Fischerinsel / Petriplatz / Breite Straße

  • Wolke Eins: das kann ich so unterschreiben.

    Der Blockrand beginnt sich hier ja ganz langsam zu bilden.

    Es ist bestimmt keine leichte Aufgabe, nachzuverdichten, dabei die Hochhäuser zu integrieren, die Infrastruktur zu erhalten, die notwendigen Abstände und mittlerweile bestehenden Grünanlagen zu beachten und dann auch noch die Geschichte des Ortes zu berücksichtigen.


    Ganz ehrlich: ich finde die Hochhäuser potthässlich, aber es handelt sich dabei um Wohnraum. Ein Abriss verbietet sich zur Zeit absolut. Vielleicht gibt es aber irgendwann mal eine energetische und optische Aufwertung.

  • Ich bin bei dieser Ecke sehr optimistisch. Hier entsteht zwar nicht gerade eine Flaniermeile, aber eine sehr reelle Großstadtstraße, die etwas leicht Amerikanisches an sich hat. Das House of One wird den Eindruck aufs Beste abrunden.


    Siehe: #1.307 ( Dexter)


    100-fache Verbesserung der bisherigen Diffusität des Ortes. :thumbup:


    Und wer weiß, was bei der Straße an sich nochmal drin ist, wenn Individualverkehr dereinst tatsächlich nur noch eine Nebenrolle spielt.

  • Architektur-Fan


    Da stimme ich dir zu - aus architektonischen Gesichtspunkten, kommen auch mir bei den Hochhäusern der Fischerinsel (und noch viel weniger der Freiflächengestaltung) Freudentränen auf. Und auch ich bevorzuge an dieser Stelle einen Blockrand - hätte mich jedoch auch über das gestrichene WBM-Hochhaus gefreut.


    Den Hinweis, dass sich die immer wiederkehrende Forderung (nein, nicht direkt von dir) nach einem Abriss der aktuellen Bebauung - denn diese sei geschichtsvergessen oder ahistorisch - mit dem Vorwurf, man hätte für deren Errichtung die Vorbebauung abgerissen, beisst, erlaube ich mir dennoch.


    Die Hochhäuser sind in ihrer Art eben nicht geschichtsvergessen, sondern stellen einen offensiven, herleitbaren historischen Bruch mit der Vorbebauung dar - eine Gegenthese die konkret auf die Vorbebauung verweist. Die muss uns natürlich nicht gefallen, auch einem Freund der Moderne nicht ;)

  • Die Hochhäuser sind in ihrer Art eben nicht geschichtsvergessen, sondern stellen einen offensiven, herleitbaren historischen Bruch mit der Vorbebauung dar - eine Gegenthese die konkret auf die Vorbebauung verweist.

    Das Argument verstehe ich. Der in der Moderne vorgenommene Bruch stellt mittlerweile eben auch einen Teil der Geschichte dar. Das ändert aber nichts daran, dass der DDR-Städebau dazu geführt hat, dass es im Jahr 2022 auf der Fischerinsel städtebauliche Mängel gibt. Wegeführung, öffentliche Räume, Grünflächen, Nutzungen ... in all diesen Punkten ist die Fischerinsel für heutige Verhältnisse mangelhaft. In anderen Threads werden die Kolonnaden in der Leipziger Straße als Fehlplanung kritisiert. Und gleichzeitig wird die städtebauliche Fehlplanung auf der Fischerinsel verteidigt. Da stellt sich für mich die Frage, ob da nicht mit zweierlei Maß gemessen wird.


    Mir geht es um die Bauprojekte, die aktuell direkt an der Straße gebaut werden. Daher würde ich es begrüßen, wenn wir das Thema auf diese Bauprojekte eingrenzen. Die bestehenden Hochhäuser der Fischerinsel waren für mich - zumindest in der aktuellen Diskussion - kein Thema.

  • Auch wenn manche Mitforisten den entstehenden Neubau der WBM/Blauraum auf der Fischerinsel unter Architektur einordnen, so muss ich doch nochmals darauf hinweisen, dass die mittlerweile sichtbaren Fensterreihungen nicht mit der Visualisierung (Sicht Gertraudenstraße) übereinstimmen. Mich beruhigen die nun entstehenden versetzten Fensterreihungen nicht unbedingt, einen Alternativentwurf konnte ich im Internet nicht finden.


    Die HH auf der Fischerinsel schreiben keine Geschichte fort. Sie sind nach dem Verhältnis von Abstand relativ zufällig auf dem Gebiet verstreut worden, eine städtische oder zumindest städtebauliche Qualität wie bei anderen Nachkriegsquartieren entstand hier nicht. Architektur sind die HH keine. Es sind Massenbauten wie sie in dieser Form massenhaft im ehem. Ost-Berlin herumstehen. Von Moderne kann maximal im Sinne von "freie Sicht", "Wohnen im Grünen", Ausstattungsgründe gesprochen werden. Hierzu habe ich vor ewigen Zeiten von Hermann Henselmann einen melancholischen Aufsatz ("Architektur kommt später") gelesen. Im Grunde ist die Fischerinsel eine Verlegenheitslösung, weil mehr nicht möglich war. Sie stehen dort heute, man sollte die Bauten stehen lassen, aber sie tragen zur Stadt als solches nichts bei. Glücklich aber wer in den oberen Etagen eine Wohnung hat!

  • Das Fensterraster wird mit der Fertigstellung wieder gleichmäßig sein. Die jetzt unregelmäßigen Fensteröffnungen werden wechselseitig durch nicht gläserne Bauelemente (die möglicherweise der Klimatisierung bzw. Be- und Entlüftung dienen werden(?) ), abwechselnd von links und rechts verkleinert, sodass schließlich die gläsernen Fenster übereinander liegen werden.


    Ich denke schon, dass es sich bei den Hochhäusern auf der Fischerinsel um Architektur handelt, im Kontext zur Entstehungszeit haben sich die damaligen Planer und Atchitekten doch auch etwas besonderes dabei gedacht und wollten dort bestimmt keine wertlosen Wohnsilos errichten.


    Es sollte halt zentral viel und, zur Entstehungszeit, moderner Wohnraum sowie gleichzeitig viel Freiraum entstehen.

    Das ist ja in Ost wie West gleichermaßen so gewesen und war zeitgemäß. Heute haben sich die Geschmäcker verändert und es sind auch die Nachteile solcher Wohngebiete deutlich geworden.


    Mittelfristig könnte ich mir dort zum Teil Blockrandbebauung unter Einbeziehung der Hochhäuser vorstellen. Dann müssten zwar in den unteren Etagen des Bestands auch Umbauten bzw. Umstrukturierungen stattfinden, ermöglicht würde dadurch aber ein deutlich verdichteteres, der zentralen Lage angemessenes Quartier.

  • Die Fassung der Straßen tut an dieser Stelle gut. Das teure Haus der Wirtschaft (hier nicht zu sehen) ist mit seiner fliehenden Front in sofern ungünstiger als der billige WBM Kasten. Das Capri hingegen wirkt mit den hinzutretenden Nachbarn immer besser.



    Die architektonische Qualität muss hier aber weiter steigen. Das die Wohnhochhäuser in den Hintergrund treten sollte weiter vorangetrieben werden. Bei einer erneuten Sanierung der Türmchen würde ich mir eine Individualisierung der Gebäude wünschen. Dann wäre was drin.


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  • Baukörper, das ist die alte Diskussion wie bei der Kunst ab wann etwas Architektur ist. Ich behaupte im Sinne Kollhoffs nicht alles was nicht umfällt ist Architektur, sonst müsste ich Schornsteine, Funkmasten und die endlosen Reihenhaussiedlungen landauf landab auch als Architektur anerkennen. Mögen sie anders sehen, ich kann in Bezug auf die HH auf der Fischerinsel nicht zustimmen.

    Ebenso zähle ich auch die HH in der Leipziger Straße nicht als Architektur. Es sind Massenbauten die zahlreich in Ost-Berlin in der Stadtlandschaft verstreut wurden. Eine "städtebauliche Setzung" will ich maximal erkennen, aber eine dem Ort angepasste Form-und Architektursprache nicht. Um es verständlich zu machen, im Bereich der Leipziger Straße zähle ich die Tschechische Botschaft auf dem Wilhelmplatz und auch das Spitteleck mit der Coca-Cola-Werbung drauf als Architektur aus DDr-Zeit. Selbst die Plattenbauzeilen KMA-II und an der Alexanderstraße halte ich wegen ihrer Eigenwilligkeit der Fliesen und angedeuteten Ornamentik für Architektur, wenn auch hier der Traum der Moderne der Dreieinigkeit Form, Funktion und Ästhetik sehr nahme kam.


    Rotes Rathaus, das Haus der Wirtschaft ist in dem Bereich von Straßenkante zurückgenommen, da der Blick auf das ehemalige Rathaus (jetzt Capri) frei sein sollte. Zudem gab es bei der Planung noch die Idee der Wiederbebauung der Brücke ("Mühlenkolonaden").


    Beim Bau der WBM sehe ich die Fehler schon bei der Planung. Man prämiert einen Entwurf der städtebaulich eine völlig andere Lösung anbietet (Hochhaus), als bisher immer propagiert wurde (Planwerke, etc.). Im Grunde wurde ein neuer Städtebau prämiert, der dann öffentlich durchfiel. Nebenbei, ich finde es persönlich richtig an der Stelle kein weiters HH zu bauen.

    Im Grunde hätten die Verantwortlichen dann einen neuen Wettbewerb ausschreiben müssen und nicht einfach einen Ersatzentwurf festsetzen sollen. An der Stelle wäre ein Fassadenwettbewerb nötig gewesen. Die damalige Senatsbaudirektion (Lüscher) und die WBM planten nicht mal 100 Meter weiter in der Breiten Straße für ein etwa gleich großes Bauvolumen mehrere Wettbewerbe zur Lösungsfindung.

    Würde sich der Blauraum-Entwurf nur an seiner Umgebung etwas orientieren, evlt. die Fensterbänder des Hauses der Wirtschaft oder die angedeutete Attika beim Nalbach-Projekt als Ersatz für das "Ahornblatt" oder die monotaktische Fassade samt Staffellungen wie Capri. Aber beim aktuellen Entwurf kann nur noch ein außerordentlich außergewöhnliches Fassadenmaterial helfen.

  • Mögen sie anders sehen, ich kann in Bezug auf die HH auf der Fischerinsel nicht zustimmen.

    Ebenso zähle ich auch die HH in der Leipziger Straße nicht als Architektur. Es sind Massenbauten die zahlreich in Ost-Berlin in der Stadtlandschaft verstreut wurden.

    Soweit ich weiß, sind sowohl die HH Fischerinsel als auch die in der Leipziger Straße recht singuläre Erscheinungen - nicht nur in Berlin, sondern in der ganzen ehemaligen DDR.

    Einzig der Typus "SK Leipziger Straße" wurde nochmal am Fennpfuhl wiederholt.

  • Lieber K-1 - Asche auf mein Haupt. ;) Das SK 65 scheint tatsächlich außerhalb der Leipziger Straße noch viermal gebaut worden zu sein - hier korrigiere ich mich. Damit sind dies aber immer noch keine "Massenbauten".

    Beim Thema Fischerinsel bin ich mir nicht sicher. "Massenhaft" erscheint tatsächlich der Typ WHH GT 18/21 - der entspricht jedoch nicht dem Typ "Fischerinsel" - oder irre ich da?

  • Auf der Fischerinsel wurden zwei Hochhaustypen gebaut. Die Häuser Fischerinsel 1, 2, 6, 9, 10 sind Unikate, die nur auf der Fischerinsel errichtet wurden. Die Architekten sind Manfred Zumpe und Hans Peter Schmiedel. Das später geplante Haus Fischerinsel 4/5 ist ein Doppelhochhaus des Typs WHH GT 18/21, das tatsächlich massenhaft gebaut wurde. Hier sollte ursprünglich ein Regierungshotel entstehen, das dann aber gestrichen wurde.

    Die Geschichte der Fischerinsel habe ich in mehreren Beiträgen dargestellt.

    Fischerinsel / Petriplatz / Breite Straße

    Fischerinsel / Petriplatz / Breite Straße

    Fischerinsel / Petriplatz / Breite Straße

  • Danke Klarenbach für die Klarstellung und Deine ausführlichen Beiträge aus 2014 zum DDR-Städtebau Fischerinsel. Ich entdeckte beim Lesen auch wieder das Foto vom geplanten Hochhaus am Spittelmarkt (heute Sparkassen-Verband).

    Bezüglich der vier laut deiner Aussage speziell für die Fischerinsel geplanten Gebäude möchte ich mein Architektur-Urteil hiermit revidieren. Hier spreche ich dir mehr Wissen in Bezug auf Entstehung zu als ich es habe. Ich bleibe aber dabei dass es sich dann bei den 5 HH auf der in der gleichen Form um Architektur handelt wie bei den Bauten des 2. BA KMA und an der Alexanderstraße, da hier ortsspezifisch Gebäude entstanden. Für die Massenbauten und den Ersatzbau für das Hotel an der Fischerinsel lehne ich das Wort Architektur ab, da es sich um Massenbauten handelt.


    P.S. Auch mal ein schönes Zeugnis des Architekturforums, dass wir doch alle voneinander etwas lernen können.

  • Hier ein Blick von der Schlossterrasse. Es geht beim WBM-Bau flott voran (Foto leider nur mit Handy-Digital-Zoom):


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    (Bild von mir)

  • Puh... Schlimmer als befürchtet. Am härtesten trifft es die Ecke weil der Baukörper an sich gar kein Spiel zulässt und "Klotz"-mäßig seine Dominanz ausspielt. In Hohenschönhausen oder Marzahn oder Britz sicher eine Möglichkeit. Für die direkte Innenstadt gestalterisch sehr mager. Ironie des Ganzen ist, dass die WBM nicht mal 200 Meter weiter in der Breiten Straße Fassadenwettbewerbe durchführt, hier reichte es nicht mal für sowas wie "Architektur". Wer sind denn jetzt nur die Verantwortlichen für dieses Desaster??

  • Es gibt hier doch mehrere Probleme: Der ursprüngliche - in meinen Augen bessere - Entwurf wurde dank der Bürgerbeteiligung über den Haufen geworfen. Zum 2. ist blauraum eigentlich ein renommiertes Architekturbüro und selbst die kriegen hier keinen besseren Entwurf auf die Reihe und 3.: Wer verbietet es dem Bezirk oder dem Senat, Gestaltungsvorgaben für Neubauten in sensiblen Gebieten zu erlassen??? Am wenigsten "Schuld" trifft wahrscheinlich die WBM, die das baut, was einigermaßen finanzierbar und durchsetzbar ist.

  • Nachdem das Hochhaus an der Stelle erfolgreich verhindert wurde, hat man sich einfach für den damals drittplatzierten Wettbewerbsentwurf von Blauraum entschieden (weil ohne Hochpunkt).


    Interessant finde ich die damalige Beurteilung des Blauraum Entwurfs durch das Preisgericht:


    "Die in der ersten Phase

    angeregte Ausformulierung einer für die

    Bedeutung des Ortes angemessenen

    Fassadengestaltung wurde nicht hinrei-

    chend eingelöst."


    Quelle Wettbewerb Wohnungsneubau Fischerinsel (PDF Download)

  • Ich war heute vor Ort, der Fassadenausschnitt wie im Post #1.336 zu sehen entspricht nach meiner Einschätzung minderer Qualität und übertrifft noch die von mehreren Foristen hier geäußerten Befürchtungen bezüglich der Fassadengestaltung für diesen Ort. Ich rang um Fassung.

    Wie ich aber auch schon mehrfach darauf hinwies, hat es anscheinend tatsächlich eine Überarbeitung der Fassadengestaltung gegeben. Die Anordnung der Fenster ist eine andere, zudem ist die graue Umrandung einfacher Putz (WDVS), auf den Visualisierungen sah dieser nach oben geriffelt und nach einer Tiefenstruktur aus. Der farbliche Putz-Teil sollte laut Visu Teil des Fensterkastens werden. Etwas Hoffnung hatte (!) ich ja, dass das Material überzeugt.

    Meine letzte Hoffnung ist, dass dieser Fassadenausschnitt nur die Hofseite bekleckern soll, was schon schlimm genug ist. Lediglich die Umrandung des Sockelgeschosses laut Musterfassade versucht etwas Würde zu wahren, obwohl es den WDVS-Putz darüber nur noch billiger erscheinen lässt.

    Wenn schon Bausenat, Baudirektion, Baustadtrat und sogar die WBM ausfallen bei einfachsten Qualitätskriterien für die Berliner Mitte, dann bleibt doch immer noch die Frage offen was mit den Architekten los ist, die ja keine völlig unbekannten sind?!