Leipzig: Wilhelm-Leuschner-Platz + Areal an der Nonnenmühlgasse

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    Dieses kleine Stück, was zur Windmühlenstraße wird, hat doch keinerlei Bedeutung. Und Verkehr vom Ring wegnehmen heißt konkret KfZ-Verkehrsanteile senken. Es gibt ja ausgerechnet dort weißgott jede Menge Alternativen

  • Gemäß Stadtratsbeschluss soll die Straße vor der Stadtbibliothek dauerhaft gesperrt und entwidmet werden, und der frei werdende Streifen in die Freiflächengestaltung des neuen Leuschner Platzes einfließen.

    Ich bin sogar davon ausgegangen, dass es automatisch passieren wird. Die Stadtbibliothek, welche eine rege Nutzung auch von vielen Kindern erfährt und mit der historisierenden Fassade, ist doch städtebaulich nicht besser zu positionieren als in die neue Platzfläche integriert. Als verkehrsfreier Treff- und Anlaufpunkt, offen für Veranstaltungen.

    Was mit dem Integration in den Platz aber noch schwerwiegender zum Vorschein kommen wird, ist die qualitativ minderwertige Bebauung zur Ecke Peterssteinweg aus den 90er Jahren.

  • Hier noch nicht geschildert sind die Umfrageergebnisse zur Freifläche. Überraschung! Mit überwältigender Mehrheit möchten die Befragten einen klimaangepassten Platz mit insektenfreundlichen Stauden, viele Bäume, Wiese und vielleicht etwas Wasser.


    Das von arnold hier im Strang so gepriesene Leopoldmuseum/Museumsquartier von Ortner & Ortner war in der Umfrage auch abgebildet. Zustimmung der Leipziger zu dieser Vision: 3%. Wenn die Leipziger sich lieber die kleine Schwester Halle/Saale mit ihrem Platz am Steintor zum Vorbild nehmen (52%), finde ich das schon bemerkenswert. War übrigens auch meine Wahl.


    Link zu den Ergebnissen:

    https://static.leipzig.de/file…Ausstellung_Juni_2023.pdf


    Ich finde solche Umfragen sehr gut und würde mir das auch bei den Themen Architektur und Freiheitsdenkmal sehr wünschen!


    Um dem Wunsch der Leipziger nach einem klimaangepassten Platz nachzukommen, werden dann demnächst erstmal die verbleibenden 165 Bäume gefällt. Dann geht es los mit der schönen, grünen Zukunft!

  • Wenn die Leipziger sich lieber die kleine Schwester Halle/Saale mit ihrem Platz am Steintor zum Vorbild nehmen (52%), finde ich das schon bemerkenswert.

    Was ist daran bemerkenswert?! Gibt unter Stadtplanern ja nicht umsonst den running gag, dass Otto-Normalbürger auf die Frage "was wünschen Sie sich" immer und ausschließlich mit "einen Park" antworten. Ich persönlich hätte an dieser Stelle für einen großzügigen Stadtplatz mit grünen Inseln und evtl. einer Brunnenanlage plädiert - das Beispiel Halle wirkt dem Bild nach zu urteilen ziemlich wild durcheinandergewürfelt.

  • Im Amtsblatt (Druckausgabe 13/2023) gab es übrigens auch interessante Details zu der Frage, wie viel Platz VHS (12.000 m²) und Musikschule (9.500 m²) durch den Neubau erhalten sollen. "Weil der Eingangsbereich gemeinsame Umkleiden vorsieht und die Tanzsäle der Musikschule in das sechste Geschoss im nördlichen Gebäudeanbau integriert wird [sic], erhalten beide Schulen mehr Platz als bisher." Müssen sich dann die Kurszeiten daran orientieren, wann gerade die Umkleiden frei sind? Wie viel m² machen die Umkleiden aus? Weiß jemand, wie viel Fläche aktuell belegt werden? Klingt für mich eher so, als würde nur die Musikschule spürbar mehr Platz erhalten, eben für die Säle. Das scheint mir nicht gerade vorausschauend.


    Weiter heißt es: "Die lichtdurchflutete Markthalle mit Gastro-Betrieben 'soll die architektonisch spannende und lebendige Mitte des Campus werden', erklärt Baubürgermeister Dienberg."


    Ein Freund von mir meinte, die Markthalle würde wohl eher den Gohlis-Arkaden ähnlich werden, und je mehr ich darüber nachdenke, desto wahrscheinlicher erscheint es mir. Ich lasse das hier mal als Hypothese einfließen, wir können dann später mal vergleichen:


    20230729_132239dfed2.jpg


    Die Passage wird bei der Markthalle dann etwas breiter, damit die Stände Platz haben. Die beiden Schulen kommen in 2. und 3. Etage. Die VHS erhält eine "gläserne Showküche", die von der Markthalle aus sichtbar sein soll. Das wirkt dann vermutlich so wie die Fenster oben rechts im Bild. Oder es wird wieder eine Lösung, bei der Leute mit Höhenangst Probleme bekommen.


    In den oberen Etagen bekommt die "Markthalle" Wohnungen.


    20230729_132104xfimy.jpg


    20230729_1321514cc6l.jpg


    Im Hof finden bei den Gohlis-Arkaden Märkte statt, allerdings unter freiem Himmel:


    20230729_132356kifag.jpg


    Mal schauen, ob es auf dem Leuschner wirklich architektonisch spannender wird. Ich glaube nicht daran. Konzeptionell überzeugt mich die "Markthalle" ohnehin nicht, sodass der Name für mich schon den Klang einer typischen Investoren-Sprechblase hat.

  • Otto-Normalbürger

    ...ist, wie ich meine, der- bzw. diejenige, welche den Platz dann nutzen. Insofern scheint es mir durchaus angebracht, Mehrheitswünsche auch zu berücksichtigen. Einen "running gag" kann ich nicht erkennen.


    Bemerkenswert fand ich es eher augenzwinkernd mit Bezug auf die angebliche Rivalität Leipzig vs. Halle. Mein "Überraschung" war sarkastisch, weil natürlich bekannt ist, dass grüne Qualitäten sehr geschätzt werden und trotzdem immer wieder gegen diese Erkenntnis angebaut wird.


    Im Übrigen, was heißt hier "ich hätte plädiert"? Auch du hattest die Möglichkeit, dich an der Umfrage zu beteiligen.

    das Beispiel Halle wirkt dem Bild nach zu urteilen ziemlich wild durcheinandergewürfelt.

    Gerade im Gegensatz zur eiskalten Architektur der Neubebauung würde ein etwas wilder und freundlicher Platz eine wohltuende Abwechslung bieten.

  • Einen "running gag" kann ich nicht erkennen.

    Stadtplaner und Landschaftsarchitekten aber schon.


    Im Übrigen, was heißt hier "ich hätte plädiert"? Auch du hattest die Möglichkeit, dich an der Umfrage zu beteiligen.

    Keine Sorge, dass habe ich.


    Gerade im Gegensatz zur eiskalten Architektur der Neubebauung würde ein etwas wilder und freundlicher Platz eine wohltuende Abwechslung bieten.

    Freundlich ist hier ein etwas schwer zu fassender Begriff und meint dann wohl hauptsächlich soviel Bäume und Sträucher wie möglich wenn ich es richtig verstehe - so wie etwa hier beim drittplatzierten Entwurf zum Freiheitsdenkmal: https://static.leipzig.de/file…_LFED_P3_W_ba9c9ebb4c.jpg


    Wie ich schon schrieb hätte ich nichts gegen grüne Inseln und Wasser (großer Brunnen) - die Inseln gerne auch wild und "freundlich" aber ein Stadtplatz (mit ordentlicher Pflasterung gerne ornamental) sollte dennoch erkennbar und zumindest die Sichtachse zum alten Grassimuseum (mit zukünftiger Dachreko) nicht komplett mit Großbewuchs zugestellt sein.

  • Das IfL hat auf Ihrer Webseite einen Neubau-Ticker eingerichtet und informiert darin zum bevorstehenden Baubeginn für das Leibniz-Institut, vsl. im August/September 2023.

  • Falls es stimmen sollte, wie LEonline behauptet, dass sich (viele) Stadtplaner und Landschaftsarchitekten über den beharrlich vorgetragenen Wunsch nach Stadtgrün lustig machen, wäre das genau jener Zynismus, die Ignoranz und Arroganz, die oft genug zu mieserablen Ergebnissen führen.


    Ich hatte hier damals im Forum danach gefragt, welche Variante ihr favorisiert, aber nur Schweigen geerntet. Wenn dir, LEonline, dann auf so ein eindeutiges Umfrageergebnis kaum mehr als das Schlagwort "runnig gag" einfällt, empfinde ich das als nicht als gelungene Diskussionskultur.

    Welcher konkrete Entwurf sich durchsetzt, wird sich im Wettbewerb entscheiden (bei dem es wohl leider wieder zu wenig/keine Bürger/innenbeteiligung geben wird). Ich wäre ebenfalls dafür, die Sichtachse Straßenbahnhaltestelle-Bibliothek zu erhalten (Hier wäre dann z. B. Platz für Staudenbepflanzung und Sträucher), alles andere hingegen mit "Großbewuchs zuzustellen". In 20 Jahren, wenn der Bewuchs dann tatsächlich groß ist, haben die Neubauten eine Verdeckung wahrscheinlich nötig, so wie heute "die qualitativ minderwertige Bebauung zur Ecke Peterssteinweg aus den 90er Jahren" (hedges) - btw., ist das nicht eher ein 2000er?

  • Falls es stimmen sollte, wie LEonline behauptet, dass sich (viele) Stadtplaner und Landschaftsarchitekten über den beharrlich vorgetragenen Wunsch nach Stadtgrün lustig machen, wäre das genau jener Zynismus, die Ignoranz und Arroganz, die oft genug zu mieserablen Ergebnissen führen.


    Ich hatte hier damals im Forum danach gefragt, welche Variante ihr favorisiert, aber nur Schweigen geerntet. Wenn dir, LEonline, dann auf so ein eindeutiges Umfrageergebnis kaum mehr als das Schlagwort "runnig gag" einfällt, empfinde ich das als nicht als gelungene Diskussionskultur.

    Welcher konkrete Entwurf sich durchsetzt, wird sich im Wettbewerb entscheiden (bei dem es wohl leider wieder zu wenig/keine Bürger/innenbeteiligung geben wird). Ich wäre ebenfalls dafür, die Sichtachse Straßenbahnhaltestelle-Bibliothek zu erhalten (Hier wäre dann z. B. Platz für Staudenbepflanzung und Sträucher), alles andere hingegen mit "Großbewuchs zuzustellen". In 20 Jahren, wenn der Bewuchs dann tatsächlich groß ist, haben die Neubauten eine Verdeckung wahrscheinlich nötig, so wie heute "die qualitativ minderwertige Bebauung zur Ecke Peterssteinweg aus den 90er Jahren" (hedges) - btw., ist das nicht eher ein 2000er?

    Vielleicht sollte man die Angelegenheit mit dem Running Gag nicht zu ernst nehmen. An anderer Stelle wurde auch schon breit über den Wunsch nach bzw. das Für- und Wider von (innenstädtischen) Rekonstruktionen diskutiert. Prinzipiell sollten sich Stadtplaner und Architekten nicht zu sehr am Zeitgeist orientieren bzw. tuen dies m.E. viel zu oft. Vor ein paar Jahren hätte vielleicht die Forderung nach einem Parplatz/-haus auf dem Leuschner-Platz große Zustimmung erfahren.

    Außerdem lässt sich die Repräsentativität der Bürgerbefragung in Frage stellen, weiterhin die Konzeption der Befragung mit den 6 (?) vorgegebenen Szenarien/Fotografien durchaus als suggestiv bewerten.


    Prinzipiell gibt es im Umkreis mehr als genug Grünflächen (zur Innenstadt hin zw. Roßplatz und Schillerstr., bzw. eine Straßenbahnhaltestelle entfernt den Johannapark usw.), sodass m.E. einer vollständigen Bebauung und der Wiederherstellung der alten Raumkanten nichts im Wege stehen sollte. Weiterhin könnten Stadtgrün/Grünanlagen durchaus auch vertikal angelagt werden, anstatt immer nur in der Horizontalen zu verbleiben. Ich - als interessierter Bürger und Laie - könnte mir an betreffender Stelle so eine Art "Hochgartenanlage" (vgl. Holländischer Pavillion Expo 2000) vorstellen. Bei ordentlicher Umsetzung bekommt die Stadtgesellschaft Stadtgrün, eine Blockrandbebauung, vielleicht sogar einen (überregional besprochenen) "Hingucker" (vgl. u.a. Kö Bogen Düsseldorf) und wenn es unbedingt sein muss, kriegt man sogar noch das Einheitsdenkmal unter.



    Expo2000_nl.jpg

    (WikiCommons CC BY-SA 3.0 JürgenG)

  • Prinzipiell gibt es im Umkreis mehr als genug Grünflächen (zur Innenstadt hin zw. Roßplatz und Schillerstr., bzw. eine Straßenbahnhaltestelle entfernt den Johannapark usw.), sodass m.E. einer vollständigen Bebauung und der Wiederherstellung der alten Raumkanten nichts im Wege stehen sollte. Weiterhin könnten Stadtgrün/Grünanlagen durchaus auch vertikal angelagt werden, anstatt immer nur in der Horizontalen zu verbleiben. Ich - als interessierter Bürger und Laie - könnte mir an betreffender Stelle so eine Art "Hochgartenanlage" (vgl. Holländischer Pavillion Expo 2000) vorstellen. Bei ordentlicher Umsetzung bekommt die Stadtgesellschaft Stadtgrün, eine Blockrandbebauung, vielleicht sogar einen (überregional besprochenen) "Hingucker" (vgl. u.a. Kö Bogen Düsseldorf) und wenn es unbedingt sein muss, kriegt man sogar noch das Einheitsdenkmal unter.

    Es geht mitnichten nur um Grünflächen (was u.a. auch eine einfache Rasenfläche sein kann), sondern um die Schaffung bzw. dort ja auch um den Erhalt ökologisch wertvoller Flächen. Parks sehen nett aus, haben aber in vielen Fällen aber nicht den größten ökologischen Nutzen. Und nein, keineswegs gibt es davon in Leipzig genug - im Vergleich mit anderen deutschen Städten schon mal gar nicht. Und tendenziell brauchen wir eher einen Zuwachs, statt weniger grün. Warum das so ist, das sollte inzwischen bei jedem angekommen sein.

    Und ich kann Ziegel nur recht geben: Wenn ich eine Umfrage starte, um anschließend über die Ergebnisse zu lachen, dann sollte man es lieber ganz lassen. Wozu soll sie dann gut sein, so etwas kostet ja auch Zeit, Ressourcen und Geld. Den Bürgern das Gefühl zu geben, sie seien beteiligt worden? Ich weiß nicht, ob sowas in Zeiten der Politikverdrossenheit und zunehmender Skepsis gegenüber jeglichen staatlichen Handelns, so angebracht ist.

    Vertikalem Grün im Sinne von Hochhausbegrünung (abgesehen von Gründächern und Fassadenbegrünung) stehe ich kritisch gegenüber. Solche "Spaßprojekte" sind nett anzusehen, aber ökologisch völliger Unsinn, bedürfen einem hohen Pflegeaufwand und sind eher dem green-washing zuzurechnen. Große und schwere alte Bäume - die wir eben brauchen, lassen sich dort eben nicht setzen. Und vergessen wir bei allem Streben nach Verdichtung nicht: Ein Baum vor seinem Fenster bewirkt eine Wertschöpfung (für diejenigen mit den Dollarzeichen in den Augen).

  • Es geht mitnichten nur um Grünflächen (was u.a. auch eine einfache Rasenfläche sein kann), sondern um die Schaffung bzw. dort ja auch um den Erhalt ökologisch wertvoller Flächen. Parks sehen nett aus, haben aber in vielen Fällen aber nicht den größten ökologischen Nutzen. Und nein, keineswegs gibt es davon in Leipzig genug - im Vergleich mit anderen deutschen Städten schon mal gar nicht. Und tendenziell brauchen wir eher einen Zuwachs, statt weniger grün. Warum das so ist, das sollte inzwischen bei jedem angekommen sein.

    Und ich kann Ziegel nur recht geben: Wenn ich eine Umfrage starte, um anschließend über die Ergebnisse zu lachen, dann sollte man es lieber ganz lassen. Wozu soll sie dann gut sein, so etwas kostet ja auch Zeit, Ressourcen und Geld. Den Bürgern das Gefühl zu geben, sie seien beteiligt worden? Ich weiß nicht, ob sowas in Zeiten der Politikverdrossenheit und zunehmender Skepsis gegenüber jeglichen staatlichen Handelns, so angebracht ist.

    Vertikalem Grün im Sinne von Hochhausbegrünung (abgesehen von Gründächern und Fassadenbegrünung) stehe ich kritisch gegenüber. Solche "Spaßprojekte" sind nett anzusehen, aber ökologisch völliger Unsinn, bedürfen einem hohen Pflegeaufwand und sind eher dem green-washing zuzurechnen. Große und schwere alte Bäume - die wir eben brauchen, lassen sich dort eben nicht setzen. Und vergessen wir bei allem Streben nach Verdichtung nicht: Ein Baum vor seinem Fenster bewirkt eine Wertschöpfung (für diejenigen mit den Dollarzeichen in den Augen).

    Mit Verlaub: Das Klima wird nicht zwischen Kirchturm, Rathaus und Marktplatz gerettet (sofern das Klima überhaupt "gerettet" werden kann). In einer exponierten Stadtlage, in der sich der W.-Leuschner-Platz nun mal befindet, sollte m.E. der Fokus primär auf Wohlgefallen und Funktionalität gelegt werden, was Stadtmarketing ("fototaugliche Architektur") und Aufenthaltsqualität (völlig zu Recht in der Regel mit Stadtgrün assoziiert) einschliesst.

    Inwieweit ein - wie oben beispielhaft angehängtes Projekt - funktioniert (ökonomisch, tatsächliche Nutzung durch die Stadtnutzer, ...) und über "Greenwashing" hinausgeht (Wasserspeicher, Kühlung, Stadtgarten, Ort für Kleintiere und Insekten, ...) , ist letztlich Spielplatz und Aufgabe für findige Architekten et al. und muss Bäume und Wiese ja nicht generell ausschliessen; die Nutzung/Beschränkung auf "Wiese mit Baum" ist an dieser Stelle aber schlicht verschenkt.

  • Das Klima wird nicht zwischen Kirchturm, Rathaus und Marktplatz gerettet

    Das Weltklima sicher nicht, das Stadtklima zwischen Rathaus und Kirchturm lässt sich durch eine größere begrünte Fläche aber ganz sicher beeinflussen.


    Ich nehme die Behauptung von LEonline mit dem "running gag" auch nicht wirklich ernst. Ich möchte im Gegensatz dazu behaupten, dass die Stadtplanung sich in Leipzig mehr als in anderen Städten bemüht, mit den Leipziger/innen ins Gespräch zu kommen und Meinungen einfließen zu lassen. Arbeitet denn einer der Foristen als Stadtplaner/in?


    Der Zeitgeist ist die Summe aktueller Erkenntnisse und Ideale, oder? Beides entwickelt sich weiter und somit wechseln auch die Moden. Über Pro und Contra eines begrünten Stadtplatzes sagt das Schlagwort "Zeitgeist" nicht viel aus. Hingegen bin ich ein großer Verfechter demokratischer Prozesse und prinzipiell der Meinung, dass sie zu ausgewogeneren Ergebnissen führen als einsame Entscheidungen. Das trifft nebenbei auch auf das Thema Rekonstruktionen zu, welche in aller Regel eine viel größere demokratische Legitimität haben als andere Neubauten. Musterbeispiel für eine kurzlebige Modearchitektur ist der oben gezeigte Expo-Pavillon aus dem Jahr 2000. Nach kurzer Nutzung ist er heute eine Ruine. Eine Rekonstruktion, die ein ähnliches Schicksal erlitten hätte, ist mir nicht bekannt.


    Die Zustimmung zu einem Parkhaus auf dem Leuschner hätte wohl eher vor ein paar Jahrzehnten als vor ein paar Jahren breite Zustimmung gefunden. Unterirdisch werden im Übrigen durchaus Parkhäuser gebaut werden, wie ich hier schon beklagt habe. Fällt das auch in die Klage vom Zeitgeist, die du anstimmst, rrridge?

    Wer in den Sozialwissenschaften studiert hat, weiß, dass es kaum etwas schwierigeres gibt, als einen Fragebogen zu gestalten. Er soll ja u. a. auch niedrigschwellig zu beantworten sein. Den Fragebogen der Stadt zum Leuschner fand ich sehr gut gemacht und wenig suggestiv. Wenn einem die Ergebnisse nicht passen, sollte man vielleicht darüber nachdenken, warum andere anderer Meinung sind, anstatt pauschal die Methodik verantwortlich zu machen und zu unterstellen, die anderen Menschen wären einfach leicht zu manipulieren.


    Es ist m. E. auch unredlich zu argumentieren, im Umfeld gebe es schon genug Grünflächen. Abgesehen von der unterschiedlichen Qualitäten von Grünflächen (siehe Nuperus) gibt es im Umfeld nämlich auch eine Menge gepflasterte Flächen. Daran fehlt es also definitiv nicht.

    Zweitens verschwindet auf dem Leuschner Grün und es ist nur angemessen, die Kompensation, da dies leicht möglich ist, ortsnah zu vollziehen.

    Drittens kann man die unbebaute Fläche begrünen und die Gebäude ebenfalls vertikal begrünen, es ist kein Entweder/Oder.

    Viertens sind "Wohlgefallen" und "Funktionalität" interpretationswürdige Bewertungskriterien. Genau deshalb hat die Stadt ja gefragt, auf was für einem Platz sich die Befragten wohlfühlen würden und welche Funktionen ihnen wichtig sind. Würde im Umfeld des neuen Naturkundemuseums ein Platz der Artenvielfalt entstehen, wüsste ich nicht, wo man so etwas im Leipziger Zentrum noch einmal findet. "Verschenkt" fände ich es eher, wenn ein Platz entstünde, wie wir schon viele haben.

  • Das Klima wird nicht zwischen Kirchturm, Rathaus und Marktplatz gerettet

    Mir ging es zunächst einmal nicht um Klimaschutz, sondern um die ökologische Werthaltigkeit der Grünflächen - denn die Biodiversität, also der Schutz der Artenvielfalt spielt sich auch - und vor allem gerade in den Städten ab, weil die Flächen draußen zu großen Teilen nicht die lebendigsten (Äcker) sind. Und dann war da ja noch die Aussage, dass es ja genug Grün in der Nähe gäbe. Das für sich genommen sieht die Mehrheit der Bevölkerung ganz offensichtlich anders, mich eingeschlossen. Und Parks sind eben nur bedingt für den Artenschutz geeignet, weil diese vor 100 Jahren einmal angelegt worden sind, da spielte der Artenerhalt oder ökologische Verschränkung von Pflanzen überhaupt keine Rolle. Und es ging ja schließlich um die Anlehnung des Gestaltung des Grünflächenanteils des Leuschnerplatzes an die Gestaltung des Steintors in Halle - also darum, dass eben doch Beides geht: Funktionalität und ökologisch sinnvolles Handeln. Auch dort handelt es sich um exponierten Stadtlage - und es funktioniert! Da hast du mich komplett missverstanden, rrridge. Ich habe keineswegs gefordert, mit Grünflächen auf dem Leuschi allein die Klimarrettung zu vollziehen :S .
    Dieser Satz oben zeigt aber eben auch ziemlich deutlich, in welchem Dilemma wir stecken. Im Grunde weiß ja (fast) jeder, dass Klimaschutz - und damit ja die Rettung unserer Spezies - zwingend erforderlich sind. Aber wenn es dann an die konkrete Umsetzung geht, dann heißt es eben: "Klimaschutz ja, aber doch nicht zwischen Kirchturm, Rathaus und Marktplatz", die Lage ist zu exponiert, die kleinen Flächen bringen doch nichts". Die Landwirte: "Klimaschutz gerne, aber doch nicht auf meinen Äckern, die brauchen wir zur Ernährung der Bevölkerung". Forstwirtschaft: "Die Bäume brauchen wir, um den Bedarf an Holz zu decken". Die Wirtschaft/Kommunen: "Klimaschutz bitte woanders, wir brauchen die großen zusammenhängenden Flächen für Neuansiedlungen von Unternehmen" ... usw.
    Wenn nicht jeder seinen (wenn auch nur kleinen) Beitrag leistet, wird es nichts mit dem Verhindern des Klimakollapses. Im Übrigen zeigt ein aktueller Bericht der LZ deutlich, wie es um die Einstellung zum Klimaschutz mit Blick auf den Flächenfraß konkret im Land Sachsen bestellt ist. https://www.l-iz.de/politik/sa…gen-flachenverlust-549281

  • Ganz pragmatisch betrachtet werden künftig die Plätze einen hohen Aufenthaltswert haben, die im Sommer Schatten und damit etwas Abkühlung bieten. Da ist weder eine große Wiese noch hübsches (Ornament-) Pflaster hilfreich. Die Sehnsucht nach klassichen Plätzen ist nachvollziehbar und manch gut gedachte moderne Variante mit aufgelockterter Anordnung von Sitzgelegenheiten, Grüninseln und Spielgeräten funktioniert dann in der Praxis nicht (Sandkästen bspw. sollten auch etwas Schatten bieten). Ich glaube auch nicht, dass die Menschen am Platz einen Wald oder Wildnis erwarten (auch nicht die, die für Bäume gestimmt haben). Dennoch sollte in der Stadt jede sich bietende Gelegenheit genutzt werden, natürliche Kühlung zu erzeugen (das ist auch keine grüne Ideologie sondern schlichtweg notwendig - ich empfehle einen Artikel (kostenpflichtig) in der SZ zum Thema Abkühlung von Städten und Strategien in diesem Zusammenhang).


    Möglicherweise lässt sich aber beides kombinieren: reichlich Bäume wie sie französische Boulevards säumen (das kann auch sehr "geordnet" bspw. in Doppelreihe rings um den länglichen Platz erfolgen) und eine sonnige Fläche für Veranstaltungen und Sonnenanbeter im Winter in der Mitte.

  • Das Klima und auch die Artenvielfalt kann nicht in der Stadt gerettet werden - auch wenn hier teilweise bessere Bedingungen herrschen. Da hätte ich eher die Logistik- und Industrieansiedlungen im Visier, die noch nicht einmal ein Parkhaus statt großer Parkplätze bauen können und somit zur Neuversiegelung erheblich beitragen.


    Für den Leuschnerplatz wünsche ich mir in erster Linie Bäume, viele Bäume. Wildwuchsinseln sind am Bayerischen Bahnhof sicher besser aufgehoben. Auf mit Primeln oder Stiefmütterchen bepflanzte Rabatten kann ich gut verzichten. Warum pflanzt nicht jemand mal Kräuter da rein?

    Statt des ganzen Gewese um das Freiheits- und Einheitsdenkmal könnte man drei Brunnen getrennt ausschreiben: "Freiheit", "Einheit", "Toleranz" - damit wird das Thema auch nicht so mächtig und mit so viel Pathos behaftet. Leipzig ist meiner Ansicht nach keine Stadt für Pathos.

    Flexible Sitzgelegenheiten, die man gelegentlich anders anordnen kann, Kreide für Kinder und Erwachsene, zwei oder drei Stellplätze für Foodtrucks, ein flaches Gebäude mit Toilette und Bäcker, fertig ist ein Stadtplatz, der für viele Bürger nutzbar ist.

    Ich glaube, dass zwischen Bowlingtreff und restlichem Platz ein Höhenunterschied besteht, den man vielleicht sogar als Bühne nutzen könnte.

  • Möglicherweise lässt sich aber beides kombinieren: reichlich Bäume wie sie französische Boulevards säumen (das kann auch sehr "geordnet" bspw. in Doppelreihe rings um den länglichen Platz erfolgen) und eine sonnige Fläche für Veranstaltungen und Sonnenanbeter im Winter in der Mitte.

    Die Phasen, in denen wir in Leipzig eher mediterranes Wetter haben, dürften in Zukunft zunehmen - also ist es wirklich naheliegend, sich an den Erfahrungen von Mittelmeerländern zu orientieren. Ich war im Juli für ein paar Tage in Barcelona. Große, unbeschattete Plätze will man da lieber nicht betreten. Am angenehmsten war es in der eng bebauten, verwinkelten Altstadt - oder eben unter Bäumen. Nach ein paar Stunden am Strand war der Rückweg durch die platanenbeflanzte Straße im Bild ein Segen. Ganz nebenbei lassen die Bäume die baulich schlichte Straßen auch optisch gleich viel angenehmer wirken - ein Effekt, der sicher auch am Wilhelm-Leuschner-Platz nützlich sein dürfte... .

    Mindestens einige schattige Baumachsen würden in Zukunft jedenfalls für deutlich mehr Aufenthaltsqualität auf dem Platz sorgen. Und die sollte man besser jetzt schon anlegen - die Bäumchen brauchen schließlich ihre Zeit, bis sie ein nützliches Format erreichen.

    Platanen-Barcelona.jpg

  • Nur um nochmal kurz auf Nuperus bzw. Ziegel zu antworten: Ich sehe den Leuschner-Platz (bzw. genauer die Westseite) tatsächlich im Spannungsfeld von Aufenthaltsqualität für die Nutzerinnen und Nutzer, ökologischen Anforderungen (was auch immer das im konkreten Fall heissen mag, auf die Problematik Klimaschutz vs. Umweltschutzt, Verdrängung von tierischen Stadtnutzern usw., soll hier nicht weiter eingegangen werden) und der zentralen und eigentlich höchst repräsentativen Innenstadtlage. Vielleicht sollte ich meinen Einwurf daher anders formulieren: soll ausgerechnet am Leuschner-Platz, den ich hauptsächlich als Teerwüste wahrnehme - was er vielleicht gar nicht ist - und der seit Jahren und Jahrzehnten auf seine Bebauung wartet, für eine weitere, schlichte Parkanlage herhalten? Warum kein modulares, vertikales, hölzernes, grünes Petit Pompidu mit Bäumen drum und drauf? (Wir sind hier schließlich in Klein-Paris, wo man auch gerne mal gross denkt!) Könnte teuer werden, klar, vielleicht ja aber auch nicht. Vielleicht funktioniert es nicht, vielleicht ja aber doch. Schafft es vielleicht x-mal auf Instagram, eventuell wird wenigstens der Blockrand wiederhergestellt.


    Den oben gemachten Kommentar eines Mitforisten: "Otto-Normal-Bürger einmal befragt, wünscht sich immer einen Park", würde ich jetzt nicht zu hoch hängen, ganz wertfrei aber trotzdem dem Zeitgeist zurechnen. Der Wunsch nach weiteren Grünanlagen ist absolut nachvollziehbar und legitim, ich persönlich halte eine Umsetzung am Leuschner-Platz aber einfach für "lame".

  • Lieber rrridge, dein letzter Kommentar lässt mich ratlos zurück. Auf ökologische Anforderungen willst du nicht weiter eingehen, dabei ist genau das doch der Dreh- und Angelpunkt. Aus der Befragung geht m. E. recht deutlich hervor, dass kein "lahmer" Park gewünscht ist, wie wir schon viele haben, wenngleich ein solcher immer noch beliebter wäre als versiegelte Eventfläche. Vielmehr waren ein klimaresilienter Ort mit insektenfreundlichen Stauden und vielen Bäumen die drei Aussagen mit der höchsten Zustimmung. Das mag man "wertfrei" Zeitgeist nennen, sowie "nachvollziehbar" und "legitim", warum dich persönlich eine ebenso mehrheitsfähige wie sinnvolle Zielsetzung nicht überzeugt, bleibt aber dein Geheimnis. Zumal ein konkretes Konzept ja noch aussteht.

    Ich denke, wenn die Freifläche die hohen Anforderungen dann tatsächlich erfüllt, wird der Platz sehr gern vorgezeigt werden und auch überregional rezipiert. Wieso du davon ausgehst, dass ein ortsklimatisch hilfreicher, begrünter Platz, auf dem Vögel zwitschern, nicht repräsentativ sein kann und in der Innenstadt nichts zu suchen hat, verstehe ich nicht. Vielmehr frage ich mich, welche Werte und Ästhetiken du repräsentiert sehen willst?


    Aber ja, ich stimme dir zu, großartig wäre es, wenn dann noch mindestens ein

    modulares, vertikales, hölzernes, grünes Petit Pompidu mit Bäumen drum und drauf

    hinzukäme. Da reden wir nach meinem Verständnis aber von Hochbau und nicht von Freifläche.


    Ich azzoziiere da eher Hundertwasser als Centre Pompidou. Hundertwasser ist leider tot und nichts, aber wirklich absolut nichts deutet darauf hin, dass uns am Leuschner irgendetwas architektonisch Innovatives erwarten könnte.