Talkin' 'bout Europaviertel (Basisdebatte)

  • Das Skyline Plaza ist nicht komplett menschenleer, pardon, es ist schlicht Unsinn, so etwas zu behaupten. Beim "Liebe Laube Hoffnung" gab es einen Eigentümerwechsel, soll vorkommen, am vergangenen Samstag war geöffnet und so gut wie jeder Platz auf der Terrasse besetzt. Ich könnte weitermachen, die Polemik, die mit Würfelhusten, Fiasko, vorgeblich vertanen Chancen kaum ein Buzzword auslässt, gäbe das her. Soll aber genug sein.


    Ein Foto aus dem Katastrophengebiet, auch vom Samstag. Sogar die Bäume lassen ihr Laub fallen. Hier ist nichts mehr zu retten.


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    Bild: Schmittchen

  • Ich kann mich nicht erinnern das Europaviertel als "Katastrophengebiet" berzeichnet zu haben, sondern wohl eher völlig zurecht als verbesserungswürdig. Das ist aus meiner Sicht ein wichtiger Unterschied und ein hysterischer "Untergangsprophet", der alles schlechter sieht als es wirklich ist, bin ich ganz sicher auch nicht.


    Ein Wort zur eigenen Sache: Da ich selber 2,5 Jahre in der Nähe des Skyline Plazas gearbeitet habe, meine ich schon mir ein relativ gut informiertes Bild über den bekagenswerten Zustand des Skyline Plazas machen zu können. Die Wiedereröffnung des "Laube Liebe" war mir tatsächlich neu und ist eine hervorragende Nachricht. Ich will den Bewohnern des Europaviertels nichts Böses, sondern ich will, dass sich die dortige Lebens- und Aufenthaltsqualität entschieden und nachhaltig verbessert.


    Das Wichtige ist doch, dass man aus dem Europaviertel die richtigen "Lehren" zieht, so dass dieselben Fehler nicht ständig wiederholt werden. Die gebaute graue Sterilität wie am Tel-Aviv-Platz (davor schon am furchtbaren Martin-Elsässer Platz und am Roßmarkt) soll und darf es in Frankfurt so nicht mehr geben.


    Wentz' Idee des großstädtischen Boulevards mit Anlehnung an die Avenida da Liberdade in Lissabon (d.h. Raumgliederung) ist aus meiner Sicht nicht umgesetzt worden. Die Leblosigkeit der Erdgeschoss-Ebene, eigentlich das Markenzeichen europäischen Städtebaus, ist besonders bedrückend und die Achilles-Verse des Viertels. Hier konnte die Skyline Plaza die Lebendigkeit eines Boulevards eben auf keinste Weise ersetzen. Das Skyline Plaza war als "Anziehungspunkt" für Messebesucher ohnehin viel zu lukrativ und so war es längst ein "Fait accompli" für das gesamte Viertel bevor es überhaupt gebaut wurde. Leider hat sich aus den hohen Erwartungen an das Zentrum aber nur die Gastronomie und vielleicht noch der Rewe und das gelungene Meridian Spa als echte Belebung erwiesen.


    Zum Skyline Plaza: Es war schon lange vor dem überflüssigen Bau des Skyline Plazas bekannt, dass die große Zeit des Shopping Malls in Europa (wie auch in den USA) längst vorbei war und nun durch Corona und Amazon endgültig nicht mehr "zeitgemäß" sind, da sich ohnehin nur Ketten die hohen Mieten in solchen Zentren leisten können (durch einen "Gerry Weber" oder "Street One" entsteht eben keine urbane Lebendigkeit). Bereits vor der Corona-Krise und vor dem breiten Angebot des Online Shoppings standen Shopping Malls in den USA en masse vor der Schließung (Quelle 1, Quelle 2). Diese Entwicklung wird sich nun weiter fortsetzen und viele Malls stehen mehr denn je auf dem Prüfstand.


    Das Zentrum muss aus meiner Sicht umgebaut werden (Ausbau des Essbereichs, Halbierung des Einkaufsbereichs, Vergrösserung des REWE, leichter zugängliche Toiletten) damit es weiterhin wirtschaftlich betrieben werden kann. Und nochmal eine "sehr gewagte These" für alle Stadtplaner: Shopping Malls schaffen oder ersetzen keine Lebendigkeit bzw. Urbanität, eher schaffen sie Ödnis und Austauschbarkeit.


    Apropos Buzzword-Bingo: Die Phrase "wir müssen dem Viertel / Bau / Platz mehr Zeit geben" fällt dann wohl auch unter diese Kategorie. :)

  • pontifexmaximus Ich bin für den konkreten Vorgang etwas zu jung und lasse mich gerne eines besseren belehren, aber soweit ich es in Erinnerung habe, wurden die Bebauungspläne aus dem städtebaulichen Konzept von ASP entwickelt. Dieses war zwar politisch beeinflusst, ist aber ihr Werk. Es krankt nicht nur an der Breite des Boulevards, sondern insbesondere auch an der offenen Bauweise und den nicht überbaubaren Grundstücksflächen. Damit konnte die Urbanität nicht erreicht werden. Es war absehbar, dass selbst bei hochwertiger Architektur ein zweites Niederrad entsteht. Außer entlang der Messehalle war auch anders als zum Beispiel bei einer Hafencity kein besonderer städtebaulicher Grund für diesen Ansatz erkennbar. Das Gallusviertel ist entlang der Mainzer Landstraße zumeist als geschlossener Blockrand ausgeformt. Schmittchen kritisierte dies seinerzeit bei Inkrafttreten der Bebauungspläne für das Viertel.


    Hinzu tritt zu Lasten von ASP, dass deren Seniorpartner kurz vor seinem Tod und damit bereits nach großteiliger Umsetzung das Europaviertel verteidigt hat. Bei der Nachfrage zur "Stalinallee" fand er den Namen gut. Gleichzeitig kritisierte er die neue Altstadt. Für mich hat er daher als Chef eines Büros, welches in China eine "typisch deutsche Stadt" gebaut hat, welche als zu hässlich von den Chinesen empfunden wurde, als jemand erwiesen, der einen bestimmten "klassischen" Ansatz von Städtebau verfolgt. Dieser entspricht nicht meinem Geschmack und meinem Wunsch von europäischer Stadt. Auch wenn der Seniorchef nun nicht mehr die Geschicke des Unternehmens lenkt, unterstelle ich allerdings ohne konkreten Beleg, dass eine bestimmte corporate identity fort besteht.

  • Es sind im Grunde nur wenige Fehler, die gemacht wurden - die aber dafür mit umso größerer Tragweite:


    1. Die Infrastruktur - sprich die Erschließung mit dem ÖPNV - kommt erst jetzt, quasi ganz am Ende. Leider ein in Frankfurt nicht ganz unbekanntes Problem. Man erinnere sich an den Riedberg. Der kam auch erst so richtig in Schwung, als die U-Bahn endlich fuhr. Ich denke, das ganze Projekt Europaviertel hätte sich besser entwickeln können - auch mit einem besseren Image.


    2. Die weitgehend unattraktive Bebauung ist das Ergebnis von Rendite-Orientierung. Möglichst flächeneffizient, materialsparend und mit größtmöglichem Ertrag. Da bleiben alle optischen Spielereien oder Großzügigkeiten auf der Strecke. Da die Nachfrage groß ist, verkaufen bzw. vermieten die Investoren eben auch solche Schuhkartons zu teils horrenden Preisen.


    3. Es wurde viel zu viel hin- und hergebastelt. Wie oft wurde die Europa-Allee von links nach rechts gelegt, Bäume hin und wieder weg, Fußwege schön gepflastert und wieder weg...? Das Restaurant am Tel-Aviv-Platz wurde zur KiTa, die anfangs durchgehend unterirdisch geplante Bahn wird teilweise zur Straßenbahn,... . Das ist dann am Ende klar ein Fehler in der Statdplanung oder vielleicht eher in der konkreten Umsetzung der gemachten (Stadt-)Planung. Wie so oft, sehen die Bilder und Grafiken toll aus, wie es am Ende aussehen soll. Aber um dahin zu kommen, braucht es Konzept und Zeitplan und spätestens da hätte man vielleicht eine andere Reihenfolge der Entwicklung ansetzen sollen.


    4. Das Skyline-Plaza ist an sich sehr gelungen: hell, großzügig. Ja, es gibt auch Schwachstellen, die man definitiv hätte besser machen können.

    Aber erstens fehlt es auch hierfür an dem besseren ÖPNV-Anschluss (ich hoffe, das der Laden nach Vollendung doch nochmal richtig in die Gänge kommt). Die Wohngebäude drumherum reichen dazu noch nicht aus; so gesehen ist es schon ein Fehler in der Stadtplanung. Und zweitens ist es tatsächlich "nur" ein Shopping-Center. Das Fitness-Studio mit Wellnessbereich sehe ich jetzt als nette Ergänzung, aber ist kein wirklicher Magnet. Wenn man die anfänglichen Planungen des UEC nochmal aufruft, sieht man, wie das anfangs gedacht war: mit Musical-Theater, integriertem Luxus-Hotel und großem Auftritt. Schon der Touch des Internationalen. OK, wurde es nicht. So ist es eben "nur" eine Shopping-Mall. Und für einen oder mehrere attraktive und exklusive Ankermieter bei den Geschäften war das Halt nicht attraktiv. Die waren da schon im MyZeil untergekommen. Und heute kämpft man eben den Kampf des Auswechselbaren - im Grunde sehen die Malls alle mehr oder weniger gleich aus.



    P.S. Die letzten 3 Beiträge kam, bevor ich fertig wurde und hochladen konnte. Hätte sonst mehr Bezug genommen.

  • Zitat Criso:

    "Was ein Käse"


    Da "Käse" ein sehr interpretationsfähiger Begriff ist (;)), wäre es hilfreich, wenn man erfährt, aus welchen Gründen Du zu dieser Einschätzung kommst.


    Es besteht hier sicherlich kein Rechtfertigungsdruck, aber es ist auch nicht uninteressant zu wissen welche Argumente sich hinter einer Sichtweise verbergen.

  • Eine "High-Line" in der Europaallee? Über der Stadtbahnstrecke? Wenn es einen Weg gibt, die Aufenthaltsqualität auf Ebene 0 vollends zu killen, dann diesen.

    Von der Idee da jetzt nachträglich noch einen Pseudo-Park drüber zu basteln halte ich auch nichts. Aber den gegenwärtig vorgesehenen Endzustand für die Europaallee als überbreite Verkehrsschneise ohne jegliche Aufenthaltsqualität kannst du doch nicht wirklich als gut empfinden. Und nein, breite Bürgersteige und ein paar Bäume in einem recht breiten aber überhaupt nicht nutzbaren Mittelstreifen (die Hälfte seiner Breite wird ja von der U5 benötigt, der Rest ist dann nur noch einfachstes Straßenbegleitgrün) machen noch lange keine Aufenthaltsqualität. Da hat Golden Age schon recht: wenn man schon eine derart breite Schneise errichtet, dann ausschließlich als Boulevard! Das klappt beim ursprünglichen Vorbild in Lissabon sehr gut, und die genau daran orientierte ursprüngliche Planung für die Europaallee hätte (trotz deutlich mehr Fahrstreifen als jetzt vorgesehen) tatsächlich zumindest die Chance gehabt eine ähnliche Qualität zu erlangen.

    Die Chance hat man allerdings vergeigt, weil man zu blöd war die U-Bahn gleich mit zu errichten und dorthin zu legen, wo sie hingehört, nämlich unter die Erde ohne jegliche Konfliktpunkte mit dem übrigen Verkehr.

    "Leute auf die Gass" bringt man nicht mit oberirdischen U-Bahnen, sondern durch eine hohe gestalterische Qualität des öffentlichen Raums. Dazu gehört neben der Gestaltung des Platz- oder hier halt Straßenraums, auch die städtebauliche Figur der Bebauung und besonders natürlich auch ihre Fassaden, vor Allem auch die Erdgeschosse. Und auch das reicht noch nicht, wenn man sich nicht traut eine anständige Nutzungsmischung (auch innerhalb der Gebäude selbst) vorzusehen.


    Und Skyline Plaza ist natürlich ein Thema für sich. In der ursprünglich geplanten Form als "Urban Enterntainment Center", wo das Shopping nur eine sehr untergeordnete Rolle spielt, hätte es noch eine gewisse Berechtigung gehabt. Ideen für potenzielle Nutzungen gab es ja mehr als genug, da gab es auch hier im Forum mal einen Strang mit einigen wirklich geilen Vorschlägen. Herausgekommen ist aber am Ende ein Parkhaus mit angeschlossenem Einkaufszentrum ohne jegliches Entertainment, das dabei noch dafür sorgt dass fast sämtliche Geschäfte in eben jenem Zentrum versammelt sind, und kaum noch was für die Europaallee selbst übrig bleibt.


    Dass die Entscheidungsträger in diesem Land in den letzten Jahrzehnten nicht das geringste Gespür mehr dafür haben wie man den öffentlichen Raum attraktiv gestaltet und stattdessen immer die selben pseudo-modernistischen Fehler umsetzen lassen, ist ja leider nichts neues. Bezüglich Aufenthaltsqualität und Urbanität hat man beim Europaviertel aber halt auch sonst so ziemlich alles falsch gemacht was man falsch machen kann, und das auf allen Ebenen und in allen Phasen. Bei der Verkehrsplanung, beim Städtebau, bei der Nutzung und zu guterletzt auch bei der Architektur der meisten errichteten Gebäude. Da kann man noch so aufwändige Nachbesserungen betreiben, es wird immer nur ein Herumdoktern an den Symptomen bleiben.

  • Und nein, breite Bürgersteige und ein paar Bäume in einem recht breiten aber überhaupt nicht nutzbaren Mittelstreifen (die Hälfte seiner Breite wird ja von der U5 benötigt, der Rest ist dann nur noch einfachstes Straßenbegleitgrün) machen noch lange keine Aufenthaltsqualität.


    Das stimmt, aber es ist ein Angebot, Voraussetzung dafür, dass die Anrainer oder andere etwas aus der Fläche machen können. Außengastronomie über Steh- und Bistrotischchen hinaus erfordert Platz, den früher mal Vorgärten boten oder eben ein überbreiter Gehweg. ich vertraue auf die Kreativität der Europaviertler. Wie soll ich mir denn städtisch geplante Aufenthaltsqualität vorstellen? Schicke Blumenkästen noch? Oder besonders designte Laternenpfosten, so welche aus dem Katalog des Straßenbauamts? Bänke vom Typ "Frankfurt"? Was macht die Aufenthaltsqualität von hier schon öfters erwähnten Prachtstraßen denn aus?

  • Da du so nachdrücklich fragst, wieso deine Äußerungen hier von Usern als "Käse" abgetan wurden, meine Meinung dazu anhand des folgenden Satzes von Dir:


    Das Fiasko um den Tel-Aviv-Platz (inkl. nicht gebauter Kita), die komplett menschenleere Skyline Plaza (das Europaviertel scheint es als Fremdkörper wahrzunehmen) und besonders der gesperrte Europa-Garten (sowie die Schließung des "Liebe Laube Hoffnung") sind die letzten Anzeichen, dass sich hier einige Dinge in eine negative Richtung entwickelt haben.



    Tel-Aviv-Platz:

    Wenn überhaupt ist das Problem, dass das Gebäude über dem Tunnelmund eine große Kita ist, anstatt wie von einigen erhofft Gastronomie zu beherbergen. So viel zu "nicht gebauter Kita" ...



    Skyline-Plaza:

    Das Center hatte dieses Jahr gleich mit zwei Problemen zu kämpfen: Einerseits das Fehlen der Messekunden, und andererseits das es mit Grand Tower, Eden und Güterplatz von Großbaustellen eingekreist war.


    Dafür ist da jetzt schon mächtig viel Betrieb - und mit jeder neubezogenen Wohnung in der Nachbarschaft wird es noch mehr. "Komplett menschenleer", das kannst du allerhöchstens an einem Sonntag während des Lockdowns beobachtet haben ...



    Europa-Garten:

    Der ist gesperrt, weil die Stadt ihn wegen Baumängeln nicht abnimmt und Verfahren läuft. Da geht es nur um die Ausführung, kein Zusammenhang mit der Planung ...



    Liebe Laube Hoffnung:

    Wie schon erwähnt Eigentümerwechsel ...



    ZUSAMMENGEFASST:



    Mod: Letzter Absatz gelöscht. Bitte die Richtlinien beachten, besonders die zu Form und Wortwahl.

    2 Mal editiert, zuletzt von *Gerald ()

  • Lieber Gerald, der "Käse-Beitrag" des Users Criso war eine Antwort auf den Beitrag von lexibexi und war keine Antwort auf einen Beitrag von mir. Ganz nebenbei hat ein anderer User außer Criso das Wort "Käse" nie in den Mund genommen, so kann also auch nicht von "Usern" die Rede sein, die Du hier auf Deiner Seite wähnst. Du scheinst also einige Dinge absichtlich durcheinander zu kriegen.


    Ich erkenne an, dass das Europaviertel einen gewissen Rückhalt im Forum (aber auch außerhalb davon) genießt und Deine (zu) emotionale Reaktion ist ein Ausdruck hiervon. Wie gesagt, das will ich hier auch niemanden in Abrede stellen. Ebenso solltest Du aber auch anerkennen, dass die Kritik am Europaviertel ebenfalls vollkommen zurecht geübt wird und keine Majestätsbeleidigung ist. Der Beitrag von Rohne oben fasst sehr schön zusammen, wo es überall hakt. Die Kritik wird geübt um das Viertel besser zu machen und künftige Fehler zu vermeiden, nicht um es herunter zu ziehen. Das möchte ich an dieser Stelle nochmal betont haben.


    Apropos Fake-News: Wäre schön, wenn heute der Mann, der diesen bescheuerten Begriff erst so richtig hoffähig gemacht hat, von den US-Wählern aus dem Amt gewählt wird. Vielleicht können wir uns ja zumindest auf diesen Punkt einigen, gell? ;)

  • Ebenso solltest Du aber auch anerkennen, dass die Kritik am Europaviertel ebenfalls vollkommen zurecht geübt wird und keine Majestätsbeleidigung ist.


    Was du als "(zu) emotionale Reaktion" bezeichnest, war als überspitzte Formulierung auch in Anspielung auf die Wahl in den USA heute gedacht. Und da du selbst sie nun auch konkret nanntest, hast du es wohl auch verstanden ;)


    Auch habe ich überhaupt kein Problem mit Kritik am Europaviertel. Oder an anderen Bauvorhaben. Dies ändert aber gar nichts am aktuell wesentlichen Punkt:


    Im Post zuvor habe ich nur einen einzigen Satz von dir zitiert, und dieser Satz enthielt gleich vier Behauptungen von dir, die objektiv schlicht und ergreifend unwahr sind. Bestes Beispiel die Kita am Tel-Aviv-Platz, von der du einfach mal behauptest, sie sei nicht gebaut worden! Und das hat dann mit Kritik nichts mehr zu tun - schon gar nicht mit Konstruktiver.

  • Boulevard of Broken Dreams?


    Schön, dass in diesem Strang endlich mal wieder debattiert wird (und das alles wegen eines undifferenzierten Vergleichs vom EV mit einer hiesigen Startbahn...).


    Eine Umgestaltung der Europaallee empfinde auch ich als nötig aber auch als möglich.


    Ich halte die High Line Idee allerdings nach wie vor nicht für sinnhaft, weil zu teuer, und unpraktikabel, weil zu aufwendig. In New York oder Paris wurde ja auch kein Park "primär in den 1. Stock gebaut", sondern es wurden ausgediente Metro-Strecken in sehr engen Metropolen sekundär in Parks umgenutzt. Ausgeführlicher hatte ich mich dazu schon mal zum Erscheinen der Idee geäußert (#225).


    Da der Tunnel unter dem Europagarten eh nur zweispurig ist und eine Teilstrecke der Europaallee nach Fertigstellung der U-Bahn nochmal verlegt werden wird, halte ich eine Änderung der Straßenführung zugunsten einer höheren Aufenthaltsqualität nach wie vor für recht einfach und verhältnismäßig günstig machbar. So könnten z.B. die südlich der Tram verlaufenden Fahrstreifen zwischen Europagarten und Skyline Plaza rückgebaut und begrünt werden. Die zwei nördlichen würden dann in zwei gegenläufige Fahrspuren umgewandelt. Die derzeit auf beiden Straßenseiten verlaufenden Radwege könnten für beide Richtungen mit in den begrünten Teil integriert werden. Das würde auch gut in das aktuelle Konzept einer verkehrsberuhigten, fahrradgerechteren und für Radfahrer sichereren Stadt passen.


    Der grundsätzliche Aspekt eines Boulevards, wie ihn Herr Wentz sich vor ca. zwei Jahrzehnten mal wünschte, würde trotzdem erhalten bleiben, denke ich, da ja eine 60m breite Schneise bestehen bleiben würde.


    Herr Wentz muss sich vielleicht vorwerfen lassen, damals zu Planungszeiten zu groß(spurig) geträumt zu haben. Er selbst wollte ja keine Mall am östlichen Ende der Europaallee sondern ein Musical Theater von dessen Balkon man dann in der Pause Richtung Westen den Boulevard runter in den Sonnenuntergang blickt (so von ihm öffentlich erklärt. ob das besser funktioniert hätte als das Skyline Plaza wage ich allerdings zu bezeifeln). Er hat sich mittlerweile mehrfach öffentlich entschuldigt für die aktuelle Ausgestaltung der Europaallee, die er als "Autobahn mit Hundeklo auf beiden Seiten" sieht.


    Noch einige persönliche Einschätzungen zum aktuellen Zustand:

    -die Bebauung auf der Nordseite der Europaallee ist nicht so schlecht. Das Gebäude der Paribras, die angrenzenden Hotels, Brick und Bahntower und (wahrscheinlich) auch das zukünftige FAZ-Gebäude können sich sehen lassen. Das CMA Hochhaus am Messeneingang Süd fehlt noch gänzlich in der Reihe. Auf der Südseite darf weiterhin noch auf den Porsche Design Tower gehofft werden. Das Praedium steht da leider schon. Das Zebra ist noch nicht fertig, die endgültige Fassadengestaltung bisher nicht öffentlich.


    -die fertiggestellten Projekte Central&Park und Parkend sind m.E. durchaus gelungen (Rundgang).


    -wie zuvor schon von einigen hier erwähnt hat der Eigentümer des (ehemaligen) LaubeLiebeHoffnung gewechselt. Es hat nun ein Ableger des Paulaner am Dom unter dem Namen Pauline hier eröffnet.


    -nach ein paar Regentagen kann man derzeit erahnen, was der Europagarten für das EV werden kann, wenn der juristische Streit mal beigelegt ist. Mit Lotte-Specht-, Gleisfeld- und Zeppelin-Park sind weitere neue Grünflächen entstanden.


    -am Tel-Aviv-Platz fehlt bisher noch etwa die Hälfte der Bepflanzung. Hier sollte also mit einem endgültigen Urteil abgewartet werden.

  • Meist wird ja an der Europa-Allee die fehlende Urbanität ("Leben auf der Gass") bemängelt, und in Folge eine höhere Aufenthaltsqualität gefordert. Wobei ich persönlich nicht glaube, dass die Gleichung "Mehr Grün = Mehr Aufenthaltsqualtät" immer aufgeht, siehe die benachbarte Frankenallee mit ihrem großzügen Grünsteifen in der Mitte.


    Aber mal eine andere Überlegung bzw. anderer Aspekt:


    Möglicherweise ist Kern des Problems, dass inzwischen Fakten geschaffen sind, die dafür sprechen, dass es die eine Europa-Allee im Sinne von Einheitlich nicht mehr geben kann und auch nicht geben wird. Deshalb sollte man die Gestaltung jeweils den "Abschnitten" (A) anpassen.


    A1: Skyline Plaza bis Emser Brücke

    Durch die Hotels und Gastronomie ist da eigentlich recht viel Leben auf der Gass, vor allem wenn man bedenkt, welch gigantische Großbaustelle in der Mitte sitzt. Problem wird halt immer sein, dass man mit der Zufahrt Skyline Plaza und dem Tunnelmund der U5 zwei Trenner in der Mitte haben wird.


    A2: Emser Brücke bis Europagarten:

    Der Teil ist tricky, weil noch viele Faktoren offen sind, wie z.B. wann (und ob) Messeeingang und Porsche Tower kommen, und sogar auch welche langfristigen Auswirkungen Corona auf Messen, Verlagerung von Arbeit ins Homeoffice etc. haben wird. Da hängt ja einiges dran, wie das geplante Restaurant im Praedium: Das macht auf, wenn die Büros drumrum aufgemacht haben.


    A3: Europagarten:

    Hier dagegen ist der Drops gelutscht: Die Europa-Allee unterirdisch, die Projekte Central&Park und Parkend fertig. Und wie Mainolo finde ich auch, durchaus gelungen.


    A4: Tel-Aviv-Platz bis am Römerhof:

    Der wohl spannendeste Teil: Ob es notwenig war, den Tel-Aviv-Platz ziemlich zuzupflastern sei einmal dahingestellt. Kernproblem des Platzes ist und bleibt wohl erst mal, dass in seiner Mitte aus wirtschaftlichen Gründen (Stichwort Miete) eine Kita als abweisendes, in sich geschlossenes System thront.


    Auf der anderen Seite des Gebäudes folgt dann erst ein Tunnelmund, dann eine Autobahn mit Vollgas abknickend auf ihr Gegenüber: die kleine, zweispurige Gasse Zum Rebstockbad. Mit Axis und Westside sind sogar zwei Marker vorhanden, aber bez. der Gestaltung des öffentlichen Raumes lässt man die echt verhungern ...


    Hier wäre für mich wünschenswert, dass

    - dieser Teil der Europa-Alle

    - Zum Rebstockbad mit dem Neubau des Bades und dem Messeparkhaus

    - Römerhof Richtung Rebstock

    - Römerhof mit dem projektierten Neubauviertel

    zusammengefasst betrachtet werden und ein ganzheitliches Verkehrs- und Gestaltungskonzept für diese "Ecke" entwickelt wird.



    Mod: Nachfolgende Detailfrage zu einer möglichen Fahrbahnverlegung jetzt hier.

  • Mod: Beitrag aus dem Thread "Büro- und Hotelhochhaus 'ONE" hierher verschoben, da ohne direkten Bezug zum Hochhausprojekt.



    Oberleitung Absolut auf den Punkt gebracht.

    Ich war vor einigen Tagen dort unterwegs und enttäuscht angesichts der großen versiegelten Fläche rundherum, dort herrscht praktisch null Aufenthaltsqualität


    Hier ist die Stadtplanung offensichtlich dem großen Geld zum Opfer gefallen.


    Ich habe bereits ähnliche Kritikpunkte geäußert. Das gesamte Viertel um die Skylineplaza herum bietet keinerlei Aufenthaltsqualität, null, zero, niente. Ab in die Garage, einkaufen und schnell wieder raus mit dem Auto. Das entspricht nicht den europäischen Maßstäben. Zu Fuß in diesem Bereich unterwegs zu sein, ist keine angenehme Erfahrung. Die Dimensionen sind zu groß und wirken unpersönlich, es fehlt an einem gemütlichen, einladenden Ambiente. Die Planung und Gestaltung sollten auf menschenorientierte Maßstäbe ausgerichtet sein, um eine angenehme Umgebung zu schaffen, die zum Flanieren und Verweilen einlädt. Eine stärkere Fokussierung auf Fußgängerfreundlichkeit, menschliche Maßstäbe und ansprechende öffentliche Räume wäre wünschenswert, um ein lebendiges und einladendes Stadtviertel zu erschaffen. Kein Wunder, dass die Läden im Skylineplaza über mangelnde Besucher klagen, wenn nur diejenigen mit Autos bevorzugt werden. Mit einer ansprechenderen Stadtplanung rundherum hätte man viel mehr Geschäft machen können. Das Einkaufszentrum hätten sie nach außen öffnen müssen und den Einzelhandel auf die Straße bringen sollen. Es wird wohl noch 5-10 Jahre dauern, bis die Eigentümer verstehen, worin das Problem liegt. Dann, hoffentlich, werden sie mit Modernisierungsarbeiten beginnen.

  • Halt! Die Stadtplanung hat damit nur sehr am Rande zu tun, weil die fraglichen Flächen reines Privatgelände sind. Es gibt dort nur ein Gehrecht zu Gunsten der Öffentlichkeit, aber die Gestaltung ist Sache der Grundstückseigentümer (Einzelheiten stehen im Textteil des B-Plans 556); es wird immer nach Deregulierung gerufen, hier ist nichts reguliert, also wird nach Regulierung gerufen; irgendwie schräg.


    skyline_plaza_flurvoceh.jpg

    © Stadtvermessungsamt Frankfurt am Main, Stand 10.2023,© Hessische Verwaltung für Bodenmanagement und Geoinformation


    Wenn wir mal den Bereich der U-Bahnbaustelle (schwarz-gelb) außer Acht lassen, sind die einzigen städtischen Parzellen die Fläche vor der nördlichen Stirnseite des ONE und die Gehwege von Osloer und Brüsseler Straße (weiß).

    .

    Flurstück 1/127 = Grand Tower

    Flurstück 1/123 = Hotel

    Flurstück 1/122 = Kap Europa, hat keine Freiflächen

    Flurstück 1/120 = ONE

    Flurstück 1/119 = ONE? Parkhaus

    Der Rest (1/117, 1/118 und 1/121) = Skyline-Plaza


    Ich finde die Kritik ja nicht unangebracht, aber bitte an die Richtigen richten

  • tunnelklick "Die Stadtplanung hat damit nur sehr am Rande zu tun", dann trifft meine Kritik wohl zu. Als Bürger werde ich mich nicht bei einem privaten Unternehmen wegen mangelnder Umsetzung beschweren. Es obliegt vielmehr der Stadt, die Unternehmen zu regulieren, Rahmenbedingungen zu schaffen und sicherzustellen, dass Projekte sinnvoll gestaltet werden. Und in diesem Fall war das offensichtlich nicht gegeben.

  • Es ist nicht Sache der Stadt, Unternehmen zu regulieren, sondern Baurecht zu schaffen, das kann sie großflächig oder kleinteilig tun. Im Europaviertel hat sie sich fürs großflächige entschieden Die Stadt hat die Rahmenbedingungen geschaffen und die Bauherrschaften haben den Rahmen ausgefüllt. Ich wüsste nicht, was öffentliche Planung besser gemacht hätte, außer dass der Ortsbeirat mindestens eine Legislatur über Anzahl und Standort von Fahrradbügeln gestritten hätte und über die Versickerung von Regenwasser. Die Stadt Frankfurt ist jetzt auch nicht bekannt für die besonders gelungene Gestaltung ihrer öffentlichen Räume, siehe z.B. den benachbarten Platz der Republik oder den Bahnhofsvorplatz.

    Es spricht auch nichts dagegen, beim Skyline-Plaza-Management Kritik zu üben, schließlich wollen sie, dass du deine Euros bei ihnen ausgibst. Dass die Leut eben dieses derzeit nicht in ausreichendem Maße tun, kann ja mit dem kritikwürdigen Zustand außen herum zu tun haben; sags ihnen doch.

  • Ich denke Ihr habt beide Recht. Wenn Du gar nicht regulierst führt das bei den stark finanzgetriebenen Investoren unweigerlich zu einer KPI-getriebenen Architektur und Raumplanung, sprich maximale Flächenausnutzung innen und draußen am besten wartungsarme und kostengünstige Stein-/Asphaltwüsten (Bäume muss man ja gießen bzw. das Laub entfernen, Bänke gehen kaputt/werden beschädigt, etc.).


    Da kann die Stadt dann natürlich eingreifen mittels Bebauungsplan bzw. der Maßgabe einen städtebaulichen Wettbewerb auszuschreiben. Nur führt das dann eben auch nicht immer zu guten Ergebnissen wie tunnelklick ja richtig ausführt. Beispiele dafür gibt in Frankfurt dutzende.


    Am Ende ist eine gewisse Regulierung (die auch mal nur darin bestehen kann, 2-3mal freundlich mit dem Bauherrn zu sprechen) sicher notwendig, nur muss deren Umsetzung dann halt eben auch gut gemacht sein. Vor allem bei letzterem hapert es leider massiv.

  • Es ist leider so, dass die Stadt Frankfurt bzw. die Politik und Verwaltung viel Schuld an dieser Misere hat.

    • Aufenthaltsqualität: Ursprünglich war die Wirkungsweise der Europaallee als Boulevard gedacht. Mit einer Stadtbahn und kleinen Pocketparks. Die Stadt verlangte höhere Bürgersteige, keine Haltebuchten. So ist es heute eher Schnellstraße statt Boulevard.
    • Die Gelder für den Bau der U-Bahn abzurufen wurde verpennt. Unter grüner Leitung wurden dann die bereits gepflanzten Bäume abgesäbelt. Und das die Planung der U-Bahn so nicht umgesetzt werden konnte, war den Experten von Anfang an klar. Trotzdem mussten die Wohngebäude südlich der Europa-Allee mit überdimensionierten Bodenplatten gebaut werden, damit eine spätere Untertunnelung gewährleistet wäre. Die, wie wir wissen, nicht stattfand.
    • Der zweite wichtige Grund, wieso der Ort so trostlos ist, liegt in dem Fakt, dass anstatt des Skyline Plazas dort einmal ein Musical-Theater geplant war, der Betreiber aber pleite ging. Alternativen wie ein Planetarium (die Vertreter des Senkenbergmuseums waren begeistert) mit Einkaufen wurden von der Lokalpresse und -politik zerissen. Jetzt hat man ein Einkaufszentrum mit einem Restaurant oben drauf.
    • Und dass die Stadt Frankfurt versiegelte Flächen liebt, kann man ausführlich an vielen Orten sehen. Vom Roßmarkt bis hin zur Konstabler Wache. Auch beim Europaviertel sollte dies so sein, obwohl dort schon längst die Diskussionen um überhitzte Innenstädte lief und die Planungen viel grüner waren.

    :)

  • es wird immer nach Deregulierung gerufen, hier ist nichts reguliert, also wird nach Regulierung gerufen; irgendwie schräg.

    Typisches Argumentum ad populum. Die Stadt kann und sollte über einen Bebauungsplan natürlich Einfluss nehmen.


    Die Aufenthaltsqualität im Europaviertel ist unterirdisch und die Stadt Frankfurt trägt eine Mitschuld daran. Wenn man das Viertel mit anderen Stadtentwicklungsgebieten in deutschen Großstädten vergleicht (HafenCity Hamburg, Europacity Berlin, Werksviertel München etc.) zeigen sich die erheblichen Defizite. Das Viertel ist fußgängerunfreundlich, schlecht mit dem ÖPNV zu erreichen (wenigstens das wird sich bald ändern) und die Architektur ist öde.

  • Ja, man hätte das Europaviertel durchaus besser planen und gestalten können. Aber die EuropaCity in Berlin ist das mit Abstand schlimmste Neubauviertel dieses Landes. Dagegen finde ich persönlich das Europaviertel in Ffm. immer noch grandios.