Suhrkamp-Verlagssitz (Rosa-Luxemburg-Platz)

  • Architektenkind Dass der Bau (mehr als andere moderne/ zeitgenössische Bauwerke) auf seine Umgebung eingeht, kann man definitiv so stehen lassen. Ob dieser begrüßenswerte Ansatz hierbei in jedem Aspekt als gelungen zu werten ist, wäre die nächste Frage. Ich bin da insgesamt eher etwas skeptisch aber habe mein abschließendes Urteil hierzu noch nicht gebildet. Immerhin stimme ich aber zu, dass hier ein gewisser Mehrwert gegenüber einem möglicherweise rein selbstbezogenen Bau ohne Anknüpfungspunkte besteht.


    Die Frage, ob das jetzt insgesamt gute oder schlechte Architektur darstellt, ist schwierig. Ich sehe gewisse Qualitäten aber gleichzeitig ärgert mich gerade in Bezug auf den mE vielversprechenden Entwurf teilweise doch die Umsetzung. Der Beton überzeugt mich nicht in seiner Anmutung - selbst in Schwarzweiß-Optik nicht. Zu den funktionalen Aspekten der großen Fensterfront habe ich ja schon meine Meinung geäußert. Zumindest in diesen Details finde ich es schlecht gelöst. Da diese für mich keine nebensächlichen Details sind, kann ich hier schwerlich von einem großen Wurf sprechen. Der ENTwurf hatte mich da wie gesagt zunächst schon noch eher angesprochen.


    Fazit: Ich sehe hier gleichermaßen Aspekte von guter wie auch solche von schlechter architektonischer Qualität. Allerdings soll sich das Ganze wie schon gesagt auch erst einmal richtig 'einwachsen'.

  • Sichtbeton außen an Bürogebäuden ist halt einfach ein Unding im Jahr 2019. Wir haben heute 2948102 Möglichkeiten Fassaden zu gestalten, es wird gefühlt jeden Monat eine neue Fassadentechnik entwickelt und irgendwo auf der Welt angebracht. Man hätte sich hier kreativ austoben können, einen Ideenwettbewerb veranstalten, Bürger/Leser miteinbeziehen oder von mir aus diese Flächen für (gute) Streetart-Künstler freigegeben können, aber eine Sichtbetonwand, die untenrum wahrscheinlich zu dem Zeitpunkt an dem ich das ich schreibe bereits mit Graffiti und Urinstreifen verziert wurde und nach jedem Regen aussieht, als wäre sie gleich ganzflächig vollgepisst worden, abgesehen davon, dass sie darüber hinaus bald von Dreck, Schimmel und/oder Moos überzogen ist, ich weiß nicht wieviel Cubra Libre man trinken und Lettre International man gelesen haben muss, um sich das intellektuell schönzureden. Nicht jeder Kontrast erzeugt einen Mehrwert, manchmal ist ein Kontrast auch einfach nur ein Bruch und Bruch kommt von "Abbruch" und das ist es was die meisten Passanten mit versifftem Beton auch assoziativ verbinden, der taucht im Stadtbild nämlich vor allem in Verbindung mit dem Abriss von Gebäuden auf und damit stellt sich die intellektuelle Suhrkamp/Bundschuh-Avantgarde gegen die stimulus response des geprimten Betrachters.

  • ^Die Fassade besteht beim Verlagsgebäude nur zu einem Bruchteil aus Sichtbeton. Der tragende Kern, hinter dem das Treppenhaus steckt und der Übergang an der Torstrasse hin zum Altbau. Die überwiegend größte Fläche besteht aus Glas und Aluminiumpanele. Worüber redest du da also eigentlich?

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  • DerBe Naja, man sieht eigentlich schon von jeder Seite ordentlich Sichtbeton. In der Torstraße ist es neben dem "Anschlussstück" (das daneben noch standardmäßig mit den wunderschönen blinden Fenster glänzt) teilweise auch das Erdgeschoss, was Du vielleicht durch die Restarbeiten übersehen hast. Die weitere kleine Anschlussstelle in der Linienstraße wirkt für mich mit den seltsamen Balkonblenden sogar wie ein Rohbau (aber leider nicht gerade in der mitunter reizvollen Variante einer lässigen Rohbauoptik, sondern eher wie eine dauerhafte Bauruine). Auch von den anderen Seiten blickt man immer auch unübersehbar auf (mE wenig überzeugend verarbeiteten) Beton.


    In Kombination mit den vielen reizlosen Rollos ist das für mich in der realen Wirkung leider schon ein Overkill aus glattem, hellen Alu, permanent oder flexibel (aber unisono farb- und reizlos) verblendeten 'Öffnungen' und glattem, strukturarmem und wenig attraktivem Beton. Alles glatt und eher hell. Schau Dir beispielsweise mal die Bilder vom 2. September an und dann sag noch einmal, dass hier neben Alu überwiegend Glas zu sehen ist. Wieviele Fenster sind hier noch als solche wahrnehmbar? Vernünftige Architekten wissen bestimmt, was für südwärts gelegene Büros mit solchen Riesenfenstern im Alltag zu erwarten ist - und selbst solche funktionalen Notwendigkeiten führen mitunter zu ästhetisch reizvollen Ideen. Die hier gewählte Lösung ist für mich hingegen eine große Enttäuschung.


    Ich kann mir auch nur schwer erklären, wie hier selbst offensichtliche Mängel ignoriert werden (Du bist jetzt mindestens der zweite oder dritte User, der Glas- und Fensterflächen dominierend wahrnimmt aber das trifft faktisch allenfalls für die Torstraße zu). Dass der Sichtbeton deutlich anders und mE deutlich weniger ansprechend als auf den Visualisierungen aussieht, kann man mE auch nicht glaubhaft widerlegen. Wenn der Architekt doch genau in der Nachbarschaft sitzt und mutmaßlich gut die Arbeiten überwachen kann, hätte ich mir in solchen mE für die Gesamtwirkung wesentlichen Details schnelle Interventionen erhofft. Bleibt die Möglichkeit, dass man es genau so haben wollte (dagegen spricht aber die Visualisierung) oder dass noch nachgebessert wird. Zumindest beim Beton wird das aber schwer möglich sein, sodass ich da wie gesagt auf vertikale Begrünung oder Street Art hoffe.

  • Scheinbar ist die Akzeptanz von Sichtbeton in anderen Ländern höher. In der Schweiz ist das beispielsweise zu beobachten und es sieht nicht schlimm aus. Das scheint hier möglicherweise neben dem neuen Grundriss das Hauptproblem zu sein. Interessant wäre es aber natürlich auch gewesen, beispielsweise in einem historisierenden Entwurf an Hans Poelzig anzuknüpfen.

  • jan85 Ich spreche von dem Hauptgebäude. Und da dominieren Glas und Alu. In welchem Verhältnis der Beton mit dem Rest steht, soll jeder selbst entscheiden. Am besten vor Ort. Wer sich das nicht aus der Nähe anschauen kann, dem sei Post #281 empfohlen.


    Ich kann die Kritik am Sichtbeton an sich auch nicht nachvollziehen. Für mich ist der mit Farbpartikeln versehene Beton sauber verarbeitet und in seiner Oberflächenstruktur gar nicht so glatt, wie mancher hier behauptet, zumal Schalungsfugen und -Punkte erkennbar sind.

    Einmal editiert, zuletzt von DerBe ()

  • Sichtbeton außen an Bürogebäuden ist halt einfach ein Unding im Jahr 2019. Wir haben heute 2948102 Möglichkeiten Fassaden zu gestalten, es wird gefühlt jeden Monat eine neue Fassadentechnik entwickelt und irgendwo auf der Welt angebracht.

    Sichtbeton wurde schon 1960 bewusst als Gestaltungsmittel eingesetzt, nicht mangels Alternativen. Daran hat sich auch 2019 nichts geändert.

    Man hätte sich hier kreativ austoben können, einen Ideenwettbewerb veranstalten, Bürger/Leser miteinbeziehen oder von mir aus diese Flächen für (gute) Streetart-Künstler freigegeben können, aber eine Sichtbetonwand, die untenrum wahrscheinlich zu dem Zeitpunkt an dem ich das ich schreibe bereits mit Graffiti und Urinstreifen verziert wurde und nach jedem Regen aussieht, als wäre sie gleich ganzflächig vollgepisst worden...

    Erstens mangelt es hier nicht an Kreativität und Ideen, Dir gefällt bloß das Ergebnis nicht. Zweitens passt Streetart als Gestaltungsmittel m.E. nicht zu Suhrkamp. Wir sind hier nicht bei "Heyne Hardcore". Drittens kann man auch Marmorwände vollpinkeln und besprühen – was hat das mit Sichtbeton zu tun? Und viertens: Denkst Du eigentlich jedes Mal an "vollgepisst", wenn Du eine regennasse Fläche siehst? Das fände ich arg seltsam...

    ...abgesehen davon, dass sie darüber hinaus bald von Dreck, Schimmel und/oder Moos überzogen ist, ich weiß nicht wieviel Cubra Libre man trinken und Lettre International man gelesen haben muss, um sich das intellektuell schönzureden.

    Wie Sichtbeton altert, hängt von der Verarbeitung ab. Das wird sich zeigen. Allerdings kann man ihn recht einfach reinigen, und für Moos und Schimmel sind WDVS-Fassaden anfälliger. Selbst Sandstein sieht nach 20 Jahren an der Berliner Luft, Luft, Luft gar nicht mehr so frisch aus.


    Ob Du es glaubst oder nicht: Ich brauche weder Longdrinks noch Zeitungen, um das Gebäude schön zu finden. Habe halt einen anderen Geschmack als Du, sowas soll es geben. Allerdings bist Du recht gut im Hässlichreden: Statt ein nagelneues Haus, das Dir nicht gefällt, in seinem Ist-Zustand zu kritisieren, imaginierst Du es als heruntergekommene, vollgeschmierte und von oben bis unten mit Urin besudelte Halbruine. Ich finde, etwas weniger Phantasie könnte Deiner Urteilsfindung nicht schaden.

    Nicht jeder Kontrast erzeugt einen Mehrwert, manchmal ist ein Kontrast auch einfach nur ein Bruch und Bruch kommt von "Abbruch" und das ist es was die meisten Passanten mit versifftem Beton auch assoziativ verbinden, der taucht im Stadtbild nämlich vor allem in Verbindung mit dem Abriss von Gebäuden auf und damit stellt sich die intellektuelle Suhrkamp/Bundschuh-Avantgarde gegen die stimulus response des geprimten Betrachters

    Erstens kommt "Bruch" im Sinne eines starken Kontrastes natürlich nicht von "Abbruch". Das eine hat semantisch mit dem anderen nichts zu tun. Zweitens stellt der Bau überhaupt keinen "Bruch" in diesem Sinne dar. Dazu ist die Umgebung mit ihrem Farb- und Materialmix und mit Gebäuden aus drei Jahrhunderten viel zu buntscheckig. Drittens: Beton sehe ich in Berlin an allen Ecken auf Baustellen. Stadtbildprägende Abrissprojekte sind mir bisher entgangen. Viertens: "Die meisten Passanten" dürften einen Neubau aus Glas, Metall und eingefärbtem Beton sehen; ob er ihnen gefällt oder nicht. "Versifft" ist da bis auf Weiteres gar nichts. Fünftens: Das Gebäude abzulehnen, weil man Sichtbeton nicht mag, ist legitim. Dass bei Beton angeblich alle an Abriss denken müssen, ist aber reine Projektion – nach dem Krieg stapften die Leute jahrelang durch Trümmerberge aus Backsteinen. Was folgt daraus für Backsteinfassaden? Nischt.


    Und schließlich sechstens: Ein Unternehmen will eine neue Zentrale bauen, es beauftragt ein Architekturbüro und einigt sich mit ihm auf einen Entwurf, der den Vorstellungen des Unternehmens entspricht. Ein alltäglicher Vorgang. Dass dieser Entwurf nicht allen gefällt, ist ebenso alltäglich – wenn private Interessen im öffentlichen Raum verwirklicht werden, kommt es halt zu Konflikten. Und nun kommst Du und erklärst die banale Geschäftsbeziehung zwischen Bauherr und Architekt zur "intellektuellen Suhrkamp/Bundschuh-Avantgarde", als handele es sich dabei um eine Art Geheimbund zur Zersetzung des gesunden Architekturempfindens. Hier wird es gruselig, denn der "volksfremde Intellektuelle" ist eine Figur aus dem Werkzeugkasten der Massenpropaganda, von dem man besser die Finger lassen sollte.

  • Erstens mangelt es hier nicht an Kreativität und Ideen, Dir gefällt bloß das Ergebnis nicht. Zweitens passt Streetart als Gestaltungsmittel m.E. nicht zu Suhrkamp. Wir sind hier nicht bei "Heyne Hardcore".

    Das mit dem "Gefallen" ist immer eine höchst subjektive Angelegenheit, der Verweis hierauf ein Totschlagsargument. Architektur losgelöst von Weltanschauungen und individuellen Präferenzen betrachten, ist doch gar nicht möglich. Wenn du deine gesammelten Erfahrungen (dein individuelles framing) mit dem Suhrkamp Verlag heranziehst, um eine Deutungshoheit darüber einzufordern, dass zu Suhrkamp keine Streetart passen würde, dann ist es ebenso legitim, wenn ich meine Erfahrungen mit dem Thema Sichtbeton heranziehe, um eine Polemik darüber zu verfassen, dass der an dieser Stelle ebenso nicht passt.

    Statt ein nagelneues Haus, das Dir nicht gefällt, in seinem Ist-Zustand zu kritisieren, imaginierst Du es als heruntergekommene, vollgeschmierte und von oben bis unten mit Urin besudelte Halbruine. Ich finde, etwas weniger Phantasie könnte Deiner Urteilsfindung nicht schaden.

    Nicht direkt, ich habe mich ausdrücklich auf den Sichtbeton-Teil bezogen, der ja nur einen vergleichsweise kleinen Teil des Gebäudes ausmacht, allerdings zur Straße hin auch ziemlich exponiert steht und den Gesamteindruck daher leider schon deutlich beeinflusst. Abgesehen davon finde ich das Gebäude teils okay. Ich mag die großen Fenster und die profilierte Fassade mit dem Knick hintenraus, verstehe aber überhaupt nicht, warum der vordere, glattbegügelte Teil zur Straße hin aussieht wie ein Ibis-Hotel. Und ich bin der Meinung, dass die kühle Aluminium/Blechverkleidung vor allem mit dem Sichtbeton eine zu kalte, morbide Atmosphäre schafft. Kaltes Blech neben kaltem Beton ist einfach keine gute Kombination. Dort gehört Farbe hin, am besten lebendige Farbe. Man müsste die Betonwände bis oben hin dicht mit Efeu o.ä. bepflanzen. Das könnte das Gebäude noch retten und würde u.U. sogar richtig was hermachen.

    Wie Sichtbeton altert, hängt von der Verarbeitung ab. Das wird sich zeigen. [...]Drittens kann man auch Marmorwände vollpinkeln und besprühen – was hat das mit Sichtbeton zu tun? Und viertens: Denkst Du eigentlich jedes Mal an "vollgepisst", wenn Du eine regennasse Fläche siehst? Das fände ich arg seltsam...

    Nein das muss sich nicht erst zeigen, wir haben unzählige Vorlagen. Guck dir das Kanzleramt an. Guck dir das Paul-Löbe-Haus an. Du wirst Moos und Siffflecken finden. Weil diese Gebäude riesig und voll in Sichtbeton ausgeführt sind, verliert sich der Effekt fürs Auge in der Fläche, beim Suhrkamp wird der Siff neben der klinisch-reinen Blechfassade so nah an den Fußgängern aber besonders auffallen. "Vollgepisst" sieht es aus, weil der Regen nicht gleichmäßig einsickert wie auf Naturstein, Granit o.ä. sondern je nach Windrichtung Piss-Schlieren und Flecken bildet. Der Reichstag sieht z.B. nie vollgepisst aus, egal wie stark es regnet, er wird nur etwas dunkler, weil er gleichmäßig einnässt.

    https://www.bild.de/regional/b…ammelt-21779914.bild.html (auf die schnelle gegoogelt)

    Erstens kommt "Bruch" im Sinne eines starken Kontrastes natürlich nicht von "Abbruch". Das eine hat semantisch mit dem anderen nichts zu tun. Zweitens stellt der Bau überhaupt keinen "Bruch" in diesem Sinne dar. [weitere Aufzählung]

    Danke Captain Obvious, aber ich gestatte mir die sprachliche Freiheit Analogien herzustellen, auch wenn sich eine Verwandtschaft nur dem Wortklang nach herleiten lässt. Das die Menschen sichtbaren Rohbeton eher mit Bunker, Rohbau und Abriss verbinden, mag eine reine Vermutung sein, in diesem Sinne schließe ich hier von mir selbst auf die Allgemeinheit, trotzdem glaube ich, dass wir alle denselben Mechanismen unterliegen und die menschliche Wahrnehmung von Ästhetik ist grundsätzlich kein Mysterium. Wenn Roh-Beton den Menschen gefallen würde, stünde der auch bei Toom und Obi in der Dekor-Abteilung. Für diese soziographische Abschätzung brauche ich keinen "Werkzeugkasten der Massenpropaganda".


    Der simple Verweis darauf, dass der Geschmack des Bauherrs entscheide, ist hier nicht angebracht, denn das Gebäude steht an einer exponierten Kreuzung und schließt einen Blockrand. Wir kritisieren ja auch andere Neubauten, wenn öffentlicher Raum mit introvertierten Renditekisten "verschlimmbessert" wird, hier soll mit zweierlei Maß gemessen werden, weil der Bauherr ein bekannter, in intellektuellen Kreisen geschätzter Verlag ist. Wäre der Bauherr ein xy Investor, der an Amazon, H&M oder Primark vermietet, würde die Kritik an dem Gebäude anders ausfallen. Grundsätzlich sehe ich ein unzulängliches Gebäude, von vorne Ibis-Hotel, von hinten ein besserer Krankenhausanbau und von der Seite eine plumpe Betonwand, die bewährte stadtplanerische Grundsätze wie einen ausgefüllten Blockrand mit Hochpunkten wie Türmchenaufbauten an Kreuzungsecken ignoriert und eine zusätzliche Siffecke bietet in der sich Sprayer und Freipinkler austoben können. Auch der Ansatz, spiegelglatte, modernistisch-schmale Blöcke in solche Kreuzungsecken zu stellen, gefällt mir nicht. Würde das jeder machen, sähe Berlin aus wie Düsseldorf.

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  • ^ Vielleicht haben sich auch andere die Frage gestellt, warum Du gerade hier die Gefahr siehst, dass "eine zusätzliche Siffecke" entstünde, "in der sich Sprayer und Freipinkler austoben" könnten. Immerhin handelt es sich, wie Du selbst sagst, um eine "exponierte" (und frequentierte) Ecke und die bieten sich normalerweise gerade weniger zum Urinieren und Besprayen an. Die Antwort scheint mir relativ einfach, wir haben es hier mit einem Musterbeispiel eines assoziativen Fehlschlusses zu tun, und der kommt hier so zustande:


    (Sicht-)Beton wird typischer Weise für Verkehrswege eingesetzt, für Unterführungen. Diese bieten, wegen der Dunkelheit und des Blickschutzes, gute Bedingungen für "Versiffung" aller Art. Ergo entsteht die Assoziation Beton = höhere Versiffungsgefahr. Das aber ist natürlich ein Fehlschluss, Korrelation wird mit Kausalität verwechselt. Tatsächlich ist es nicht das spezifische Material, sondern sind es die spezifischen Bedingungen von Unterführungen, die zum Urinieren oder "Versiffen" einladen.


    Dieser Fehlschluss ist deswegen interessant, weil er eine soziopsychologische Erklärung für beides bietet: Dafür, warum gerade das Baumaterial Sichtbeton regelrecht angefeindet wird: er wird mit Phänomenen assoziiert, die höchst unangenehm, ja bedrohlich sind, z. B. in dunklen Unterführungen; und dafür, warum der gleiche (Sicht-)Beton unter "Intellektuellen" und "Eliten" überproportional beliebt ist: sie können damit nämlich demonstrieren, dass sie sich von negativen, aber fehlschlüssigen Assoziationen oder Vorurteilen emanzipiert haben, sie können damit ihre innere Freiheit und Überlegenheit demonstrieren. Und genau dies wiederum, diese Demonstration von Überlegenheit und innerer Freiheit, wirkt auf jene, die sich von ihren fehlschlüssigen Assoziationen nicht befreit haben, als narzisstische Kränkung und macht diese Eliten (auch hier im Forum) immer wieder zu Objekten des Verdachts und der Anfeindung.

  • ^Dann muss man nur noch hoffen, dass sich auch die Wildpinkler von dem assoziativen Fehlschluss 'Beton = Pinkelparadies' emanzipieren und nicht stattdessen neben dem besagten Fehlschluss auch noch Anhänger/ Nachfolger der Broken-Windows-Theorie sind, die hier primitiverweise mit Beton bereits eine implizite Einladung verbinden. ;)


    Im Ernst: Wie u.a. ich schon früher schrieb, wird generell einiges davon abhängen, wie gut das Ganze und speziell der Hofbereich gepflegt wird. Das ist halt manchmal ein Nachteil, wenn man verwinkelte Ecken 'anbietet'. Ansonsten muss man eben auch auf soziale Kontrolle hoffen.

  • Im Ernst: Wie u.a. ich schon früher schrieb, wird generell einiges davon abhängen, wie gut das Ganze und speziell der Hofbereich gepflegt wird. Das ist halt manchmal ein Nachteil, wenn man verwinkelte Ecken 'anbietet'. Ansonsten muss man eben auch auf soziale Kontrolle hoffen.

    Du hast natürlich Recht, trotzdem ist mir da mal wieder zu sehr das Prinzip Hoffnung im Spiel. Hoffentlich wird es gepflegt, hoffentlich funktionieren sozialer Anstand und soziale Kontrolle. Hoffentich wird der Beton instandgehalten, Hoffnung, Hoffnung, Hoffnung. Leider zeigt die Vergangenheit, dass diese Hoffung nur all zu oft leider enttäuscht wird und es in ein paar Jahren eben siffig wird. Denn von den ehrbarene Zielen und Absichten, mit denen Architekten planen, bleibt oft wenig übrig, wenn man mit der rauen Realität bzw. den realen Wettereinflüssen konfroniert ist.


    Daher frage ich mich immer, warum man nicht direkt so plant, dass weniger Hoffnung notwendig ist und man von Beginn an eher von dem ausgeht, was sein kann und nicht von dem, was man sich im Idelfall wünscht. Dies mag die Kreativität etwas beschneiden und klingt vielleicht etwas pessimistisch, aber es würde auf Dauer für mehr Beständigkeit und einen Grundstandard sorgen, der so leider in vielen Fällen nicht gewährleistet ist, weil die idealen Vorstellungen und Hoffnungen, die einem Projekt zu Beginn inne wohnen, im zeitlichem Verlauf oftmals an den Realitäten scheitern.

  • Ein Frohes Neues. Bevor wir uns weiter an einander abarbeiten, an dem was 'ist' und 'wird', kann's ja nicht schaden zu erinnern, was 'war', nämlich lange Zeiten einfach nichts. Der Bülowplatz (vorher Babelsberger, jetzt Rosa-Luxemburg-Platz) war der große Unvollendete, ein Stadtumbauprojekt aus der Kaiserzeit (1905 begonnen), Endpunkt der über die Kaiser-Wilhelm-Straße verlängerten Linden. Die Anlage des Platzes räumte die Vorgängerbebauung am Schönhauser Tor und im Scheunenviertel ab, neue Straßen wurden angelegt. Eine gute bebilderte Dokumentation findet man hier.


    Die freigewordenen Flächen sind gut erkennbar auf dem Staubeplan 1910 (scrollen zur Amalien- / Lothringer Str.). Aber auf den neuen Baufeldern tat sich erstmal nichts. Erstsiedler gegenüber dem Suhrkamp-Grundstück war wohl ein Kino.


    z.jpg

    Gustav Wunderwald: U-Bahn-Station Schönhauser Tor (1927), Quelle


    Auf diesem Foto von 1929 das leere Grundstück, das den Durchblick zur seinerzeitigen Bebauung des Grundstücks, auf dem sich heute das Schönhauser Tor Bürogebäude befindet, freigibt.


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    Sasha Stone (Alexandr S Steinsapir): Berlin, Bülowplatz (1929), Quelle


    Es folgt der Poelzig-Bau (Ansicht in #318). Hier ein Luftbild, das Gebäude ist von hinten zu sehen (oben rechts, gut erkennbar auch das Kino gegenüber und die Brandmauerwerbung aus Wunderwalds Zeichnung):


    AKG60990.jpg

    Berlin, Volksbühne, Bülowplatz (Luftbild 1925 (sic! - wahrscheinlich falsch datiert)) Quelle: akg-images


    Nach dem Krieg ist das Gelände 1952 schon enttrümmert (rechts). Es liegt dann brach.


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    Gebäude der Zentralen Bildstelle (1952), Quelle: Bundesarchiv


    Das weiterhin leere Grundstück in den 2000ern:

    90_big.jpg


    Mein Punkt hier ist: Es gab nie einen dauerhaften Zustand. Über sehr lange Zeiträume lag diese Ecke einfach brach; gefühlte 100 Jahre der 115, die seit 1905 vergangen sind. Auch wenn man kein Freund des Neubaus ist, so ist der Zustand jetzt doch besser als zuvor. Verwahrlosung und Dreck war vorher - das einzige Restrisiko sehe ich in dem Durchgang zur Torstraße, aber dem kann man ja mit Beleuchtung begegnen.



  • Wenn die Frage lautet, ob ich lieber eine möchtegern-intellektuelle Blech-Sichtbeton-Kiste oder nichts hätte, bleibe ich persönlich beim Nichts, in der Hoffnung, dass irgendwann später etwas Gescheites gebaut wird.

  • Je länger und intensiver die Debatte hier geht, umso interessanter finde ich diese Tatsachen selbst. Der Springer-Medien-Campus ist deutlich größer, ikonischer, markanter und hat in sechs Jahren dennoch kaum mehr als halb so viele Beiträge generiert wie der kleinere und unauffälligere Suhrkamp-Bau in der Hälfte der Zeit. Bemerkenswert finde ich auch den Hass, den dieses Haus generiert. Bei allen unterschiedlichen Vorlieben und Abneigungen, die man haben kann: Ihm wurde kein schöner Altbau geopfert; bis vor hundert Jahren stand, wie wir gerade von Cavendish lernen konnten (#332), an dieser Stelle überhaupt noch nichts Bemerkenswertes; er stellt weder einen architektonischen Bruch mit der unmittelbaren Umgebung dar, weil diese ziemlich heterogen ist, noch einen städtebaulichen Bruch, vielmehr passt er sich den Nachbarbauten und Straßenverläufen an.


    Aber vielleicht ist es genau das, was die Debatte am Laufen hält: Seine Gegner halten ihm dauernd städtebauliche Sünden der Moderne vor, weil der Bau irgendwie „modern“ aussieht, aber diese Vorhaltungen haben bei genauerem Hinsehen keine Grundlage, weil der Bau genau jene städtebaulichen Fehler vermeidet. Und so wie mache Sichtbeton mit Phänomenen assoziieren, die nicht mit dem Baustoff selbst zusammenhängen (siehe #329), assoziieren manche hier diesen Bau offenbar mit Sünden einer städtebaulichen Moderne, obwohl man deutlich zeigen kann, dass diese Vorhaltungen jeweils an der Sache vorbeigehen.


    Noch grundsätzlicher gesagt zeigt sich hier, dass der Suhrkamp-Bau gerade deswegen nachhaltige Debatten evoziert, weil er sich den Kategorien entzieht, mit denen man ihn schubladisieren will: Er entzieht sich der Zuschreibung „Moderne“ (vgl. #320) und jene, die ihn mit dieser Kategorie angreifen wollen, greifen erkennbar zu kurz, greifen ins Leere, blamieren sich – und machen dafür den Bau verantwortlich und hassen ihn um so mehr. (Bei Einzelnen mag eine politisch motivierte Intellektuellenfeindlichkeit hinzukommen: Suhrkamp steht für eine bestimmte linksliberale Kultur Nachkriegsdeutschlands, die manchen stets verhasst war, und dieser [kultur-]politisch motivierte Hass wird nun auf das Gebäude übertragen.)

  • Ich wollte mich eigentlich in diesem Strang nicht mehr zu Wort melden, weil ich der Ansicht bin, dass mittlerweile alles gesagt ist und wie auch bei anderen Themen hier im Forum wird der eine den anderen nicht vom Gegenteil überzeugen. Allerdings finde ich den letzten Beitrag von ElleDeBe aus vielerlei Gründen nach der seitenlangen Diskussion hier sehr problematisch und beispielhaft dafür, warum die Diskussionen regelmäßig eskalieren.

    Aber vielleicht ist es genau das, was die Debatte am Laufen hält: Seine Gegner halten
    ihm dauernd städtebauliche Sünden der Moderne vor, weil der Bau irgendwie „modern“
    aussieht, aber diese Vorhaltungen haben bei genauerem Hinsehen keine Grundlage,
    weil der Bau genau jene städtebaulichen Fehler vermeidet.


    Wer legt das denn bitte fest? Du? Weil du feststellst, dass keine städtebaulichen Fehler gemacht wurden hat es letztlich den Anspruch auf Allgemeingültigkeit? Ich finde das etwas befremdlich um ehrlich zu sein. Es ist genau diese Arroganz, die so viele Debatten aktuell polarisiert. Kann man nicht einfach feststellen, dass es unterschiedliche Meinungen gibt?

    Noch grundsätzlicher gesagt zeigt sich hier, dass der Suhrkamp-Bau
    gerade deswegen nachhaltige Debatten evoziert, weil er sich den Kategorien
    entzieht, mit denen man ihn schubladisieren will: Er entzieht sich der
    Zuschreibung „Moderne“


    Ja, denn der Bau ist einfach nicht modern, sondern der ewig gleiche Aufguss, den wir seit Jahrzehnten sehen. Es ist die reduzierte, nochmal abgespeckte Variante der 90-er Jahre Postmoderne, die Schultes etc. repräsentieren. Dieser Bau ist also alles, aber nicht modern. Ich war vorgestern in der Weißenhofsiedlung in Stuttgart, diese Bauten haben wirkliche architekonische Qualität. Mies von der Rohne, Le Corbusier, das waren moderne Architekten. Sie haben Architektur, Einrichtung, ja jeden Gegenstand eines Hauses als Gesamtkunstwerk gedacht. Auch versteht man die klassiche Moderne nur als Kontrapunkt zum überbordenden Historismus des beginnenden 20- Jahrhunderts. Das Bauhaus war eine Bau- und Designschule, ein völlig neuer Ansatz. Was heute alles unter diesem Label verkauft wird, ist eine Schande. Ich empfehle jedem, die Bauhausstätten wirklich mal zu besuchen. Dann wird man feststellen, welch ein Quantensprung diese Architektur im Verhältnis zu dem hier Gezeigten darstellt.


    Somit entzieht sich der Suhrkamp-Bau nicht nur der Moderne, es ist schlicht Retroarchitektur mit Zitaten davon, was sich ein gewollt progressiver Verlag unter Moderne vorstellt. Dabei ist es bezeichned, welche Zitate er wählt. Es sind keine Blicke nach vorne, sondern zurück. Das ist doch die Wahrheit. Der Bau hat nichts Progressives, nichts wegweisend Neues, es ist einfach ein fast schon beliebig anmutendes Zitat aus der Vergangenheit. So ist zumindest meine Meinung.


    Bei Einzelnen mag eine politisch motivierte Intellektuellenfeindlichkeit hinzukommen: Suhrkamp steht für eine bestimmte linksliberale Kultur Nachkriegsdeutschlands,
    die manchen stets verhasst war, und dieser [kultur-]politisch motivierte Hass
    wird nun auf das Gebäude übertragen.


    Auch dieses Zitat ist wieder bezeichned für eine bestimmte elitäre Haltung. Denn faktisch grenzt sie einfach ganze Gruppen, die lediglich anderer Meinung sind, aus. Übersetzt gesprochen sagt es nichts anders als dass bestimmte Gruppen nur zu blöd sind, den Bau zu verstehen, weil sie ja keine Intellektuellen sind und daher nicht fähig sind, den Genius dieses Baus zu vestehen. Ein Argument, mit dennen mittlerweile ganze Generationen von Architekten ihre Bauten in den Stadtraum prügeln. Frei nach dem Motto: Wir entwerfen tolle Stadträume, noch dazu mit einwandfreier intellektueller Unterfütterung, die breite Masse ist einfach nur zu beschränkt, die Großartigkeit dieser Werke zu erkennen.


    Ich finde diese Herangehensweise bedenklich, schädlich und wenig demokratisch. Warum kann man nicht einfach mal feststellen, dass es unterschiedliche Meinungen gibt? Die eigene Position aber beständig zur allein gültigen zu erheben und andere als beschränkt abzuqualifizieren, nur weil sie die eigene Ansichten nicht teilen, finde ich einfach völlig unangemessen.

  • Vielleicht haben sich auch andere die Frage gestellt, warum Du gerade hier die Gefahr siehst, dass "eine zusätzliche Siffecke" entstünde, "in der sich Sprayer und Freipinkler austoben" könnten. Immerhin handelt es sich, wie Du selbst sagst, um eine "exponierte" (und frequentierte) Ecke und die bieten sich normalerweise gerade weniger zum Urinieren und Besprayen an.

    Frequentiert ist die Stelle doch nur tagsüber, spät Abends und Nachts ist da wenig los und außerdem lebe ich mittlerweile so lange in Berlin, dass ich darauf schwören würde, dass sich in dieser Stadt kaum jemand darum schert, ob er beim freipinkeln, sprayen, dealen, grillen oder mit Primark Tüten beim Edel-Italiener beobachtet wird. Das Niveau an Gleichgültigkeit, Dinge wie zivilgesellschaftliche Etikette und pflegliche Wertschätzung des Stadtraums betreffend, ist in keiner west-europäischen Großstadt, die ich je besucht habe, so hoch wie in Berlin.

    (Sicht-)Beton wird typischer Weise für Verkehrswege eingesetzt, für Unterführungen. Diese bieten, wegen der Dunkelheit und des Blickschutzes, gute Bedingungen für "Versiffung" aller Art. Ergo entsteht die Assoziation Beton = höhere Versiffungsgefahr. Das aber ist natürlich ein Fehlschluss, Korrelation wird mit Kausalität verwechselt.

    Sicht-Beton der sauber bleibt und vernünftig aussieht, kenne ich eigtl. auch nur aus dem Inneren (Säulen, Innen-Wände, siehe JSG), wo er keiner Witterung ausgesetzt ist und höchstens von fettigen Besucherfingern betatscht wird. Wenn selbst die Regierungsgebäude vergammeln und das sind ja keine Billigbauten, dann kann man doch grundsätzlich davon ausgehen, dass Sicht-Beton nicht ganz unproblematisch ist.


    Was du einen assoziativen Fehlschluss nennst, nenne ich einen assoziativen Reflex, der auf einem Erfahrungsabgleich mit der erlebten Sinneswahrnemung basiert und zu einem priming-Effekt führt. https://de.wikipedia.org/wiki/Priming_(Psychologie)

    Der Begriff "Fehlschluss" ist mir zu wertend, weil er eine Metaebene eröffnet, auf der kognitive Vorgänge, die jenseits unseres Bewusstseins ablaufen und von denen auch Intellektuelle betroffen sind, definitorisch verwässert werden und versucht wird, anhand des vermeintlichen Abstraktionsvermögens des Rezipienten eine elitäre Selektion vorzunehmen. Die Vorstellung, dass die eine Wahrnehmung wertiger wäre, als die andere, in einer Realität, die auf partikelphysikalischer Ebene nicht mal gemessen werden kann und mit unserem Bewusstsein wechselseitig zu interagieren scheint, ist für sich genommen bereits eine Illusion. Ein Farbenblinder wird eine andere Wahrnehmung von Beton haben als ein Architekturprofessor und das Suhrkamp-Haus ist für sich genommen als "intellektuelles Symbol-Gebäude assoziativer Freiheit" auch völlig legitim, nur passt es mit diesem Konzept eben nicht an diese Kreuzung, sondern wäre besser woanders gebaut worden.

  • Wenn die Frage lautet, ob ich lieber eine möchtegern-intellektuelle Blech-Sichtbeton-Kiste oder nichts hätte, bleibe ich persönlich beim Nichts, in der Hoffnung, dass irgendwann später etwas Gescheites gebaut wird.

    "...denn alles, was entsteht, ist wert, daß es zugrunde geht. Drum besser wär, daß nichts entstünde..."? Ich hab mal bewußt ein Fragezeichen gesetzt. Meine Sicht ist differenziert:


    Mag ich die Architektur des Neubaus? Nicht besonders. Dem funktional Erforderlichen vermag ich zu folgen, aber der Bau kommt im übrigen doch langweilig und recht beliebig rüber.


    Mag ich das städtebauliche Resultat? Ich tendiere zum Ja, aus zwei Gründen:


    - Ich sehe eine Aufwertung gegenüber dem vorherigen Nichts. Ich folge hier ElleDeBE's Argument, es geht auch mal ohne kompletten Blockrand und mit dem entstandenen Vorplatz - schauen wir mal wie das angenommen wird und was man daraus macht. Wenn's nicht funktioniert - nichts ist für die Ewigkeit. Die Verdichtung tut dem Stadtraum hier gut und die geht beileibe auch brutaler als hier geschehen.


    - An anderer Stelle in diesem Forum wird leidenschaftlich über die Wiedergewinnung historischer Stadträume und das Für und Wider von Verdichtung gestritten. Ich sehe beides als wünschenswert. Das bleibt aber erstmal recht theoretisch, solange es keine wirtschaftlichen Nutzungen, und so wenig Verwertungsdruck auf die Fläche gibt. Die Berliner werden mir jetzt gehörig widersprechen, aber glaubt mir, die Stadt ist davon noch weitestgehend verschont. Ohne Grund bleibt so eine Fläche nicht 100 Jahre unbebaut. Deshalb muß man mMn unbedingt die Verbindung zur Neuansiedlung des Verlags sehen und was er für die Stadt und ihre Bewohner bedeutet. Ein Gewinn und eine Aufwertung finde ich, what's not to like?


    In der Bilanz: Ist es das beste aller möglichen Resultate? - für mich nicht, aber wer kann und will das schon abschließend beurteilen. Ist es eine Verbesserung zur Situation vorher? - für mich ohne Abstriche: ja.

  • Sicht-Beton der sauber bleibt und vernünftig aussieht, kenne ich eigtl. auch nur aus dem Inneren (Säulen, Innen-Wände, siehe JSG), wo er keiner Witterung ausgesetzt ist und höchstens von fettigen Besucherfingern betatscht wird. Wenn selbst die Regierungsgebäude vergammeln und das sind ja keine Billigbauten, dann kann man doch grundsätzlich davon ausgehen, dass Sicht-Beton nicht ganz unproblematisch ist.

    Ich kann nicht erkennen, dass die Regierungsgebäude vergammeln. Wo denn? Vergammeln weil ein paar Witterungsspuren zu sehen sind? Das ist doch hahnebüchener Unsinn, der zudem noch als Grundlage einer Diskussion dienen soll. So wird das nichts.


    Ich habe im Übrigen noch von keinem der Rekofreunde gehört, dass die Fassade der neuen Kommandantur vergammelt und versifft sei. Die wäre es aber, wenn man die Massstäbe eines Berlinier anlegen würde. Die Westseite(!) des Balkons ist schlierig und vermost. Mich stört das nicht sonderlich und das würde mich es mich auch nicht bei Gebäuden mit Betonfassaden.

  • Das Niveau an Gleichgültigkeit, Dinge wie zivilgesellschaftliche Etikette und pflegliche Wertschätzung des Stadtraums betreffend, ist in keiner west-europäischen Großstadt, die ich je besucht habe, so hoch wie in Berlin.

    Das würde ich zu 100 % unterschreiben. Leider färbt das auch sofort auf manche Besucher/Touristen ab, die hier mal so richtig die Sau rauslassen!


    Ich denke aber dass Suhrkamp auf eine gepflegtes Umfeld achten wird, zumindest soweit es in ihren Möglichkeiten liegt...