Bahnhofsviertel auf Metaebene

  • So, hier noch einmal meine Bilder mit unkenntlich gemachten Gesichtern. Ich hoffe, es folgen jetzt keine Super-Abwertenden Statements. Ich finde das Thema muss sachlich diskutiert und angegangen werden. Ich finde auch, die Stadt scheint sich das Thema schönzureden.

    Mich ärgert es einfach, dass das eigentlich schöne Bahnhofsviertel so vor die Hunde geht. Jedesmal wenn ich da hinkomme, habe ich den Eindruck es ist etwas schlimmer.

    Jetzt sieht man diese Bilder schon mitten auf der Kaiserstraße. Die Kaisertstrasse ist das erste was Touristen Von Frankfurtsehen, die mit der Bahn kommen. Die Nebenstraßen sind noch um einiges schlimmer. Teilweise liegen und hocken da zig Elendsgestalten.

    Die Gerüche sind ebenfalls sehr speziell. Natürlich müssen da soziale Angebote gemacht werden. Ich weiß nicht, ob man Alkohol- und sonstigen Drogenkonsum auf offener Straße tolerieren muss, die Polizei scheint oft eher machtlos daneben zu stehen.

    Ich bin ein Fan einer vielfältigen Gesellschaft, wo jeder nach seiner Façon glücklich werden soll. Nur sollte der Rest der Gesellschaft nicht von einer Gruppe dermaßen beeinträchtigt werden. Andere westliche Städte schaffen das ja offenbar auch.


    Bilder von letztem Sonntag auf der Kaiserstraße


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  • Ganz im Sinn der sachlichen Diskussion dies:


    Der Aufenthalt auf öffentlichen Straßen und Wegen ist zulässiger Gemeingebrauch der Straße, der nicht unterbunden werden kann, nur weil einem der Geruch, der Anblick, die Herkunft der aufenthältlichen Person mißfällt. Die Leute des Platzes zu verweisen (und wohin überhaupt?) wäre glatt rechtswidrig. Ich erinnere daran, dass die Anwohner der Friedberger Platzes und des Luisenplatzes von der Stadt verlangt hatten, die extrem störende Zusammenrottung fröhlicher Menschen an Freitagabenden zu unterbinden, weil die sich auch noch unterhalten; wenn sich 1.000 Leute unterhalten ist es lauter als das BImschG erlaubt, aber es ist straßenrechtlich zulässiger Gemeingebrauch; das gilt auch für das Trinken von Alkohol in der Öffentlichkeit. Was im Nordend nicht durchgesetzt werden kann, soll jetzt im Bahnhofsviertel gelingen?


    Das Herumlungern, aggressive Betteln, aggressive Ansprechen von Passanten, Urinieren, Müll-liegenlassen und was noch alles stellt nach der "Gefahrenabwehrverordnung über die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung auf und an den Straßen, Grün- und Spielanlagen, auf Gewässern, im Wald sowie den unterirdischen Anlagen in der Stadt Frankfurt am Main" vom 8.7.2014 eine Ordnungswidrigkeit dar, die mit saftigem Bußgeld geahndet werden kann.


    Dann würde ich doch empfehlen, dass das Ordnungsamt am laufenden Band Bußgelder verhängt und die Stadtkasse diese sodann beitreibt. Viel Erfolg!.

  • ^ Entweder wird das derzeit aber nicht gemacht oder es interessiert das Publikum überhaupt nicht. Meine Vermutung: Da letzteres der Fall ist, findet ersteres gar nicht mehr statt.

  • ^^ Man kann auch Gesetze ändern oder neue erlassen. Wenn Randgruppen ein Stadtteil unbewohnbar machen und Passanten diesen meiden, muss die Politik handeln. Und Wege muss es natürlich geben, das vielleicht verwahrloseste Bahnhofsviertel Europas aufzuwerten.

  • Zitat von Tunnelklick

    aber es ist straßenrechtlich zulässiger Gemeingebrauch; das gilt auch für das Trinken von Alkohol in der Öffentlichkeit.

    Es kommt nur auf den politischen Willen an, daran etwas zu ändern. In Bayern gab es 2019 eine Änderung des Landesstraf- und Verordnungsgesetzes, mit der Folge, dass nun im und in den Straßen rund um den HBF München das Konsumieren und Mitführen von Alkohol (zum Zwecke des Trinkens vor Ort) ganztägig verboten ist.


    Ein Verbot allein bewirkt natürlich gar nichts - Rauschgiftkonsum ist ja bereits verboten und wird trotzdem praktiziert - sondern es braucht häufigere / konsequente Kontrollen rund um die Uhr sowie mehr soziale Einrichtungen für den überwachten Konsum.

  • Wie Tunnelklick schreibt, gibt es bereits Gesetze, durch die das Verhalten, das im Bahnhofsviertel wirklich stört, unterbunden werden könnte.

    Und wenn man das enge Zusammensitzen auch noch unterbinden möchte, ist das aktuell ebenso möglich.


    Es passiert nicht, weil nicht (im notwendigen Umfang?) kontrolliert und das unerwünschte Verhalten nicht (mit der möglichen Härte?) bestraft wird.


    Jetzt werden (mal wieder) Verschärfungen und ein erweiterter Strafrahmen gefordert.


    Das bringt, wenn sich an Kontrolle und Sanktionen nichts ändert: Nichts.


    Ich kenne noch den Satz, dass es der Absicht von Gesetzen zuwiderläuft, Gesetze zu erlassen, bei denen Verstöße nicht kontrolliert und verfolgt werden (können?) , weil man damit die Menschen dazu erzieht, Gesetze zu ignorieren. Das fängt beim Falschparker an, der regelmäßig damit durchkommt, über Rotlichtradler, Steuersünder, bis hin eben zu Verhaltensweisen, die in Einzelfällen lästig sind und in der Masse eben ein Stadtviertel runterziehen.


    Wozu also Gesetze ändern, wenn man doch zunächst mit denen die für die Kontrolle verantwortlich sind, deren Durchführung für die bestehenden Regeln neu einüben und sicherstellen muss.


    Und erst wenn bei gesicherter Einhaltung der bestehenden Regeln Dinge geschehen, die diese Regeln nicht abdecken, darf man über erweiterte Regeln nachdenken.


    Dazu gehört natürlich auch, dass:

    • Ordnungskräfte zu den Zeiten unterwegs sind, zu denen sich Verstöße ereignen und nicht nur von 9-17 Uhr
    • sie in ausreichender Personenzahl unterwegs sind
    • angrenzende/ähnlich "geeignete" Gebiete vor Wanderungsbewegungen geschützt werden
    • die Kontrolle nah genug an den Kontrollierten erfolgt (Autostreifen nützen wenig, zu Fuß gehende oder radelnde sind näher dran)
  • Was heißt Kontrolle? Kontrolle ist das Ansprechen und die Überprüfung einer Person daraufhin, ob gegen sie irgendetwas vorliegt. Eine Kontrolle erbringt in der Regel nicht mehr als die Erkenntnis, wer vor einem steht. Im Verdachtsfall findet man bei der Durchsuchung man auch noch Drogen. Intensivierung der Kontrolle bewirkt bei einem überschaubaren Personenkreis im Laufe der Zeit von sagen wir 500 Personen nur, dass man sie nicht mehr anhalten muss, weil man sie eh schon kennt. Ich glaube nicht, das die fraglichen Personen sich durch Kontrollen zu einer Verhaltensänderung bewegen lassen. Viele sind so fertig, dass ihnen eh alles egal ist. Die sichtbaren Formen der Verelendung lassen sich durch Kontrollen nicht bewältigen.


    Wenn irgendjemand hier schrieb, eine Gruppe (gemeint: die Elenden) solle die anderen nicht derart beeinträchtigen dürfen, wie sie das momentan tun, steht dahinter doch wohl die Forderung, die Beeinträchtigung einzudämmen. Ursache der Beeinträchtigung sind Menschen, die nicht wissen, was sich gehört, die in die Straßen pissen, in Hauseingängen nächtigen, verwahrlost aussehen und verwahrlost sind usw.. Wir wollen dieses Elend nicht mehr sehen? Schaffen wir die Elenden aus unserem Blickfeld! Wenn sie nicht freiwillig gehen, müssen wir sie zwingen. Diese Form von Zwang ist nicht möglich, hieße das doch in letzter Konsequenz, bestimmten Personen den Aufenthalt in bestimmten Quartieren einfach zu verbieten (gated community) .


    Der punktuelle und zeitlich begrenzte Platzverweis ist zur Gefahenabwehr erlaubt, taugt aber nicht dauerhaft zur Behebung eines städtebaulichen Mißstandes. Die Stadt könnte das, was zur Konzentration des problematischen Personenkreises im Bahnhofsviertel geführt hat, wieder rückgängig machen:

    - Aufhebung und Neufassung der SperrgebietsVO (welche die Toleranzzonen im BhfV definiert)

    - Schließung der Bordelle

    - Schließung und Verlegung aller sozialen Angebote und Anlaufstellen für Drogenkranke, Verteilung über das Stadtgebiet und die Nachbargemeinden


    Mit der Obdachlosenunterkunft im Ostpark hat die Stadt ja gezeigt, dass sie sowas kann.


    Obwohl kasernierte Prostitution verboten ist, wird sie aus ganz pragmatischen Gründen hier und da toleriert. Diesem Pragmatismus folgend, könnte man eine Toleranzzone für Abhängige und Kleindealer schaffen, irgendwo abseits, Zutritt nur für registrierte Abhängige, staatlich kontrollierte Drogenabgabe inklusive. Auch eine Art gated community.

  • Du näherst dich erschreckend meinem Ansatz, durch legale Abgabe von Drogen an nachgewiesen bereits Süchtige, dem Markt für diese Drogen nachhaltig seinen Umsatz zu entziehen. Die Verteilung solcher Angebote über die ganze Stadt und das Umland, um eine Konzentration zu vermeiden, wird wie üblich an Nimbys scheitern.


    Dass ohne eine - auch hier wieder: ausreichend personell besetzte und nachhaltig zureichend finanzierte - Betreuung Verelendeter, diese weder einen Weg aus ihrer Situation heraus noch einen, auf dem sie in ihrer Situation überleben finden können, ist mir auch klar. Dafür Wege und insbesondere Mittel zu finden schafft die Stadt seit meiner Schulzeit nicht.


    Zurück zur Kontrolle: Kontrolle heißt für mich auch, dass diejenigen, die irgendwo Müll hinterlassen, mit so hoher Wahrscheinlichkeit dabei beobachtet werden, dass sie dafür zur Verantwortung gezogen werden können. Nicht die Personenkontrolle im polizeilichen Sinn (insbesondere von Personen, die wie Du auch schreibst, ohnehin bekannt sind), sondern das Wahrnehmen von Fehlverhalten und eine kurzfristige Reaktion darauf. Nur darüber kann Verhaltensänderung erreicht werden (oder durch nasse Hosenbeine und Schuhe, nach geeigneter Fassadengestaltung und -beschichtung). Mir fällt da z.B. in Köln das Extra-Personal ein, das bei Großveranstaltungen (Karneval, CSD, Fußball) im Schwerpunkt Wildpinkler "betreut".

    Und warum nicht schon Nachts den Feiernden ihren Müll nachtragen? Hardcore: Registrierte Eingänge zu Partybereichen mit umgekehrtem Pfandprinzip. Du bekommst beim Eingang eine Karte, auf der vermerkt wird, was Du reinbringst (z.B. 2 Flaschen Bier) und wenn Du das beim rauskommen nicht wieder mitbringst, kostet das je Gegenstand X Euro. Karte verloren: Kostet auch X Euro. Dazu an diesen Ausgängen noch entsprechend große Müllsammelbehälter.


    Das Problem der Prostitution ist dann nochmal ein ganz eigenes. Erwiesen ist, dass durch verstärkte Unterdrückungsbemühungen die Sexarbeiterinnen tatsächlich stärker in den Einfluss von Zuhältern geraten. Je "öffentlicher" das älteste Gewerbe betrieben wird, desto höher ist die erreichbare Unabhängigkeit von Zwang. Was denjenigen, die unter dem Eindruck illegalen Elends das gesamte Gewerbe verbieten wollen, nicht klar ist, ist dass sie dadurch nur einen legalen, kontrollierbaren (wenn auch nicht notwendigerweise im notwendigen Umfang kontrollierten) Markt durch einen illegalen ersetzen, auf dem Gesundheit, Arbeitsbedingungen, Einkommensverteilung prinzipbedingt schlechter werden.


    Die Illusion, dass Dinge verschwinden, indem man sie verbietet, ist hartnäckig. Steuerhinterziehung und Mord sind auch verboten.

  • Xalinai:


    Ich stimme dir größtenteils zu, möchte nur auf zwei Dinge kurz eingehen:

    Und erst wenn bei gesicherter Einhaltung der bestehenden Regeln Dinge geschehen, die diese Regeln nicht abdecken, darf man über erweiterte Regeln nachdenken.

    Was bedeutet "gesicherte Einhaltung" konkret? 100 %, 90 % oder weniger? Ich würde das weniger streng sehen. Regeln sollten nicht starr sein, sondern an die Umstände angepasst werden. Ein wirksames Einschreiten der Behörden / Polizei setzt natürlich ausreichend Personal und Hartnäckigkeit voraus, jedoch erleichtern klare und harte Regeln das Einschreiten.


    Die Illusion, dass Dinge verschwinden, indem man sie verbietet, ist hartnäckig. Steuerhinterziehung und Mord sind auch verboten.

    Niemand fordert allein härtere Strafen und mehr Verbote. Selbige sind nur ein erster Schritt, wenn natürlich deren Einhaltung nicht überwacht wird, Verstöße großzügig geduldet werden, etabliert sich ziemlich zuverlässig ein entsprechendes Milieu inkl. No-Go-Areas.

    Mord und Steuerhinterziehung stehen auch unter Strafe und werden trotzdem begangen, ja, wie sähe die Sache aber aus, wenn sie das nicht täten?

  • ^^ Steile These der letzte Absatz. Würde ja im Umkehrschluss bedeuten das ich Sachverhalte rechtlich nicht zu regeln brauche und schon sind sie real nicht mehr existent.
    Wenn ich die Sanktionen der Regelüberschreitung abschaffe brauche ich folglich auch die Regeln nicht mehr.

  • Ja also wenn Mord und Steuerhinterziehung nicht unter Strafe stünden, dann würden das sicher viel mehr Leute begehen - das spricht eigentlich umso mehr für klare gesetzliche Grenzen.
    Das Frankfurter Bahnhofsviertel inklusive Bahnhof ist eigentlich für meine Begriffe viel schöner als das Münchner und könnte viel Atmosphäre haben. Dennoch sieht man solche Auswüchse in München nicht. Hat das Verbot vielleicht doch eine Wirkung oder sind die Kontrollen strenger oder liegen die Abgaberäume dezentraler?
    ich war kürzlich in Amsterdam. Auch hier gibt es an bestimmten Orten ein Verbot Alkohol und Drogen zu sich zu nehmen (trotz Coffeeshops). So eine Szenerie wie im Frankfurter Bahnhofsviertel habe ich auch dort nirgends gesehen. Nie solche Gruppen und Massen an Leuten wie beispielsweise in der Nidda- und in der Taunusstraße. Irgendwie muss das Bahnhofsviertel von F eine magische Anziehung auf bestimmte Gruppen ausüben und die anderen Städte haben das besser geregelt.

  • CDU Frankfurt schlägt „Züricher Modell“ für Polizei und Justiz vor


    Jetzt da die FAZ das Thema wieder aufnimmt, kommt nun dieser interessante Artikel hinzu mit einem bereits bekannten Lösungsansatz aus Zürich. Die Frankfurter CDU fordert hierin „schnelleres und härteres Durchgreifen“ von Polizei und Justiz gegen Dealer und aggressive Abhängige. Die Fraktion will nun einen Antrag hierzu einreichen.

    Den erfolgreichen Züricher Weg auf die Arbeit der Polizei und Justiz auch in Frankfurt anzuwenden, halte ich für durchaus überlegenswert. Man soll die Dinge ausprobieren, die sich woanders nachweislich bewährt haben. Gerade Zürich sah sich sehr lange Zeit mit einem ähnlich heftigen Drogenproblem in ihrer Stadt konfrontiert und scheint diese in den Griff bekommen zu haben. Also heißt es, was hat Zürich richtig gemacht und an welchen Stellschrauben müsste in Frankfurt gedreht werden?

    Einmal editiert, zuletzt von Golden Age ()

  • So lange der Wähler nicht erkennt, daß die Grünen nicht nur als Einzige die (Um)Welt retten, sondern vorrangig eine linksextreme, gegen das Bürgertum gerichtete Partei ist, wird sich an solchen Zuständen nichts ändern - im Gegenteil.

    Was an sich ziemlicher Unsinn ist, da die Grünen, abseits ihres Umweltthemas, Politik vor allem für besserverdienende Konservative machen.

  • Vorweg gesagt: Grüße an die Moderatoren: der Beitrag kann dann auch wieder gelöscht werden.


    So lange der Wähler nicht erkennt, daß die Grünen nicht nur als Einzige die (Um)Welt retten, sondern vorrangig eine linksextreme, gegen das Bürgertum gerichtete Partei ist, wird sich an solchen Zuständen nichts ändern - im Gegenteil.

    Was an sich ziemlicher Unsinn ist, da die Grünen, abseits ihres Umweltthemas, Politik vor allem für besserverdienende Konservative machen.

    Ich weiss wirklich nicht, inwieweit Diskussionsbeiträge wie die beiden obigen die Diskussion in der Sache weiter bringen können. Das Viertel als Anlass zu benutzen, parteipolitische Statements zu vermitteln eröffnet meines Erachtens nach keinen Lösungsansatz.


    Das Thema ist doch Bahnhofsviertel auf Metaebene. Nun scheint mir in der letzten Zeit der Begriff "Metaebene" stark dazu zu verführen, irrlichternd einen ganzen Haufen allgemeinen Verdruss abzuladen.

    Die Beobachtungen der Beiträge #362 ff. sind ja treffend, es ist jedoch nicht das böse Bahnhofsviertel, das gemeinerweise seine selbst gemachten Probleme in unschuldige andere Bereiche abschiebt (soll das sie doch behalten, aber bitte gut verstecken, damit die "Vistenkarte" nicht dreckig wird?).

    Diese Aussagen benennen ein Problem der gesamten Stadt. Das Vorhandensein von Drogensüchtigen, Wohnungslosen, Bettlern sowie die allgemeine Vermüllung durch die guten Bürger im erweitereten Innenstadtbereich ist nicht neu, spätestens im Sommer taucht das jährlich in der Presse auf. Vielleicht wäre es sinnvoll, zu diesem Aspekt von Stadtentwicklung oder wie zu bauen sei einen eigenen Strang zu eröffnen.
    Zurück zum Bahnhofsviertel. Der Lockdown hat die Situation im Viertel auch nicht nur "verschlimmert". Er hat das vorhandene Elend, das sich ansonsten in der schieren Menge von Messegästen, Touristen, Partypeople und Tages- oder Wochenpendlern als Stückchen Lokalkolorit locker einbinden ließ nun jedoch einmal überaus deutlich ausgestellt. Die Frage ist doch, wie kann man diese Probleme lösen, nur mit Patenschaften zum Bürgersteig fegen sicherlich nicht. Ich muss zugeben, dass ich auch keine Idee dazu habe; aber gibt es überhaupt Interesse an einer wirklichen Lösung?

    Davon abgesehen, dass ein großes allgemeines Interesse daran besteht, das Entrée zur Stadt "clean" zu kriegen, ist das Bahnhofsviertel auch eines der wenigen, in dem es noch leerstehende Häuser/Grundstücke in sehr bevorzugter Innenstadtlage gibt, die durchaus Begehrlichkeiten wecken können. Die bisherige Entwicklung im Viertel legt jedoch keinem Moment nah, dass es darum gehen könnte, ein lebenswertes Umfeld für die vorhandenen Bewohner zu schaffen, mir drängt sich eher der Gedanke auf, durch Austrocknung vorhandener Strukturen, durch Vernachlässigung und Verelendung einmal gründlich reinen Tisch zu machen: weg mit Schaden!

    Was danach kommt? Ich fürchte, ein lebendiges Viertel sieht anders aus, aber das Stadtmarketing wird sich sicher auch dazu einen netten Slogan ausdenken..

  • Mich persönlich nervt und frustriert die zunehmende Vermüllung des gesamten Innenstadtbereichs mehr und mehr. Ein Spaziergang bzw. eine Radtour an einem Samstag- oder Sonntagmorgen entlang des Mainufers gleicht einer Slalomfahrt um Scherben und Müll.


    Vielleicht mache ich mir mit meiner Meinung nicht viele Freunde, aber ich würde drakonische Strafen wie in Singapur begrüßen (inkl. konsequentem Durchgreifen der Behörden und einer rigorosen Nachverfolgen der Straftaten mit entsprechenden Erhöhungen wenn Täter den ausgesprochenen Strafen nicht nachkommen).


    Persönlich würde ich auch eine Videoüberwachung des öffentlichen Raumes begrüßen, damit die Polizei etc. bekannte Hotspots genauer überwachen und gezielter eingreifen könnte. Es kann m.M.n. nicht sein dass bestimmte Gruppen das Lebensgefühl aller so beeinträchtigen.


    Ja, Frankfurt hat sich schon immer (mit Stolz) als "alternative" Stadt vermarktet. Aber alles hat seine Grenzen und ich persönlich will nicht in einer vermüllten Stadt leben.

  • Ein branchenübergreifendes Aktionsbündnis im Bahnhofsviertel hat sich unter dem Motto "Rettet das Bahnhofsviertel" (Link) zusammen gefunden, wie das Journal Frankfurt berichtete. Das Bündnis will mit einer Petition 10.000 Unterschriften sammeln um die Politik zu Verbesserungsmaßnahmen besonders bei der Fahndung von Klein-Dealern zu bewegen, mehr Polizeipräsenz zu ermöglichen und mehr in den Stadtteil zu investieren.


    Besonders mit der bekannten Crack- und Müllproblematik fühlen sich die Bündnis-Mitglieder leider immer noch allein gelassen. Seit der Corona-Krise sei besonders der Straßen-Strich und die bordellhafte Nutzung von Hotelzimmern ein neues Problem im Viertel aufgetreten. Zu dem Bündnis gehören u.a. der Besitzer des Kultkiosks Yok-Yok, der Immoblienentwickler Ardi Goldmann, die Pik-Dame Besitzer und Maximilian Coga, der das Bündnis ins Leben gerufen hat.


    Weitere Entwicklungen seit Juli:

    • Es wurde ein neues Präventionsprogramm (bzw. ein Ausbau des bestehenden Programms "Gewalt-sehen-helfen") für Bahnhofsviertel, Gutleutviertel und Gallus von der Polizei vorgestellt, bei dem u.a. dunkle, bedrohliche Ecken mit besserer Beleuchtung ausgebaut werden sollen (auch mit Hilfe von Hinweisen der Anwohner an kost-bhfv@stadt-frankfurt.de).
    • Der Hipster-Treff Bahnhofsviertelnacht musste dieses Jahr digital stattfinden, bei dem sich die unterschiedlichen Anwohner und Gewerbetreibenden mit YouTube Videos vorstellen durften, teilweise recht interessant (Quelle)
    • Die Task-Force Umwelt (TFU) führt ab sofort verstärkt Müllkontrollen durch nachdem besonders im Bahnhofsviertel die öffentliche Vermüllung kritisiert wurde. Ebenfalls kann per "Mängelmelder" der Stadt auf illegale Müllentsorgung online gemeldet werden, so dass es schneller zu einer Behebung kommen kann.
    • Wie die FAZ berichtet, nimmt die Debatte um den immer unzeitgemäßeren Frankfurter Weesch (d.h. Drogenhilfe bei kaum wahrnehmbarer Repression) vor der Kommunalwahl endlich Fahrt auf, da die CDU den Züricher Weg (bzw. das Modell "Zip Züri") nun auf Frankfurt übertragen will. Eine Online-Umfrage von 330 Lesern der FAZ zeigt, dass 76% für einen Züricher Weg mit aller finanzieller und rechtlicher Konsequenz sind und nur 14% dagegen sind (10% sind eher neutral). Die CDU hat also endlich ein Thema gefunden, dass ein erhebliches Backing bei ihren bürgerlichen Wählern zu haben scheint.
  • Ich weiß nicht, ob das hier exakt der richtige Platz ist, aber das Ensemble Elbestraße 49 bis 53 steht derzeit zur Zwangsversteigerung. Meines Wissens lassen sich die entsprechende Formularseite sowie Gutachten und Exposee im Justizportal des Bundes nicht direkt verlinken und werden auch nach einer gewissen Zeit wieder entfernt, aber möglicherweise ist der Einblick in die Dokumente für einige hier interessant.

  • Danke, das ist wirklich interessant. Besonders weil die zur Zwangsvollstreckung stehenden Häuser denkmalgeschützt sind, die Vorderhäuser jedenfalls. In der Denkmalliste stehen sie als "Mietshäuser von 1892 mit nobler Neurenaissancefassade aus rotem Sandstein."


    Bild: https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/3/3a/Frankfurt_Elbestra%C3%9Fe_53.20130323.jpg   Bild: https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/6/6b/Frankfurt_Elbestra%C3%9Fe_49-51.20130328.jpg/2379px-Frankfurt_Elbestra%C3%9Fe_49-51.20130328.jpg

    Bilder: Epizentrum (mit Lizenz CC BY-SA 3.0 @Wikimedia)


    Bis zur zwangsweisen Schließung aufgrund der Corona-Pandemie wurden die Vorderhäuser, das zugehörige Hinterhaus und der Hof dazwischen vorwiegend als Bordell beziehungsweise Laufhaus namens "Crazy Sexy" genutzt. Einst im großen Stil, samt Großküche und Kantine. Im Gutachten für das Amtsgericht Frankfurt wurde ein Marktwert der Liegenschaft in Höhe von 14,5 Millionen Euro festgestellt.


    Man darf gespannt sein, was aus den Häusern wird. Das Zwangsversteigerungsverfahren lässt sich im Informationsportal der Landesjustizverwaltungen (Link) übrigens ganz gut mit dem Aktenzeichen 845 K 51/2018 des Amtsgerichts Frankfurt finden.

  • Das Gutachten weist einen Marktwert von 14,5 Mio € aus. Die SWOT-Analyse des Sachverständigen:



    Das Objekt steht schon länger unter Zwangsverwaltung, der Bordellbetrieb ist geschlossen, es besteht ein Räumungstitel.


    Versteigerungstermin ist am 28.5.2021.

  • Einen guten Bericht über die aktuellen Zustände im Bahnhofsviertel hat kürzlich die FAZ unter dem passenden Titel "Auf der dunklen Seite" veröffentlicht.


    Bekannter Tenor:

    • So schlimm war es noch nie
    • Die Zustände sind jetzt gerade nicht das, was man ankommenden Reisenden am Bahnhof präsentieren möchte
    • Die Polizei wird allein gelassen und die Stadt tut zu wenig

    Ich habe wenig Hoffnung, dass sich da jetzt was ändern wird. Man hat das Gefühl die Stadt hätte das Viertel abgeschrieben. Sehr schade.