Memi - Wohnkomplex Memhardstraße

  • Gebäude wie das Memi, die Rathauspassagen der Riegel gegenüber und noch ein paar andere sind natürlich besonders im Fokus weil sie eben nicht nur Wohnungen im Landesbesitz im Zentrum sind - davon gibt es reichlich - sondern eben auch mehr als andere den DDR Städtebau an prominenter Stelle repräsentieren und somit für die Linke unantastbar sind.

    Ich denke dass es bei dem jetzigen Senat zu viel um Symbolpolitik geht. Wenn er wirklich an einer Verbesserung der Mietsituation und des kommunalen Wohnungsbestandes interessiert wäre, würde er wesentlich pragmatischer vorgehen.


    Der kommunale Wohnungsbestand in Mitte ist nicht so gering wie immer behauptet wird und verglichen mit anderen Städten sehr hoch, die soziale Mischung würde nicht darunter leiden, wenn das ein oder andere Objekt aufgegeben würde, darunter auch das Memi. Städtebaulich wäre es auch ein Gewinn, wenn hier anderes entstehen könnte.

    Mit genügend Vorlauf - 5- 10 Jahre z.B - könnte man auch Menschen entsprechend darauf vorbereiten und Ersatzwohnungen bereitstellen, allein in der KMA gibt es jede Menge Wohnungen im kommunalen Besitz, das wäre sicherlich machbar. Neue Mietverträge wären dann entsprechend befristet usw.


    Eine Neubau durch die WBM bei gleichbleibenden Mieten usw - wie von Minimalist vorgeschlagen - wäre völlig unverhältnismäßig, zeigt aber die naive Erwartungshaltung von einigen. Mit welcher Berechtigung sollten ein paar Mieter das Privileg bekommen, für ein paar Hundert Euro im Neubau in Berlin Mitte zu wohnen und andere eine höhere Miete in einer Platte in Marzahn bezahlen? Der Auftrag der Wohnungsbaugesellschaften ist es möglichst viel Wohnraum zu günstigen Preisen zu schaffen und nicht Einzelne zu privilegieren.

    Mit den 20-40 Millionen was ein Neubau wohl kosten würde, und vielleicht 300 Mietern zugute kommt, könnte die WBM ein vielfaches an neuen Wohnungen woanders bauen, vielleicht nicht in Mitte aber in FH oder Moabit usw.


    Ich hätte eigentlich eine Sanierung erwartet, ähnlich wie bei dem Klotz gegenüber und das Ergebnis dort kann sich meines Erachtens sehen lassen, das wäre schon mal ein Fortschritt, Ob es zu teuer wäre wie von Architektenkind spekuliert, weiß ich natürlich nicht. Wenn dem so wäre, dann ist es nur eine Frage der Zeit bis das Gebäude abgerissen wird. Die Stadt als Vermieter kann ein Gebäude nicht verfallen lassen, - und somit genau das tut, was sie gerne mit moralischer Entrüstung privaten Eigentümern vorwirft - dass es überhaupt schon so weit gekommen ist, halte ich für grenzwertig.

  • Ich hätte eigentlich eine Sanierung erwartet, ähnlich wie bei dem Klotz gegenüber und das Ergebnis dort kann sich meines Erachtens sehen lassen, das wäre schon mal ein Fortschritt

    Eine Sanierung hätte für die Bewohner vermutlich Vorzüge und grundsätzlich spräche dafür, dass hier weiterhin Menschen wohnen können, die sich sonst eine Wohnung in dieser Gegend nicht leisten könnten. Städtebaulich aber und architektonisch gesehen wäre das für mich der worst case. Die Sanierung würde nämlich


    1. das verstetigen, was für mich bei weitem das Schlimmste am Memi ist, nämlich seine zerstörerische Wirkung auf die Umgebung. Er verhindert eine Blockrandbebauung entlang der Memhardstraße einschließlich einer attraktiven Eckbebauung Memhard-Rosa-Luxemburg-Straße. Aber auch gegenüber den Altbauten im Innenhofbereich und an der kleinen Alexanderstraße verhält er sich schroff disharmonisch und vereitelt viele Möglichkeiten einer Verbesserung der Situation.


    2. erwarte ich mir von einer Renovierung in architektonischer Hinsicht keinerlei Verbesserung, weil selbst eine Verschönerung des Gebäudes in diesem speziellen Fall eine Verschlechterung des Ist-Zustands wäre. Das würde dem Memi nämlich den einzigen Reiz nehmen, den er, ästhetisch betrachtet, hat und dem er vermutlich das Privileg einer eigenen Namensgebung und eines eigenen Strangs in diesem Forum verdankt: Dass er, in exponierter Lage neben dem Alexanderplatz, eben von einer so auffallenden Hässlichkeit ist, dass ihn das schon wieder interessant macht. Eine Sanierung würde ihm daher den letzten (ästhetischen) Daseinsgrund rauben, das wäre wie eine Alfa Romeo Giulietta der 70er Jahre mit Katalysator. Der Memi hat einen heroischen Tod verdient, man sollte ihn in seiner vollen Hässlichkeit in Erinnerung behalten und nicht entwürdigt durch eine energetisch herabgedämmten und ästhetisch entschärft-behübschten Phase des Siechtums.

  • Ich frage mich gerade so ein bisschen:


    -ob auf dem monster-großen Bürgersteig an der gegenüberliegenden Seite etwas geplant ist


    -wie das Ganze wohl wirkt wenn die Alexanderstraße erstmal enger und mit 100-plus-X-m-Bauten neu gestaltet ist.


    Beides würde die Straßenkreuzung auch ohne eine Blockrandbebauung statt Memi erheblich kompakter machen und im besten Falle könnte das Haus der Ecke auf seine alten Tage sogar einen interessanten Aspekt hinzufügen .


    (Die schreckliche Fassade und das Herandrängeln an das Berliner Verlagshaus wären natürlich immer noch da).

  • Passend zum Liebreiz des Memi gab es bis 2006 auch noch die Unterwelt des so genannten "Memhard-Knoten". Das klingt nicht nur nach einem gefürchteten Befund im Bereich Onkologie, es passte als siffig-ineffizientes Magen-Darmkanal-Konstrukt für Menschen zu Fuß auch zum nekrotisch-grau-braun anmutenden Memi.


    (Fürs Schwelgen in Erinnerungen: https://www.morgenpost.de/prin…er-dem-Alex-gesperrt.html )

  • Eine handfeste Absurdität liegt für mich darin, dass dieses architektonische Sahneschnittchen in seiner royalen grandezza den point de vue der Alexanderstraße als Fortsatz der Karl-Marx-Allee bildet, sozusagen als festlicher Abschluss und Bezugspunkt einer 'Prachtstraße'.

  • Stehen Theseus' Bilder nur bei mir auf dem Kopf? Egal. Als das Gebäude gegenüber dem Memi noch nicht styroporisiert war, hatte das Entrée zur Spandauer Vorstadt wirklich einen Hauch von Ceausescus Bukarest: Grandios verbockt, im wahrsten Sinne.


    Ich verstehe bis heute nicht, wie der DDR-Hauptstadtplanung sowas unterlaufen konnte. Klar, auch die übrige Bebauung wirkt heute anachronistisch - aber das Haus des Reisens, das Haus des Berliner Verlags, das Haus des Lehrers oder der Hotelturm waren in den 70ern international auf der Höhe der Zeit. Und selbst in den 80ern, als ökonomisch gar nichts mehr ging, hat die SED-Führung noch Mittel mobilisiert, um am Gendarmenmarkt, Unter den Linden oder im Nikolaiviertel ansehhnliche Gebäude zu errichten.


    Demgegenüber fällt das Memi derart ab, dass ich es mir kaum erklären kann. Wäre vielleicht mal ein Thema für eine architekturhistorische Doktorarbeit...

  • Ich kann mich erinnern, dass ich dieses Gebäude schon zu Zeiten seiner Fertigstellung abgrundtief hässlich fand. Das sah schon damals furchtbar aus. Es sollte zwar abwechslungsreicher daherkommen als die üblichen Plattenbauten, was man auch an den unterschiedlichen Fenstergrößen erkennen kann, aber es hatte dennoch etwas von Brutalismus für Arme.


    Mir stellt sich nur die Frage, warum dieses Gebäude nicht entweder abgerissen oder saniert wird. Worauf wird da gewartet? Dass alle Bewohner in 50 Jahren eines natürlichen Todes gestorben sind, damit man es niederlegen kann, ohne jemandem kündigen zu müssen??

  • ^ Weißt Du noch, wann genau das gebaut wurde? Meines Wissens stammt es ja aus den Achtzigern, aber das passt eigentlich überhaupt nicht zu dem Kurswechsel, den der DDR-Hauptstadtbau ab Ende der Siebziger vollzogen hat. Das ist tatsächlich Pseudo-Brutalismus für sehr Arme: Miese Qualität und stilistisch damals schon ein Anachronismus. Ungefähr zur selben Zeit wurde in der Friedrichstraße wieder im Blockrand gebaut – mit Individualplatten, die sich eigentlich bis heute nicht zu verstecken brauchen.


    Davon ab: Bloß nicht sanieren! Mit Styropor verklebt würde das Ding noch langweiliger aussehen; und damit sich die Investition rentiert, hätte es dann eine Bestandsgarantie bis 2050 oder so. Lieber noch fünf oder zehn Jahre warten – dann ist es zuende genutzt und kann eines würdevollen Todes sterben...

  • < am besten so schnell wie möglich. Gestern führte mich seit einiger Zeit mal wieder mein Weg dort vorbei und es es war einfach nur schauerlich anzusehen der Blick vom Alex kommend. Die Fensterrahmen sind wohl noch original und Einfachverglasung. Es machte einen verlassenen fast schon leergezogenen Eindruck auf mich. Einige Gardinen wehten durch die Fensteröffnungen und blieben am rauhen Beton aussen hängen. Hoffnung keimte auf .....

  • Gibt es denn irgendwelche Neuigkeiten außer unserem Austausch? Immerhin gehört es der WBM, der Wohnungsmarkt ist angespannt und RRG wird einen Teufel tun und Wohnraum vernichten. Gleichzeitig muss es bald saniert werden, denn ewig ist der jetzige Zustand auch nicht mehr hinnehmbar.

    Die Platte gegenüber wurde ja auch vor ein paar Jahren renoviert. Ich befürworte ganz klar den Abriss und verstehe nicht, warum man nicht in Kooperation mit der WBM dort ein mittelgroßes Hochhaus mit deutlicher mehr BGF schafft, welches gleichzeitig den Blockrand wiederherstellt und die Kleine Alexanderstraße wiederherstellt. Das wäre Win-Win für alle - Mehr Wohnraum, in den unteren Geschossen mehr Gewerbeflächen und eine Reparatur des Stadtbildes.

  • Ja, fände ich auch gut, aber eine Reparatur des Stadtbildes oder ästhetische Aspekte spielen beim augenblicklichen RRG-Senat nicht unbedingt eine herausragende Rolle...,

  • ^ Weißt Du noch, wann genau das gebaut wurde?

    Auf der Seite der WBM ist der Gebäudekomplex vermerkt als "WBM-Bestand seit 01.01.1983". Da war ich noch in der Grundschule ;) (präziser gesagt: in den unteren Klassenstufen der Allgemeinbildenden Polytechnischen Oberschule).

  • Abriss und Neu mit sozialverträglichen Mieten wäre möglich und sinnvoll und die Altmieter bekommen auch den Vorzug dort wieder einzuziehen. Nun muss man aber fairerweise sagen, dass es nicht unbedingt etwas mit RRG zu tun, sondern eher mit der Scheu und einem zu Recht tiefen Misstrauen in der Berliner Stadtgesellschaft vor baulichen Maßnahmen und kaum unterstützenden und schützender Hand seitens der Bezirke bzw. der Stadt. Beispiel: Immobilienleerstand wird bis heute kaum mit Bußgeldern belegt, massive Umwandlung von Wohnraum in Eigentum wird ebenfalls ohme nennenswerte Sanktionen belegt, wie in vielen anderen deutschen Städten üblicherweise. Der Umbau / Abriss von Gebäuden würde wahrscheinlich nicht gänzlich sozialverträglich begleitet werden, sondern eher in die falsche Richtung gehen: Mieterschutz? Unnötig. Kaum finanzierbar, weil zu teuer. Was natürlich absoluter Quatsch ist und zudem von der Stadtreparatur alle etwas haben und gleichzeitig in einem Neubau mit Sockel und Turm mehr Wohnraum geschaffen wird (Begrünung auf dem Sockel-Dach für mehr Lebensqualität und Umweltschutz) die MieterInnen profitieren würden und eben ihren bezahlbaren Wohnraum behalten könnten wenn alles richtig gemacht wird.


    Leider traute sich bisher kein RRG noch eine SPD, GRÜNE, CDU an das Thema heran. Wenn das so wäre, hätten wir aus den Bezirken/Senat längst mal etwas gehört, dem ist aber seit 30 Jahren nicht. Solche Maßnahmen kenne ick aus Köln, nicht aber aus Berlin, von keiner Partei, auch nicht mit diesen ausgewogenen Schritten.

  • In dem DDR-Buch "Berlin - Architektur von Pankow bis Köpenick", Joachim Schulz & Werner Gräbner, VEB Verlag für Bauwesen, Berlin 1987 heißt es: Wohnungsbau Nordseite Memhardstraße, 1981-83 nach Entwurf von Klaus Bläsing und Kollektiv unter Gesamtleitung von Ehrhardt Gißke errichtet.


    Dieselben magischen Hände haben 1981-84 übrigens das Vis-à-vis auf der Südseite der Memhardstraße entworfen und errichtet.

  • Ich denke, wir hier sind uns zumindest einig: Da hat um 1982 ein Kollektiv mitten im Zentrum und leider von überall sichtbar einen ziemlich unansehnlichen Kackhaufen hinterlassen, der inzwischen fast verwest ist.

    Letztlich müsste die Stadt nur eine Ausweichfläche für Ersatzwohnungen anbieten. Es gibt ja genug Möglichkeiten für Nachverdichtung in der ehem. Königsstadt. So müsste doch dafür zu werben sein, den Mietern etwas von der WBM in der Nähe anzubieten, um an derselben Stelle etwas zu erschaffen, was ganz Berlin erfreut.

  • Auch ich kann Bilder beisteuern, nämlich vom aktuellen Zustand. Hier die vertraute Sicht vom Alex:


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    Man kann dem Memimonster nicht vorwerfen, vollkommen einförmig zu sein:


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    Diese Container-Fassade habe ich immer ganz interessant empfunden:


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    Trotz seiner Brutalität ist der Bau nicht frei von einer gewissen melancholischen Patina:


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    Abgesehen vom schlechten Erhaltungszustand sind es solche gruseligen Unterführungen und kleinen Innehöfe die nachhaltig abstoßen:


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    Schlimm ist auch der brutale Nicht-Anschluss an den angrenzenden Altbau, ...


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    ...der insgesamt unwohnliche, balkonlose und abwechslungsarme Innenhofbereich...


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    ...und unverständlich die Abriegelung zur Memhardstraße, obwohl die Architektur gerade eine Öffnung vorsah:


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    Ale Bilder von mir.

  • Das Memi ist der Eiterpickel am Alexanderplatz, den es auszudrücken gilt...