Der Alexanderplatz ist als Konzept einfach völlig gescheitert und offenbart viel über den Zustand dieser Stadt.
Die nächsten 30 bis 50 Jahre wird das ein Stückwerk bleiben und anstatt dass DDR Architektur exemplarisch auf ein paar Gebäude reduziert wie im Kollhofplan vorgesehen, sichtbar bleibt und als Teil der Stadtgeschichte dokumentiert und eingeordnet bleibt, hängt sie jetzt bleischwer erkennbar und wie ein Zombie unwirklich über dem ganzen Platz, der nur noch ein konfuses Sammelsurium darstellt.
Sinnbild einer völlig misslungenen Aufarbeitung und Überwindung der Stadtgeschichte.
Inwieweit ist ideologischer Städtebau vereinbar mit einer demokratischen Gesellschaft? Kann so ein Städtebau völlig unpolitisch zu sehen sein und ist es gerechtfertigt, dass ein Regime, das 40 Jahre ohne Legitimation an der Macht war mit seinem wichtigsten städtebaulichen Abbild, das ja auch die Gesellschaftsordnung widerspiegelt, einen der wichtigsten Plätze Berlins so prägt, weit über 50 Jahre nach dessen unrühmlichen Kollaps und die Wiedervereinigung und Neuanfang eigentlich negiert und die Vergangenheit verklärt.
Kollhof's Plan war ein wirklich guter und sensibler Entwurf und hätte es wahrlich verdient gehabt umgesetzt zu werden. Er hat es verstanden die verschiedenen Epochen des Platzes zu erhalten, den grundsätzlichen städtebaulichen Ansatz der DDR zu übernehmen, die fatale Ideologie die dahinter stand zu entsorgen und ihn weiter zu entwickeln, indem er triviale Zeugnisse wie Park Inn, (das Fips mit dem Europacenter verglichen hat, was ich nur kopfschüttelnd zur Kenntnis nehmen kann) Berliner Verlag, Haus der Elektroindustrie, Haus des Reisens abreißen hätte lassen um Platz für eine Vision des wiedervereinigten Berlins zu schaffen mit dem TV Turm als Mittelpunkt und dem Haus des Lehrers mit Kongresshalle als exemplarische Zeugnisse vom damaligen Städtebau und deren Bedeutung.
Was will man mehr? Aber das war mit den Linken nicht zu machen und eine völlig naive und willfährige SPD unter Herrn Müller (dass er mal Senator für Stadtentwicklung war, ist schon ziemlich deprimierend) hat es zugelassen, dass Lompscher, Lüscher und Co den Kollhof Plan nach allen Regeln der Kunst entsorgen konnten und ihren feuchten Traum von einem Ostberlin 2.0 schmeidig verharmlosend umgesetzt haben. Wenn hier die Mär gestrickt wurde, die Inhaber vom Park Inn wollten keinen Abriss oder die wirtschaftliche Entwicklung hat die Umsetzung vom Kollhof Plan vereitelnd, dann gehörte das zur Kommunikation dazu, um es plausibel erscheinen zu lassen, mehr nicht, als ernsthaftes Argument ist es einfach nicht gültig.
Der blanke rhetorische Hohn dabei, das ganze als revidierten Kollhofplan zu präsentieren. Das Ergebnis hatte absolut nichts mehr mit Kollhofs Vision gemein.
Höhenbegrenzung auf 130 Meter
Erhalt des Berliner Verlages, ein Gebäude das für die Zensur der DDR stand und dessen' Pressecafe 'mit seinen ideologischen Konterfeis jetzt als tolle Location mit bunten Bildern gepriesen wird ohne dass irgendjemand darauf hinweist wofür dieses Gebäude stand. Ebenso hat die breite Front zu dieser unsäglichen Hinterhofsituation geführt, die wir jetzt noch haben, die durch eine Öffnung zur Spandauer Vorstadt mit einem schlanken Turm und dem Abriss oder zumindest Renovierung des grauenvollen Memis gewährleistet worden wäre. Die Abschottung wurde zementiert.
Erhalt des Park Inn, dessen Abriss im Kollhofplan ein zentraler Aspekt war, da es 'falsch' platziert war, störend für die Anordnung der zukünftigen Gebäude, zudem ein architektonisch trivialer Bau, nach der Renovierung in den 90gern auch noch völlig versaut wurde. Die völlig kurzfristige Veränderung des Bebauungsplan und ein zusätzliches Hochhaus 20 Meter weiter zu bauen, ist einfach nur grotesk.
Vorgabe aller künftigen Hochhäuser in Kubatur und Aussehen auf das Park Inn auszurichten. Kann man reaktionärer vorgehen?
Kauf des Haus der Statistik, was niemals vorgesehen war. Renovierung in seinen trostlosen Originalzustandes und Umsetzung eines politischen Prestigeprojekts.
Ein vor sich hingammelndes Haus des Reisens ohne Plan und Konzept.
Jeder, der den Alexanderplatz und die DDR Bebauung immer unpolitisch verstehen will und nur als erhaltenswertes sozialistisches Ensemble , was es meiner Meinung nach einfach nicht ist, ist schon etwas naiv oder vielleicht auch ignorant. Die ganzen letzten 30 Jahre und das verbissene und konsequente Verhinderns von der Linken den Kollhofplan umzusetzen, zeigen das.
Berlin hat drei Plätze, die quasi stellvertretend für die Geschichte stehen.
Der Potsdamer Platz wurde als Symbol für das neue Berlin entworfen und wird immer dafür stehen und ist klar erkennbar, unabhängig davon ob man ihn jetzt mag oder nicht.
Der Breitscheidplatz repräsentiert das alte Westberlin. Dort ist es auch gelungen, diesen weiter zu entwickeln und nicht nostalgisch daran festzuhalten, mit der Bebauung von neuen Hochhäusern, Abriss und Renovierung von anderen. Dieser Prozess dauert an und das Ergebnis geht alles in allem in eine gute Richtung, eine Symbiose von alt und neu entsteht.
Nur hier am Alex ist das Ergebnis ziemlich deprimierend. Dabei wurde besonders von der Linken, immer völlig unschuldig auf Städtebau und Zeugnis von Architektur und Identifikation für ihre Bürger hingewiesen und bewusst manipulativ verharmlosend kommuniziert um ein Maximum an Bestand zu erhalten. Spätestens seit dem Eintritt von Frau Lompscher hat sie alles getan, den Kollhofplan zu entsorgen, Priorität auf auf Erhalt des Bestandes zu setzen und zu gewährleisten, dass jede Weiterentwicklung der bestehenden Schachtelarchitetkur sich an dieser auszurichten hat. Es ist gelungen, xie nächsten hundert Jahre würde die DDR sichtbar weiterbestehen.
Die ganze Entwicklung steht natürlich auch im Zusammenhang mit der generellen Diskussion über die DDR. Die aufkommende Nostalgiewelle und die generelle Verharmlosung der DDR und der angebliche Verlust von Identifikation mit ihrer Heimatstadt durch die vielen Veränderungen waren dabei auch zentral.
Fehlende Aufklärung, keine kontroversen gesellschaftlichen Diskussionen zu entfachen und unangenehmen Wahrheiten lieber aus dem Weg zu gehen, haben dann indirekt auch Auswirkungen auf die Diskussion um den Alexanderplatz und diese ganzen gesellschaftlichen Fragen werden dann darauf
r projiziert.
Die Linke hat es sehr gut erkannt und verstanden populistisch diese Diskussionen zu dominieren und in alle politischen Bereichen zu tragen dazu gehört dann eben auch die Baupolitik, besser gesagt, der Nichtbaupolitik und nicht zuletzt die Fragen des Städtebaus. Damit spiegelt eben der Alex letztlich die gesamte gesellschaftliche Diskussion wider, ob einem das gefällt oder nicht.
Ulbricht hat das ganze Dilemma von symbolträchtiger Bebauung und deren möglicher Beschwörung von Geistern der Vergangenheit schon vor 70 Jahren
erfahren müssen und zu entscheiden. Er hat das Schloss gesprengt.