Stadtschloss Berlin: Der Thread für den Wiederaufbau

  • Begrenzt begrenzt Herr Kollege, man sollte nicht von den wenigen Ausnahmen auf das gesamte Werk schließen!

  • Beide Artikel sind grottenschlecht. Keiner von beiden nimmt wirklich auf das Gebäude Bezug, seine historische Bedeutung, seine künftige Funktion oder gar den Sieger-Entwurf, der beides zu verbinden versucht. Beide missbrauchen das Stadtschloss nur als Aufhänger für eine Grundsatzdiskussion nach Schema F.


    Tietz versucht uns wieder einmal vorzumachen, wie viel besser Berlin aussehen könnte, wenn man die Architekten nach der Wende nur hätte machen lassen. Auf die Idee, das ein Potsdamer Platz so nichtssagend aussieht, gerade weil man die Architekten hat machen lassen, kommt er nicht. Ansonsten werden sämtliche Dämlichkeiten, die sich die Rekogegner bisher ausgedacht haben, von Tietz erneut angeführt. Der ganze zusammenhanglose Quatsch, bis hin zu dem Unsinn, das die Finanzkrise das Projekt schon noch stoppen wird. Das ganze Pamphlet ist schlimmste Gehirnwichse, für den sich der Architektenstand wahrlich schämen darf.


    Stimpel macht es leider auch nicht besser. Auch er führt eine abgehobene Grundsatzdiskussion und versucht dabei die Rekonstruktion als "Bauen im imaginären Bestand" zu rechtfertigen. Totaler Blödsinn! Das ist in etwa so, als wenn man einen Nazi davon überzeugen will, das er den Deutsch-Türken nicht verprügeln darf, weil der ja auch irgendwie ein Deutscher ist. Intolerante Dogmatiker kann man nicht mit Spitzfindigkeiten beschwichtigen. Außerdem argumentiert er sachlich falsch. Das Stadtschloss von Stella ist ein Neubau, das Bild ist dabei genauso neu wie der Stein. Nicht nur das Material auch das Aussehen wird nicht Original sein, sondern nur wie im Original.


    Den Vorwurf der Fälschung kann man nicht entkräften. Die Rekonstruktion ist per Definition nur Kopie eines Originals und kein imaginäres Bildoriginal.
    Prof. Dr. Ullrich Schwarz sagt es hier ganz deutlich.
    Frage: Welche Rolle spielt für Sie die Authentizität oder Nichtauthentizität von Rekonstruktionen?
    Antwort: Was da entsteht, sind zeitgenössische Gebäude.


    Das Humboldt-Forum ist nicht das echte Stadtschloss und will es auch nicht sein. Es ist ein hundertprozentig in die Zukunft gerichtetes Bauwerk. Erdacht für eine Zeit, wenn die Stunde-Null-Mentalität der deutschen Nachkriegsordnung längst selbst Geschichte sein wird. Wenn eine neue Generation von Deutschen sich ihrer Herkunft und ihrer Zukunft versichern wird, indem sie einem tiefen Blick in ihre Vergangenheit wirft. Diese Sicht auf die Vergangenheit wird dann genauso selektiv und fehl gedeutet sein, wie die Videoabende des Guido Knopp. Aber es werden ganz andere Aspekte der Geschichte sein, die von einer anderen Gesellschaft anders interpretiert werden. Und diese Geschichte wird dann sicher nicht mit dem Fazit enden, das vor 1945 alles nur scheiße war. Das Humboldt-Forum ist ein Neubau, der sich lediglich einer Formensprache bedient, die von einigen Legasthenikern fälschlicherweise für Obsolet erklärt wurde. Weil diese sich keine Zukunft vorstellen können, in der die Hohenzollern für die Deutung der deutschen Geschichte eine ebenso wichtige Rolle spielen werden, wie sie heute den lächerlichen 12 Jahren von Adolf Hitler zugesprochen wird.

  • Die Mopo berichtet am 8.2. davon, dass die rot-rote Koalition das Thema Rekonstruktion des alten Stadtquartiers oder Marx-Engels-Forum in derzeitiger Form in den Mittelpunkt der Debatten rücken will.
    Dabei ginge es darum, den städtebaulichen Bereich zwischen dem neu zu erbauenden Schloss und dem Fernsehturm zu gestalten.


    Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung vom Senat dazu aufgefordert, bis Ende April "stadtentwicklungspolitische Grundsätze zur Gestaltung des grüngeprägten öffentlichen Stadtraums" bis zum S-Bahnhof Alexanderplatz vorzulegen.


    Ex-Senatsbaudirektor Hans Stimmann gab vor kurzem schon einmal seine Vorstellungen dazu bekannt die Rekonstruktion des einstigen Quartiers zwischen Marienkirche und Rotem Rathaus zu befürworten.
    Die Regierungskoalition sähe dies aber anders und möchte nicht gleich das Marx-Engels-Forum in Frage stellen.

    Link Mopo

  • Naja, so unbedingt erhaltenswert finde ich das Marx-Engels-Forum nicht. Die Parkanlage ist ein nicht sehr ansehnliches Hundeklo das dem (absolut wichtigen) Marx-Engels Denkmal die Wirkung nimmt.
    Im Rahmen einer größeren Umzugsaktion könnte ich mir folgende Lösung vorstellen: Marx und Engels kommen an die Stelle des Neptunbrunnens. Der Neptunbrunnen wiederum kommt zurück auf den Schlossplatz. (Optional: anstelle des geplanten Einhieitsdenkmals wird außerden das Nationaldenkmal rekonstruiert. )
    Und, nicht gerade in der Nachbarschaft, aber wenn man schon dabei ist, sollte natürlich auch Bismarck zurück vor den Reichstag versetzt werden.

  • Marx&Engels vor das Rathaus? Uhh... ob das gut geht.
    Zwar passt der Neptunbrunnen optisch zum "Rathausplatz" wenig dazu (das ganze ist sowieso ein furchtbarer Mischmasch aus unterschiedlichsten Stilen) aber ob Marx&Engels die Aufabe besser erfüllen würden glaube ich nicht.
    Mein Vorschlag wäre die Skulptur irgendwo auf die KarlMarx-Allee zu setzen. Da würde sie rein namenstechnisch doch auch hingehören. Das hört sich jetzt vieleicht wie Abschiebung an, ich sehe das jedoch ganz anders: Die KM-Allee ist ein architektonisches Highlight, das nur leider viel zu wenig Touristen besuchen. Mit der Skulptur zB. am Strausberger Platz würde die Straße bei weitem mehr Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Vom Alexanderplatz als Pflichtbesuch könnte ich mir durchaus einen Spaziergang bis zum Strausberger Platz für viele Touristen vorstellen um die Skulptur zu sehen. Leider ist zwar der Abschnitt der KM-Allee wenig sehenswert, vom Strausberger Platz aus kann man aber den sehenswerten Abschnitt einblicken und der Anblick könnte dann durchaus noch zum Weiterflanieren einladen. Man muss den Straßenzug bissl mehr promoten. ;)

  • Der Entwurf von Stella muss überarbeitet werden. Da das Büro von Stella dafür zu wenige Mitarbeiter hat, soll nun ,nach der Morgenpost, das Büro von Hilmer & Sattler mit der Entwurfs- und Ausführungsplanung beauftragt werden. Bei der Kostenberechnung und der Bauleitung bekommt Stella womöglich Unterstützung von Gerkan, Mark und Partner. Bei den anderen Architekten, die am Wettbewerb teilgenommen haben, in diesem Artikel besonders Jan Kleihues, herrscht teilweise große Enttäuschung darüber, dass nicht alle Preisträger die Chance bekommen, ihre Entwürfe zu überarbeiten, wenn Stella mit dem Auftrag überfordert sei.


    http://www.morgenpost.de/berli…Stella_braucht_Hilfe.html

  • Wow...das ist ja um einiges teurer...:nono:
    Dabei ist Stellas moderner Ostanbau doch vergleichsweise bescheiden und dürfte bei weitem günstiger ausfallen, als die Entwürfe der anderen. Ich frage mich, was Stellas Entwurf so teuer macht... Etwa die zusätzlichen historischen Fassaden, die er noch rekonstruieren will? Hoffe die werden jetzt nicht gestrichen... Das war doch das besondere an seinem Konzept. Eben nicht nur ein bloßer Schlossvorhang vor einem modernen Betonkasten.
    Ich finde ja, die sollten mal nicht so geizig sein. Überall wird immer erwähnt wie wichtig dieser Bau doch sein soll, dass dann aber jeder Cent zwei mal umgedreht wird, passt dazu gar nicht und ist einfach nur peinlich.:Nieder:
    Die "Experten" haben womöglich von Anfang an falsch kalkuliert. Wenn man bedenkt, dass Chipperfields viel, viel kleineres Neues Museum schon über 200 Mio kosten soll...

  • Treverer:
    Der Verzicht auf die Rekonstruktion der Fassaden des Großen Schloßhofes wurde schon kurz nach der Wettbewerbsentscheidung vom Bundesbauministerium gefordert, das damit freilich auch der Jury in den Rücken gefallen ist (siehe Beiträge #466 ff.).


    Die Überschreitung der Kostengrenze war zwar abzusehen. Ob die Berechnung des AIV belastbar ist, kann man aber wohl bezweifeln. Die Innengestaltung des Neubaus steht ja noch nicht fest, und auch die Details der Außenfassaden und die Materialien sind noch nicht im Detail bekannt.


    Ich gehe auch davon aus, daß Stellas Entwurf noch empfindliche Abstriche erfahren wird, weil der Mut zu einer konsequenten Umsetzung des Schloßprojekts fehlt (sonst würde man sowieso den Neubau "Schloß" nennen und nicht "Humboldtforum" - AvH würde sich im Grabe herumdrehen).

  • Neue Aufgabe für Philipp Oswalt

    Der wohl bekannteste Gegner des Berliner Schlossprojekts aus der Architektenschaft soll Chef des Bauhauses werden. Dazu veröffentliche Spiegel Online das verlinkte Interview.
    http://www.spiegel.de/kultur/g…aft/0,1518,608850,00.html


    Philipp Oswalt hatte sich insbesondere gegen die Aktivitäten des "Fördervereins Berliner Schloss" um Wilhelm v. Boddien gewendet, teilweise allerdings mit Äußerungen, die über faire Kritik sehr deutlich hinausgingen.
    http://www.welt.de/print-welt/…n_des_Stadtschlosses.html


    Eine allerdings durchaus interessante, wenn auch natürlich kritische Begleitung des Schlossprojekts erfolgt unter Verantwortung P. Oswalts auf der Seite:
    http://schlossdebatte.de/


    ------------------------
    Nachtrag (23.02.09): Eine "Arbeitsgemeinschaft Schlossplatz" hat nun erneut angebliche "merkwürdige Auffälligkeiten" (sic!) beim Förderverein Berliner Schloß festgestellt. Es handelt sich letztlich um alte Vorwürfe (Vereinsname, Spendenpraxis). Begründung dafür, daß das DZI-Spendensiegel vor diesen Vorwürfen nicht schützt: UNICEF sei auch gemeinnützig, und auch da habe es Ungereimtheiten gegeben.
    Link: http://www.openpr.de/news/2847…-Webseite-geschaltet.html

    3 Mal editiert, zuletzt von T. W. () aus folgendem Grund: Vorwürfe gegen Boddien erneut erhoben (siehe Nachtrag)

  • In der Kunstzeitschrift Monopol (Nr.3/2009) gibt es ein paar neue Spaßentwürfe zum Humboldtforum a.k.a. Stadtschloss zu sehen, welche die Künstler in ihrer Hybris auch gleich an Wolfgang Tiefensee versandt haben. Auch diese Aktion der Fassadengegner wäre nicht weiter wichtig, hätte nicht ein Künstler geschafft, was ich bisher für unmöglich hielt. Eine glaubwürdige Verbindung des Palastes der Republik mit dem Stadtschloss. Ich bin nach wie vor der Meinung, dass man die Architekturstile nicht mixen sollte. Aber wenn schon, dann so! Mit echtem Bling-Bling. Das schaut irgendwie cool aus. :cool:

  • Ich seh dem ganzen Schlossaufbau sowieso recht skeptisch gegenüber. Ich bin der Meinung, man brauchte nur schnell einen Grund um Erichs Lampenladen abzureißen, und schon bald wird sich herausstellen, dass ganz plötzlich doch kein Geld mehr da ist (Finanzkrise !!!)und wir dann die nächsten 20 Jahre ne schöne Wiese da haben.


    Hoffen wir das Gegenteil ;)

  • Ta-daa! - Neuigkeiten vom Schloß!

    Da mußte ich ja schon anfangen zu suchen, um diesen Thread wieder hervorzukramen.


    Die FAZ berichtet von einer Podiumsdiskussion gestern (war zufällig jemand da?), bei der HG Merz (Sanierung d. Staatsoper) die Entwürfe von Stella und Kuehn Malvezzi einmal mehr gegenübergestellt bzw. gegeneinander ausgespielt hat.


    Nach Meinung des Autors (A. Kilb) zielte Merz dabei aber mehr auf die vorgeschlagenen Lösungen zum Innenausbau ab, insbesondere auf die Problematik um den Großen Schloßhof. Stellas Vorschlag dürfte nach seiner Meinung gute Chancen haben, als Kompromiß umgesetzt zu werden.
    (scil.: Aus Kostengründen aber wohl ohne die Schloßhoffassaden, die im Kontrast mit den - so Kilb - "schmucklosen Kuben" gerade den Reiz des Stella-Entwurfs ausmachten.)


    In der weiteren Diskussion sei wieder stärker über die Fassaden gestritten worden. Diese Debatte ist der reinste Wiedergänger. :nono:


    Link: http://www.faz.net/s/RubCF3AEB…Tpl~Ecommon~Scontent.html

  • Oh Mann...die Diskussionen über die Einsparungen von Baukosten reißen nicht ab. So schlägt die Senatsbauverwaltung etwa vor auf die vollständige Rekonstruktion der historischen Kuppel sowie auf die vollständige Überbauung des Eosanderhofs und das Aussichtsbauwerk "Belvedere" verzichten. :nono:


    Link Berliner Kurier

  • Themenverwandt, deswegen füge ich es mal in dieses Thema ein:


    Der folgende ZEIT-Artikel aus dem Februar 2009 weist auf einen anderes Projekt von Franco Stella aus den 90er Jahren im Berlin-Brandenburgischen Raum hin.


    http://www.zeit.de/2009/09/WMHI


    Um mir einen Eindruck vom Stil Stellas zu machen und mir dabei zu helfen mir eine Meinung zu bilden bin ich nun mal hingefahren.


    Es kann sicher nicht schaden auch dieses Gebäude einmal gesehen zu haben.


    Bilder: Stunden
    VORNE


    HINTEN


    MITTELTEIL


    TURM

  • Daumen hoch, dass du dort extra hingefahren bist und uns Fotos mitgebracht hast.
    Das Gebäude gefällt mir allerdings sehr wenig. Es wirkt viel zu mächtig, ein richtiger Block, erinnert an Holzbausteine mit denen ich als Kind gespielt habe. Leichtigkeit war wohl nicht das Motto. Die Türme machen das Gebäude leider auch nicht interesanter - im Gegenteil wirken sie auf mich ziemlich schroff. Die Fenster gähnen einem regelrecht engegen. Eher schwache Leistung.
    Aber ich denke nicht, dass man das auf das Schloss übertragen kann.

  • ui... hoffentlcih war das ein fruehes werk von ihm oder ein entwurf vom azubi. das gebäude ist meiner meinung nach völlig disproportioniert. ganz übel ist auch der wechsel von dachziegeln zu metall für die türmchen.

  • Das ein Tunnel nicht realistisch war sollte klar gewesen sein. Bereits die Probleme die durch den ungleich sinnvolleren U-Bahntunnelbau entlang einer extrem schwierigen Trasse entstehen, zeigt wie absurd der Vorschlag war.
    Zur Erinnerung: Es hätten die S-Bahn, die U-Bahnen 5 und 6, der alte Straßenbahntunnel zwischen Staatsoper und Gorkitheater, der Kupfergraben und die Spree unterquert werden müssen. Und dies wegen der parallel verlaufend U5 in einer Tiefenlage, die enorme Rampen vor dem Brandeburger Tor und in der Karl-Liebknecht Straße erfordert hätten. Defacto ein zwieter Tiergartentunnel, nur eben - und dies ist wichtig - in bereits dicht bebautem Gebiet mit Gebäuden und Tunnelbauwerken aus vielen Jahrzehten, Jahrhunderten.

    Und für was das alles? Damit man ohne Behinderung vom Schloss zu Dom spazieren kann? Der Durchgangsverkehr sollte doch eher um die Innenstadt als durch die Innenstadt geleitet werden, Verkehr sollte vermieden statt gefördert werden.


    Zur Rathausbrücke:
    Ich denke das historische Vorbild ist kein muss, die moderne Brücke zu bauen kein Sündenfall. Bis heute bin ich nicht so recht sicher, ob das Experiment am Bodemuseum mit der neuen Brücke im historisierenden Kleid wirklich gelungen ist. Zu deutlich ist erkennbar, dass die Spannweite und die vorgegaugelte Steinkonstruktion nicht im Einklang stehen. Trotzdem bleibt anzuerkennen, dass die 2te, erhaltene Brücke nun einmal das Design der anderen mitbestimmen musste.
    Im Falle der Rathausbrücke ohne diesen Aspekt nun auch so einen Zwitter zu bauen hätte ich peinlich gefunden...


    D.

  • Bezüglich der Rathausbrücke:
    Wir machen uns in Deutschland viel zu viel Gedanken über Legitimation. Wieso "peinlich"? Vor wem denn? Wer ist es denn vor dem sich der deutsche Bauherr pausenlos verantworten muss? Das ist weltweit sicher einmalig wie wir uns den Kopf darüber zerbrechen ob man oder doch nicht. Ich finde es hier wichtig sich an historischer Gestaltung zu orienteren. Dabei muss man meines Erachtens garnicht "rekonstruktiv" tätig werden. Das Resultat muss auch nicht auffallen im Sinne von "oh wie pittoresk", es sollte am besten garnicht auffallen, denn: die Ecke verträgt einfach (va. im Hinblick auf die Zukunft) nicht mehr Heterogenität. Das genau hätten wir mit einem modernen Bau wieder mal erfolgreich erreicht: ein Hingucker weil nicht hierherpassend.