Stadt der Moderne - Stadt im Umbruch

  • Die Entscheidung ist soeben gefallen: Chemnitz wird Europäische Kulturhauptstadt 2025.


    Herzlichen Glückwunsch!


    Die offizielle Titelvergabe erfolgt Ende des Jahres durch die Kulturministerkonferenz zusammen mit Kulturstaatsministerin Monika Grütters.

  • Großveranstaltungen sind nicht so mein Ding. Daher habe ich das Bewerbungsverfahren nicht weiter verfolgt. Aber wenn über die Bewerberstädte berichtet wurde, fiel mir Chemnitz positiv auf.


    Auch von mir: Herzlichen Glückwunsch und viel Erfolg!

  • Ich habe die Bewerbung auch nur am Rande verfolgt, deswegen kann ich noch nicht mal berichten, wozu genau man der Stadt jetzt gratulieren kann. Es ist immerhin zu lesen, dass insgesamt 80 Millionen Euro Fördergelder von EU, Bund und Freistaat Sachsen nach Chemnitz fließen würden. Dummerweise bin ich noch komplett ahnungslos, wofür dieses Geld genau ausgegeben werden wird. Wenn davon nicht nur Autos im Schlossteich versenkt werden und Boote auf dem Theaterplatz zerschellen, sondern auch Projekte mit dauerhafter städtebaulicher Wirkung finanziert werden, wird hier im Forum sicherlich davon berichtet werden. Da muss ich wohl mal recherchieren.

  • Das ist doch eine schöne Sache für Chemnitz. Spricht dafür, dass hier hochprofessionell gearbeitet wurde. Jetzt hat man in natürlich ein Pfund in der Hand, wenn es um wichtige Infrastrukturprojekte geht.

  • Die Entscheidung ist soeben gefallen: Chemnitz wird Europäische Kulturhauptstadt 2025.


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    Glückwunsch! 8)


    Jetzt hat man in natürlich ein Pfund in der Hand, wenn es um wichtige Infrastrukturprojekte geht.


    Vielleicht beschleunigen sich dadurch ein paar Projekte zur besseren Erreichbarkeit...

    Chemnitz ist aktuell eine der am schlechtesten per Bahn erreichbaren Großstädte Deutschlands und die größte deutsche Stadt ohne Anbindung an den Fernverkehr der Deutschen Bahn.

    (Stand 2011, weiß nicht so genau, ob sich daran zwischenzeitlich etwas wesentlich geändert hat)


    Zugverbindung Chemnitz-Leipzig - Fühlt sich an wie Reichsbahn 1980

    (2019)

  • ^An der schlechten Bahnanbindung hat sich seit 2011 wenig bis nichts geändert. Für 2023 kündigt sich eine geringfügige Verbesserung durch Akkutriebzüge nach Leipzig an. Zudem ist die Elektrifizierung dieser Strecke mittlerweile beschlossen, dort wird aber auch erst ab 2026 ernsthaft gebaut. Es kommt also glücklicherweise nicht zur Ironie der Geschichte, dass sich Erreichbarkeit der Kulturhauptstadt und geplante Bauarbeiten im Weg stehen und es dadurch zu weiteren Verzögerungen käme. Der Titel könnte aber tatsächlich ein wichtiges Argument sein, dass die seit Jahren gewünschte und relativ problemlos machbare IC-Verbindung nach Berlin endlich umgesetzt wird. Alles andere könnte man in Chemnitz niemandem erklären.

  • Chemnitz ist, so berichtet Tag24, im Verlauf der Corona-Pandemie um rund 2.900 Menschen geschrumpft. Dabei ist aber nicht die Übersterblichkeit der Grund für den Bevölkerungsrückgang, sondern vielmehr das Ausbleiben von Zuzug im Sinne von Flüchtlingsbewegungen und ausländischen Studierenden. Besonders stark sollen laut dem Artikel die Stadtteile Morgenleite, Hutholz und Bernsdorf schrumpfen. Aus meiner Sicht - zumindest bei den ersten beiden Stadtteilen - ein Trend der eigentlich schon seit 10+ Jahren zu beobachten ist, die städtische GGG aber immer noch an den Plattenbauten festhält.

  • Hauptgrund ist nach wie vor der Sterbeüberschuss, dem kein so starkes Wanderungssaldo von woher auch immer entgegensteht, dass das annähernd ausgeglichen werden könnte. Die absolute Zahl der Personen mit asylbezogenem Hintergrund ist im Jahresvergleich nahezu konstant, auch die Zahl der ausländischen Studenten hat sich zwischen 2019 und 2020 praktisch nicht geändert (sind aber auch nur 2756, also ohne entscheidenden Einfluss auf die Einwohnerentwicklung).


    Da nach wie vor kein Arbeitsplatzzuwachs absehbarist, stimme ich zu, dass die Zahl der Wohnungen in Plattenbauten bei sinkenden Einwohnerzahlen wieder stärker hinterfragt werden sollte. Mal als Vergleich die Einwohnerentwicklung in den wesentlich durch Plattenbauten geprägten Viertel seit 30.11.2020: Kappel -1,5 %, Bernsdorf -1,4 %, Markersdorf -1,4 %, Morgenleite -1,3 %, Zentrum -1,2 %, Yorckgebiet -1,2 %, Hutholz -1 %. Das ist in einem knappen halben Jahr viel, nur Helbersdorf hat einen minimalen Zuwachs von 0,2%.

  • Interessant ist dieser Trend auch im Zusammenhang mit dem Bau-Boom in dieser Stadt und den inzwischen aufgerufenen Preisen. Mal schauen, wie sich das entwickelt.

  • Über die ehemalige Spinnmühle in der Unteren Hauptstraße 165 in Wittgensdorf gab es gelegentliche Meldungen, die aber tendenziell immer schlechter wurden. Jetzt hat man es geschafft, das Denkmal wurde abgefackelt (Freie Presse). Der Nachwelt bleiben nur Ruinen und ein paar Fotos.


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    Quelle: (dwt).

  • Die GGG hat ihre Investiotionen für 2022 bekannt gegeben. Insgesamt sollen 45 Mio. Euro in "modernes Wohnen" investiert werden. Fast schon zynisch, wenn man sich dann die Projekte anschaut. Unter den Sanierungskandidaten für 2022 findet sich kein einziger Altbau bzw. Neubau in innerstädtischer Lage, der auch nur in irgendeiner Art der Stadtentwicklung dient. Stattdesssen findet man Plattenbau-Sanierungen, zum Teil am Stadtrand gelegen. Wie kann das noch immer sein? Wie kann es sein, dass hier kein einziger Neubau und keine einzige Altbau-Sanierung in innerstädtischer Lage projektiert ist? Die GGG fährt sehenden Auges gegen die Wand und es scheint in Chemnitz keinen zu interessieren.


    https://www.ggg.de/sanierungen

  • Naja, die vielen Plattenbausanierungen machen zwar auf den ersten Blick wirklich einen üblen Eindruck, auf den zweiten Blick ist es aber verständlich. Denn Altbauten hat die GGG kaum noch im Bestand, nachdem die vor Jahren entweder gnadenlos abgerissen oder auf Auktionen verschleudert wurden. Bestehende Mieter dürfen erwarten, dass in die leider größtenteils aus Plattenbauten bestehenden Bestände investiert wird. Und wirtschaftlich sinnvoll sind Sanierungen auch - was bei Neubauten sehr viel fraglicher wäre. Ich persönlich kritisiere nur die Auswahl der Sanierungsobjekte und das Fehlen jedes langfristigen Gestaltungsanspruches, der auch mit einem klar umrissenen Konzept einhergehen müsste, wo mittelfristig Abrisse nötig sind, um eine innerstädtische Entwicklung nicht langfristig zu verhindern.


    Ganz interessant ein Blick auf die aktuellen Verkaufsangebote auf der Webseite, ein paar Altbauten gäbe es also schon noch:


    - Straße der Nationen 142 in Schloßchemnitz, Kaufpreis 157.000 Euro: Das ist kein Objekt, um dass sich Investoren reißen würden. Da könnte man auch über einen niedrigeren Kaufpreis mit fester Sanierungsverpflichtung nachdenken, um den Missstand zu beheben.


    - Franz-Wiesner-Straße 28 in Ebersdorf, Kaufpreis 104.000 Euro: 2014 schon mal als Sonderangebot für 30.000 Euro ausgepreist.


    - Sonnenstraße 68 auf dem Sonnenberg, Kaufpreis 110.000 Euro: Hier reicht es nicht mal für ein Exposé mit korrektem Kaufpreis, darin stehen anders als auf der Webseite noch 48.000 Euro.


    - Rosa-Luxemburg-Straße 43 in Bernsdorf, Kaufpreis 185.000 Euro: Ein alter Bekannter, war aber auch schon mal von der Webseite verschwunden.


    - Chemnitztalstraße 210 in Glösa, Kaufpreis 250.000 Euro: Der absolute Ladenhüter, seit etlichen Jahren durchgängig im Angebot. Unverständlich, dass man dort nicht endlich mal dafür sorgt, dass das auch verkauft und saniert wird. Wenn man sich um Käufer bemüht und denen beim Kaufpreis entgegenkommt, sollte man nach Jahren doch mal irgendwie Bewegung hinbekommen können.


    - Bernhardstraße 71 in Gablenz, Kaufpreis 850.000 Euro: Mittlerweile seit mindestens 10 Jahren im Angebot, anfangs für 250.000 Euro, 2016 sogar mal für 195.000 Euro. Dann verschwunden, um jetzt für ein Vielfaches wieder aufzutauchen. Dass dieses großartige Denkmal immer noch nicht verkauft und saniert wurde, ist allerdings wirklich ein Armutszeugnis. Ich kann mir nicht vorstellen, dass man dafür keinen sanierungswilligen Investor finden kann.

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    Eigenes Bild

  • Als jemand, der über Jahre regelmäßig stadtauswärts Richtung Industriemuseum mit dem ÖPNV unterwegs war, muss ich sagen: Kaum etwas schmerzt so sehr wie die Ankündigung der Zwickauer 18-26 und 28-36. "Gestaltung der Fassade", dass ich nicht lache. Habe selten etwas so armseliges gesehen. Zwei Eimer Farbe, nach mehr sieht das nicht aus.


    Ich hatte immer das Gefühl, dass das Haus sowieso zur Hälfte leer steht, vom Eckgebäude an der Reichstraße ganz zu schweigen. Dieser Schandfleck gehört abgerissen! Es gibt wenige so attraktive Grundstücke wie dieses in der Stadt. Innenstadtnah, Kultur direkt vor der Tür, beste Anbindung an ÖPNV und Straßen, Radweg am Fluss um die Ecke, am Fuße des Kassbergs. Perfekt für eine Blockrandbebauung. Und dann so eine schei*e. Unfassbar...

  • ^Die emotionale Sichtweise zur Zwickauer Straße 18-26 und 28-36 teile ich, die Vernunft lässt mich aber zu anderen Ergebnissen kommen. Mit dem Hinblick auf den jetzigen Zustand (siehe Bing-Vogelperspektive) sind auch zwei Eimer Farbe für das Stadtbild durchaus ein Fortschritt. Die (nicht von Dir erwähnte) Option Abriss ohne Neubebauung wäre verrückt, da es sich aus den schon genannten Gründen um eine eigentlich hoch attraktive Wohnlage handelt. Und das schreibe ich, weil ich die gewünschte Option einer Neubebauung nach einem Abriss für völlig unrealistisch halte. Das kann sich niemals rechnen, und durch die Zwänge vor Ort sehe ich auch keine Möglichkeit für die gewünschte attraktive Blockrandbebauung. Das wird allein schon dadurch verhindert, dass das westlich anschließende Hochhaus (anderer Eigentümer) und das östlich anschließende Falke-Forum (ebenfalls anderer Eigentümer) nicht gleich mit abgerissen werden können - was beim Falke-Forum allein durch die grauenhafte Verunstaltung durch Michael Fischer-Art wünschenswert wäre, wenn ich dann auch mal wieder in die rein emotionale Sichtweise kippen darf.

  • ^Ich kann durchaus nachvollziehen, dass Sachzwänge wie das Vorhandensein mehrerer Besitzer eine große Lösung erschweren. Es ist auch keine Frage, dass wir hier im Falle einer Lösung mit hochwertigem Neubau eine kostenintensive Variante sehen würden. Und abschließend stimme ich auch zu, dass selbst zwei Eimer Farbe hier aus miserabel (ein ganz klein weniger) miserabel machen, also eine Verbesserung herbeiführen.


    ABER: Das ist für mich Ausdruck einer unheimlich kleinkarierten Stadtplanung, wie sie in Chemnitz stattfindet. Die GGG kann schalten und verunstalten wie sie will, während andere Prestigeprojekte (siehe Busbahnhof) mit zweckentfremdeten Mitteln finanziert werden, ohne die Folgen im regionalen ÖPNV hinreichend zu würdigen. Dass die Zwickauer Straße gerade erst im Rahmen "großer" Bürgerbeteiligung mit Umfragen etc. neu gestaltet werden soll, wird hier an ihrem Beginn unmittelbar konterkariert. Realistisch sind A - B - C interagierende Projekte, die gemeinsam geplant und gestaltet werden sollen. In Chemnitz merkt man nicht mal, dass die drei zusammenhängen. Und das schmerzt wesentlich mehr, als die nicht zur Disposition stehende Hässlichkeit mancher Gebäude in dieser Stadt, die auf Teufel komm raus mit marginalstem Gestaltungsanspruch erhalten werden müssen.


    Das lässt sich ja beliebig fortführen. Wer kommt auf die brilliante Idee, in der Friedrich-Viertel-Straße eine Platte zu sanieren. Beste Stadtrandlage in einer völlig zersiedelten Stadt, die massiv Fläche verbraucht, gleichzeitig aber keine großen und zusammenhängenden (Gewerbe)Flächen anbieten kann für die großen Unternehmensansiedlungen, die gerade anlaufen im Bereich EV/Batterien, Chips, Wasserstoff etc. Außerdem die Infrastruktur, die solche Stadtrandlagen weiterhin erforderlich machen. Plus die Umweltproblematik, die der exorbitante Flächenverbrauch der Zersiedlung mit sich bringt. Ich erinnere mich mit Schrecken an den Sommer 2018 (17?) zurück, der gefühlt aus 6 Monaten Tropenwetter bestand. Und die Wärme kann nicht abziehen, alles gespeichert im großzügig verteilten Asphalt.


    Entschuldigt bitte die ausufernden Ausführungen. Ich bin einfach persönlich enttäuscht, dass Chemnitz (in meinen Augen) ohne Sinn und Verstand agiert. Ich bin als Student in diese Stadt gekommen, ohne Sie je vorher gesehen zu haben und hatte nichteinmal eine Idee, was mich hier erwartet. Dann kam ich an und habe mich erstmals für Themen wie Stadtplanung, Gestaltung öffentlicher Räume, Denkmalschutz usw. interessiert. Die Stadt hat, in meinen Augen, exorbitantes Potential (das meine ich durchaus ernst). Beste Lage mit kurzen Strecken nach Dresden, Leipzig, Berlin, Prag. Infrastruktur wie Leipzig Flughafen um die Ecke, A4 vor der Tür. Ausgeprägte Altbaustruktur (Kassberg, Schlosschemnitz, Sonnenberg, Hilbersdorf...) Schönste Natur/Naherholung überall, im kleinen Maßstab mit Schlossteich und Rabenstein, darüber hinaus Erzgebirge und sächsische Schweiz nur einen Katzensprung entfernt. Eine TU, die in einigen Zukunftsbereichen durchaus innovativ ist und vorne mitspielen kann (siehe Wasserstoffzentrum, IT und Elektrotechnikausgründungen, Forschung zu autonomen Fahren und Antriebstechnik). Aber man handelt lieber klein klein, weil alles andere schwierig ist.


    Just my two cents, damit sollte alles einmal raus sein ;)

    Einmal editiert, zuletzt von grat123 ()

  • Großartig, könnte ich alles doppelt unterstreichen und unterschreiben. Bevor ich wegen des generellen Versagens bzw. der Nichtexistenz der Chemnitzer Stadtplanung resigniert habe, war ich auch noch zu solchen Ausbrüchen in der Lage. Es ist unfassbar traurig, dass man den gestoppten Abriss der GGG-Altbaubestände als größten und nahezu einzigen Erfolg politischen Handelns festhalten muss, und der noch nicht einmal lokal erreicht wurde, sondern durch bundespolitische Änderungen. Das (einzige?) Positivbeispiel Brühl ist aufgrund der jahrelangen Verhinderung dieses Selbstläufers und den bis heute stattfindenden Plattenbausanierungen im Umfeld auch eher ein bleibendes Ärgernis als ein Erfolg.

  • Das seit 2017 geschlossene Hallenbad an der Bernsdorfer Straße soll Anfang nächsten Jahres abgerissen werden (Freie Presse mit Bezahlschranke). Vorerst wird dort eine Grünfläche Platz finden, spätere Nachnutzungen sind nicht ausgeschlossen.

  • Abgerissen wird die seit Jahren leerstehende Limbacher Straße 09 auf Kaßberger Seite. Vor etlichen Jahren hat man das Haus Sanieren wollen, ist dann aber höchstwahrscheinlich in Konkurs gegangen. Die arbeiten stoppten, und seitdem ist bis heute nichts mehr passiert.

    Eine Antwort zur Limbacher Straße hat wohl das Chemnitz Radio. Anbei der Link. Hier wird auch von einem Neubau gesprochen.

    Die Wiederbebauung hat begonnen – Kran steht, Baugrube ist ausgehoben. Laut Bautafel Mehrfamilienhaus mit Balkonen, ohne Visu.

    2 Mal editiert, zuletzt von ErHaTse () aus folgendem Grund: Vom Moderator sinnentstellend eingekürztes Zitat

  • Die CDU-Fraktion im Chemnitzer Stadtrat fürchtet offenbar durch "anhaltende Zuzüge von Flüchtlingen" eine Verschärfung des Wohnungsmarktes und fordert die Verwaltung auf, den Neubau zu vereinfachen. Der Wohnungs-Leerstand beträgt in Chemnitz noch immer +/- 18%, das sind absolut ca. 28.000 Wohnungen (https://www.fog-institut.de/20…ernbefunde-und-analysen/#).


    Ist das schon Wahlkampfgetose oder warum sieht die CDU hier so große Probleme?


    https://www.tag24.de/chemnitz/…ls-momentaufnahme-2965006