Dresden: Kulturpalast

  • Urbanität wird erzeugt durch:


    - Bebauung mit hoher städtebaulicher Dichte, kompakte bauliche Strukturen

    - Wechsel von Bebaung und Grünflächen

    - Nutzungsmischung

    - Kurze Wege, sinnvolles Wegenetz

    - Kleinteiligkeit

    - Hochwertige, abwechlungsreiche Fassaden



    Reicht das als Defintion aus? :)

  • Ja, das genügt.

    Inwieweit Urbanität durch Kleinteiligkeit erzeugt wird, will sich mir nicht so recht erschließen - dann wären Baumassen wie Bahnhöfe z.B. komplette Urbanitätskiller - aber interessanterweise wird für gewöhnlich genau das Gegenteil empfunden.

    Nach Deiner Definition müsste Dresden ja in der Zeit des Historismus mächtig an Urbanität verloren haben; und in den 20er und 30er Jahren erst recht. Die Baumassen werden größer, die Kleinteiligkeit nimmt ab.

    Was z.B. den "Wechsel von Bebaung und Grünflächen" im unmittelbaren Zentrum betrifft: Das sah historisch eher mau aus. Die großen Plätze waren alles andere als Grünflächen.

    Nutzungsmischung: Hier sollten wir uns mal ernsthaft fragen, ob wir das heute so wollen bzw. heute wieder/noch so machen würden wie damals. Bäckereien, Schuhmacher, Glaserwerkstätten, Teppichreinigungen, Druckereien und so weiter und so fort. Wie viele Schneider gab es früher, wie viele gibt es heute?

    Und da kommen wir dann zum "elephant in the room", nämlich zur Einwohnerdichte. Ich vermute, heute wird sich niemand mehr die Belegungsdichte der damaligen Zeit zurückwünschen. Aber daraus (und aus einer prinzipiell geringeren innerstädtischen Mobilität) ergab sich erst die Notwendigkeit der Mischnutzungen. Die Wilsdruffer Vorstadt hatte z.B. eine "hervorragende" Mischnutzung aus Wohnen und Gewerbe - aber aus damaliger Sicht war das eher problematisch. Es gab genügend Menschen, die lieber in einer weniger "durchmischten" Gegend gelebt hätten; und der entsprechende Siedlungsbau etwas weiter entfernt vom Zentrum kam nicht von ungefähr...

  • Es gab mal Entwürfe von einem Chemnitzer Architekturbüro, das den Kulturpalast in ein historisierenden Kubus einbinden wollte. Ich war damals absolut davon begeistert und verstehe bis heute nicht, warum das nicht umgesetzt wurde.

    Das Wandgemälde wäre hier erhalten geblieben und Bestandteil einer zusätzlichen Galerie gewesen. Das Ganze hätte dann an die Galleria Vittorio Emanuele II in Mailand erinnert.

    Ich trauere diesem Entwurf bis heute noch nach!

  • Hier läuft gerade eine unglaublich sinnlose Diskussion. Der Kulturpalast ist saniert, ist voll genutzt mit Philharmonie, Cabaret, Stadtbibliothek, Restaurant und Zentrum für Baukultur. Egal wie man das findet - das Haus ist für die nächsten 50 Jahre unantastbar. Daran zu zweifeln wäre Realitätsverweigerung.

  • Hier läuft gerade eine unglaublich sinnlose Diskussion. Der Kulturpalast ist saniert, ist voll genutzt mit Philharmonie, Cabaret, Stadtbibliothek, Restaurant und Zentrum für Baukultur. Egal wie man das findet - das Haus ist für die nächsten 50 Jahre unantastbar. Daran zu zweifeln wäre Realitätsverweigerung.

    Na ja, ganz so einfach ist das nicht. Sollte es im Stadtrat auch nur einmal eine Regierungskonstellation mit Mehrheit für den Abriss geben, wird es eng. Zur Zeit ist eine solche Entwicklung nicht in Sicht, aber diese Option gleich für das nächste halbe Jahrhundert auszuschließen, ist Spekulation.


    Ich sag's mal so: Städtebaulich ist der KP ein Fehlgriff, eine Bausünde. Aber architektonisch ist er eine Ikone der DDR Architektur, die völlig zu Recht Denkmalschutz genießt. Und mittlerweile wurden durch die Randbebauung weitere Tatsachen geschaffen, die eine Wiederherstellung des historischen Stadtgrundrisses faktisch unmöglich machen. Man tut sich wohl eher einen Gefallen, wenn man sich mit der Existenz dieses Klotzes abzufinden versucht.

  • Was für eine theoretische Diskussion. Ob der Stadtrat jemals einem - völlig unsinnigen - Abriss zustimmen würde, sei dahingestellt. Der Stadtrat ist Vertreter der Einwohner von Dresden. Und ich bin mir sicher, dass ich mich mit folgender Prognose nicht zu weit aus dem Fenster lehne: Frag doch mal die Dresdner, ob der Kulti abgerissen werden soll. Ich kann mir nicht vorstellen, dass kaum 10% dem zustimmen würden. Ende Gelände.

  • Ich denke doch, dass es so einfach ist. Welche Stadtratskoalition sollte das denn sein, die den Kulturpalast abreißen will und das dann auch noch gegen alle Widerstände durchsetzen soll? Das ist nicht einmal mit dem unsanierten und ohne vollständiges Nutzungskonzept dastehenden Haus passiert.
    Im Übrigen bestreite ich die städtebaulichen Defizite des Palastes. Als er gebaut wurde, gab es keine Altstadt mehr. Er richtete sich mit seiner Süd- und Westseite nach den damals relevanten Platz- und Straßenräumen aus. Städtebauliche Defizite, wenn es die überhaupt gibt, entstehen durch die Neubauten im alten Gewand auf seiner Nord- und Ostseite, die durch die durchaus nachvollziehbare Rückbesinnung auf frühere Stadtstrukturen hier zu Konflikten führen. Aber was kann da der Kulturpalast dafür?

    Es gab keine Altstadt mehr, weil sich die DDR einen Dreck darum kümmerte was dort vorher stand und wenig Interesse zeigte etwas von dem Wiederaufzubauen was dort evtl. noch als Ruine vorhanden war. Stattdessen wurde lieber meist alles platt gemacht und ohne Beachtung alter Strukturen was neues darauf gebaut. Jetzt wo man versucht das Gebiet entsprechend der alten Stadtstrukturen wiederaufzubauen macht sich das natürlich stark bemerkbar.

  • Es gab keine Altstadt mehr, weil am 13.02.1945 dort alles abgebrannt ist und die Trümmer in den 50er Jahren abgeräumt wurden. Der Kulturpalast entstand in den 60er Jahren.

  • Hier läuft gerade eine unglaublich sinnlose Diskussion. Der Kulturpalast ist saniert, ist voll genutzt mit Philharmonie, Cabaret, Stadtbibliothek, Restaurant und Zentrum für Baukultur. Egal wie man das findet - das Haus ist für die nächsten 50 Jahre unantastbar. Daran zu zweifeln wäre Realitätsverweigerung.

    Es ist Sinn und Zweck eines Architekturforums, über die städtebaulichen Qualitäten eines Gebäudes zu diskutieren. Dies tue ich, indem ich bemerke, dass der Kulturpalast aus meiner Sicht nicht zu einer urbanen Stadtlandschaft beiträgt. In diesem Punkt gehen die Meinungen der Foristen auseinander, was allerdings völlig normal ist. Es geht also nicht um eine verengte Diskussion über Abriss oder Erhalt eines Gebäudes. Es geht vielmehr um die (nicht vorhandene) Qualität des Gebäudes. Der Kulturpalast muss sich - wie jedes andere Gebäude auch - einer solchen Diskussion in einem Architekturforum stellen.

  • Es geht vielmehr um die (nicht vorhandene) Qualität des Gebäudes.

    soso, keine Qualität... naja den Eindruck magst Du von außen betrachtet gern haben. Die meisten Dresdner sehen das freilich anders, da sie mit diesem Gebäude tolle kulturelle Erlebnisse verbinden.


    Und selbst emotionslos, nur die Architektur betrachtend: Der Kulti widerspiegelt die Architektur der 60er Jahre, und die hat eben in Dresden auch stattgefunden.


    Hier immer wieder eine Abriss-Diskussion zu starten ist sinnlos, das Ding gehört zur Stadt und ihren Einwohnern.

  • Hier immer wieder eine Abriss-Diskussion zu starten ist sinnlos, das Ding gehört zur Stadt und ihren Einwohnern.

    Das bezeifelt doch niemand hier. Einen Grund - auch den Dresdnern - Denk- und Diskussionsverbote aufzuerlegen vermag ich aber nicht zu erkennen. Wenn die Dresdner eines Tages genug vom Kulti haben sollten, kommt er wegen weg. Und wenn das nicht geschieht, dann bleibt er halt.

  • Ein selbsternannter Architektur-Fan, wohnhaft außerhalb Dresdens hat uns nun mehrfach mitgeteilt, daß er keine architektonische Qualität des Gebäudes erkennt und, wahrscheinlich auch mangels eigenem Erleben, dem Kulturpalast keinen Beitrag zur Urbanität zuspricht oder den Begriff Urbanität nicht versteht. Dabei sollten wir es belassen. Ich sehe da keine Basis für eine weitere Diskussion.

    Ich erwarte jedesmal Neues zum Neumarkt und stelle dann fest, daß es sich hier weiter im Kreis dreht.

    Dieser meiner Beitrag kann dann auch weg.

  • Es gab mal Entwürfe von einem Chemnitzer Architekturbüro, das den Kulturpalast in ein historisierenden Kubus einbinden wollte. Ich war damals absolut davon begeistert und verstehe bis heute nicht, warum das nicht umgesetzt wurde.

    Hast du vielleicht einen Link oder eine Quelle zu diesen früheren Entwürfen? Der Kulturpalast in einem historisierenden Kubus, das hört sich sehr spannend an.


    Von der Kubatur her wirkt der Kulturpalast sehr flach und gedrungen. Es ergibt sich der Eindruck, dass ein Vollgeschoss fehlt. Die Gebäudehöhe ist vermutlich dem Kubus geschuldet, der das Dach oben abschließt. Dieser Kubus wirkt sehr plastisch, ist aber nicht raumfüllend. Das Gebäude ist einfach zu niedrig.

  • Ich bin nun auch kein Dresdner, empfinde den KP aber auch als hässliche Bausünde und Fremdkörper in einem inzwischen intakten Umfeld am Neumarkt. Der einzige Grund warum das Ding noch steht ist, weil sich DDR-Nostalgiker durchgesetzt haben. In jeder anderen Stadt auf der Welt hätte man keine Sekunde gezögert nach einer Diktatur so einen störenden Klotz sofort den Erdboden gleich zu machen. Nur in Deutschland erhält man so einen Blödsinn.

    Gleiches gilt für die Plattenbauten an der Wilsdruffer Strasse. Die einmalige Chance nach dem Ende der DDR den Neumarkt wieder bis zur Wilsdruffer Strasse zu reparieren ist nun vermasselt worden.

  • Der einzige Grund warum das Ding noch steht ist, weil sich DDR-Nostalgiker durchgesetzt haben.

    Klar, das muss es ja sein. Dass die Philharmonie weiter ein Haus brauchte, spielte ganz sicher keine Rolle...


    Der Kulturpalast erfüllte sowohl vor der Sanierung als auch danach eine ganz wichtige Rolle im Stadtleben - so, wie sie auch andere öffentliche (!) Gebäude wahrnehmen. Wenn man den Kulturpalast abgerissen hätte, hätte man an seine Stelle einen Neubau setzen müssen. Und wie würde ein moderner Neubau aussehen? Eben.

  • Ich erwarte jedesmal Neues zum Neumarkt ...

    Das verstehe ich.


    Daher die Frage an den Moderator, ob man die Diskussion zum Kulturpalast vom Neumarkt-Thread abtrennen und in einen eigenen Thread verschieben könnte? Dann könnte dort über die Architektur des Kulturpalastes weiter diskutiert werden. Und diejenigen würden nicht gestört werden, die gerne Neues zum Neumarkt erfahren möchten.


    Dabei sollten wir es belassen. Ich sehe da keine Basis für eine weitere Diskussion.

    Es zwingt dich niemand, an der Diskussion teilzunehmen. Wenn du keine Basis für eine weitere Diskussion siehst, kannst du dich gerne aus dem Gespräch ausklinken und deine Aufmerksamkeit anderen Dingen widmen.

  • Ich bin kein waschechter Dresdner, sondern lebe erst seit September 2000 in Dresden.

    Immerhin so lange, dass ich sagen muss, dass der Kulti eine zentrale Rolle für die Dresdner spielt. Und ich sehe das absolut genau so!

    Jedoch frage ich mich, ob der Kulti als Kulturinstitution gemeint ist, oder als architektonisches Werk. Das macht nämlich einen großen Unterschied!


    Architektonisch und städtebaulich halte ich den Kulti für ersetz- bzw. veränderungsbar. Die Architektur mag ja dem Zeitgeiste entspringen und ein architektonisches Zeugnis für diese Zeit sein, aber jetzt auch kein Bauwerk, das in Staunen versetzt oder mit der restlichen Bebauung (und Wiederbebauung) in ernsthafte Konkurrenz treten könnte. Meine Meinung.

    Aber dennoch ist genau an dieser Stelle ein Kulturpalast für das Volk mit all seinen Facetten ein fantastischer Gedanke und hat sich seit Jahrzehnten etabliert und in das Herz und die Seele der Dresdner eingebrannt.


    Deshalb fand ich den Entwurf von Chemnitzbau so genial, weil er die Funktion des Kulturpalastes erhalten, aber auch städtebaulich wie architektonisch mit dem Rest des Neumarktes in Einklang gestanden hätte. Ebenso die Gestaltung in Richtung Altmarkt.


    Wie gesagt, ich finde es traurig, dass dieses Projekt nicht umgesetzt wurde. Es wäre ein Gewinn für Dresden gewesen.


    Und zu Allem muss ich natürlich anmerken, dass dies meine subjektive Meinung ist. Andere dürfen meine "Disneyland"-Phantasien gerne kritisieren.

    Die architektonische Bedeutung des Kulturpalastes möchte ich auch nicht in Abrede stellen. Aber städtebaulich wurde dieser Solitär ohne Rücksicht beim Neuaufbau Dresdens entlang der sozialistischen Aufmarschpromenade Ernst-Thälmann-Straße hingeklatscht. Dabei gab es durchaus andere interessante und auch ästhetische Entwürfe, die aber alle in dem genannten Neuaufbau Kontext zu verorten sind. Soweit ich mich daran erinnere, waren alle Entwürfe Solitäre ohne wirkliche Einbeziehung des architektonischen und städtebaulichen Umfeldes.