Fischerinsel / Petriplatz / Breite Straße

  • Hä? Der Senat kürt mit einem Wettbewerb (unter Beteiligung des Bezirkes) ein Hochhaus zum Sieger und die landeseigene WBM will den Wettbewerbssieger bauen. Dann lehnt der Bezirk ab, der Senat kündigt an seine "Ermessensspielräume" im Widerspruch zu nutzen und doch zu genehmigen. Was sollen das anders sein als "Kehrtwenden"?


    Man muss schon komisch drauf sein, wenn man aus dem Satz des Senators „Wir werden alle rechtlich bestehenden Ermessensspielräume nutzen, um das Vorhaben möglich zu machen“ schliesst, dass dieser "nicht mit dem Kopf durch die Wand" will.


    P.S. Klarenbach, wo haben "die Historisten" denn Unterschriften gesammelt? Davon habe ich ja noch nichts gehört?

  • Man kann zur Bebauung stehen wie man will, aber das Raumgefühl des Platzes wird auf jeden Fall positiv verändert.
    Und dazu gehört meines Erachtens auch das geplante Hochhaus, das würde einen absolut positven Effekt für die Ecke haben, von daher hoffe ich mal, dass das passieren wird.

  • ^jup. Das mag mal eine Wiege Berlins gewesen sein, davon ist aber nix mehr vorhanden. Also braucht man jetzt auch nicht anfangen sich auf einmal über die Wirkung der Neubauten auf das Stadtbild sorgen zu machen, die der historischen Bedeutung irgendwie nicht gerecht würden o. ä. Die Gegend hat den Charme von Stadtrand, nicht eines historischen Zentrums. Stand heute! Die bauliche Vorgeschichte ist futsch. Wenn man das mal akzeptiert hat sieht man, dass die vorgeschlagene Bebauung da dann wieder eine Verbesserung ist. Sie bringt etwas stilistische Abwechslung und städtebauliche Dichte. Auch wenn sie, wie schon der Bestand, rein gar nichts mit den historischen Wurzeln zu tun hat, wie die Kritiker wiederholt monierten.


    Meine Vermutung ist da schlicht, dass die alteingesessenen Bewohner kein Bock auf Baulärm haben und nicht wollen, dass bisherige Sichtfreiheit und bisherige Freiflächen zugebaut werden und Parkplätze knapper als bisher werden. Ganz banale, nachvollziehbare Vorbehalte also, aber dann kann man das doch einfach sagen und muss nicht solch einen Popanz um die heilige Fischerinsel aufbauen, wie das bisweilen gemacht wurde in den Lokalmedien. Wenn die Leute nicht sagen was sie wirklich stört kann man ihnen auch nicht in Form von Kompromissen versuchen entgegen zu kommen.

  • Auf dem Bild nicht zu sehen, da auf der anderen Seite des Hauses, aber trotzdem wahr: Man hat bereits mit der Fassade begonnen, und m.E. macht sie einiges her. Hat was von Backsteinexpressionismus ohne Backstein. Wenn ich das nächste mal da vorbeikomme, mache ich ein Foto, kann aber noch dauern.

  • ^ Das macht es aber leider nicht besser. Selbst wenn man Carrara-Marmor verwenden würde - diese Gitterbox ist eine weitere vertane Chance, dem Ort einen Hauch von seiner historischen Bedeutung zurückzugeben.

  • ^das muss man einfach aufgeben. Es ist nix mehr da, an das man anknüpfen kann. Siehe die oben von mir verlinkte historische Ansicht aus dieser Gegend. Das wird nie wieder so aussehen, es könnte höchstens eine Monstrosität wie das Nikolaiviertel entstehen. Aber auch das nur mit staatlich gelenkter Generalplanung, wie eben damals im Nikolaiviertel. Außerdem ist Berlin nicht Rom (oder auch nur Nürnberg, Augsburg oder Köln), es ist eine sehr junge Stadt, die auch erst in jüngster Geschichte expandierte und verstädterte. Das sind nicht die verlorenen Ruinen der Antike um die man auf der Fischerinsel trauern kann.


    Wenn ich einmal großer Zampano sein dürfte, dann würde ich mich bei einer radikalen Umgestaltung dieses Bereichs eher an der Hafencity in Hamburg orientieren. Ein mutiger, kleinteiliger Mix zeitgenössischer Architektur, sodass ein Stadtviertel ganz eigenen Reizes besteht und dabei endlich die Potentiale genutzt werden, die sich durch die Insel-Lage ergeben. Aus dem Thema "Wasser" wird da bisher rein gar nichts gemacht, dabei gäbe es auf der Fischerinsel sowie an den Ufern jenseits der Fischerinsel soviele Möglichkeiten die Gebäude dort zum Wasser hin zu orientieren, das kann sehr reizvoll sein, siehe eben Hafencity Hamburg.

  • Auf dem geräumten Grundstück Fischerinsel Ecke Gertraudenstraße finden seit einer Woche hinter den Bauzäunen Entsiegelungsarbeiten als Vorbereitung für die angekündigten Archäologischen Grabungen statt. Durch die Grabungen werden die alten Fundamente der verlorenen Stadt https://model2.de/light/13763/rostraeodergrnstrae_1d8bvu.jpg noch mal kurzfristig in Erscheinung treten, um danach endgültig abgeräumt zu werden. Kleiner Ablasshandel für die ewig gestrigen mit dem Glauben an eine urbane Stadt.

  • Breite Straße / Scharrenstraße/ Gertraudenstraße

    Update, von Südwesten aus gesehen:



    Scharrenstraße, die Nordseite des Neubaus:



    Blick nach Norden (westlich der Breiten Straße):



    Bauschild des "House of One" auf dem Grundstück der einstigen Petrikirche:


  • Das wird nie wieder so aussehen, es könnte höchstens eine Monstrosität wie das Nikolaiviertel entstehen.


    Da muss ich mal zwischenhaken.
    Hätten die das Nikolaiviertel originalgetreu wiederaufgebaut, wäre es absolut keine Monströsität gewesen. Siehe Gerichtslaube.
    Haben sie damals aber nicht, sondern Platten mit angedeutetem "Altbaucharme" whatever.
    Von daher verstehe ich Ihr "höchstens" nicht.


    Das Nikolaiviertel wird immer gerne als Argument gegen einen Wiederaufbau genannt. Dabei eignet es sich gar nicht dafür.

  • ^ Pumpernickel meint natürlich nicht das Vorkriegs-Nikolaiviertel, sondern die vor 30 Jahren erbaute DDR-Variante. Ein Projekt, das man nach heutigen Maßstäben beileibe nicht als schön bezeichnen kann, das m.E. aber dennoch Ensembleschutz genießen sollte: Es ist das Zeugnis einer sehr kurzen (Spät-)Phase des Ost-Berliner Städtebaus, in der man sich von der Moderne abzuwenden und für historische Strukturen zu interessieren begann.


    Man näherte sich damals einem Stück des alten Berlins an, behielt aber die eigentlich unpassende Plattenbauweise bei – eher aus ökonomischen als aus ideologischen Motiven, wie ich vermute. Neben der daraus resultierenden Holperigkeit ist es die Art und Weise, in der das nach Innen kleinteilige Viertel nach Außen mit den modernen Großstrukturen vermittelt wurde, die es zu einem denkwürdigen Beispiel postmodernen Städtebaus machen. Deswegen absolut erhaltenswert. Und, by the way, ein absoluter Touristenmagnet (was ich, ehrlich gesagt, nicht so ganz verstehe).


    Was das "House of One" betrifft: Ein ideo- wie theologisch bemühtes Projekt mit albernem Namen, aber architektonisch spannend und städtebaulich absolut notwendig, solange es für diesen Ort keine Alternativpläne gibt. Der aktuelle Spendenstand liegt laut Netzauftritt bei 4,3 Mio. Euro. Benötigt werden 43,5 Mio. Euro, aber ab 10 Mio. Euro wolle man mit dem ersten Bauabschnitt beginnen. Das kann also noch dauern...

  • Ganz ehrlich, dieses "House of one" ist wieder so ein pseudointellektuelles Weltverbesserungsprojekt, dass nur in Deutschland ersonnen werden kann. Was will man mit diesem Bau? Heile Welt vorspielen, wo es keine gibt?


    Ich sehe schon Claudia Roth bei der Eröffnung den multikulturellen Geist beschwören und gleich nebenan demonstriert die AfD. Ob damit irgendwem geholfen ist, ich habe da so meine Zweifel. Ich denke manchmal, etwas mehr Realitätssinn für das Machbare und weniger Utopie und Symbolpolitik würden die Gesellschaft deutlich weiter bringen. So wäre für die Aussöhnung zwischen des Religionen für 43 Millionen sicher Sinnvolleres drin gewesen, z.B. richtige Frühförderung und ausreichend Kitaplätze für Kinder aller Religionen oder eine konsequente Ausbildung von religiösen Würdenträgern, die in Deutschland auf der Basis des Grundgesetzes predigen anstatt von irgendwo her eingeflogen zu werden.


    Aber naja. In der Politik zählen eben nur Projekte, wo man Bändchen durchschneiden oder Plaketten verteilen kann. So entsteht hier ein Bau, den man schön vorschieben kann, der letztlich aber nix zum Thema Integration beitragen kann. Und ob das architektonisch unbedingt eine Bereicherung ist, ich sage mal vorsichtig: Geschmackssache!

  • ^ nein, es ist nicht sinnvoller. Denn die besagte Kirche ist nicht nur eine preußische Militärkirche, sondern gibt der zugehörigen Stadt einen Teil ihrer historischen Silhouette zurück. Welchen Vorteil zieht die Berliner Silhouette aus dem House of One? Keinen, weil dieses Gebäude viel zu niedrig ist. Das Konzept des House of One ist unausgereift, die Architektur ist stümperhaft.

  • Es handelt sich hier um den Ort der Petrikirche, also eines der Gründungsgemeindegotteshäuser Berlins (Cöllns). Dieser Ort hat also für Berlin eine ungeheure Bedeutung, die auch spirituell oder kulturell wiederbelebt werden sollte. Die evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz hat nun Mal keinen Bedarf an einer Gemeindekirche in Berlins Mitte. Darüber hinaus entsteht mit dem Archäologischen Zentrum und dem Cöllnischen Rathaus ein überaus anspruchsvolles architektonisches Ensemble (http://www.stadtentwicklung.be…teStrasse_Ausstellung.pdf). Ich wüsste also nicht, inwiefern es der Garnisonkirche an Bedeutung nachstehen sollte. Außer vielleicht, dass es keinen hohen Turm bekommt, der angesichts der Nähe zum Fernsehturm wohl kaum ins Gewicht gefallen wäre. Ach, ja, und es hat auch nicht die negativen historischen Assoziationen. Die Ehre gebührt nur der Kirche in Potsdam.

  • Ach, ja, und es hat auch nicht die negativen historischen Assoziationen. Die Ehre gebührt nur der Kirche in Potsdam.


    Es wäre doch schön, wenn wir es schaffen könnten, uns endlich diese irrelevanten Diskussionen, die sowieso im Boulevard of Spam enden, zu verkneifen. Denn so etwas wie die negativen Assoziationen sind doch rein subjektiver Art, da nicht jeder Militär als etwas negatives empfindet oder bei der Betrachtung der Geschichte auf Grundlage, ebenso vorübergehender, heutiger Werte sein Urteil fällt.


    Ich persönlich finde Odysseus Kommentar bringt es auf den Punkt.
    Nett gemeint, aber letztendlich ein recht sinnbefreites Symbol, schlimmstenfalls geht es nach hinten los.

  • Außer vielleicht, dass es keinen hohen Turm bekommt, der angesichts der Nähe zum Fernsehturm wohl kaum ins Gewicht gefallen wäre.


    Die Nähe zum Fernsehturm sehe ich nicht als Problem. Die Marienkirche ist noch viel näher dran am Fernsehturm. Nach deinen Argument müsste man die Marienkirche abreißen, weil sie direkt am Fuße des Fernsehturms liegt?

  • Ich denke, man wäre hier (gerade noch) weit genug vom Fernsehturm entfernt, damit der Turm der Kirche wirken könnte.


    Aber du hast schon recht, grundsätzlich gibt es natürlich eine Problematik, wenn man einen kleinen Kirchturm in die Nähe des riesigen Fernsehturms setzt. Sowas kann unter Umständen sehr bescheiden aussehen.