Karl-Marx-Allee/Frankfurter Allee

  • ^^ Nicht, dass ich Deine Wahrnehmung überhaupt nicht nachvollziehen könnte, aber ich sehe es mittlerweile doch anders. Gerade weil sich Berlin inzwischen sehr verdichtet und auch normalisiert hat, werden die verbliebenen unverwechselbaren Bereiche umso wertvoller. Und zu diesen urbanistischen Unverwechselbarkeiten gehört ohne Zweifel die Karl-Marx-Allee, gespalten zwischen national-stalinistischer und international-moderner Architektursprache. Die KMA II (der zweite, moderne Bauabschnitt zwischen Strausberger Platz und Alexanderplatz) hat zudem durch die Aufwertung der Straße deutlich profitiert, der Geist der Moderne wird hier endlich einmal wieder in seiner Schönheit und seinem utopischen Moment erfahrbar, so dass man wieder versteht, warum er eine Zeitlang weltweit so unwiderstehlich war. Ausgerechnet dieser markanten, charakteristischen und unverwechselbaren Straße ihre Weite und damit ihren spezifischen Charakter rauben wäre in Riesenverlust für die Stadt und scheint mir auch vollkommen illusorisch.

  • Lieber ElleDeBE, ich freue mich, dass du für diese Ansicht so positiv brennst. Ich stelle dem aber die bereits von Theseus beklagte Leere gegenüber, die davon zeugt, dass die Allermeisten die Straße keineswegs als unwiderstehlich empfinden, sondern sie viel eher als unausstehlich meiden. Und damit sind wir bei der Frage: Funktioniert dieser Raum? Die Abwesenheit von Menschen gibt hierauf eine unmissverständliche Antwort.

  • ^ Das Wort "unwiderstehlich" bezog ich auf die Moderne, nicht speziell auf diese Straße. Was die Leere angeht: Aufgrund der größeren Attraktivität der neugestalteten Straße, der neu geplanten Pavillons mit öffentlicher, kultureller Nutzung, der beschlossenen Renovierung, Erweiterung und Verdichtung des riesigen Arreals Haus der Statistik, der Verdichtung drum herum, v.a. natürlich am Alexanderplatz mit den entstehenden Hochhäusern, ist es m.E. absehbar, dass sich die KMA II in mittlerer Zukunft deutlich beleben wird. Und man wird vermutlich über eine so großzügige, luftige und grüne Straße froh sein.

  • ^ Da könntest du Recht haben. ;) Vielleicht aber auch nicht. Hoffen wir das Beste! Es bleibt spannend. :/

  • Was ich an der DDR-Stadtmöblierung übrigens viel ansprechender fand als bei der aktuellen Umgestaltung, das war die Straßenbeleuchtung. Die Lampenformen der DDR-Laternen hatten im Design oft etwas Heiteres, das Spaß an Formen offenbarte. Es gab diese großen, vielflammigen Kandelaber, die durch ihre tropfenförmigen Einzellampen fast etwas Blütenhaftes bekamen. Und selbst kleinere Laternen in den Nebenstraßen offenbarten immer gewisse Raffinesse und das Bemühen um unterhaltsames Gebrauchsdesign.


    Wenn ich indes die technoiden Laternen auf den neuen Fotos sehe, erinnern sie mich ihn ihrem dystopischen Schwarz eher an den Todesstreifen. Hier hätte man sich viel stärker an der filigranen Verspieltheit mancher Details an den Plattenbauten oder am Café Moskau orientieren können.

  • Die KMA I ist faszinierend, aber auch dort war ich immer nur zu den klassichen Zielbesuchen, schon dort ist die Leere fürs Flanieren unerträglich. In der KMA II ist das alles sicher nochmals verschärft. Frischluftschneisen braucht man in Zukunft schon und das wäre nicht so schlimm, würden nicht die netten engen Kieze dahinter fehlen, Stadträume, in die man sich flüchten kann. Im Gegensatz zur KMA selbst gibt es dort nichts, aber wirklich garnichts das im Gedächtnis bleibt!

    Beim Weiterbau von Stalin Schneisen in konsequenter Moderne (nicht unbedingt kapitalistisch, die sieht doch in sozialistischen Ländern genauso aus) finde ich macht es Warschau nicht schlecht.

  • < Ich hab das Beispiel Warschau ja schon öfter angeführt auch in Zusammenhang mit der Alex- Planung. Aber es scheint einen gewissen Widerstand zu geben sich mal damit zu beschäftigen, ich hoffe es ist nicht eine Art von Überheblichkeit. Dann doch lieber ein schlechtes Gewissen.;)

  • Dort wird der alte Kulturpalast durch die darum gruppierten Türme auch eher gefeiert, und man fürchtet nicht von morgens bis abends, dass er "verdeckt" wird.

  • Die KMA I ist faszinierend, aber auch dort war ich immer nur zu den klassichen Zielbesuchen, schon dort ist die Leere fürs Flanieren unerträglich.

    Erfreulicherweise beobachte ich immer mehr, wie sich der erste Teil der KMA I von Proskauer Str. bis zum Frankfurter Tor (auf der rechten Seite) mehr und mehr belebt. Ab dem Frankfurter Tor hört es dann leider schon wieder auf. Ich denke es fehlen dort neue und zeitgemäße Ziele. Vereinzelt sind dort neue kleine Cafés oder das Computerspielemuseum, aber abgesehen vom Rosengarten sind dort nicht viele Orte zum Verweilen (wie. z.B. die Brunnenbecken vor der Comerzbank im besagten ersten Teil, an denen immer was los ist). Ich bin aber guter Dinge und denke, die Karl Marx Allee wir ihr Revival noch erfahren.

  • Ich finde weiterhin, dass man den Mittelstreifen als Flaniermeile mit weiteren Bäumen, ähnlich der Linden, hätte gestalten sollen. Das würde eher einen Boulevardeindruck vermitteln und den Barriereeindruck vermindern, sodass man auch an verschiedenen Stellen die Straße überqueren kann. Dass es grün wird, ist zu begrüßen, aber das hätte man auch einfach lebendiger gestalten können.

  • Das sehe ich nicht so. Die "Weite" ist doch gerade das Spezifikum der Karl-Marx-Allee. Sie ist nun mal kein Pariser Boulevard sondern eine sozialisitsche Aufmarschstraße. Ich finde das gilt zu bewahren, weil die DDR ein Teil unserer Geschichte ist und sie hier sehr deutlich und mE nach auch architektonisch nicht missglückt (anders am Rathausforum) zum Ausdruck kommt.

  • Sehe ich nicht so, Museum ist das eine, Stadt-zu-gestalten dass andere & man sieht schon allein an der Breite der Straßen die Dimension eines Aufmarschortes. Schon schade genug, dass der Mittelstreifen teilweise Steinbelag bekommen hat, was in Zeiten von Klimawandel und Versickerung von Regenwasser absolut kontraproduktiv ist.


    Als Anwohner genieße ich den Umbau der Allee, brauche aber keine Betonwüste.

  • Ich finde es gut, dass der Charakter der KMA beibehalten wurde. Noch viel besser ist, dass die Parkplätze zu Gunsten des Rasens aufgegeben wurden. Der breitere Radweg rundet das Ganze ab. Ein erheblicher Fortschritt in meinen Augen.

  • Eine fantastische Straße!


    In der Tat beeindruckend (wenn auch meiner Erfahrung nach wenig erstaunlich), wie der Mangel an herumstehendem Individualverkehr alles in eine ganz neue Stil-Liga befördert.


    Da geht vielleicht noch mehr. (Wasserspiele? Muster-Pflasterung? Eine interessante Skulptur pro Block? Oder bin ich Over The Top?)

  • Ich finde auch, dass es eine fantastische Straße ist und bin froh, dass sie als Denkmal erhalten wird, und freue mich noch mehr, dass die fehlenden Pavillons ergänzt werden, sowohl wegen der Raumkanten als auch wegen der entstehenden (kulturellen) Infrastruktur.


    Aber ich würde widersprechen, dass Bäume auf dem Mittelstreifen den DDR-Charakter verändern. Wie schon einmal hier festgestellt wurde, sind es ja vor allem die (ansonsten natürlich tollen) großen Bäume an beiden Seiten, die den ursprünglichen Raumeindruck eben nicht mehr erlebbar machen (weswegen die Pavillons wieder wichtiger werden). Da das schon einmal so ist, könnte man die Straße in der Richtung auch weiterentwickeln und um eine Flaniermeile bereichern, die neben der künftigen Hochhausdichte am Alex mMn sehr attraktiv wäre, und umweltfreundlicher obendrein.

  • ^

    Was meinst du mit "um eine Flaniermeile bereichern"? Die ganze KMA ist doch eine einzige Flaniermeile, zumindest bis zur Frankfurter. Ab dem Strausberger gibt es bis zu 30m breite Garten- und Flanieranlagen, davor ist der Bürgersteig "nur" etwa 18m breit, weil die Pavillons Platz brauchen. Die Straße ist von ihrer Größe her so angelegt, dass es das Zentrum einer 20 Millionen Stadt braucht, um sie täglich mit Leben ausfüllen zu können, es gibt Tage im Winter, da braucht man ein Fernglas um andere Passanten erspähen zu können.


    Zum Vergleich:

    • Der Champs Elysees ist Paris hat etwa 14m breite Bürgersteige.
    • Der Broadway in New York hat etwa 11m breite Bürgersteige.
  • ^ Alles richtig. Mit "bereichern" meine ich wortwörtlich, dem ganzen noch eine mehr hinzufügen als einen unüberwindbaren Streifen mit Heidekraut. Das ist besser als ein Parkplatz, aber es hätte sich auch für eine Allee angeboten. Diese würde zudem der Straße auch die Windschneisigkeit nehmen.

  • << Mit Verlaub das ist mal wieder ein Äpfel/Birnen Vergleich.

    Die Avenue des Champs-Élysées sind eine Avenue darum auch 'die'.

    Da wohnen vielleicht noch 3-5 Leute an der ganzen Straße. Die Gebäude sind Firmensitze, Büros, Autosalons o.ä.. Sie ist auch nicht die breiteste Avenue. wie fälschlicherweise immer verbreitet wird. Das wiederum ist die Avenue Foch die vom Étoile abgeht und eine reine Wohnstrasse ist, also schon besser vergleichbar mit der K.M.A.

    Der Broadway hingegen ist eine reine Amüsiermeile, ein Theater nach dem anderen.

    Ich denke schon, dass die K.M. A. ein Alleinstellungsmerkmal verdient. Sie war die Prachtstraße eines sozialistischen Landes, dass diese Straße aus den Ruinen einer älteren, kleineren Achse, erschaffen hat, in der die Arbeiter in wahren Palästen mit Kacheln aus Meissen gefliest, lebten. Es war auch die Strasse der großen Militärparaden auf denen großes Gerät präsentiert wurde. Vor der Wende war die K.M.A. übrigens sehr viel stärker belebt. Es muss an diesen vielen neuen Westdeutschen liegen, die sich inzwischen dort beheimatet haben, dass es dort so dröge zu geht. 8)

  • Berlinier Wo genau gibt's am Broadway 11m breite Bürgersteige? Ich erinnere einen kurzen Abschnitt am Times Sq, der verkehrsberuhigt ist, aber sonst sind die Trottoirs so schmal, dass die U-Bahn-Abgänge, wo sie nicht in die Seitenstraßen verlegt sind, im Weg stehen. Seiner Entstehung und Querschnitt nach ist der Broadway doch ein glorifizierter Trampelpfad? Dem gegenüber bleibt die KMA zwischen Alex und Strausberger ein glorifiziertes 'Ich weiß partout nix mit mir anzufangen'.


    Quelle


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