Stadtschloss Berlin: Der Thread für den Wiederaufbau


  • Zudem nehme ich den zahlreichen "Verteidigern" des unschönen Ostflügels hier im Forum nicht ab, dass sie diesen für gelungen halten. Geht es euch denn nur darum, dass jetzt möglichst schnell das Schloss fertig gebaut wird - egal um welchen ästhetischen Preis? Lieber aus Prinzip ein potthässliche Rasterwand, als nochmal Umplanen?


    Ich halte jede Ostfassade für gelungener als Braunfels' geplante Amputation der gesamten Schlosskomposition. Den Schlüterhof hin und her zu schieben wie eine Topfpflanze ist völlig inakzeptabel.


    Wenn ihr ganz sachlich sagt, es ist bedauerlicherweise wohl zu spät für eine Änderung, dann gebe ich auch absolut recht. So zu tun, als wären die Gegner des Stella-Ostflügels alle Populisten und Nervensägen, zeugt aber von wenig Toleranz.


    Natürlich sind es Nervensägen. Sie reiten auf einem Thema rum, das lange abgehakt ist. Und ohne wahrscheinlich zweistellige Millionen kosten und jahrelange Verzögerung auch nicht geändert werden kann. Zudem kaufe ich diesen Leuten nicht ab, dass ihnen erst seit fortschreiten der Bauarbeiten auffällt, wie unschön die Stellafassade ist.
    Sie sind offensichtlich erst seit Braunfels' Vorschlag der Meinung, man müsste hier aktiv werden. Das zeugt weder von einer intensiven Beschäftigung mit dem Gesamtvorhaben, noch von einem Sinn für die baulichen Realitäten. Darum sind es für mich Nervensägen.
    Deshalb hat ihnen hier trotzdem keiner das Recht abgesprochen, sich in einer Initiative oder einem Verein zusammenzutun. Ich frag mich woher dieser Vorwurf rührt.

  • Ich habe heute die Gründungsversammlung der Bürgerinitiative "Offenes Schloss" besucht, und ich war doch positiv überrascht. Ich war ja anfangs eher skeptisch bezüglich des Anliegens des offenen Schlosses, doch diese Veranstaltung hat mich dann doch überzeugt.


    Zunächst erklärten die Initiatoren das Anliegen der Intiative. Demnach hätte das alte Schloss den Nachteil gehabt, dass es nur in Richtung Westen orientiert gewesen wäre, während es dem Osten seine Rückseite zugekehrt hätte. Heute wäre die Öffnung nach Osten durch den Großen Freiraum zwar vollzogen worden, der aktuelle Entwurf würde sich diesem Freiraum aber verschließen. Diesen Mangel will die Initiative durch den Verzicht auf den Ostflügel beseitigen. Durch die Orientierung des Schlosses nach Westen und Osten soll zugleich auch ein Zeichen für das Zusammenwachsen von Ost und West als auch von Tradition und Moderne gesetzt werden.


    Konkret ging es auf der Versammlung um die Formulierung eines Gründungsaufrufes und die Wahl eines Sprecherkreies. Für den Gründungsaufruf hatten die Initiatoren einen ersten Entwurf vorgelegt, dieser fand aber nicht die Zustimmung der Mehrheit. Daraufhin wurde in einem sehr offenen und demokratischen Verfahren ein neuer Gründungsaufruf formuliert, dabei wurde über jeden Satz abgestimmt und jede Anregung aus dem Publikum zur Abstimmung gestellt. Am Ende ist ein Text herausgekommen, der einstimmig angenommen wurde und den ich auch gut finde. Die ganze Veranstaltung fand in einer sehr sachlichen und konstruktiven Atmosphäre statt, wozu auch die professionelle Arbeit der fünf Initiatoren beitrug.


    Vor allem aber hat mich überzeugt, dass dieses Projekt offenbar zur Versöhnung der Stadt und zur Beendigung der Grabenkämpfe zwischen Traditionalisten und Modernisten beitragen kann. Denn auf der Veranstaltung waren sowohl überzeugte Modernisten als auch eingefleischte Traditionalisten vertreten. Die Modernisten erklärten, dass sie eigentlich gegen den Abriss des Palastes der Republik und den Bau des Schlosses gewesen wären, dass sie durch das offene Schloss aber mit dem Projekt versöhnt würden. Die Traditionalisten erklärten wiederum, dass sie eigentlich immer den großen Freiraum gehasst hätten. Mit einem offenen Schloss und Barockfassaden als Zielpunkt aber würden sie diesen Raum ganz anders empfinden, nämlich als einen Barockgarten, der sie an den Park von Versailles erinnern würde. Diese Äußerungen haben mich dann doch zu der Überzeugung gebracht, dass diese Offnung vielleicht doch einen guten Beitrag zur Versöhnung der Stadt beitragen könnte.


    Als nächstes Ziel ist die Einleitung einer Volksinitiative geplant, hierfür sollen 20.000 Unterschriften gesammelt werden. Weitere Infos gibt es unter:


    www.offenes-schloss.de


    Hier ist auch eine gute Visualisierung des Blicks vom Schloss zum Fernsehturm zu finden.


    Ich finde das Unternehmen auch nicht völlig aussichtslos. Es gibt ja schon erste Politiker, die den Vorschlag unterstützen. Daniel Buchholz, der Stadtentwicklungsexperte der SPD-Fraktion, hat sich schon positiv zu dem Vorschlag geäußert.

  • Ich habe heute die Gründungsversammlung der Bürgerinitiative "Offenes Schloss" besucht, und ich war doch positiv überrascht.


    Warum bin ich jetzt nicht überrascht? Letztendlich geht es auch dir ausschließlich um die Verhinderung oder zumindest Diskreditierung des Baus - aus den immer gleichen ideologischen Gründen. Es langweilt ehrlich gesagt.:Nieder:

  • Angesichts der Fotos scheint die Gründungsversammlung ja zu keiner Volksbewegung angeschwollen zu sein. Wenn man die üblichen Spione und Presseleute abzieht können da keine 100 Leute gesessen haben. Angesichts des Medienrummels in Berliner Zeitung und Tagesspiegel ein schwaches Bild.


    Da hat es für orchideenhaftere Themen deutlich mehr Zuspruch gegeben. Insofern sollten wir trotz der Begeisterung von Klarenbach und wieder mehr dem Bau widmen.

  • Demnach hätte das alte Schloss den Nachteil gehabt, dass es nur in Richtung Westen orientiert gewesen wäre, während es dem Osten seine Rückseite zugekehrt hätte.


    Nach Osten hatte das Schloss nicht seine Rückseite zugekehrt, sondern dort war es in die Umgebung verwachsen und eingebunden. Kann man an alten Fotos sehr gut sehen.


    tel33 kann ich da im Grunde nur zustimmen. Was sich hier teilweise ausgedacht wird, um den Bau zu verhindern, ist schon haarsträubend.

  • Angesichts der Fotos scheint die Gründungsversammlung ja zu keiner Volksbewegung angeschwollen zu sein. Wenn man die üblichen Spione und Presseleute abzieht können da keine 100 Leute gesessen haben. Angesichts des Medienrummels in Berliner Zeitung und Tagesspiegel ein schwaches Bild.
    .


    Was nicht ist, kann ja noch werden. Es war einen Gründungsversammlung. Da kann man wohl kaum erwarten, dass hier ein Volksauflauf stattfindet. Ich würde mal sagen: Abwarten.

  • Mir ist nicht klar, warum sich hier einige Stimmen so laut gegen das offene Schloß erheben. Ich frage jetzt mal ganz konkret nach, damit wir in dieser Diskussion verstehen, wovon wir reden:


    Ist es:


    1) weil die ursprüngliche Kubatur so wichtig ist?
    2) weil die Stella-Fassade einen aufregenden Kontrast zu den drei Barockfassaden darstellt?
    3) weil der Schlüterhof umgedreht wird und insofern historisch inkorrekt ist?
    4) die Angst, dass der Schloßbau nun in Gefahr ist?


    Mir persönlich war das Thema immer eher egal. Ich konnte mit dem PdR nie etwas anfangen und einen Wiederaufbau des Schlosses fand ich immer eher uninteressant, bzw. ich hätte mir ein wie auch immer geartetes "Anderes" vorgestellt. Aber da es keine besseren Ideeen gab (die ich auch nie hatte), dachte ich: warum nicht.


    Doch seit dieser Variante mit dem offenen Ostflügel spüre ich zum ersten mal so etwas wie Begeisterung für das Projekt. Diesen Hof empfinde ich wirklich als einen Mehrwert für die Stadt.


    Wenn der Grund der Ablehnung auf Punkt (4) beruht, dann sollten die Gegner m.E. wirklich einmal in sich gehen und darüber nachdenken, ob man für eine mögliche Verzögerung des Projektes nicht die Vorteile eines tollen Stadtraums in Kauf nehmen kann.

  • Demnach hätte das alte Schloss den Nachteil gehabt, dass es nur in Richtung Westen orientiert gewesen wäre, während es dem Osten seine Rückseite zugekehrt hätte.


    Bei aller Begeisterung für das offene Schloß finde ich diese Formulierung genauso scheinheilig und weit hergeholt wie die Argumente dagegen ("historisch inkorrekt", "die Kubatur ist wichtig", etc).


    Die Stella-Fassade hat bisher noch nie jemanden begeisert, sondern war immer eine Art Kompromiss. Die Variante, die am wenigsten Gegner hatte.

  • ^
    Ja, wahrscheinlich ist es 4. Mir ginge es persönlich jedenfalls um 4.


    Dieser offene Hof geht davon aus, dass die Gegenüberliegende Fläche nicht wieder bebaut wird.


    Und nein, die meisten werden sicherlich keine Verzögerung eines weiteren öffentlichen Bauprojektes in Berlin in Kauf nehmen. Schon gar nicht der Bundestag der den jetzigen Bau so wie er jetzt vollzogen wird auch beschlossen hat.


    Nun kommt die Bürgerinitiative wohl aber erheblich zu spät. Für den Bau des Ostflügels wurden in diesen Tagen die ersten Schaltafeln aufgestellt. In wenigen Wochen wird sie nicht mehr nur den Baustopp sondern auch den Abriss bereits gebauter Teile des Ostflügels fordern müssen.


    Wie man das dann dem Steuerzahler erklären will?

  • ^
    Danke für Deine konkrete Antwort.


    Dieser offene Hof geht davon aus, dass die Gegenüberliegende Fläche nicht wieder bebaut wird.


    Das sehe ich nicht in unbedingt Stein gemeißelt.


    Nun kommt die Bürgerinitiative wohl aber erheblich zu spät. Für den Bau des Ostflügels wurden in diesen Tagen die ersten Schaltafeln aufgestellt. In wenigen Wochen wird sie nicht mehr nur den Baustopp sondern auch den Abriss bereits gebauter Teile des Ostflügels fordern müssen.


    Ja, die BI kommt definitiv zu spät.
    Wenn die BI nun aber clever und kompetent ist, dann beschränkt sie sich nicht nur aufs Schreien und Fordern, sonder kommt sie schnell mit konkreten Alternativplanungen bzw. Berechnungen, damit sich Entscheidungsträger konkret mit dem Vorschlag beschäftigen können/wollen.



    Wie man das dann dem Steuerzahler erklären will?


    Sollte der gesamte Bau dadurch nicht auch 100Mio günstiger werden? Eine ähnlich geartete grobe Rechnung machte einmal die Runde. Natürlich kommt durch die Umplanung wieder etwas obendrauf, aber Einsparungen müssten sich auf alle Fälle erzielen lassen. Ohne dass ich jetzt wirklich Ahnung von den Kosten habe.

  • ^
    Die Rechnung würde mich mal im Detail interessieren.


    Und für eine detaillierte und seriöse Umplanung müsste sich die BI mit dem Architekten und den künftigen "Bewohnern" zusammensetzen. Dafür ist der Zug längst abgefahren.

  • "Offenes" Schloss?


    Ohne den ästhetischen Charme des "offenen Schlosses" vollkommen in Abrede stellen zu wollen (auch und gerade im direkten Vergleich zur kalten Stella-Fassade), so krankt diese behauptete "Offenheit" daran, dass die Spree vor dem dann offenen Hof verläuft, so dass diese umarmende Geste der offenen Flügel etwas Ironisches oder sogar Perfides bekommt: Wie eine Mutter, die mit offenen Armen auf das von der anderen Seite des Baches auf sie zurennende Kind wartet.


    M.a.W.: Diese "Offenheit", diese Orientierung auch zum Osten hin hat doch etwas bloß Fingiertes, ist mehr Behauptung oder Schein als Realität. Diese signalisierte "Offenheit" kontrastiert mit der Schranke des Flusses und wirkt daher auf mich irritierend-zwiespältig, wirkt wie eine einladende Geste, der man gar nicht direkt folgen kann. Man müsste vor dem offenen Hof schon eine breite Brücke bauen, aber angesichts der bereits bestehenden Brücke kann das wohl niemand wollen und ist offenbar auch nicht angedacht.

  • Bato, also auch bei Dir Punkt 4?


    (Was die BI jetzt daraus macht, ist eine andere Frage. Ein bloßes Abstimmen über Formulierungen reicht nicht. Das Projekt ist bereits so weit fortgeschritten, dass man Entscheidungsträger ganz fest und schnell überzeugen muss. Dem räume ich allerdings wenig Chancen ein, da sich Politiker und andere Entscheidungsträger wahrscheinlich nicht mehr daran verbrennen wollen.)

  • ^
    ^
    Offenheit wird im architektonischen/stadtplanerischen Kontext üblicherweise doch nur optisch (zB Sichtachsen, Freiräume) verwendet und bezieht sich eher selten auf Laufwege (Paradestraßen etc).

  • Diese Debatte ärgert mich allein schon deshalb, weil sich die Befürworter der Schlossfassade ständig dem Vorwurf ausgesetzt sahen, diese Rekonstruktion sei "Disneyland".
    Um den Vorwurf zu entkräften, wurden detailgetreu auch alle Fehler der alten Baumeister, Sicken und Verwerfungen mit rekonstruiert.
    Den historischen Ostflügel hätte man bei Einhaltung der Detailtreue nur unter großen Schwierigkeiten der geforderten Innennutzung entsprechend gestalten können. Also hat man sich (etwas entnervt) der Forderung gebeugt, die Ostseite modern gestalten zu lassen.


    Und jetzt soll plötzlich "Disneyland" die einzig wahre Alternative zur Moderne sein? :lach:

  • ^^ Bist Du sicher? Die Beispiele, die mir einfallen, beinhalten immer die Möglichkeit einer direkten Zugänglichkeit. Gibt es ein namhaftes Beispiel, wo die offenen Flügel eines Bauwerks direkt vor einem Fluss hingebaut wurden?

  • Diese Debatte ärgert mich allein schon deshalb, weil sich die Befürworter der Schlossfassade ständig dem Vorwurf ausgesetzt sahen, diese Rekonstruktion sei "Disneyland".


    Das ist mir dann doch ein bisschen zu schwarz/weiß. Das impliziert, dass es nur zwei Meinungen dazu gibt und dass die Befürworter des offenen Flügels auch automatisch die Gegner des Schlosses sind.

  • ^^ Nein, ich glaube nicht, dass die Braunfels-Befürworter Schlossgegner sind, zumindest nicht die meisten.
    Aber die Debatte kommt viel zu spät und ist jetzt überflüssig wie ein Kropf.
    Letztendlich verstört diese Initiative potentielle Spender.


    Übrigens habe ich gestern den Baustein "J 36" gespendet. :cool:

  • The fat lady has sung ... and left the theatre. Zu deutsch. Da sind alle Messen gesungen. Die Idee der Bürgerinitiative finde ich durchaus erfrischend, aber deren Anliegen sind defenitiv zu spät vorgetragen.
    Ein Sturm im Wasserglas.