Spittelmarkt-Thread

  • Ich finde auch nicht, dass das Monster ein Abrisskandidat ist. Bei Abbruch und Neubau würde an gleicher Stelle, in gleicher Höhe und gleicher Bauflucht gebaut werden. Wenn ich mir mal die gerade üblichen Schiessschartenfassaden anschaue ist der Bau dagegen geradezu filigran gegliedert.


    Wichtiger wäre es den Spittelmarkt als Platz wieder zu schliessen (scheiterte bis dato an den Sozialisten). Momentan mag es ein U-Bahn-Schild "Spittelmarkt" geben. Einen Platz oder Marktplatz kann ich nicht erkennen.

  • Richtig. (...) Genau das machen wir aber gerade und wohl weil das irgendwie nicht nur ich so empfinde, setzt sowas wie eine "Torschlusspanik" ein und jetzt wird erstmal alles unter Kuratel der architekturinteressierten Öffentlichkeit gestellt, was aus dem abgeschlossenen Kapitel "DDR" stammt. Bis auf weiteres, bis man sich sortiert hat oder, so wie es aktuell zugeht, Abriße einfach irgendwann mal eine gewisse Restmenge an Gebäuden übrig gelassen haben, die dann willkürlich als "Augenzeugen" herhalten sollen. (...) Wie man sieht also jede Menge Diskussionsstoff über den Umgang mit unserer Architektur und unseren Städten. Und dies hier ist ein Architekturforum. Ich begrüße sehr die aktuelle Kontroverse.


    Ja, das ist ein Problem, dass sich die übriggebliebenen Architekturen einer vergangenen Gesellschaft immer sehr dezimieren. Meistens ist es doch mit Gebäuden zumindest in den letzten 1000 Jahren so: Begeisterte Einweihungsfeier, welch innovative Architektur da teuer umgesetzt wurde. Eine Zeit später wird diese Architektur abgrundtief verachtet und gehasst (siehe der Name "Gotik" als Verballhornung "barbarischer" nordischer Architektur durch italienische Humanisten des 15. Jh. / Der Begriff "Barock" durch die Klassizisten unter Winkelmann und Nachfolger / Historismus bei den Modernisten des 20. Jh. / der Moderne bei den Postmodernen / der Postmoderne bzw. "historisch-kritischer Stadtplanung" bei eher soziologisch denn formalistisch orientierten Architekten und Stadtplaner des 21. Jh. / etc.). Erst nachdem ein Großteil der Bauzeugnisse beseitigt und auf einen geringen Bestand dezimiert wurde, wächst langsam eine gewisse Wertschätzung gegenüber dem historischen Zeugnis dieser Epoche. Heute stehen auch Scheunen oder Brauhäuser aus dem Mittelalter unter Denkmalschutz oder die Keller des ehem. Berliner Rathauses werden aufwändig in der neuen U-Bahnstation präsentiert... - also auch banalste Architekturen früherer Epochen - gerade, wenn davon noch wenig da ist. So auch mit den Architekturzeugnissen des 20. Jh. Und andere Architekturen, die heute aufwändig in-Schuss-gehalten werden, waren nicht für die Ewigkeit gebaut - klassische Beispiele sind dafür die Fachwerkhäuser. Daher ist das kein Argument bzgl. desmgl. Denkmalwerts. - Entscheidend ist die vorhandene Originalsubstanz als zeitgeschichtliches Dokument.... (zumindest der Idee nach) - das ist schon ein Problem, dass wohl viele Originalsubstanz zukünftig stark entwertet werden wird. Gut - es wird sich selektieren, was noch übrig bleibt und einen authentischen Eindruck vermitteln kann. Geschichte geht da auch immer nichtlinear und diskontinuierlich vor. Z.B. wird schon von Kennern inzwischen stark bedauert, dass der Inbegriff hochrangiger DDR-Architektur der 70er - wie das eben in diesem Rahmen zu verstehen ist - der Palast der Republik, der auf mehreren Ebenen ein Zeitzeuge gewesen wäre, spurlos ins Jenseits befördert wurde. Aber so ist es wohl, dass sich das Folgesystem zuserst an den "Heiligtümern" und Symbolen der Macht rächt - sodass dann eher minder bedeutende Dinge übrig bleiben... - Da gibts auch historische Parallelen: Tuillerien, Stadtschloss Potsdam/Berlin / Garnisionskirche, Palast der Republik... -

  • Ja, das ist ein Problem, dass sich die übriggebliebenen Architekturen einer vergangenen Gesellschaft immer sehr dezimieren.


    Das ist doch immer so, sonst wird ja nie Platz für Neues. Ausserdem stelle in Abrede, dass Bauten der Moderen 100 Jahre halten. Die meisten brauchen nach 30 Jahren eine Teuere Grundsanierung. Das trifft die Styroporschinkelburgen der Traditionalisten genauso.


    Letztendlich ist das meiste, was nach 1950 gebaut wurde, temporäre Architektur, nahe an fliegenden Bauten.

  • Wichtiger wäre es, den Spittelmarkt als Platz wieder zu schliessen (scheiterte bis dato an den Sozialisten). Momentan mag es ein U-Bahn-Schild "Spittelmarkt" geben. Einen Platz oder Marktplatz kann ich nicht erkennen.


    Meinst du die Linkspartei? Wie soll man denn dort etwas auf die Beine stellen? Die Gegend ist doch von der Leipziger Straße verwüstet. Das Anliegen scheint mir irgendwie utopisch, auch wenn ich eine Wiederbelebung von historischen Merkmalen befürworte.


    Stadtstruktur Mach doch mal deinem Namen alle Ehre und strukturiere deine Texte mehr. Einfach ein paar Absätze einfügen. Dann ist auch die Chance größer, daß man deine Ausführungen liest. Bei dem letzten Post verging mir die Lust, weil Textwust.

  • Ich finde, daß man das Gebäude mehr im Zusammenhang mit der geplanten Neugestaltung (angelehnt am historischen Grundriß) des Spittelmarktes sehen muß. Dabei kämen dann am Platz ja noch einige (mindestens zwei) neue Gebäude hinzu. http://www.gehrcken.de/wp-cont…2000_005_spittelmarkt.jpg


    Wie die neuen Gebäude aussehen werden zeigen die schon "neu" vorhandenen sehr deutlich.
    (in Richtung Fischerinsel/Gertraudenbrücke http://upload.wikimedia.org/wi…enstra%C3%9Fe_2012_01.jpg)
    (in Richtung Leipziger Platz http://www.markushattwig.de/wp…/2011/12/spittelmarkt.jpg)


    Diese "Platte" wird dann sicher für Abwechslung in der gleichförmigen Rasterumgebung sorgen. (tut sie teilweise jetzt schon)
    Auch wenn dieser Bau nicht zu den schönsten (was wohl jeder anders empfindet) Platten zählt, sicher aber ist er einzigartig. Glücklicherweise stört er auch nicht den alten Platzgrundriß, da er (nur leicht zurückversetzt) sich an den historischen Grundriß hält.


    Man sollte immer im Auge haben für welches (eventuell) neue Gebäude der Bau weichen müßte und was man dadurch an (vorhandener/erträglicher) Vielfalt verlieren würde.


    Für mich steht immer der "bedeutende" Mehrwert des "Neuen" im Vordergrund um einen Abriß zu rechtfertigen.
    Wobei "neues" auch historische Reko sein kann, ebenso wie Hochhäuser. (allerdings halt jedes passend zum Standort betrachtet)
    Bis jetzt erkenne ich keinen Mehrwert der einen Abriß rechtfertigen könnte.


    P.S.: So habe ich es für mich auch mit dem Palast der Republik bewertet. Da war mir das Stadtschloss eben wichtiger, obwohl der Palast für mich sicher auch einen hohen (zeitzeuglichen) Wert hatte.
    Ich bin mir sicher, wenn der PdR z.B. am anderen Spreeufer (im Marx-Engels-Forum) gestanden hätte und nicht auf historisch besetztem Schlossgrund wäre er noch da. (mir persönlich hätte das sogar gefallen)



    Gruß, Jockel HB

  • Sanierung "Coca-Cola-Platte" am Spittelmarkt

    Hier ein paar Bilder vom aktuellen Sanierungsstand (zuletzt #466).


    Die Nordseite zur Wallstraße ist jetzt fertig und auch das EG/Sockelgeschoss wurde neu verkleidet und gestaltet.


    Ich bleibe dabei, ich bin mit dem Erhalt des Gebäudes und der behutsamen Sanierung, die das ursprüngliche Erscheinungsbild respektiert, durchaus einverstanden (auch wenn der Riffelbeton der Balkonbrüstungen nicht hundertprozentig sauber geworden ist):






    Die Stirnseite zum Spittelmarkt, hier ist die derzeitige "Arbeitsgrenze". Man sieht, dass der bereits sanierte Teil der Fassade heller und freundlicher geworden ist:


  • ^
    Da hat man sich ja farbtechnisch ziemlich stark an der Cola-Werbung orientiert. ;)


    Die Betonbrüstungen gefallen mir eher weniger. Balkongeländer mit Glas fände ich bei diesem Klopper besser. Würde etwas von seiner Wuchtigkeit nehmen. Zudem werden die geriffelten Betonbrüstungen sehr wahrscheinlich schnell wieder dreckig aussehen.

  • ^ Wobei ich den einheitlichen Rotton besser finde als den blassen Farben-Mischmasch zuvor.


    Was mir an dem Gebäude ganz gut gefällt, ist das hohe Sockelgeschoss, das jetzt recht luftig und transparent wirkt. Der wuchtige Gebäudeteil scheint fast darüber zu schweben. Das ist ja ein Punkt, der bei vielen schicken Styroporneubauten eher nicht der Fall ist und die EGs oft regelrecht zusammengequetscht werden - wie gerade erst wieder schön in deinem Beitrag zum Lutzowplatz zu sehen ist: Erstes Bild in #50


    Im ersten Foto wirkt die Spittelmarkt-Platte auf mich am angenehmsten.

  • ^
    Was für eine grandiose Geldverschwendung aus Ostalgie-Gründen.
    Wenn der Beton nicht gerade mit einer Lotusblüteneffektschicht behandelt wurde, dann sieht das wohl in zwei Jahren schon wieder aus, dreckig im sozialistischen Einheitsgrau, wie vorher. Aber das ist es ja was die Menschen hier scheinbar wollen.


    Dieser Klumpen minderwertigster Architektur- und Baukunst ist für den Spittelmarkt jedenfalls absolut unwürdig.

  • Ist mir allemal lieber als jeder dieser Anlegerpaläste mit aus Styropor geschnitzten Retroleisten a la Nöfer, Höhne, Patzschke, Kocher, Bonanni und wie sie alle heißen, wie sie südlich davon in den letzten Jahren gebaut worden sind.

  • Architektur kann krank, Depressiv, schlechte Laune, frustierend, Langeweile machen, und genau solche Bauten wie dieses und viele andere Plattenbauten machen es einfach...Zu diesen Symtomen gibt es auch genau das Gegenteil und dafür sorgt die Architektur.....Mehr kann man dazu nichts sagen..!!

  • Klar ist die Architektur mit den Betonplatten als Balkonbrüstung ziemlich brutal, aber das macht den Charakter des Gebäudes aus. So ein Gebäude verträgt Berlin mM nach schon. Durch die Sanierung ist die erdachte Architektur erhalten geblieben. Beispielsweise Glasbrüstungen könnte ich mir hier überhaupt nicht vorstellen, dass würde mE ziemlich albern aussehen, mal abgesehen davon, dass man dann auch das Gerümpel der Bewohner begutachten dürfte.


    Zur vorhergehenden Wandfarbe: Weis jemand, ob dieser kunterbunte Farbmix ursprüglich gewollt war, oder haben die jeweiligen Bewohner ihren Bereich nach eigenem Geschmack gemalert?

  • Fotos vom 18.10.



    Die Sarnierung ist leider immernoch nicht abgeschlossen.


    Aus der Ferne wirkt der Bau jetzt sichtbar aufpoliert und aufgeräumter als vorher und durchaus gelungen.


    Aus der Wallstraße kommend vielen mir jedoch aus der Nähe betrachtet die Balkonbrüstungen störend ins Auge.
    Irgendwie scheinen die in ihrer groben Betonstruktur und farblich nicht behandelt sich mit dem sarnierten Rest und dem relativ wertig wirkenden Sockelgeschoß zu beißen.


    Mir entstand irgendwie der Eindruck als hätte man die Brüstungen bei der Sarnierung vergessen. (Sorry, leider nicht fotografiert)


    Umso weiter man sich vom Gebäude entfernt, umso mehr verschwindet dieser Eindruck dann wieder.



    Gruß, Jockel

  • Ich sehe einen Widerspruch zwischen der Entscheidung, die raue Betonsichtigkeit der Brüstungen beizubehalten und zugleich die Balkonrückwände farblich aufzufrischen. Dieses Signalrot - mag es auch wunderschön mit der Cola-Reklame harmonieren - gibt dem Bau etwas Billiges, gewollt Zeitgemäßes, das zu dem gesamten Erscheinungsbild dieses leicht grobschlächtigen aber dennoch überdurchschnittlichen Plattenbaus nicht passen will. Eine gedeckte Farbe wäre besser gewesen.

  • ^ Dass man die Riffelbetonbrüstungen nicht richtig sauber bekommen hat, finde ich auch ärgerlich. Denn ansonsten gefällt mir das sanierte Gebäude durchaus. Ich finde auch das Rot der Fassadenbereiche um die Fenster gut, dadurch entsteht mal ein kräftiger Kontrast statt des viel zu häufig verwendeten grau-beige-weiß.


    Ich hatte es schon öfter geschrieben, aber damit kein falscher Eindruck entsteht, noch einmal: Ich finde das Gebäude nicht unbedingt schön, aber markant und es hat für einen Plattenbau eine ungewöhnliche und interessante Architektur. Aus meiner Sicht absolut in Ordnung, dass er nicht abgerissen, sondern modernisiert wurde - und das, ohne ihn dabei bis zur Unkenntlichkeit zu verschlimmbessern.

  • Wallstraße Bereich U-Bf. Spittelmarkt

    Kleine Randnotiz: Die Abdichtung des U-Bfs. Spittelmarkt und somit auch die Neuerrichtung des darüber liegenden Abschnitts der Wallstraße hat gefühlt 100 Jahre gedauert. Nun ist man endlich fertig:


  • An der Leipziger Straße am U Bhf: Spittelmarkt, wurden 450 neuen Bäumen gepflanzt die zzt. Noch kaum zu sehen sind, sondern erst die Wurzeln gepflanzt wurden. 154 Quadratmeter Gesamtfläche. Erst Jahre später wird es mehr sichtbar sein. Die sind durch ein Holzzaun geschützt. Die Idee kam von Berliner Künstler Christof Zwiener. Am 14. April hat Zwiener mit dem Verein „MIYA forest“ und Kindern der Fröbel-Kita „Schatzinsel“ von der nahen Fischerinsel die kleinen Baumsetzlinge gepflanzt.


    Quelle:

    BZ/ Ein neues "Wäldchen " für Berlin ( mit Bild)

    2 Mal editiert, zuletzt von Johannes_9065 () aus folgendem Grund: Danke Moderator. Bild entfernt bzw. Beitrag korregiert

  • ^ „Wäldchen“-Rondell am Spittelmarkt

    Vor 11 Jahren wurden bereits die grellgrünen Bänke auf den Grünflächen am Spittelmarkt von Klarenbach gezeigt und teils kontrovers bewertet. Da der damalige Beitrag hier im Spittelmarkt-Thread gepostet wurde, schiebe ich das Rondell mit dem Wäldchen mal auch hierhin.


    Da ich ein- bis zweimal pro Woche hier vorbeikomme, kann ich zwei urheberrechtlich problemlose Fotos beisteuern: :)


    spittelmarkt_rondell01.jpg


    spittelmarkt_rondell02.jpg

  • Aus der Ferne wirkt der Bau jetzt sichtbar aufpoliert und aufgeräumter als vorher und durchaus gelungen.

    Aus meiner Sicht sieht das Gebäude so aus, wie es immer ausgesehen hat. Da ändert auch eine Renovierung nichts. Mir erschließt sich nicht, warum das Gebäude jetzt aufgeräumter aussehen sollte als zuvor.


    Bevor man mir jetzt Bashing vorwirft:

    Mittlerweile habe ich mit diesem Gebäude meinen Frieden geschlossen, weil ich verstanden habe, dass es etwas Besonderes ist. Ähnlich wie die Tschechische Botschaft am Wilhelmplatz / Zietenplatz. Die Qualität dieses Gebäudes besteht darin, dass es etwas Trashiges besitzt. Insofern passt dieser Bau wunderbar zu Berlin, wäre allerdings in Friedrichshain viel besser aufgehoben als am historischen Spittelmarkt. Diese Trash-Qualität gibt es so nur in Berlin (das meine ich ohne Ironie) und das macht diese Stadt ja auch weltweit zu etwas Besonderem. Das Gebäude dann aber als "durchaus gelungen" zu bezeichnen, ist dann vielleicht doch ein bisschen zu viel des Guten. Solche Architektur würde viel besser ins Trendviertel nach Friedrichshain passen als ins historische Zentrum. Denn die vorhandenen Qualitäten dieses Gebäudes ändern nichts daran, dass es am Ende des Tages doch einfach ziemlich hässlich ist.