frau Kahlfeldt kann Vorhandenes in die Zukunft überführen, energetische Belange berücksichtigen und sehr unterschiedlichen Bauten jeweils gestalterisch gerecht werden. Somit ist sie in ihrer Arbeit vorzüglich geschult und gerade auch für die praktischen Aspekte eine echte Fachfrau.

    - In Anlehnung an einen zitierten Fachartikel: Gerade das Umbauen kann Frau Kahlfeldt und sie beherrsche auch die denkmaltheoretische Betrachtung. Und das Umbauen sollte schon aus Gründen des klimagerechten Bauens die erste Wahl darstellen.

    - Aber auch das eigenständige Entwerfen gelingt Frau Kahlfeldt.

    - Niemand ist vom Amtsantritt an sofort bereit für alle Aufgaben und somit benötigt jeder eine gewisse Einarbeitungszeit. Jedoch bringt Frau Kahlfeldt durchaus zahlreiche einschlägige Erfahrungen mit und kann sollte somit unbedingt als geeignet für das Amt bezeichnet werden.


    Menschliche und kommunikative Ebene:

    - Frau Kahlfeldt steht vor großen Herausforderungen für die Zukunft der Stadt und es ist zu hoffen, dass sie darin brilliert. Eine Kampagne, die sie vorab vor Ideologie, Debatten der Vergangenheit, mangelnder Integrationskraft etc warnt und dabei all dies selbst praktiziert, bringt hierbei keinerlei produktiven Beitrag.

    - Zudem wurde Frau Kahlfeldt aufgrund fachlicher Differenzen sehr persönlich angegriffen und sogar verleumdet. Wie der bekannte Architekt Arno Lederer schreibt, schadet eine derartige Diffamierung allen Architekten. Dies ist zu unterstreichen. So ist die immens wichtige fachliche Auseinandersetzung nun bereits vorgeschädigt. Auch der öffentliche Ruf aller Architekten hat so unnötig gelitten, was ihre Rolle in der zukunftsgerechten Transformation der Stadt nur erschwert.

    - Für die Zukunft ist nun daher zu wünschen, dass Frau Kahlfeldt fortan konstruktiv-kritisch unterstützt wird.

  • ^

    Mich hat die doch sehr heftige Debatte über die Person auch sehr überrascht. Abseits vom Vorgehen der Ernennung und ihrem beruflichen Tun gründet sich die Kritik an Frau Kahlfeldt aber auch in ihrem politischen Engagement in den letzten Jahrzehnten. Das hier schon im Vorfeld große Gräben vorhanden sind und ggf. überbrückt werden müssen, zeigt dieser Artikel dazu in der taz: https://taz.de/Neue-Senatsbaud…lin/!5826441&s=kahlfeldt/

  • Der Artikel ist natürlich schon sehr tendenziös.


    Die erwähnte Planungsgruppe Stadtkern Berlin hat ihren aktuellsten Eintrag auf der Webseite vom 1.9.2019

    So aktiv, wie der TAZ-Artikel suggeriert, ist diese Organisation, der auch Frau Kahlfeld angehört, gar nicht und so einflussreich wohl auch nicht.


    Wieso arbeitet man sich mit alten Kamellen an einer Person ab, die gerade erst berufen wurde und noch gar keine einzige Entscheidung, die zu loben oder kritisieren wäre, getroffen hat??? Was sie z. B. auf Radio 1 sagt, klingt erst einmal vernünftig.

  • dass es unterschiedliche vorstellungen der stadtgestaltung gibt, ist legitim und wünschenswert. aber nur weil stimmann nach seiner pensionierung aktiv bleibt, nach dem "planwerk innenstadt" ein buch über die "berliner altstadt" herausgibt und darin grössere baumassen als bisher plant bzw fordert, ist dies angeblich ein beleg für seine radikalisierung ?!?

    sry, aber aussagen wie diese lassen mich dann doch erheblich an die unabhängigkeit und seriösität des artikels zweifeln.



    bezogen auf kahlfeld: der eigentliche skandal ist doch der offene brief der BDA incl vieler architekten. allen voran sauerbruch. jeder hat das recht ratschläge zu geben und wünsche zu äußern. aber auf unverschämter weise öffentlich stimmrecht einzufordern, also der versuch demokratische verfahren auszuhebeln, halte ich für die eigentliche radikalisierung.

  • "Mimimi, sie ist nicht Frau Lüscher".


    Jetzt ist aber auch mal gut. Völlig im Gegensatz zu Kahlfeldt, die noch keinen "move" gemacht hat, kann man mit echter, sachlicher, fundierter Kritik (In Zeitungen, Medien ect.) an Lüschers Arbeit im Amt ganze Aktenordner füllen. Ob man sie mag oder nicht, aber sie hat mit ihrer Art der Verwaltung in den 14 Jahren stark polarisiert und sich neben ein paar "Fans" auch ziemlich viele "Feinde" gemacht und zwar nicht nur in den Gazetten oder hier im Forum, sondern unter den erfahrensten und namhaftesten Architekten (z.B. Nöfer, Kleihues, Langhof) Berlins, die sie teils scharf kritisiert haben oder dessen Pläne für die Stadt von ihr schlichte Missachtung erfahren haben. Auch ihr Amts-Vorgänger Stimmann hat sie, weniger heftig, aber zwischen den Zeilen kritisiert. Die geschäftlichen Anrainer am Hardenbergplatz haben sogar aus reiner Verzweiflung eine "AG City-West" gegründet, die im Wesentlichen als Widerstand gegen Lüschers Anti-Hochhaus-Politik am Hardenbergplatz&Kudamm fungierte. Wenn man sich die Mitgliederliste anschaut, fällt einem auf, dass dort so ziemlich alles vertreten ist. Vom Kiosk, über Physiotherapie bis zum Kinderbuchautor, selbst die Deutsche Oper ist dabei. Ich finde, das ist schon ein ziemlich einmaliger Vorgang, dass sich ein ganzer bürgerlicher Stadtteil zusammen tut, um sich gegen die Entscheidungen einer Senatsbaudirektorin zu wehren. Das ist der Taz natürlich keine Erwähnung wert. Kioske, Kinderbuchautoren, Opernhäuser und.. der Zoologische Garten. Alles neoliberales Pack.

  • Auf der Website der AG City kann man lesen, dass diese 1976 gegründet wurde. Da 1976 Frau Lüscher noch nicht im Amt war, kann diese kaum "aus reiner Verzweiflung" über Frau Lüschers Politik gegründet worden sein.

    https://agcity.de/

    Und was die Hochhäuser am Kurfürstendamm betrifft: Hier hat Regula Lüscher nur die Position von Hans Stimmann fortgesetzt. Stimmann hatte immer Hochhäuser in diesem Bereich ablehnt. Selbst die Hochhäuser am Breitscheidplatz wurden von der Senatsbaudirektorin Barbara Jakubeit gegen Stimmanns Widerstand durchgesetzt.

    https://www.tagesspiegel.de/be…recht-bleiben/691462.html

    Aber solche Nebensächlichkeiten stören ja nur, wenn es ums Lüscher-Bashing geht. "Echte, sachliche, fundierte Kritik" sieht anders aus.

  • Die geschäftlichen Anrainer am Hardenbergplatz haben sogar aus reiner Verzweiflung eine "AG City-West" gegründet, die im Wesentlichen als Widerstand gegen Lüschers Anti-Hochhaus-Politik am Hardenbergplatz&Kudamm fungierte.

    "Jetzt ist aber auch mal gut"? Genau.

  • Wir müssen mE nicht auf das Niveau des taz-Artikels absinken. Allerdings ist es grundsätzlich dennoch interessant und relevant, wenn Frau Kahlfeldt zumindest bislang nicht nur gegen Enteignung sondern auch dezidiert für Privatisierung eintritt. WENN sie diese Linie auch im neuen Amt vertreten SOLLTE, dann WÄRE das wahrscheinlich schon ein gewisser Reibepunkt.


    Allerdings sollte man jetzt trotzdem mal einen Cut machen und statt schon vorab immer mehr Reaktionen, Emotionen, Erwartungen und Projektionen auf die gute Dame abzuladen einfach mal tatsächliche konkrete Aussagen und Handlungen von ihr selbst abwarten. Die fertigen Deutungen sind ja alle ohnehin schon im Umlauf, dann will man ja wenigstens mal sehen, worauf man die netten Etiketten kleben darf.

  • Gerhard Matzig schreibt heute in der Süddeutschen Zeitung "Was eine Diskussion um das politische in der Stadtplanung sein müsste, wird zur Ideologie: Der Streit über die Berufung von Petra Kahlfeldt als Berliner Bausenatorin ist eine Groteske".


    Darin heißt es, die Waffe der Kritiker sei ein Prügel wie in einem Asterix-Comic, die bevorzugte Strategie das Draufhauen. Die bizarre Debatte um Frau Kahlfeldt werde zur Groteske um angeblich "linke" oder mutmaßlich "rechte Räume", um eine "fortschrittliche, demokratische" oder "restaurative, autoritäre" Baukultur. All das gebe es in dieser versammelten Einfalt aber nicht.


    Spöttisch meint der Autor, man dürfe sich inzwischen fragen, ob es stimme, dass Petra Kahlfeldt vorhabe, Berlin abzutragen, um die Stadt durch das so genannte Putin Schloss zu ersetzen – angereichert mit früheren Germania-Ideen von Albert Speer, verwaltet von der Deutsche Wohnen SE. Gerüchtweise werde exakt dies geschehen. Hier sei jedoch eine intensive SZ-Recherche einzubringen: Dafür hätten sich noch keine zwingenden Anhaltspunkte in Kahllsfeldts Biografie gefunden.


    Tatsächlich gehe es um Ideologisches und Formalästhetisches. Und das sei schade, denn Architektur und Stadt seien die eigentlichen Akteure der Zukunftsgestaltung. Im Bemühen um eine andere Klimapolitik, im Mühen, die sozialen, ökonomischen und politischen Verwerfungen einer Epoche ungebremster Urbanisierungsschübe zu reparieren, sei die Relevanz des Planens und Bauens nicht zu unterschätzen. ... Ein Streit wie in Berlin aber sei wenig hilfreich und unglaublich ermüdend. (Erinnert mich persönlich sehr an die teils extremen Polarisierungen hier im Forum und in anderen Berliner Foren...)


    https://www.sueddeutsche.de/ku…te-1.5510170?reduced=true

  • Ist Berlin in Ost, West, Nord und Süd nach dem 2. WK zu einer der architektonisch attraktivsten Städte geworden ?


    Nein.


    Ist Berlin nach der Wiedervereinigung zu einem Vorbild von energieeffizienter, ökologischer Bauweise geworden ?


    Nein.


    Hat Berlin in den letzten 30 Jahren international Akzente in der Stadtentwicklung gesetzt ?


    Nein.


    Sind in Berlin gefeierte Bauten, Hochhäuser oder Designs entwickelt worden von weltweit erfolgreichen Berliner Architekten ?


    Nein.


    Ist durch die Berliner Baupolitik seit 2000 besonders durch exzellente Bauplanung oder administrative Effizienz aufgefallen ?


    Nein.


    Fazit: Die wichtigsten Berliner Akteure in Architektur, Politik, Planung, Design und Forschung haben nichts aber gar nichts erreicht was national oder global von Belang wäre. Achja, ich korrigiere, Berlin ist die erste Metropole Europas die Enteignungsinitiativen hervorgebracht, die, wenn umgesetzt, weitere private Investitionen zum Erliegen bringen würden. Immerhin. (Ironie aus).


    Mit Kahlfeldt, dem neuen Bausenator und Giffey könnte ein neuer Elan in die Stadt kommen. Falls nicht die massiv verteuerten Baupreise, die Inflation, der Fachkraftmangel und weitere externe Faktoren die baupolitischen Initiativen zu Nichte machen.

  • Die neue Senatsbaudirektorin scheint sich nun langsam aus der Deckung zu wagen und gibt heute der Welt ein erstes Interview. Darin beschreibt sie - im Gegensatz zu den vorauseilenden Disqualifizierungen - ein Haus, das sie in Sachsen-Anhalt ganz und gar aus Holz gebaut hat. Sie erläutert die herausragende Bedeutung des emissionsarmen Baustoffs Holz für Berlin und spricht von einem Holz-Kompetenzzentrum, das in Tegel Erfahrungen für das zukunftsorientierte Bauen in Berlin sammeln soll.


    Kahlfeldt meint, die Heftigkeit der Kritik an ihrer Personalie sei für sie zwar keine Überraschung gewesen, (ich vermute, sie ist seit ihrer Zeit beim BDA manches gewohnt) die Form und der Inhalt der Kritik indes seien in ihren Augen beschämend für ihren Berufsstand, und dies habe auch das Amt der Stadtbaudirektorin selbst beschädigt. In Zukunft werde sich jeder Kandidat fragen müssen, ob er die Kraft habe, als Zielscheibe von Diffamierungen und Unterstellungen in den Ring zu treten.


    Zu ihrer Vorgängerin meint sie, diese habe sich vor allem um die Planungs-und Beratungskultur verdient gemacht. Jetzt gehe es vor allem darum, die vielen angeschobenen Projekte auch schnell zu realisieren. Jetzt müsse gebaut werden.


    Zum Thema, ob Männer und Frauen sehr unterschiedlich arbeiteten, meint sie, sie freue sich immer über jede Frau auf einer Baustelle, sie könne wirkliche Unterschiede aber nicht erkennen. Zudem kenne sie viele sehr gut kommunizierende Männer - und Frauen mit großen Egos.


    Zur Qualität der überaus zahlreichen Wohnquartiere, die entstehen sollen, sagt sie, die festgelegten Planungsprozesse, welche die Qualität der neune Quartiere sichern sollen, orientierten sich an den erfolgreichen Kiezen Berlins. Es würden dichte, sozial und funktional gemischte Stadtquartiere mit guter Infrastruktur und kurzen Wegen entstehen, damit echte Nachbarschaften entstünden - und keine Schlafstätten mit hingestellten Riegeln.


    Konkrete Lieblingsbauten der letzten Jahre in Berlin möchte Kahlfeldt nicht nennen, sie meint aber, wenn man sich am Leitbild der europäischen Stadt orientiere und urbane, kompakte Quartiere baue, dann sei die Architektur des einzelnen Hauses gar nicht so wichtig. Sie finde Projekte gelungen, wenn sie einen langfristigen Wert hätten, ... wenn sie auch in ihrer gestalterischen Qualität Bestand hätten. Etwas anderes könnte man sich ökologisch auch gar nicht mehr leisten.


    https://www.welt.de/debatte/ko…PmUTUOWLT-IOYwvMvDjliywxY

  • Und es gibt noch einen Zeit-Artikel von heute mit dem Titel "Es wird mehr Hochhäuser geben", in dem Kahlfeldt mit ähnlichen Aussagen zitiert wird, wie sie sich auch gegenüber der Welt finden. Allerdings betont sie hier konkret angesichts des hohen Bedarfs an Wohnungen, es werde in Berlin mehr Hochhäuser geben. Und die Zeit erhofft sich von dieser Aussage, diese Hochhäuser könnten dann Leuchttürme im steinernen Meer von Berlin werden.


    https://www.zeit.de/2022/04/pe…eldt-baudirektorin-berlin

  • Es reicht jetzt, bitte hier nicht weiter rumschwurbeln! Der entsprechende Teil wurde in den Papierkorb verschoben.


    "Schwurbeln" verboten - sonst könnte noch ein Meinungsaustausch stattfinden, Gott bewahre!


    Zurück zur Frau Kahlfeldt. Sie scheint sich in den Interviews leider sehr zurückzuhalten. Man kann nur hoffen, dass sich dies nicht auf Ihre Gestaltungsfreudigkeit negativ auswirkt. Einen ersten Eindruck wird man am Montag beim ihrem ersten Baukollegium bekommen:

    https://www.stadtentwicklung.b…e/sitzungen/aktuell.shtml

    Im Grunde ein großer Schaden, den Sauerbruch und Co. hier angerichtet haben. Da muss man schon sagen, dass Frau Lüscher einen solchen Einstand nicht hatte, die Konservativen hielten sich damals deutlich zurück. Als sie sich dann sehr wohlwollend über das Hansaviertel äußerte und dies ein murren bei manchen konservativen Architekten hervorbrachte, stellte sich damals Kollhoff vor sie und verwies auf seine gute Erfahrung mit ihr bei seiner Zeit in Zürich. Hier würde ich denken, wäre es doch nun auch mal an der Zeit dass Frau Lüscher ihrer Nachfolgerin öffentlich den Rücken stärkt.

    Das tragische besteht darin, dass Sauerbruch, Brandlhuber und Co. eben auch eine Seite von Berlin sind, wie Nöfer, Patzschke und Kleihues. So wie es die Fasanenstraße gibt, so gibt es auch die Revaler Straße. Wäre zwar Streit in der Sache, aber mehr Akzeptanz der unterschiedlichen Betrachtungen vorhanden, so könnte Berlin architektonisch so wie ich es in meinem Beitrag 94 anmerkte, wieder zu Großem bzw. Sinnlichem fähig sein.

    Nehmen wir hierzu als Beispiel das Eckwerk an der Holzmarktstraße. Kleihues und Graft gehen eins Symbiose ein. Warum nicht auch mal Brandlhuber und Kollhoff, Nöfer und Sauerbrauch, etc.?

    Durch die üblichen pawlowschen Reflexe (siehe Auflistung OlympiaFlo) wird diese Art von Größe und Strahlkraft jedoch immer wieder unterbunden und die Durchschnittsstangenware dominiert das Bild Berlins.

    2 Mal editiert, zuletzt von K-1 () aus folgendem Grund: Mich störte das Wort "Schwurbeln" eines Moderators, deshalb schrieb ich einen Satz darunter. Können wir auf solche Modewörter nicht verzichten? Wir diskutieren hier halt, manchmal auch abseits des Themas und manchmal auch rauf und runter, aber ist das wirklich gleich so störend?

  • Müssen "Projekte von Größe und Strahlkraft" denn auch "Großprojekte" sein? Wenn man sich das kleinere Hamburg mit der Elbphi und dem Elbtower anschaut, kann man natürlich zu dem Schluss kommen, dass kein Berliner Projekt der letzten 20 Jahre eine vergleichbare "Strahlkraft" entfalten konnte. Das Museum der Moderne, obwohl von denselben Architekten und in ähnlichen Preiskategorien, dürfte was die reine Bekanntheit (Strahlkraft) des Gebäudes angeht, jedenfalls nicht mithalten können und soll es wohl auch nicht. Das Stadtschloss könnte man evtl. in diese Kategorie zählen, aber das möchte ich eigtl. nicht damit vergleichen. Nein, Berlin selbst ist das "Großprojekt", das die letzten Jahrzehnte verfolgt wurde. Es galt die Stadt von Wunden zu heilen, Baulücken zu schließen und überhaupt erst einmal annähernd auf das Bodenpreisniveau von Städten wie Hamburg o.ä. zu kommen. Da haben wir nun ein gutes Stück aufgeholt. So langsam könnte da im Prinzip mal was vom Format einer Elbphilharmonie o.ä. kommen. Etwas, das auch über die Grenzen Deutschlands hinaus bekannt werden könnte. Aber brauchen wir das eigtl.? So sehr wie Hamburg? Ich glaube nicht, dass Berlin denselben "Druck" verspürt, sich eine "Landmarke" setzen zu müssen. Mir würde jetzt spontan auch kein Format oder Bauplatz für eine "Berliner Elbphilharmonie" einfallen. Vielleicht auch ein Zeichen dafür, dass das "Berliner Selbstvertrauen" doch im großen und ganzen recht gesund ist. Den Helmut Jahn am Europacenter hätte ich aber genommen. :S

  • Es galt die Stadt von Wunden zu heilen, Baulücken zu schließen

    Der Prozess hält noch an. Denn zwei wesentliche Rekos, Karstadt am Hermi und die Bauakademie, sind noch in der Mache.

    Selbst Potsdam ist noch mit Rekos und Wiederaufbaumaßnahmen beschäftigt.

  • Müssen "Projekte von Größe und Strahlkraft" denn auch "Großprojekte" sein?

    Nicht zwingend würde ich meinen. Aber es muss ein Wille und ein Anspruch herrschen. Nehmen wir Hamburg, hier war Jörn Walters Anspruch der Hafencity etwas Besonderes im Sinne der Elbphilharmonie aufzusetzen. Der politische Wille war da. Berlin als Hauptstadt Deutschlands lebte im ersten Jahrzehnt nach der Wende (die richtige, nicht diese ganzen kleinen herbeigeredeten Wenden) vom Aufbruch in ein neues Jahrtausend, einem vereinten Europa und dem Versprechen von Frieden und Wohlstand als Grundlage - damals alles zum Greifen nah.


    Leider haben die heute in Deutschland "Verantwortung" tragen keine Idee mehr zu diesem Land oder welche Rolle es in einer Zukunft spielen kann. Und dies schlägt sich natürlich auch auf die Gestaltung der Hauptstadt nieder, die nie abgeschlossen vollendet wurde. Diese Diskussion mit all ihrem Für und Wider (wir haben es hier ja gesehen, Arty Decos sehr kritische Bilanzierung der Stadtentwicklung, der Einwurf eines Mitforisten gegen den Nationalstaat, mein Widerhall) - all das gehört hier dazu, nur schade, dass die Moderatoren der Mut fehlt so eine Diskussion auch mal zuzulassen.


    Und wenn ich mir in diesem Zusammenhang das zu großen Teilen fertiggestellte größte innerstädtische Entwicklungsgebiet des letzten Jahrzehnts, die Europacity ansehe, dann merke ich, dass meine These aber auch Arty Decos Kritik aus seinem Post 93 stimmig ist. Was war "Europa" mal für eine Verheißung, der großen Straße unweit der heutigen "Europacity" stampften wir sogar mal "One World One Loveparade" zu Millionen in den Boden.

    Und verglichen mit dem was dort heute steht? Zugegeben einzelne Fassaden sind interessant, handwerklich gut, grundsolide. Die hängenden Mundwinkel der letzten Langzeitregentin sind jedoch der Nicht-Geist dieses Quartiers. Auf das Wasserbecken (und auf den S-Bahnhof zuerst auch) hat man lieber gleich verzichtet, Besser so, so ist die Langeweile zumindest ehrlich.

    Die Türme am Alex sind 16 Meter niedriger weniger bedrohlich für manche. Koolhaas Axel-Springer-Kübel ist interessant, mir allerdings völliger unverständlich, ich finde dort nicht mal den Eingang. Am Gleisdreieck spürte er der Energie des Ortes kunstvoll nach, sein Wolkenbügel wären ein Wagnis wert gewesen, zudem hätten sie die Klimabefindlichkeiten mancher mit ihrer Durchlässigkeit besser eingehegt. Berlin hätte mal wieder elektrisiert!

    https://urbane-mitte.de/wp-con…oku-2016-01-22-WEB-NQ.pdf (ab Seite 142)

    Aber nein Ortner und Ortner machen auch dort was braves. Hat Arty Deco denn so unrecht mit seiner Kritik?


    Was war Ungers Humboldthafen für eine revolutionäre große und zugleich sinnliche Geste. Und, was machen die beiden entstandenen Bauten (KSP und Tehrani) aus der umbauten Wasserfläche. Ist diese Attraktivität und das Geheimnisvolle sinnliche zu spüren? Ein von jeder Sinnlichkeit befreiter Baustadtrat wollte sogar die Randbebauung des Hafenbeckens für grüne Abstandsfläche freihalten.


    Und unter der Erde? Ich mag zum Beispiel diesen Regionalbahnhof am Potsdamer Platz, erinnert mich in seiner Anonymität etwas an das Hauptquarter eines James-Bond-Bösewichts - wenns gut gemacht ist, warum nicht?

    Der U-Bahnhof Museumsinsel ist noch so ein typisches Berliner Bauwerk. Dieses hat einen Widererkennungseffekt und ist deutlich in der Berliner Mitte zu verortet - hier war ein Anspruch vorhanden. Und die Planung stammte aus dem Jahre 1998.

    Nur einen Funken dieses Anspruchs würde ich gerne mal Südkreuz oder Ostkreuz erleben.

  • Aber ja, Arty Deco hat auf jeden Fall Unrecht mit seiner allumfassende, kulturpessimistischen Kritik. Denn eine attraktive Stadt bemisst sich nicht nur aus seiner Architektur, sonder auch aus den Menschen die dort leben und dem, was sie aus einer Stadt machen. Und da war Berlin in den letzten Jahren sehr gut aufgestellt. Die Touristenzahlen belegen das.

    Aber ich versteh schon, je schlechter Deutschland resp. Berlin gemacht wird, desto besser für einige, die einer ganz bestimmten Partei nahe stehen.

    Einmal editiert, zuletzt von DerBe ()