Talkin' 'bout Europaviertel (Basisdebatte)

  • Ich kann es nachvollziehen, wenn viele hier der Meinung sind, das im Europaviertel Chancen vertan wurden. Der östliche Teil des Europaviertels, entwickelt durch CA Immo, ist meines Erachtens wegen der fehlenden Diversizität der Bebauung auf der Südseite der Europa-Allee, optisch kein erfreulicher Hingucker. Stattdessen wirkt die Breite Allee mit dem monotonen Blockrand auf eine gewisse Art sehr kühl und distanziert, nicht wirklich wohnlich obwohl der Blick von der Westseite des Skyline Plazas aus für sich gesehen doch wieder für einige Sekunden eindrucksvoll ist. Eine gewisse Ambivalenz verspüre ich hier:



    (Bild von Adama, von hier, hoffe es ist OK, dein Bild hier mitzuposten)


    Die Westseite des Europaviertels beginnend mit dem Europa-Quartett und dem Belvivo/Vista (westlich des Europagartens, mit dem geplanten Tunnelportal) ist zwar heterogener aufgebaut, aber dank der lieblosen und teilweise kahlen (und nur durch angestrichenen Putz geschmückten) Betonwände wirken diese wenigen hundert Meter extrem lieblos. Natürlich habe ich auch ein Bild von dem, was ich hier meine:



    (Bild von mir, vergrößerbar durch klick)


    Wirklich unglücklich ist die fehlende Verarbeitung der Balkone und Teilloggien im Europa-Quartett (das Gebäude in dem der REWE sich befindet). Hässlicher, kalter Beton streckt sein Antlitz dem Flanierer entgegen - das hätte wirklich nicht sein müssen.
    Der Lichtblick in diesem Teil des Europaviertels sind die beiden Wohntürme; der Westside-Tower bricht das Kubus-Einerlei durch seine etwas verwinkelte Architektur auf, das AXIS protzt (wie in den anderen Threads ersichtlich) mit einer Natursteinfassade.


    Aber es ist nicht alles wirklich schlimm im Europaviertel: Der Boulevard Mitte hat sehr viel Potenzial, die angekündigten Gebäude und Türme, wie beispielsweise der Messeingang Süd, der Porsche Design Tower und das Brick werden sehr sehr wahrscheinlich die Optik dort im positiven Sinne prägen. Das Parigot, das nun wirklich kein wahres Schmuckstück ist, könnte durch entsprechende Gastro-Läden im Erdgeschoss und dank des garnicht so üblen Innenhofs, wo Cafetische stehen könnten, die Langweiligkeit des Baukörpers aufsprengen. Ich hoffe dass das Maison Claire optisch ein paar mehr Akzente setzen wird, vielleicht dank der runden Balkone und der Fassadenbänder?
    Wenn das Office 27-Gebäude vielleicht ein paar der interessanteren Aussenfassadenelemente erhält, wäre auch hier ein Akzent gesetzt. Freilich wird das Praedium kein architektonisches Meisterwerk (stand hier im Forum nicht irgendwo, dass die Eigner keinen Hingucker produzieren wollten, mit voller Absicht? ), es könnte aber auch durch den Einzelhandel/Gastro im Erdgeschoss das Viertel (er-)lebbarer machen. Wenn mich die Renders nicht täuschen, ist das Erdgeschoss im Praedium auch etwas höher als die restlichen Stockwerke wodurch dieser Bereich auch imposanter wirken könnte.


    Das Highlight im Europaviertel ist defintiv die Parkachse (und da stimme ich tommffm71 zu): Angefangen mit dem Lotte-Specht-Park, an dessen Westseite die mMn ziemlich hübschen BPD/Bouwfonds Gebäude stehen, mit dem Übergang in den Europagarten, der, wenn er 2017 fertiggestellt wird mit den entsprechenden Wasserspielen im Westbereich und der Bepflanzung durchaus ein Hingucker werden kann bzw. sollte. Im Norden diese Achse abschliessend, der Gleisfeldpark an dessen Ostseite das Parkend anschliesst, dessen Gebäude wiederum auch sehr viel hübscher sind, als die der restlichen Bebauung im östlichen oder westlichen Europaviertel.


    Ich würde sagen, dass man die zwei Jahre bis der Europagarten und die Tunnelanalge komplettiert werden, abwarten und sich dann anschauen sollte, wie sich das Europaviertel entwickelt hat. Bis dahin sollten Praedium, KV-Gebäude, das komplette Bouwfonds-Feld, Baufeld 26 stehen und der Südturm der Messe und der Porsche Design Tower im Bau sein.


    Ich glaube, dass das Europaviertel sich besser entwickeln wird, als manch einer hier im Moment noch denkt; ja, die monolitischen Einheitsgebäude im Osten sind nicht gerade verheißungsvoll, aber man sollte doch optimistisch bleiben. Ich versuche es jedenfalls ;)

  • Erstmal ist es total erfreulich, dass ihr Optimisten seid und euch das auch nicht nehmen lasst.


    Bzgl des Europaviertels habe ich oben geschrieben, dass die Architektur teilweise sehr wertig ist (zB the Brick auf das ich mich auch freue). Auch der Einwand, dass Neubauviertel Zeit brauchen bis die Bewohner eine gewisse Intimität schaffen ist sicher richtig.


    Was wir kritisieren ist nicht die Architektur an sich oder ihre Bewohner sondern die Anordnung und Baumasse der Gebäude. Um es prägnant in einem Bild zu formulieren; es ist recht unwahrscheinlich, dass irgendwann Touristen im Europaviertel durch kleine Straße an Läden und Cafes vorbeischlendern und sich die schönen kleinteiligen typisch "europäischen" :) Fassaden angucken, so wie sie das in Bornheim, Sachsenhausen oder Kreuzberg tun.

  • Rahmenplan und Ergebnis

    Ein interessantes Gespräch mit dem damals federführenden Stadtplaner aus dem Büro AS&P Albert Speer & Partner führte die Frankfurter Rundschau. Man erfährt unter anderem, dass die Grünen damals forderten, dass der Boulevard mindestens 100 Meter breit sein sollte. Auf 60 Meter hat man sich dann geeinigt.

  • ^

    Frage: Würden Sie selbst ins Europaviertel ziehen?
    Antwort: Ja. Wenn ich in Frankfurt eine Wohnung suchen würde, wäre das Europaviertel meine erste Wahl.


    Erinnert ein bisschen an Hannovers Stadtbaurat Hanns Adrian, der ins Ihme-Zentrum zog...

  • ^ Leider ist das ein Bezahlartikel. Magst Du die Fakten in Deinem Beitrag in eigenen Worten kurz zusammenfassen?


    Apropos Europaviertel: Ein paar Projekte warten bekanntermaßen noch auf ihre Umsetzung, so etwa das Zebra, die Baufelder 42c Ost und 43 sowie das Brick genannte Loft-Bürohaus, das architektonisch ein wenig aus der "Stalinallee"-Gestaltung (positiv) herausfällt. Für das Brick hat Aurelis gerade kürzlich die Vermarktung auf neue Füße gestellt. Verantwortlich ist jetzt Jones Lang LaSalle (JLL). Wie gehabt wird erst gebaut, wenn sich ein Ankermieter gefunden hat. Danach soll das Haus in "18-24 Monaten" stehen. Die Aurelis-Projektseite gibt es hier.


    Laut entsprechender Pressemitteilung seien aktuell 92 % der Grundstücke im Europaviertel verkauft und davon wiederum 90 % bebaut bzw. in Bau.

  • Die Allee in fast ihrer ganzen Länge: http://www.dafmap.de/d/serve.py?2016/EPI_D8E4623.jpg


    Danke für diese Aufnahme (im Speziellen, aber natürlich auch für alle anderen). Ungeheuer großstädtisch, ich muss ehrlich zugeben, soviel "Klotzen statt Kleckern" hätte ich Frankfurt gar nicht zugetraut. Und dabei ist ja längst nicht alles fertig. Das wird richtig beeindruckend. Und die Allee lebt ganz klar vom Raumkonzept (der großformatigen Bebauung, dazwischen die breite Allee, auch die Bäume werden, wenn sie einmal größer sind, den Raumeindruck prägen und das nötige Grün in den vielen Beton bringen) und nicht unbedingt von der Architektur des einzelnen Gebäudes in jedem Detail (da ist die Qualität ja durchwachsen - aber auch das gehört zu einer Großstadt, Frankfurt ist ja kein Puppendorf).

  • Da stimme ich zu. Bei aller berechtigter Kritik ist es gut, dass Frankfurt mal eine "breite Straße" bekommt. Davon gibt es hier nämlich sehr wenige. Zwar ist so eine Straße kein Selbstzweck, aber sie schafft doch ein ganz eigenes Raumgefühl.

  • @Pumpernickel:


    Also in puncto Großprojekte - unabhängig davon, ob diese überhaupt schön sind & Gefallen finden und unabhängig davon, ob diese sich in der Innenstadt oder am Stadtrand befinden - kann Frankfurt fast keine andere deutsche Stadt das Wasser reichen. Insofern finde ich diesen Satz verfehlt.


    Zustimmen möchte ich aber deiner und Megaxels Feststellung, dass das ganze sehr großstädtisch wirkt und, dass eine derart breite Strasse städtebaulich ein Zugewinn für Frankfurt darstellt (weil nun mal die Innenstadt Frankfurts sehr wenige davon hat).


    Nichts desto trotz, unter'm Strich halte ich dieses Viertel in großen Teilen sehr misslungen. Tröstend wirken dann allenfalls die Umstände, dass aus der Fernsicht (wie auf Epizentrums Foto) dies nicht ganz so sehr auffällt und die Bäume mittelfristig, wenn sie größer sind, einen sehr positiven Einfluss haben werden.

  • Monotonie

    Ich finde die Gestaltung furchtbar.


    Diese Straße sieht nach einer Ostblockstadt aus. Kalt. Monoton.
    Es fehlt Struktur und Kleinteiligkeit.
    Die Stadtplaner hätten vielleicht einen Ausflug nach Paris machen sollen. Hier findet man doch viele schöne Beispiele für eine Allee, wie etwa hier.

  • Diese Ostblock-Optik kommt durch die viel zu regelmäßigen Wohnhaus-Blöcke. So sieht es halt auf den ersten Blick nach Plattenbau-Allee aus. Wären die Häuser halb so breit und würde die Höhe der Häuser um 1 oder 2 Meter variieren würde es schon ganz anders aussehen. Aber so....

  • Man sollte die Strasse von 4/6 spuren auf 2 Spuren + 1 Abbiegerspur verkleinern. Vielleicht einfach den südlichen oder nördlichen Teil schließen und dort eine Rad- / Fußgängerallee mit tollen Baumreihen und einem Sandweg bauen. Das fände ich persönlich "großstädtisch" und auch noch lebenswert.


    Es wäre viel besser gewesen, die Strasse an den Nordrand zu legen, an der Grenze zur Messe. Dann hätte man ein tolles Wohnviertel bauen können. Dafür ist es natürlich zu spät, aber wenn man den Verkehr halbiert oder noch mehr zurückdreht und dafür mehr grün hätte, könnte es noch was werden.


    Schaut mal den Tunnelabschnitt an: das wird was. Das zeigt doch, dass die Strasse das Problem ist.

  • Auch wenn das wohl jetzt zu einem Shitstorm führen könnte - als ich das Bild der Allee von epizentrum zum ersten Mal sah, fiel mir gleich die - ja - Ähnlichkeit mit dem Blick vom Arc de Triomphe in die Champs-Elysees auf, bis hin zur analogen Aufweitung durch Europagarten und Parc des Tuileries am Ende. So viel zur Ostblock-Schelte. Und ehrlich - sooo abwechslungsreich und erstklassig finde ich die Fassadenabwicklung der C.E. nun auch nicht. Sie hatte nur viel mehr Zeit, sich zu entwickeln. Diese Chance hat die Europa-Allee auch verdient, bevor wir darüber endgültig urteilen. Auf jeden Fall ist hier eine Straße im Entstehen, die mit Höhe und Dichte der Bebauung den Anspruch Frankfurts, Metropole zu sein, auch mal optisch in Stadtraumdimensionen umsetzt. Bisher war die Berliner mit ihrem 50er-Jahre-Schick in dieser Hinsicht ja schon das Ende der Fahnenstange. Und für welche städtebaulichen Desaster Frankfurt früher gewöhnlich gut war, zeigt mir täglich der wunderbare Straßenzug Adenauer/Schumacherstraße in seiner ganzen Banalität.

  • Die Höhe ist gar nicht so wichtig. Viel entscheidender wäre hier eine vielfältige Dachlandschaft gewesen. Das macht ja auch den Reiz vieler Gründerzeitalleen aus, die rein vom Bauvolumen her auch monoton und gleichförmig sind. Eine Dachlandschaft existiert hier aber überhaupt nicht, Flachdachtristesse pur.

  • Mod: Drei Beiträge aus dem Thread zum "Quartier Boulevard Mitte" hierher verschoben, nachdem sich Diskussion vom ursprünglichen Thema "Praedium" wegbewegte.
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    sagt schon viel aus über dieses in fast allen Belangen völlig verkorkste Viertel, wenn sich einige Leute sogar schon über einen hässlichen Klotz in schlimmster Plattenbauoptik freuen, nur weil dadurch die Gesamtmonotonie etwas aufgebrochen wird...
    Unsere Nachfahren werden ob dieses Viertels ähnlich auf uns schimpfen, wie wir auf die 70er - und das absolut zu Recht.

  • ^


    Das unergründliche Gemecker über das Europaviertel kann ich beim besten Willen nicht verstehen. Was soll daran verkorkst sein? Ich finde die Aufenthaltsqualität im Vergleich zu vielen anderen Gegenden in Frankfurt höher. Das Praedium sehe ich wie andere hier auch positiv und das Viertel bereichernd. Klar hätte man das Ganze anders bauen können, und sicherlich würde das jeder Kritiker besser machen, aber objektiv lässt sich am Viertel nichts aussetzen, nur subjektiv. Eine Meinung hat nun mal jeder, und diejenige Zukünftiger zu vereinnahmen scheint mir ein wenig weit hergeholt.

  • ^^ Rohne, beschränken wir die Allgemeinkritik des Europaviertels doch einfach auf den Ost-Teil des Boulevards. Die Monotonie dort, geschuldet durch den zu offenen Bebabauungsplan ohne nennenswerte Vorgaben an die Gebäude, ist wirklich traurig. ;)


    Die Bebauung rund um den Europagarten hingegen ist mMn gelungen. Sowohl das Parkend als auch das BPD-Baufeld setzen sich ab. Wenn Aurelis noch das Brick und Zebra im Boulevard-Mitte hinsetzt, das Maison Claire irgendwann im nächsten Jahrtausend fertig wird, und ein ausgefeilter Hochpunkt gegenüber dem Praedium entsteht, ist in Kombination mit dem wirklich schön ausgearbeiteten Europagarten in der Mitte ein wirklich ansprechendes Viertel entstanden. Vergessen wir auch nicht, dass auf dem Tel-Aviv-Platz noch das andere zweistöckige Gebäude mit dem Markt und Restaurant entstehen soll, welches zumindest in den Visualisierungen schon etwas hermacht.

  • Die Qualität des Viertels speist sich m.E. ausschließlich aus der Durchgrünung. Architektonisch setzt es überhaupt keine Akzente. Die Gestaltung der einzelnen Gebäude ist überaus ärmlich bzw. überhaupt nicht vorhanden. Meist sind es nicht mehr als real gewordene Baumassenstudien. Das "Praedium" wiederum ist der traurige Höhepunkt alldessen. Maximale ökonomische Ausreizung ohne Rücksicht auf Verluste. Vor und Rücksprünge dienen ausschließlich der Anlage von Balkonen, Ästhetik gleich null.

  • Ich kann das ewige gemerke auch nicht verstehen!


    Als ob andere Stadtteile in Frabkfurt nur aus Highlights bestünden....


    Die Parks sind meiner Meinung nach gelungen, parkend und gegenüber die
    Wohnungen auch....


    Ich finde man sollte das Viertel erstmal fertig werden lassen
    und fragt dann mal die Bewohner wie es sich dort lebt ! Im übrigen
    lebt es sich jetzt schon gut dort.

  • Zitat: "Architektonisch setzt es überhaupt keine Akzente. Die Gestaltung der einzelnen Gebäude ist überaus ärmlich bzw. überhaupt nicht vorhanden. Meist sind es nicht mehr als real gewordene Baumassenstudien".



    Genau dasselbe hätte man um 1900 auch vom "Prenzlauer Berg" und all den anderen Gründerzeit-Vierteln sagen können: Klotzige, eintönige Wohnkasernen an den (damaligen) Rändern der Stadt und (speziell in Berlin) sehr oft überhaupt kein Zierrat an den Fassaden.
    Geben wir dem Ganzen doch mal ruhig 20 bis 30 Jahre bis das Ganze Quartier richtig "eingelebt" ist und <Patina> hat (wie man heutzutage so schön sagt).


    Das Europaviertel hat definitiv Potenzial: Es liegt sehr zentral, es hat das Gallusviertel als historisch gewachsene Gegend (wenngleich noch immer etwas derb) quasi "im Hintergrund" und es hat ausreichend Grünflächen (Europagarten und Rebstock).