Dimension des Stadtschlosswiederaufbaus

  • ^ Das findet man im Abschlussbericht auf der Seite 42, Punkt 32 - "Wiedererrichtung einiger wichtiger Innenräume", ansonsten sollten die Original-Raumhöhen hinter den Barockfassaden möglichst wiederhergestellt werden.
    Diese Aussage wird auch hier zitiert - u.U. soll es als späterer Weiterbau geschehen, nachdem zunächst Original-Abmessungen übernommen werden. Dies sei öfter der Fall gewesen - so wurde etwa der Goldene Saal des Augsburger Rathauses 40 Jahre nach dem Wiederaufbau des Bauwerks wiederhergestellt.
    Die Originalabmessungen mit der Option der späteren Innenausstattung-Rekonstruktion solle es laut Webseite für die Schlüters Paradekammern, die klassizistischen Königskammern, die Räume Schinkels und die Treppenhäuser geben.

  • @ Bau-Lcfr


    Danke für die Recherche. Dies zeigt, dass die Innenraumrekonstruktion ausgewählter besonders wertvoller Räume schon bei der Genese des Humboldtforums fest eingeplant war. Somit wäre eine Rekonstruktion für niemanden der Beteiligten eine Überraschung, sondern vielmehr ein wichtiger Bestandteil zur Legitimation des Bauwerks.


    Daher bleibt es unverständlich, warum man bei den Fassaden und den Innenräumen Rekonstruktionen ermöglicht hat und ermöglichen will, dies aber im Schlossumfeld so torpediert. Denn nirgends ist mehr Originalsubstanz vorhanden wie hier. Ich hoffe, man kommt hier noch zur Besinnung!

  • Der Origanltext hilft vielleicht weiter: (Quelle: http://schlossdebatte.de/wp-co…mmission_bericht_2002.pdf, 30.07.2018)


    Seite 42, Punkt 32:
    "Die Kommission schließt die vollständige Rekonstruktion des einstigen Schlosses im Äußeren wie im Inneren aus, plädiert aber für die Wiedererrichtung einiger wichtiger Innenräume und – in Abhängigkeit von der Nutzung – die Einhaltung der alten Geschosshöhen – soweit es möglich und sinnvoll ist – hinter den rekonstruierten Barockfassaden."


    Weiter heißt es an gleicher Stelle:
    "Minderheitsvotum der Mitglieder Conradi, Dr. Flierl, Goehler und Momper"
    "Die Bebauung des Schlossplatzareals soll in einem Wettbewerb geklärt werden. Die Kommission trifft dafür keine Festlegung über die Orientierung und Baulinien der zukünftigen Bebauung"


    Es gibt auch noch weitere hochinteressante Empfehlungen:
    auf Seite 34 des gleichen Dokumentes:


    "16. Die Schlossfreiheit soll unter Berücksichtigung der Gestaltung des Schlossplatzareals in Anlehnung an die historische Parzellen-
    struktur und Höhenentwicklung, inklusive Wohnanteil, wieder bebaut werden."


    und


    "17. Der unter Denkmalschutz stehende Sockel des ehemaligen Nationaldenkmals für Kaiser Wilhelm I. im Bereich der Schlossfreiheit soll
    erhalten und in eine Bebauung integriert werden."


    Auf Seite 36 steht dann noch unter Punkt 21:
    "Das Staatsratsgebäude mit dem so genannten Liebknecht-Portal (IV) soll erhalten bleiben."


    gleiche Seite weiter unten Punkt 25:


    "Die Freifläche des Marx-Engels-Forums soll als städtische Grünfläche erhalten und durch eine Umgestaltung qualitativ aufgewertet werden. Das Marx-Engels-Denkmal ist zu erhalten."


    Ich hoffe, dass ich hier keine üblen Zitierfehler begehe und mit den origanlen Textpassagen zur sachlichen Betrachtung des gesamten Themenbereichs beitragen kann.
    Danke, Bau-Lcfr für die Quelle!

  • Ich möchte hier nicht Eure Euphorie und emotional geführten Streitgespräche der letzten Tage bezüglich Innenraumrekonstruktionen sabotieren, aber über Änderungen der Nutzungsstruktur und Umbaumaßnahmen zu philosophieren, während das Gebäude noch nicht einmal fertiggestellt ist, halte ich doch für etwas müßig.


    Das ist so einfach völlig falsch und zeigt leider wieder, wie man sich seitens der Gegner die Realitäten so lange zurecht biegt, bis es passt. Sorry, aber mich macht das manchmal extrem sauer, weil man bewusst Unwahrheiten sagt.

    Das ganze Schlossinnere ist bis auf den Weißen Saal, wo es konstruktionsbedingt leider nicht möglich sein wird, darauf ausgerichtet, dass alle weiteren Innenräume ohne Probleme rekonstruiert werden können. Das war schlicht elementarer Bestandteil des Architekturwettbewerbs und Stella hat dies bis auf wenige Ausnahmen konsequent erfüllt.

    Also man merke „Das ganze Schlossinnere“ bis auf dem Weißen Saal.


    Wenn man sich mal die Mühe macht die Grundrisse des hist. Schlosses und der aktuellen Planung zu vergleichen, fallen im ehemals so repräsentativen Lustgartenflügel etwa 2/3 der Fläche für eine potenzielle Rekonstruktion weg, weil schlichtweg die Stützenstellung dies nicht ermöglicht. Das betrifft beispielsweise auch Schlüters "Alte Kapelle", oder die Große Bildergalerie und keineswegs nur den Weißen Saal. Anderen Paraderäumen im Ostflügel wie die Paradevorkammern I & II und dem Königszimmer, fehlt die zweite Belichtung durch den sog. "III Hof" im Osten, der nun überbaut ist.


    Darüber hinaus möchte ich anmerken, dass auch erst alle Außen- und Trennwände auf hist. Mauerstärke der ursprünglich Raumdispositionen gebracht werden müssen.
    Wenn man sich alle Ergebnisse des Architekturwettbewerbes einmal ansieht, sind wenn überhaupt fast ausschließlich die großen - für die Architektur integralen Treppenhäuser mit dem jeweilig direkt angeschlossenen Sälen zur Rekonstruktion vorgesehen. Unter allen Preisträgern des Wettbewerbes war Stella einer der wenigen, der selbst dies konzeptionell nicht vorsah, sondern nur die Möglichkeit dafür offen hält.

    Warum soll man denn im Humboldt-Forum oder im brandenburgischen Landtag nicht künftig einzelne Räume als Zeugnisse der Geschichte des Ortes reknstruieren? Das passiert doch allerorten - im Dresdner Schloß und selbst im Braunschweiger Schloß, in beiden Fällen in beeindruckender Qualität.

    Wer definiert denn "beeindruckende Qualität"? Lieschen Müller wird sicherlich eine Baumarkt-Stuckleiste ebenso beeindruckend finden wie die eines Stuckateurs.


    Mich regt es tierisch auf das suggeriert wird, man könne das Berliner Schloss – das über Jahrhunderte gewachsen und mit annähernd 100 historisch relevanten Räumen untergegangen ist, in einem Fingerstreich wieder auferstehen lassen. Die in diesen Zusammenhang so „positive" Beispiele wie das Braunschweiger Schloss fallen, möchte ich nicht weiter kommentieren. Die Akribie die in Dresden an den Tag gelegt wird, mit dem ECE-Schloss in Braunschweig gleichzusetzen, halte ich aber für äußerst fraglich. In Dresden und München ist und war die Rekonstruktion der Innenräume eine Generationenaufgabe. Die Authentizität und die Chronologie des Wiederaufbaus ist hier eine komplett andere - das will man wahrhaben - oder halt auch nicht. Das Ergebnis müsste sich zukünftig in kunsthistorischen-, denkmalpflegerischen- und archäologischen Maßstäben messen lassen können - sofern man diesen Disziplinen noch einen Wert beimisst.

  • Mich regt es tierisch auf das suggeriert wird, man könne das Berliner Schloss – das über Jahrhunderte gewachsen und mit annähernd 100 historisch relevanten Räumen untergegangen ist, in einem Fingerstreich wieder auferstehen lassen.


    Wer sagt das denn bitte? Überall wurde darauf hingewiesen, dass die Rekonstruktion des Inneren, wie in Dresden oder München auch, eine Generationenaufgabe ist. Gerade weil einige Räume extrem aufwändig und kunstvoll waren, ist allein die Recherche eine Herkulesaufgabe. Da werden sich Architekten und Kunsthistoriker vermutlich 20 bis 30 Jahre mit beschäftigen, bis relevante Teile des Inneren rekonstruiert sind, aber das wurde doch in fast jedem Beitrag erwähnt. Wenn man die Beiträge denn auch lesen würde.:nono:


    Ich frage mich, wie man sich auch hier wieder so destruktiv am Schloss abarbeiten kann. Bei den Gegnern von Reknstrution hat man manchmal das Gefühl, wenn man deren Beiträge liest, ganze Innenstädte drohen zu einer riesigen nachgebauten Kulisse zu werden. Doch bei realistischer Betrachtung gibt es vielleicht in den letzten 30 Jahren 10 bis 20 Rekoprojekte in ganz Deutschland, bis auf den Neumarkt in Dresden, den Alten Markt in Potsdam und das Dom-Römer-Projekt in Frankfurt sind es zudem alles Einzelprojekte, wie auch das Berliner Schloss. Ich frage ich manchmal, wo die ganze Aufregung und der Hass her kommen.


    Wenn einem historische Innenräume nicht gefallen und einem das Schloss an sich so eine Zumutung ist, dann gibt es eine ganz einfache Lösung, geht einfach nicht rein. Keiner wird gezwungen, sich den Rittersaal anzusehen. Ich habe über all die Jahre, die ich mich jetzt mit solchen Projekten beschäftige, nie verstanden, warum man nicht jeder Gruppe seine kleinen Projekte lassen kann. Sollen die einen den Alex herrichten in Stile der Ostmoderne, aktuelle Architekten können sich am Hauptbahnhof austoben und die Traditionalisten eben im Bereich Schloss, Breite Straße, Schinkelplatz und Molkenmarkt. Wäre das so eine Katastrophe, wenn alle Gruppen irgendwie zum Zug kommen? Ich glaube nicht.


    Und dann kann man ja auch sehen, welches Areal nun beim normalen Bürger am besten ankommt.

  • Ich möchte - bei aller berechtigter Kritik - doch einmal anmerken, dass die drei Hauptfassaden des Schlosses in Braunschweig mit der gleichen Akribie und voller Wandstärke wiederhergestellt worden und in eine freitragende Struktur integriert worden sind, die ebenso erlauben würde den dahinter befindlichen Bau komplett zu entfernen !

    Hierfür wurden mit archäologischer Präzision sämtliche alten noch auffindbaren Fassadenteile aufgespürt, ausgegraben und vermessen und aufgrund der dadurch gewonnenen Daten die Fassade von einem hierauf spezialisierten Architekturbüro rekonstruiert und handwerklich nachgearbeitet unter Verwendung möglichst aller geborgenen Elemente und unter Verwendung der historischen Maße !


    So besteht die Westfassade zu über 25 % aus originalen Steinen !


    Der Unterschied zum Stadtschloss in Berlin besteht eher darin, dass das braunschweiger Schloss ein Werk des Klassizismus von Carl Theodor Ottmer - ein Schinkelschüler welcher auch in Berlin tätig war - der 1840er Jahre ist und daher von Natur aus schlichter und einfacher ausfällt als sein barockes Pendant in der Hauptstadt - dies gilt besonders für die Südfassade ! Rocaillen und Kartuschen sucht man hier natürlich entsprechend vergebens !


    Über die Integration in ein EKZ und der nur teilweise Wiederaufbau bieten sicher Anlass zu vielfältiger Kritik - jedoch ist die Äußerung Timmis, die minderwertige Wiederherstellung der Fassaden betreffend schlicht unzutreffend.


    Auch hier wird nicht selten der Gedanke geäußert, dass, sehr langfristig gedacht, das EKZ sicherlich geopfert oder umgebaut und reduziert werden kann. Die selbsttragenden Schlossfassaden jedoch sicher nicht wieder abgerissen werden und sich so irgendwann Optionen ergeben, hier weitergehend zu rekonstruieren.

  • ^ Was die Braunschweiger Fassaden betrifft, stimme ich Dir voll zu. Deren Rekonstruktion steht Berlin in Sachen Qualität in nichts nach. Timmi bezog sich aber auf einen Satz von Konstantin, dass es in Braunschweig auch beeindruckend rekonstruierte Innenräume gäbe. Und das stimmt nun mal nicht. Auch im Museumsflügel wurde nichts rekonstruiert, es wurden nur Annäherungen an historische Räume gebaut, die mit echtem Mobiliar ausgestattet sind.

  • Das stimmt - die Ausdruckweise implizierte aber beides !


    Rekonstruierte Räume gibt es keine und ich war bereits zur Bauzeit und auch danach in allen möglichen Räumen und habe sie mir angeschaut.


    Die Räume der Bibliothek sind teilweise unter Verwendung von Gestaltungselementen des Schlosses "schlossähnlich" ausgebaut worden - repräsentieren jedoch keine wiederhergestellten Enfiladen etc.


    Beim Schlossmuseum ist es ähnlich ! Der weiße Saal wurde nur näherungsweise in seiner Dimension und Gestaltung wiederhergestellt, andere Räume auch nur andeutungsweise unter Verwendung nachgewobener Wandbespannungen und originalen Mobiliars.


    Einzig der Thronsaal wurde komplett rekonstruiert inkl. aller Deckenstuckaturen und Wandbespannungen und des originalen Throns. Der Raum ist jedoch etwas kleiner als der originale Thronsaal und keiner der Räume die in irgend einer Form wiederhergestellt und näherungsweise ausgestattet wurden befindet sich an seinem originalen Ort innerhalb des Schlosses !

  • Aus dem Bauthread:



    ... Bei den Gegnern von Reknstrution hat man manchmal das Gefühl, wenn man deren Beiträge liest, ganze Innenstädte drohen zu einer riesigen nachgebauten Kulisse zu werden. ...



    Wie nach dem Zitat ausgeführt, es sind nur einzelne Projekte, doch wenn sie häufiger wären - auch dann verbietet sich die Bezeichnung als Kulisse. Was man hier von der Warschauer Altstadt sieht, wurde alles rekonstruiert - und wirkt nicht weniger lebendig als etliche Altstädte, die nie zerstört wurden (ähnlich die Breslauer Altstadt früher im Thread). Das Stadttor Barbakan wurde zum Teil sogar bereits vor dem Krieg rekonstruiert, in den 1930er Jahren - in den 1950ern wurde genutzt, dass Häuser zerstört wurden, mit den das Bauwerk einst überbaut wurde (sonst wären sie möglicherweise abgerissen wie eins noch vor dem Krieg).
    Es sind nicht ganze Innenstädte, aber ganze Ensembles, die möglichst stimmig wirken sollen - welch ein Unterschied zum Berliner Schloss samt Umgebung, wo um jede Skulptur gekämpft wird und wenn eine stilechte doch noch kommt, kommt gleicht irgend eine Idee für eine Unpassende, mit der die Wirkung doch noch zerstört werden sollte.


    Als die Hamburger Michaeliskirche 1906 durch einen Brand zerstört wurde, war u.a. der hier sicherlich sehr gut bekannte Peter Behrens gegen den Wiederaufbau. Hätte man darauf gehört, hätte die Stadt ihr Wahrzeichen nicht - welches auf keinen Fall wie eine Kulisse wirkt.

    Einmal editiert, zuletzt von Bau-Lcfr ()

  • ^

    Kulisse bedeutet ja erstmal Bühnenbild oder Hintergrund und negativ würde man den Begriff wohl am ehesten mit Attrappe übersetzen.


    Wenn man jetzt Rekonstruktionsprojekte betrachtet (egal ob alte oder neue) und mit unzerstörten Originalen vergleicht, die es in weiten Teilen Europas ja nicht mehr gibt, daher also z.B. mit Fes, um ein extremes Beispiel zu nehmen, dann stellt man schnell fest, dass die Rekonstruktionen alles nur idealisierte Abbilder sind.
    Bei Rekos speziell von mittelalterischen Gebäuden baut man das auf, was man von Bildern kennt und ergänzt es um Vorstellungen. D.h. auch, man baut nur einen Zustand aus der Geschichte des Gebäudes und ignoriert alle anderen. Dabei ändert man bzw läßt man weg, meistens alles was nicht so schön war. oder was zu aufwendig ist.
    Das äußere optische Ergebnis ist dennoch durchaus zwischen in Ordnung und sehr gut anzusiedeln, (wie beim erwähnten Barbakan oder der Stadtmauer von Carcassone) aber das liegt auch daran, dass die Betrachter den Originalzustand bzw den ausgewälten Originalzustand auch nicht besser kennen und auch gar keine Gesamtrekonstruktion mit den Schmuddelecken wünschen und erwarten. Ähnlich ist es auch beim Berliner Schloss. Dort hat man die hochwertigen Schauseiten rekonstruiert, die planerisch auwendigere, weil differenziertere, vermutlich auch nicht so gut dokumentierte und zugleich für das Stadtbild auch nicht so bedeutende Ostseite rekonstruiert man nicht.
    Hinzu kommt noch die i.d.R. geänderte Nutzung im Inneren der Gebäude (fehlende Könige oder Kaiser, fehlende Werkstätten und Handwerker, fehlende Militäranlagen und Soldaten) was natürlich auch einen Einfluss auf die Atmosphäre hat.
    Schlussendlich kann man aus meiner Sicht durchaus von Kulissen oder Attrappen sprechen ohne diese Gebäude deswegen zu abzuwerten.


    Das Bsp. vom Hamburger Michel hinkt. Es handelt sich dabei um eine Vollreko inklusive kompletter orignaler Nutzung. Dennoch gibt es drumherum viel Modernes, was den Gesamteindruck m.E. überhaupt nicht mindert.


    Genauso ist es mit dem Schlossumfeld, warum soll da denn nicht auch was Modernes ergänzend errichtet werden? Authentizität entsteht nicht zwangsläufig wenn man nur alles so herrichtet wie es früher mal war. Das Schloss wird nicht mehr echt, auch wenn man noch so sehr versucht diesen Anschein zu erwecken.

  • ^ Das dürfte etwas widersprüchlich sein - die Michaeliskirche als Vollreko sei OK, aber das Schloss als Teilreko sollte kulissenhaft wirken? Das würde bedeuten, dass das Schloss voll rekonstruiert ähnlich OK wäre? Oder gestaffelt - je getreuer die Rekonstruktion, desto weniger kulissenhaft?


    Die Nutzung der Kirchen ist übrigens etwas anders als im Barock - besonders die Protestantischen wirken oft eher wie Cafehäuser mit Kunstausstellungen, zeitweise Konzertsälen und einer kleinen Nische für die Messen - was die Fassadengestaltung keinesfalls überholt macht.


    Kürzlich wurde in einem anderen Thread dieser Zeit-Artikel verlinkt, in dem die Stella-Fassade als frostig bzw. stumpf bezeichnet wurde. Laut Artikel wünschte sich bereits die Jury mehr "architektonischen Ausdruck" für die Fassade. Die Formulierung finde ich passend - selbst wenn man keine Barockfassade hier errichtet, es musste keine simple Rasterfassade sein wie Tausende in Berlin und woanders. Es hätte etwas originelles sein können wie etwa diese Fassade am Molkenmarkt, die sich mE neben einigen Palästen der Umgebung nicht zu verstecken braucht. (Noch eine Assoziation, die sie weckt - ähnliche Fensterrahmen habe ich in manchen Bauten Gaudis gesehen.) Die paar Altbauten der Umgebung werden aber auch in der Wirkung nicht tangiert - so wie eine interessantere Ostfassade hier die Wirkung der anderen nicht schmälern würde.


    Die in der Überschrift erwähnte "bipolare Störung" soll bedeuten, dass die Stella-Fassade als "Pathos-Bremse" im Kontrast zu den barocken gedacht war. Ohne jetzt zu werten, ob es überhaupt Sinn macht oder nicht (es gibt -zig Threadseiten dazu) - selbst wenn man das anstrebt, eine expressivere (obwohl nicht barocke) Fassade würde es genauso liefern ohne zu langweilen?

  • Ach Bau-Lcfr,


    ich schrieb doch "Vollreko mit kompletter originaler Nutzung" (als Kirche).
    Du könntest Dir die Aufregung also sparen. Natürlich würde das Schloss nicht dadurch besser, weil es halt keine Schlossfunktion mehr hat. Benötigt werden heute nur noch die Fassaden. Beim Hamburger Michel ist das ganz anders!


    Was die Stella Fassade in dem Zeit-Artikel angeht wird sie m.E. nicht so negativ gesehen wie Du es darstellst.
    Der letzte Absatz gibt den entscheidenden Hinweis:


    "".

    Pressezitat gelöscht.
    (Quelle)

  • Zitat von HarrySeidler;611005 [url


    Was ist das eigentlich für ein bescheuerter Mythos, der im Tagesschaubeitrag erwähnt wird, dass das Berliner Stadtschloss die größte Barockfassade nördlich der Alpen habe? Auch Paris und Versailles liegen nördlich der Alpen und es ist wohl allgemein bekannt, dass Versailles die größte Palastanlage Europas ist, ebenfalls barock, und somit mit Sicherheit eine größere Barockfassade als das Berliner Stadtschloss hat.


    Ich bin ein großer Fan des wiederaufgebauten Stadtschlosses, aber solche Falschbehauptungen in die Welt zu setzen, nur um die Wichtigkeit des Projekts hervorzuheben sollte man doch bitte vermeiden. Das ist meiner Meinung nach ziemlich peinlich für Berlin und vor allem überhaupt nicht notwendig.

  • Na ja, wenn es es spitzfindig nimmt, dann liegen Paris und Versailles zwar nördlicher als die Alpen, genauso wie diverse Barockpaläste in St. Petersburg, aber eben nicht wie Berlin genau nördlich von diesem Gebirge. ;)


    Ansonsten beweihräuchert man sich halt mit Superlativen, dies sollte man nicht so ernst nehmen.

  • Backsteinbau

    Soweit ich weiß, ist es auch der größte Backsteinbau in Deutschland nach dem zweiten Weltkrieg. Viel peinlicher finde ich den Teaser der Tagesschau, dass die Eröffnung ungewiss ist wegen der noch fehlenden Spenden... Absurd!

  • Die Linse des Webcams der Nordseite ist gereinigt worden. Der Unterschied ist gigantisch! Sollte Portal IV nicht auch vorm Wochenende vom Gerüst befreit werden?

  • Erst "zu viel Reko", jetzt "zu wenig Reko" - der Journaille kann man es wirklich nie recht machen. Ich bin von den bisher abgerüsteten Barockfassaden am Lustgarten und im Schlüterhof jedenfalls begeistert. Nur die beschädigten Atlanten am Portal V trüben das Gesamtbild und sollten noch restauriert werden.

  • Erst "zu viel Reko", jetzt "zu wenig Reko" - der Journaille kann man es wirklich nie recht machen.


    Tja, so ist es doch immer. Was wurde nicht alles über die Frauenkirche gemotzt und geschrieben. Als dann eröffnet wurde, will plötzlich niemand mehr dagegen gewesen sein.


    Gleiches beim Stadtschloss. Ich weiß gar nicht, ob bis auf einen Teil der Springerpresse überhaupt ein anderes größeres Magazin, eine andere Zeitung oder jemand aus dem Feuilleton bis letztes Jahr positiv über das Schloss berichtet hat. Die Kübel, die an Kritik, Häme und Spott über dem Projekt und auch persönlich über Herrn von Boddien ausgegossen wurden, kann man gar nicht zählen.


    Und jetzt, kurz vor der Eröffnung, da dreht man sich wie das Fähnchen im Wind, denn jetzt, wo absehbar wird, wie groß der Erfolg des Projekts wird, wollen natürlich wieder alle dabei sein. Dann tummelt man sich zur Eröffnung gern am Buffet und nimmt den Champus auch gerne mit. Das ist in weiten Teilen leider unser Journalismus heute.


    Ich erinnere mich in diesem Kontext an einen Artikel eines Autor, das muss so vor eineinhalb Jahren gewesen sein, in dem er den Rohbau des Schlosses auf übelste diffamierte (ja, den Rohbau). Die Absurdität des Artikels ist mir noch heute in den Ohren hängen geblieben.


    Man könnte das ja alles als Lernprozess sehen, als steinigen Weg zur Erkenntnis, dass in bestimmten, sehr kleine Arealen deutscher Städte Rekonstruktionen doch einen Beitrag zur Identitätsstiftung, zur Stadtreparatur und zur Verschönerung unserer Städte leisten können. Nur leider sind es genau diese Leute, die eine neue Rekoidee wieder genauso verteufeln werden wie das Stadtschloss. So war es beim Potsdamer Stadtschloss, der Garnisonskirche, der Frankfurter Altstadt, dem Neumarkt...


    Ich finde diese Art des Journalismus in Teilen wirklich schwierig, weil ihr die Wahrhaftigkeit und Glaubwürdigkeit abhanden gekommen ist.


    Daher ist es bemerkenswert, dass es nun gerade diese Leute sind, die ursprünglich am liebsten gar kein Schloss wollten, jetzt bedauern, dass es nicht mehr Schloss wurde. Man hätte in den eigenen Blättern ja mal positive Stimmung für das Schloss machen können. Dann wäre viel mehr Schloss drin gewesen, nicht nur was die Fassaden angeht, auch im Inneren. Man sollte sich manchmal also mal an die eigene Nase fassen.

    Einmal editiert, zuletzt von Odysseus ()