Beiträge von Ivar

    Ivar


    Was willst du uns mit dieser Aussage mitteilen? Altbauten abreißen? Nur Bauhaus-Stil sorgt für helle Räume?

    Ich versuche kurz zu antworten (ich glaube wir kommen hier zu keinem Konsens): natürlich nicht! Mein Punkt ist, dass viele Altbauten heutigen Anforderungen an die Arbeitswelt nicht (gut) entsprechen. Das ist nicht schlimm und deswegen sollte man auch nichts abreißen (was für ein Blödsinn!). Wenn ich jedoch ein neues Gebäude auf einer großen Brache für eine zeitgemäße Nutzung plane, kommt da eben etwas anderes heraus. Klar kann und sollte man alte Gebäude wo immer es geht umnutzen (was im Zweifel auch bedeuten kann sie umzubauen) - aus Gründen der Nachhaltigkeit, des Denkmalschutzes, des Erhalts und Erlebens von Geschichte und was nicht alles mehr. Aus einer alten Fabrikhalle werden dann bspw. Räume für Wohnen und Arbeiten, aus einem Messehaus Handelsflächen. Es kann dann trotzdem sein, dass diese einstmals für einen anderen Zweck errichteten Gebäude schlechter den heutigen Zweck erfüllen als neue. Und u.a. aus diesem Grund (neben sehr vielen anderen) wird eben heutige anders gebaut als vor 150 Jahren.

    Wenn ich Dich richtig versteht, wünschst Du Dir einfach etwas mehr gründerzeitliche Formensprache an Neubauten im Stadtbild. Das ist halt Geschmacksache. Ich tue das nicht, was auch Geschmacksache ist. Ich verurteile aber weder das eine noch das andere und spreche ja auch bspw. nicht von "nutz- und funktionslosen Verzierungsorgien" oder "Gesimsschlachten" (was auch für die meisten Bauten nicht zutreffend wäre, was aber an manch neuem Gebäude in diesem Stil so ausartet - hier ein groteskes Beispiel). Man kann Gebäude im Stil der klassischen Moderne (man sehe mir nach, wenn die Zuordnung nicht komplett korrekt ist) nicht mögen - sie immer nur als Kisten zu bezeichnen ist jedoch auch despektierlich. Ich arbeite bspw. aktuell in einem Gebäude, welches mal vor 130 Jahren als Kaserne gebaut wurde und würde mich sehr freuen, in einem hellen, gut belichteten und den heutigen Anforderungen an ein Gebäude zum Arbeiten entsprechenden Bau zu arbeiten.

    Ich finde die Aussagen der beiden sehr überzeugend und bin weiter gespannt auf das Gebäude. Hilfreich ist doch der Hinweis aus der Ausschreibung: "offene und kommunikative Arbeitsplätze". Ich erkenne am Global Hub durchaus Anleihen am Bauhaus, welches uns bspw. mit der ehem. Seidenfabrik in Krefeld einige eindrucksvolle und durchdachte Gebäude hinterlassen hat . Nicht jedes Gebäude aus Bauhaus-Hand erfüllt vielleicht die eigenen Ansprüche, dennoch ist das Credo, bei Gebäuden zunächst einmal von deren Zweck her zu denken doch sinnvoll. Was das Umfeld betrifft: der Global Hub ist keine Lückenschließung in der Augsut-Bebel-Str. sondern steht auf einer riesigen Brache. Wo sonst sollte man Neues ausprobieren?


    Herr Schulz sagt übrigens sehr schön was das Problem des Bauens heute ist: die zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel ("Deutschland baut zu billig" - ca. Minute 7), dass mit Werten kalkuliert wird, die Jahre alt sind. Dann wird versucht an jeder Stelle zu kürzen und es kommen am Ende Kompromisse raus.


    Auch die Antwort auf die Frage überzeugt: erhalten was da ist und eine gewisse Zeitlosigkeit. Letztere traue ich dem Gebäude zu.

    Die Broken-Windows-Theorie ist nicht unumstritten, auch wenn sie auf den ersten Blick intuitiv wirkt (https://de.wikipedia.org/wiki/Broken-Windows-Theorie#Kritik).


    Was die Herkunft der Sprayer betrifft hatte ich zum einen eigene Beobachtungen geschildert und daneben Studien zitiert. Zudem kenne ich Menschen, die in Connewitz wohnen und ähnliche Eindrücke haben (betrifft bspw. auch den 31.12. und den 1.5., an welchem ein regelrechter Tourismus nach Connewitz herrscht).

    Ziegel: Deine Antwort darauf war "überzeugt mich nicht" mit dem Argument, das Waldstraßenviertel sei so sauber und Juristenfamilien müssten dann zerrüttet sein, weil die Sprayer nicht selten aus zerrütteten Verhältnissen kämen. Das ist nun ein wenig eine Verdrehung meiner Argumente, denn ich habe nicht abgeleite, dass letzteres so ist. Ich nehme gerne die Juristen zurück und spreche von Familien der (gehobenen) Mittelschicht. Auch dort erfahren Jugendliche (junge Männer) nicht unbedingt ein Höchstmaß an Aufmerksamkeit, da die Eltern häufig in Vollzeit berufs- bzw. erwerbstätig sind oder entziehen sich in der Pubertät dem Einfluss ihrer Eltern (wer kennt es nicht). Jugendliche halten sich dann zudem in den Gegenden der Stadt auf, in denen etwas los ist und das sind nun mal nicht Schleußig, Gohlis oder eben das Waldstraßenviertel. Ich bin ein Kind der 90er und das war damals nicht anders - es gab Sprayer an unserer Schleußiger Schule und die hatten ein Taschengeld, welches hoch genug für Spraydosen und dicke Edding-Stifte war.


    Die BewohnerInnen aus Connewitz, die dort möglicher Weise teils noch günstig leben, sind m.E. wahrscheinlich nicht die, die Ihr Viertel häßlicher machen. Letzteres ist eine These!

    Nicht selten wären dann das die Kids von recht wohlhabenden Menschen aus anderen Ecken der Stadt. Es könnte durchaus sein, dass dann nicht der Punk alter Schule aus Connewitz (sofern es ihn noch gibt) sondern die Juristenfamilie aus dem Waldstraßenviertel mit ihren drei Sprößlingen die Stadt verlassen müsste. Sprayen ist immerhin nicht billig. Leider kenne ich hierzu keine aktuelle empirische Studie für Leipzig, es ist eher eine These basierend auf Beobachtungen zur Struktur von Jugendgruppen, die sich nachts in Vierteln wie rund ums Kreuz bewegen sowie einer kurzen Google-Recherche:


    "6.1 Der durchschnittliche Sprüher

    Rheinberg & Manig (2003) beschreiben in ihrer Studie, dass bei der Auswertung ihrer 294 Personen umfassenden Stichprobe 90,5 Prozent der untersuchten Graffitisprüher männlich waren. Das Altersmittel lag bei S=18,82 Jahren und 80,8 % der Untersuchten waren unter 21 Jahren. Ronald Hitzler (2010) betont neben der männlichen Dominanz bei den Writern die Herkunft aus der Mittel- und Oberschicht. „Ihre schulische Ausbildung kann mit einem Überhang an (bestandenen oder anvisierten) Realschulabschlüssen bzw. Abitur als überdurchschnittlich bezeichnet werden.“ Nach Kaiser (2007) besitzen 95% der Sprüher in Deutschland eine deutsche Staatsbürgerschaft und stammen häufig aus zerrütteten Familienverhältnissen. Görke (2008) schreibt, dass „Sprayer wie Fußballgewalttäter sind: deutsch, männlich, zwischen 16 bis 28 Jahren alt. Beide stammen nicht notwendig aus der Unterschicht."

    (https://netlibrary.aau.at/obvuklhs/download/pdf/2415560)

    Ich bin auf den Global Hub gespannt und denke, dass Dinge wie Mittelrisaliten, Erker oder auch Fassdaendeko eher in den Bereich des Geschmacks fallen. Der Neubau bildet doch wie auf dem Bild zu sehen ist einen symmetrischen Abschluss des Platzes, der durch die 50er Jahre Bebauung im Zuckerbäckerstil einiges an Deko zu bieten hat. Insofern kann das auch ein guter Kontrast werden mit dem Neubau, der eher im Motto form follows function errichtet wird.

    Ich verstehe nicht, warum ein Gebäude wegen eines Flachdachs abgelehnt wird - seit Jahrhunderten baut man Gebäude mit flachen Dächern, auch in der bei vielen hier beliebten Gründerzeit war das vielfach Standard (schaut Euch mal in Halle oder Berlin um). Was für ein Dach sollte denn eine Schule idealerweise aufweisen und sollte sich insb. bei einer Schule nicht die Form v.a. auch an ihrer Funktion orientieren?

    Da hier immer wieder die Architekten/innen beschimpft werden (keine Sorge, bin keiner): das Wegsparen von Simsen, Ziegeln, hochwertigeren Geländern etc. geht in aller Regel auf das Konto der Bauträger. Wir können die Entwürfe der Architekten kritisieren - bei der Umsetzung und vor allem den Abweichungen von ursprünglichen Gestaltungsideen wäre ich vorsichtig ...

    Ja schön mit Panoramablick Großplatte. Genial. Da guck ich ja dreimal lieber in den Innenhof, Nordlage hin oder her.

    Ein Nordbalkon ist wirklich nichts erstrebenswertes (habe selbst einen), zumal er Licht von den Zimmern nimmt, die wenig davon bekommen. Hingegen wirkt ein Balkon zur Südseite beschattend.

    Etas blaß ist die Rückseite, vielleicht weil auch die üblichen Balkone fehlen (vielleicht hätten hier die bei manchen hier so unbeliebten bodentiefen Fenster geholfen :-)). Ungewöhnlich ist es ja aber nicht - auch in der vergangenen Jahrhunderten hat man sich bei Rückseiten selten Mühe gegeben (selbst die prächtigen Gründerzeitler im Waldstraßenviertel sind an der Rückseite eher schlicht).

    Die Essenz der Demokratie sollte sein, dass sie den Mehrheitswillen ihrer Bürger berücksichtigt (und dabei Rechte von Minderheiten schützt). Gerade mit Blick auf die Überwindung der DDR und die Friedliche Revolution. Da war es eine Mehrheit, die sich die Demokratie wünschte. Wenn das heute nicht mehr so gewiss scheint, sollte man dem nicht noch ein Denkmal setzen.


    Wenn du schon selbst die These aufstellst, dass sich heute viele Menschen "so einen Koloss als Vorbild für heut[ig]e Denkmäler wünschen", sollte dich das doch auch zum Nachdenken anregen, ob es nicht legitim sein könnte, diesen Wunsch aufzunehmen. Vielleicht geht es weniger um das Kolossale, sondern um das Sinnliche, das Würdige, das Greifbare des Völkerschlachtdenkmals.


    (...)

    In unserem demokratischen System wählen wir Vertreterinnen und Vertreter, die dann Entscheidungen treffen. Dabei sind sie ihrem Gewissen verpflichtet. Wir haben nur wenige Elemente direkter Demokratie, bei denen die Menschen unmittelbar über Dinge entscheiden.


    Wie ist den Dein letzter Satz im ersten Absatz zu verstehen? Wenn heute von verschiedenen Seiten die Demokratie in Frage gestellt wird, muss doch erst recht daran erinnert werden (neben vielen weiteren Anstrengungen - Demokratie ist nicht perfekt, sie macht auch Probleme, ist aber besser als alles andere was wir hier bisher hatten) wie hart sie erkämpft wurde!


    Und schließlich: ob sich viele Menschen so einen Koloss (wo ist der übrigens in irgendeiner Weise "sinnlich"?) als Vorbild für heutigie Denkmäler nehmen bezweifle ich ohne natürlich eine empirische Grundlage dafür zu haben. In jedem Fall aber müsste dies zuvor ermittelt werden (und nicht mit einer Umfrage in der LVZ o.ä.). An dieser Stelle aber noch einmal der Verweis auf meinen ersten Satz: Wie wäre wohl eine Entscheidung durch Wählerinnen und Wähler zum Holocaust-Mahnmal ausgefallen? Jetzt haben wir ein würdiges Mahnmal, für welchen bspw. zahlreiche Menschen uns Respekt zollen (die Mahnung in der Mitte der Hauptstadt).

    LEt's go! : Danke für die Einordnung - v.a. die Hintergründe zur Wasserfläche kannte ich noch nicht. Der weiteren Argumentation kann ich mich nur anschließen (war leider nicht in der Lage, das so fundiert und differenziert zu tun - stelle aber ebenfalls den Vergleich in Frage).


    Ziegel : da sind m.E. keine Widersprüche - etwas erdrückend wirkendes mahnt nicht zwingend (es macht klein - sehr gut dargelegt im Beitrag oben), mit der vermeintlichen Parallele zu heute (wie oben jedoch beschrieben offenbar anders intendiert) bezog ich mich nur auf ein Element.

    Wie schon erläutert, hat das Völkerschlachtdenkmal durch seine Momumentalität eine so hohe Anziehungskraft und Bekanntheit, dass quasi jede/r es mit Leipzig verbindet und kennt. Ich würde sogar so weit gehen, dass viele Leute ohne das Denkmal gar nicht wüssten, dass es eine Völkerschlacht gab. Es regt zur Beschäftigung damit an und erfüllt seinen Zweck auch nach über 100 Jahren sehr gut.

    Der Zweck war aber bspw. nicht, an den Wahnsinn dieses Gemetzels zu mahnen, sondern Krieger zu ehren. Leider erfüllt es wahrscheinlich auch diesen Zweck. Ansonsten ist das VSD ein sehr erdrückender Bau. Die Idee mit einem Meer aus Tränen davor ist im Übrigen gar nicht so weit weg von heutigen Ideen für Orte der Erinnerung. Das aber in der Schlacht knapp 100.000 Menschen ihr Leben ließen und unzählige weitere an ihren Verwundungen verstarben wird aus dem Bau auch nicht wirklich deutlich.

    Als regelmäßiger Halle-Leipzig-Penler kenne ich die Problematik. Sie tritt wellenartig auf: in den letzten 4-6 Monaten lief es gut und S5 und S5X kamen in der Regel zweiteilig, v.a. in der Rush-Hour (das ist bspw. die o.g. Zeit halb fünf). Aktuell gibt es wieder Probleme weil die Züge turnusmäßig zur Wartung müssen. Leider schafft es die DB nicht, die Züge dort und dann einzusetzen, wenn sie am meisten gebraucht werden (bspw. morgens zwischen Markkleeberg und Halle). Ob der neue Betreiber mehr Reservezüge haben wird, bezweifle ich ...


    Generell empfiehlt sich bei der S-Bahn antizyklisches Reisen :-). Und: Halle-Leipzig läuft immer noch besser als Chemnitz-Leipzig (da ist schon mal die Empfehlung vom Begleitpersonal, doch ab Chemnitz über Döbeln zu fahren ...

    Nur eine Frage aus Interesse: kannst Du denn irgendeinem der Argumente pro Neubau folgen? Auf mich wirkt Deine Argumentation ein wenig so, als wären alle Argumente völlig egal, da für Dich feststeht, dass ein Neubau Unsinn ist.


    Der WLP ist ideal an den ÖPNV angebunden, liegt mitten in der Stadt nahe an vielen anderen relevanten Einrichtungen. Die Lage ist prädestiniert für öffentliche Gebäude mit viel Publikumsfrequenz und die Konzentration hat sehr wohl Vorteile auch für die Mitarbeitenden, die nicht selten zwischen Bayerischen Platz, Innenstadt und Außenstellen wie in Gohlis pendeln. Der Vergleich mit der Alten Messe hinkt m.E. dahingehend, dass sich dort primär Forschungseinrichtungen eben ohne viel Kommen und Gehen befinden. Musikschule und juristische Fakultät werden vermutlich für eine andere Belebung der Gegend sorgen.


    Nun treffen die Lage-Argumente auch auf die jetztige Musikschule zu - zu Pro und Contra Neubau hatten wir uns ja schon ausgetauscht.

    Noch mal: mir geht es nicht um Geschmack und es will ja auch keiner die Gebäude abreißen. Die Zweckmäßigkeit der Löhrstraße kann ich zudem nicht beurteilen (auch hier stellt sich jedoch definitiv zumindest die Frage der Barrierefreiheit). Schau Dir das ehemalige Bankhaus am Leuschner einfach mal von innen an. Dieses wurde nicht umgebaut: es wurde bestenfalls etwas renoviert und in Bezug auf den Brandschutz durch entsprechende Türen und Treppen erneuert. Zu einem Vorspiel in der zweiten Etage läuft man nach dem Haupteingang mit seinen Treppen durch mehrere schwere Türen und zwei Treppenhäuser.


    Wenn ein Gebäude nur noch primär nach seinem äußerlichen dekorativen Charakter bewertet wird, hat man am Ende vielleicht ein nettes Stadtbild, aber den Menschen, die täglich darin arbeiten und lernen sollen ist nicht gedient. Die Musikschule müsste eigentlich bis auf den Saal komplett entkernt werden, wenn es ein sinnvoll zu nutzendes Gebäude werden soll.

    Also in Bezug auf das Gebäude der Musikschule kann es eigentlich nur besser werden. Das ist zwar äußerlich ein beeindruckender und stadtbildprägender Bau mit dem tollen Kaffeegeschäft und dem tatsächlich sehr schönen Saal (der dank Säulen auch nicht so großartig für Konzerte ist). Allerdings empfehle ich mal einen Rundgang. Drinnen ist nahezu nichts mehr original, das Gebäude ist völlig verbaut, nicht barrierefrei zugänglich, mit Treppen und Gängen, die an das Irrenhaus bei Asterix erinnern. Das müsste man für eine sinnvolle Nutzung nahezu komplett entkernen. Denkt Gebäude bitte nicht primär von ihrem ästethischen Wert für das Stadtbild her, sondern stets auch vom Zweck, den das Gebäude erfüllen soll.

    Hier würde ich gerne einiges kommentieren (Verriss nicht ganz, eher eine gegensätzliche Auffassung):


    1. brauchbare Verbindung FRA 120 Minuten: 150 Minuten bis Flughafen-Fernbahnhof oder wie aktuell gut drei Stunden sind für viele andere Reisende ok und das Auto - sind wir ehrlich - kann da nicht annähernd mithalten (und so lange es nicht autonom fährt, kann man auch nicht nebenbei am Notebook sitzen, wie das im ICE Standard ist).


    2. Vergleich Frankreich: Marseille und Lyon sind deutlich größer als Leipzig oder Dresden, innerfranzösische Flüge gibt es faktisch nicht mehr und die Distanzen in Frankreich sind zudem größer bei geringerer Siedlungsdichte. Deutschland ist weitaus polyzentrischer. Die LGV funktionieren toll zwischen Großstädten, wobei der eine TGV Bahnhof in Lyon soweit außerhalb wie ein Flughafen ist. Großstädte wie Nancy haben einen TGV-Halt irgendwo auf dem Feld, der per Bus erreichbar ist. Was ich sagen will: der Preis der hohen Geschwindigkeit und kurzen Reisedauern zwischen Metropolen ist das Abhängen des Rests des Landes. Das machen wir hier halt anders und das ist auch gut so. Schließlich: versuch mal von Lyon nach Bordeaux zu kommen - geht faktisch nur über Paris und in den meisten Fällen mit 20 U-Bahnstationen, unzähligen Rolltreppen und Bändern, abgesehen von einer Verbindung über den Pariser Vorort Massy ... Das ist wie wenn Du auf dem Weg von Leipzig nach Köln über Hamburg fahren müsstest und dabei mit der S-Bahn von Hbf nach Altona.


    Fazit: der Blick über den Tellerrand kann nicht schaden und unsere Bauzeiten (bspw. die zitierten zw. FFM und Fulda) sind indiskutabel, aber es ist nicht alles Gold was glänzt (gilt im übrigen auch für Schnellzugverkehr in Spanien).

    Das ist mal wieder eine Leipzig-zentrierte Sichtweise. Selbst im angeblich so abgelegenen Weißwasser hat das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle keine Probleme gehabt, 300 Stellen zu besetzen (Link). Und auch dort wird das Offensichtliche genannt: Sachsen ist infrastrukturell so gut erschlossen, dass man problemlos in einer Großstadt leben und auf den Arbeitsplatz in einer ländlichen Gegend pendeln kann, solche Leute kenne ich selbst genug.

    Naja, die Ansiedlung von Behörden in den Braunkohleregion soll ja eine Kompemsation für den Wegfall gut bezahlter Jobs sein. Von nach Weißwasser aus Cottbus oder noch weiter her pendelnden Beschäftigten (in der Verwaltung nicht selten zu 70% Frauen) haben nun die Bergleute nur bedingt etwas. Gleichwohl ist das schon sinnvoll: gut bezahlte Beschäftigungsmöglichkeiten gerade für Frauen fehlten nicht selten im ländlichen Raum.


    Dein Beispiel entkräftet meinen Punkt dennoch nicht: ein Unternehmen mit Bedarf an mehreren 100 Leuten im gewerblich-technischen Bereich, mögl. Weise mit Raum für Wachstum wird wenn es die Wahl hat immer Regionen bevorzugen, an denen die Versorgung mit potenziellen Arbeits- und Fachkräften sicher ist bzw. für die es auch Beschäftigte aus anderen Regionen oder dem Ausland gewinnen kann. Hinzu kommen Aglomerationseffekte, Vernetzung über Wertschöpfungsketten, Bildungsinfrastruktur etc. Da wir bei den Großansiedlungen ja nicht von irgendwelchen generischen Produktions- oder Logistigprozessen reden, fallen da nun mal weniger dicht besiedelte und eher periphere Regionen aus. Das ist bitter, aber m.E. eine objektive Beobachtung und seitens der Unternehmen eine rationale Entscheidung (war auch immer schon so). Ein ungünstiges politischens Klima verstärkt das dann noch.

    Wie wichtig eine regionale Entwicklung ist und nicht nur lokale, zeigt sich ja wieder bei den letzten Wahlen.

    Das Thema "Wahlen" halte ich für die Gewerbeansiedlungen für wenig stichhaltig. Die Stadt-Land-Unterschiede haben m.E. ganz andere Gründe (das führt aber hier zu weit).


    So hart das für ländliche Regionen ist: größere personalintensive Ansiedlungen wird es in dünn besiedelten Räumen einfach nicht mehr geben. Was künstlich geschaffene industrielle Monokulturen bewirken zeigt sich immer dann, wenn diese wieder wegbrechen (siehe Braunkohleregionen in der Lausitz nach der Wende und dem krassen Entlassungsschnitt mit knapp 90% der Arbeitsplätze - dagegen ist das jetzt alles Kindergarten, so hart es individuell sein mag - wo dann Hoyerswerda oder Weißwasser wieder auf das Niveau von vor dem Aufschwung zurückgeschrumpft sind).


    Nach großen Brachen muss man sicher lange suchen, dennoch sollten Lösungen à la Möbel Erbe am Flughafen favorisiert werden (ich weiß nicht wie gut bspw. Möbel- und Teppichhändler in Wiedemar laufen - vielleicht ließe sich da auch was besser steuern.