Potsdam: Garnisonkirche - Der Diskussionsthread

  • Es geht los mit der angekündigten Preisexplosion. Halten wir fest, die Stiftung ging mit einer Kostenplanung von 38 Mio ins Rennen um 12 Mio. Bundesmittel für den ersten Bauabschnitt welcher 26 Mio. kosten soll. Jetzt veröffentlicht die Stiftung einen Spendenkatalog über 18,5 Mio. Zusammen 44,5 Mio. Wofür benötigt die Stiftung die zusätzlichen 6,5 Mio.? Leider wie immer: Intransparenz, Lügen, Vertuschung.
    Die Befürchtungen treffen ein bevor der erste Spatenstich getan wurde.

  • Nein, Potsdamer, weder noch. Die zusätzlichen 6,5 Millionen Euro sind u.a. solchen Aktivitäten wie deinem Post zu verdanken, da sich die Baukosten seit der Grundsteinlegung 2003 um ca. 2 % p.a. erhöht haben. Das sind bei 38 Millionen Euro schon eine Stange Geld. Hinzu kommt, dass auch wegen des nur zwei Meter entfernt stehenden Rechenzentrum, das noch immer nicht abgerissen ist, sich die Gründungsarbeiten verteuern. Land und Stadt haben ja ihre Schwierigkeiten gegebene Zusagen einzuhalten. Viele Nutzer des Rechenzentrums hatten zudem ja schon bei Einzug angekündigt sich nicht an die befristeten Mietverträge halten zu wollen. Für "die Anderen", der einzigen Gruppierung in der SVV, die gegen die Kirche gestimmt hat, war das Rechenzentrum immer ein Vehikel um es dem Kirchenbau schwerer zu machen.


    Zudem hat die Kirche in ihren etwa 60 Bohrpfählen zur Gründung eine Geothermieanlage bekommen.


    Also: Ruhe bewahren, Du musst das Vorhaben nicht toll finden, aber die billige Polemik, die die Gegener des Projektes stets über der Kirche ausschütten, ist unabgebracht. Spart die Kräfte für die Diskussion um die Errichtung des Kirchenschiffes. Der Turm ist durchfinanziert und kommt, ich bin mir auch sicher dass die Spenden für den Schmuck zusammenkommen, sobald der Turm aus der Erde wächst - wie in Dresden, Berlin oder Nürnberg auch.

  • Ein sehr lesenswerter Artikel aus dem Tagesspiegel zur untrennbaren Verquickung der Garnisonkirche mit illiberalen und nationalsozialistischen Traditionen: http://www.tagesspiegel.de/wis…-zu-potsdam/20509946.html


    Von den Befürwortern des Wiederaufbaus wird oft versucht, den 'Tag von Potsdam' als für die Geschichte der Kirche zu vernachlässigendes Ereignis zu verharmlosen. Der Autor weist zurecht darauf hin, dass dies (unter anderen Vorzeichen) für die Frankfurter Paulskirche und die Revolution von 1848/49 unmöglich wäre.

  • Ich hätte gerne auf den Wiederaufbau des Turms der Garnisionskirche verzichtet: 1. wegen der ursprünglichen Nutzung als Militärkirche, 2. wegen dem "Tag von Potsdam" und 3. wegen dem wieder aufkeimenden Nationalismus hierzulande. Ich befürchte einfach einen zukünftigen Missbrauch des Gebäudes, entweder als falsches Symbol des deutschen Militarismus oder als Wallfahrtsort für Nationalisten.


    Dennoch ist der ursprüngliche Turm ausgesprochen schön und die Entscheidung nunmal so gefallen. Ich hoffe, dass das architektonische Ergebnis gut wird und der Stadt und der evangelischen Kirche das geplante Friedens- und Versöhnungszentrum nutzt.

    • Stinkbomben vor die Nagelkreuzkapelle
    • Gebrüllte verbale Attacken auf Gottesdienstbesucher
    • Stecker der Mikroanlage gezogen
    • Trillerpfeifen und Zwischenrufe
    • Beleidigungen


    So sah der Festgottesdienst zum Baubeginn der Garnisonkirche aus und war eine Demonstration vom Umgang mit Andersdenkenden.
    Die Garnisionkirche wird schon jetzt zu einem Gedenkort, denke ich, weist auf die Bedeutung und Notwendigkeit von Respekt und Versöhnung in Potsdam hin.
    Die Worte von Wolfgang Huber, dem ehemaligen Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland, waren wie ein Karikatur zusammen mit dem Verhalten mancher "Besucher", so dass, wie Karikaturen es manchmal leisten können, dann sichtbar wurde was für eines Geistes Kind sich in den Zwischenrufen, Gepfeife und Gestank zeigte.


    PS: Den Threadtitel könnte man richtig stellen?! Garnisonkirche wäre der Name des Hauses.

  • Die FAZ schießt sich abermals auf den Wiederaufbau ein. Es ist wirklich ein Trauerspiel, dass Deutschlands noch am ehesten mitte-rechts zu nennende Qualitätszeitung auch mit dieser linken Sichtweise aufwartet. Man mag bei diesem konkreten Projekt zu einem negativen Urteil kommen, der Autor lässt allerdings keinen Zweifel daran, dass er Reko-Projekten prinzipiell nicht eben wohlwollend gegenübersteht. Die DDR-Nachfolgebauten nennt er schutzwürdig, natürlich nach der gegenwärtig sehr zweifelhaften Praxis im Denkmalschutz, die am liebsten jeden Furz, den uns unsere Nachkriegs-Baumeister hinterlassen haben, sofort unter Schutz stellen will.

  • In der FAZ darf mal wieder ein Freier Journalist schreiben, der die üblichen, sattsam bekannten Argumenten gegen die Kirche zusammenträgt. Besonders lesenswert ist die Textstelle des 1965 geborenen „Architekturkritikers“, in der er in Grünzig'scher Manier den Abbruch der Garnisonkirche relativiert: das Agieren der DDR-Oberen sei „widersprüchlich“ (bloss weil Bartetzky die Wende der DDR-Politik nach dem Tode Stalins nicht versteht), es sei „keineswegs ausgemacht, dass ein derart belasteter Bau nicht auch in der alten Bundesrepublik als unliebsamer Geschichtsballast entsorgt worden wäre“ (ja, und? Das wäre doch nur ein Grund auch auf diese Fälle aufmerksam zu machen!) und es "wurde im Nachkriegswestdeutschland mehr Denkmalsubstanz zerstört als in der DDR, denn der Modernisierungsfuror paarte sich hier mit ökonomischer Potenz“ (das stimmt nicht wegen der ökonomischen Potenz, sondern weil Westdeutschland 2,5 mal so groß war wie DDR).


    Besonders interessant ist allerdings das Nachbeten der Neudenker-Argumente in Potsdam sei beim Stadtumbau „ein besonderer Fundamentalismus“ am Werke. Belegt wird das mit dem Abbruch der Theater-Rohbauruine und dem Abriss der FH. In Frankfurt/Main ist jedoch ebenfalls das technische Rathaus, ein Prototyp des architektonischen Brutalismus, gewichen - ein besonderer Fundamentalismus ist nur bei den Gegner zu beobachten, da es solche Ausfälle wie beim Baustart der Garnisonkirche in Frankfurt nicht gegeben hat.


    Im Kern kommt Bartetzky zum entscheidenden Punkt: es sei „geschichtspolitisch heikel“ (der Begriff „fragwürdig" der Überschrift kommt im Text nicht vor - soviel zu seriösem Journalismus in der FAZ). Der Mann hat seine persönliche Geschichtsaufarbeitung offenbar noch nicht abgeschlossen. Das scheint mir aber der Kern des öfefntlichen Stretes, wie beim Berliner Schloß.


    Die schönste Barockkirche Norddeutschlands, wie es einst der Baedecker formulierte, und der eigentliche Gründer Potsdams, nämlich Friedrich-Wilhelm I., kommen in dem ganzen Pulverdampf gar nicht mehr vor. Das ist es aber, was die Motoren des Wiederaufbaus antreibt.

  • Allemal merkwürdig ist, dass ein in Architektur- und Rekonstruktionsdebatten profilierter Journalist, zu der Feststellung kommt, das Fehlen der Garnisonkirche "dürfte" ein halbes Jahrhundert nach der "Beseitigung kaum jemand als wirklich schmerzhaft empfinden". Das zeugt doch von einem recht beschränkten Verständnis von Städtebau. Denn die Wiederaufbaubestrebungen werden doch nicht von sentimentalen Überlebenden der Bombenacht getragen. Ausschlaggebend ist ganz klar die Qualität des Verlorenen. Sowohl als Einzelbau als auch die Wirkung im Stadtbild als ganzes. Das war in Dresden ganz genauso, wenn auch etwas stärker. Darum ist die Frauenkirche wiederaufgebaut worden und nicht die Sophienkirche oder diverse gesprengte Vorstadtkirchen. Und darum ist auch der Neubau anstelle der Heiliggeistkirche zumindest an diese anlehnend entstanden. Es gehört doch zu den Mythen der Moderne, man könne in Altstädten beliebig rumpflügen und Stücke rausschlagen, ohne das sichtbar bleibende Schäden für die Stadt insgesamt entstünden. Das ist schon falsch, wenn es "nur" einen großteil der unauffälligen Profanbauten erwischt und die "Wahrzeichen" erhalten bleiben. Die wirken dann im Meer modernistischer Gebäude wie ausgestellte Museumsstücke. Das ist ja das Dilemma vieler Großstädte.

  • Der FAZ - Artikel ist übel formuliert. Er bewegt sich in geschickten Aufteilungen. Natürlich sind diejenigen, die den Aufbau betreiben, Spalter der Bürgerschaft. Sie nehmen, und das ist das ganz Schlimme, diese Spaltung auch noch billigend in Kauf. Dagegen sind die Gegner des Wiederaufbaus "ein Großteil der Potsdamer" und mehr noch "gebildete Leute". Alles klar? Allerdings glaubt auch er, dass die wieder aufgebaute Kirche ein Touristenmagnet wird. Wie kommt man da raus? Nun, man macht diese Touristen verächtlich. Sie kommen dann demnächst, vorzugsweise auch noch aus dem Westen , zum Kaffee trinken. Können die Ostler "ihre Tanten zum Kaffee ausführen". Was eine Kirche mit Kaffee trinken zu tun hat? Das kann uns dieser intelligente Architekturkritiker nicht sagen. Er schlägt such noch gleich den Bogen zur FH, dem "zartgliedrigen Bau der DDR-Moderne", die man eigentlich unter Denkmalschutz hätte stellen müssen. Aber in Potsdam herrscht ja Kahlschlagmentalität, er nimmt den Betonrohbau des neuen Theaters an der alten Fahrt gleich mit rein in seine Kritik, abgerissen ca. 1990/91. Alles erhaltenswert. Und dann kommt wohl, er kann sein Bedauern nicht verbergen, bald auch noch das Rechenzentrum dran, ein Notdurftbau (meine Diktion) der DDR. Gottseidank hat bisher das Interhotel überlebt, seiner Ansicht nach auch ein erhaltenswertes Gebilde.
    Man kann den ganzen Mist nicht mehr ab!!! Gott sei Dank habe ich diese Zeitung vor geraumer Zeit abbestellt.

  • Die FAZ ist weder mitte-rechts (sowas nannte man mal bürgerlich) noch eine Qualitätszeitung. Das war vllt. vor 30 Jahren mal so, heute fügt sie sich nahtlos in die von ihr übernommene strammst linke FR ein. Dies spiegelt sich dann auch bei Thema Garnisionskirche wider. Verlust, Identität, Heimat, gar die durch Bürgerstolz herbeigeführte Wiedererlangung eines architektonischen Meisterwerkes dürfen keine Rolle spielen, weil nicht sein kann, was nicht sein darf.

  • Interessanterweise ist der Artikel von der Startseite der FAZ schon wieder verschwunden, von daher stimme ich Dir, Konstantin, zu (!!!), der Schreiber scheint nicht die Linie der Readktion vertreten zu haben ;) .


    Ansonsten brauchen wir die Diskussion ja icht neu aufrollen. Die Meinungen der Forum-Mitglieder werden sich eh nicht mehr ändern. Es bleibt einfach zu hoffen, das die rekonstruierte Kirche nicht die falschen Geister weckt.


    Der Aussage im Text, dass es widersprüchlich ist, die Innenstadt beleben zu wollen und dann die FH (als Institution) aus der Innenstadt raus zu verlegen, stimme ich voll zu!

  • Der Artikel ist doch weitgehend korrekt und sachlich. Ich verstehe die Aufregung hier nicht.
    Diejenigen, die die Garnisionskirche auf jeden Fall wiederhaben wollen, trotz Militärkirche und Tag von Potsdam und preusischem Militarismus, werden sowieso auf gar keinen Fall Argumente gegen die (vielleicht) schönste Barockkirche Norddeutschlands akzeptieren.


    Der Turm wird jetzt aufgebaut, das ist beschlossen. Seid froh, regt Euch ab und hofft, dass er nicht zum Symbol für Nationalisten wird.

  • ^^ Ich fand die Stelle im Artikel am interessantesten, wo es heisst, es habe vor der Zerstörung der Kirchenreste Wiederaufbaupläne gegeben, die der DDR-Staat gar gefördert haben soll - die Kirchenoberen wären aber dagegen gewesen. Vielleicht hätte die DDR beinahe etwas dieser Art wie das Berliner Nikolaiviertel geschaffen, grundsätzlich dagegen konnte man nicht sein. OK, dann muss jetzt das Beweinen der derzeitigen Bauten verstummen - es hat also wenig gefehlt und es wären nicht diese, sondern die wiederaufgebaute Kirche das DDR-Architekturerbe gewesen. Kein Problem - jetzt wird doch noch der Alternativentwurf verwirklicht, den die DDR einst nicht umsetzen konnte, alles paletti.

  • ... es habe vor der Zerstörung der Kirchenreste Wiederaufbaupläne gegeben, die der DDR-Staat gar gefördert haben soll - die Kirchenoberen wären aber dagegen gewesen. ...


    Das ist eine der Propaganda- Falschaussagen der Gegner. Die Wahrheit ist genau anders herum: die ev. Kirche hat den Wiederaufbau der Garnisonkirche systematisch betrieben. Nachdem Beton -ZwischenGeschosse im Turm angebracht wurden, um ihn zu sichern, die Kapelle eingerichtet war, sollte der Wiederaufbau beginnen. Dafür war aus den Westen ein Baugerüst beschafft worden. Dieses durfte dann nicht mehr aufgebaut werden, wurde dann auf Hermansweder eingelagert und nach der Sprengung bei der Rekonstruktion der Nikolaikirche verwendet.


    Der Wiederaufbau wurde zunächst durch die Nichtzuweisung von Baustoffen behindert. Als dann die Kirche diese aus Eigenmitteln aus dem Westen beschaffte, wurde der Wiederaufbau baupolizeilich verboten, die Kirche gesperrt und als angeblich Einsturzgefährdet deklariert.Schließlich wurde die Breite Straße verengt und eine weiträumige Absperrung um die Kirche errichtet, Um so Resentments gegen die Kirche bei der Bevölkerung zu schüren. Das Ende war dann die Sprengung, Sonntags zur Gottesdienstzeit.


    Luftpost

  • Der Begriff Propaganda ist bei der Garnisionskirche ein ganz schwieriges Feld.


    Denn genau wegen der Nutzung der Kirche für Propagandazwecke, durch die Nazis, haben wir doch heute diese Kontroverse. Wenn es sich nur um die (vielleicht) schönste Barockkirche Norddeutschlands handeln würde, bräuchten wir hier nicht diskutieren.


    Den Ursprung für die Zerstörung der Garnisionskirche hat nicht die DDR gelegt, sondern Nazi-Deutschland.
    Zu beklagen, dass die atheistische DDR ein Kirchengebäude, das durch Nazi-Propaganda belastet ist, nicht wieder aufbauen lies, ist naiv.

  • Zu beklagen, dass die glaubensschützende BRD den Wiederaufbaufbau eines Kirchengebäudes nicht verhindert, sondern unterstützt, welches zu DDR-Zeiten aus verodnetem Staats-Atheismus gesprengt wurde, ist naiv.


    Luftpost

  • Der Begriff Propaganda ist bei der Garnisionskirche ein ganz schwieriges Feld.
    Zitat gekürzt.
    Bato


    Das ist dich Blödsinn,was du da schreibst. Du fällst genau auf die Propaganda der Linken rein. Glaubst du im Ernst, wenn dort in der Kirche keine Propaganda stattgefunden hätte, wäre die Linke bzw. man muss ja konkreter sagen, die linksalternative Gruppe für den Aufbau? Das sind doch nur vorgeschobene Argumente. Schau dir doch mal an, mit welcher Konsequenz andere Kirchenaufbauten von den Linken verhindert worden sind, die Ulrichkirche in Magdeburg, die Marienkirche in Wismar im gotischen Viertel, die Paulinerkirche in Leipzig umkämpft war. Kirche ist Reaktion und muss bekämpft werden. Man akzeptiert eher den Islam als alles Christliche. Die stehen auf Ulbricht-Positionen, man könnte auch Stalin nennen.
    Wir haben überhaupt keinen Grund, vor deren Argumenten auf die Knie zu gehen. Steine sind nicht politsich, was in der Kirche gepredigt worden ist, ist für die Zukunft ziemlich egal. Wenn die ev. Kirche ein Versöhnungszentrum daraus machen will, ist das schon Entgegenkommen genug.

  • Ruhrgebietskind, mein letzter Beitrag bezieht sich doch gar nicht auf die Diskussion der letzten Jahre !?!


    Die Entscheidung für den Teil-Wiederaufbau ist doch gefallen. Sei doch zufrieden.