Leipzig: Stadtleben

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    Im Oktober wurde ebenfalls ein neuer Rekord aufgestellt - knapp 6.000 Zuzügler/Anmeldungen. Wegzügler weiß ich nicht. Die Stadt rechnet in diesem Jahr mit ca. 15.500 Zuzüglern, darunter sind aber auch Flüchtlinge eingerechnet. Die Statistiker stehen hier lt. Aussage einer MA des Amtes auch vor großen Problemen bei der Planung von Infrastrukturen (Kita, Verkehr usw.), da die Registrierung schleppend läuft und manchmal dreifach (Bundespolizei, Bundesamt für Migration u. F., Länder in den Erstaufnahmeeinrichtungen). Zudem sind in manchen Stadtteilen massive Zuwächse durch Erstaufnahmeeinrichtungen, die keinen "freiwilligen" Zuzug widerspiegeln und teilweise nur temporär sind.


    Ich hätte daher ehrlich gesagt mehr erwartet, denn eigentlich müssten mind. 13.000 "normal" zuziehen (um 2014 zu überbieten) plus mindestens 5.000 Flüchtlinge befinden sich allein 2015 neu im Leipziger Stadtgebiet. Ich habe da also gesamt eigentlich mit 20.000 Personen gerechnet, auch wenn Flüchtlinge weniger Wohnraum (qm) nachfragen/erhalten.


    Werden Flüchtlinge schon in Erstaufnahmeeinrichtungen für die Kommune gezählt oder erst, wenn sie an die Kommune weitergeleitet wurden? War doch schon bei der Erstaufnahme so? Aber es sind ja davon auch noch 300.000 in Dtl. (lt. Bundespolizei) nicht registriert, ergo sind die Zahlen allgemein mit Vorsicht zu genießen.


    Quelle des ersten Abschnitts: Amt für Statistik und Wahlen.

    Einmal editiert, zuletzt von Altbaufan_ ()

  • Ich maß mir keine Deutungshoheit an, aber ich glaub ForzaLE bezog sich da weniger auf die gesellschaftlichen Zustände respektive Veränderungen in Leipzig als in Restsachsen.

  • sächsische ID

    Als gebürtiger Leipziger muss ich sagen, dass mein sächsisches Identitätsbewusstsein in den letzten Monaten und Jahren stark gelitten hat. Ich mag es mir einbilden und ich erhebe sicherlich keinen Anspruch auf eine repräsentative Erhebung aber was mein eigenes Erleben betrifft, stelle ich mittlerweile auch Mentalitätsunterschiede zwischen Leipzigern und dem Rest fest.


    Momentan, ehrlich gesagt, geht mir unser Bundesland sonstwo vorbei.


    100% d'accord


  • Ja nu gehört Leipzig aber nun mal seit Ewigkeiten zu Sachsen. Du kannst schwerlich in Leipzig wohnen ohne dich auf sächsischem Boden zu bewegen. Außerdem ist der Lebensmittelpunkt dann wohl auch nicht die ganze 560.000 Einwohner Stadt Leipzig sondern nur ein Stadtteil oder Viertel. Es sei denn, man ist ein äußerst umtriebiger Mensch.


    Wie hedges schon schrieb ist der Lebensmittelpunkt der Leipziger (egal ob Ur-LEer oder Zugezogener) Leipzig und nicht Grimma, DD oder Bautzen ganz unabhängig in welchem Teil der Stadt man nun wohnt. Und da mag dem ein oder anderen eingefleischten Sachsen jetzt vielleicht vor Schreck die Eierschecke von der Kuchengabel rutschen aber die hiesige Einwohnerschaft ist weitaus „emanzipierter“ gegenüber dem Freistaat als manche evtl. vermuten (ich denke Restsachsen wird dieser Umstand aber auch herzlich egal sein). Ich als Eingeborener kenne in meinem Umfeld jedenfalls niemandem der sich als Sachse definiert, höchstens noch was den Dialekt anbelangt aber selbst da wird der eher in belustigender Form benutzt.

  • Sachsen - woas hoabschn doarmit zu dun?


    Mit kleiner Karte, die aber allein wenig erklärt:


    SZ online, 28.11.2015
    Auf, du junger Wandersmann
    Trotz Bewohnerplus in Sachsen: Viele Gemeinden kämpfen mit Abwanderung. Vor allem die Oberlausitz trifft das.
    http://www.sz-online.de/sachse…-wandersmann-3262367.html


    Ergänzend:


    SZ online, 25.11.2015
    Bald keine jungen Leute mehr?
    Wenn die Jungen weggehen, stirbt eine Region. Die Oberlausitz hat schwer am demografischen Wandel zu tragen. Doch nicht alle wollen diesem Trend widerstandslos zuschauen. Auf einer Tagung soll beraten werden, wie man die Region für junge Leute attraktiv macht.
    http://www.sz-online.de/sachse…n-leute-mehr-3259149.html



    In den Landkreisen Bautzen und Görlitz kehrt etwa ein Drittel der zwischen 15- und 25-Jährigen der Heimat den Rücken. Vor allem gut Ausgebildete und Frauen verlassen die Oberlausitz. Jüngste Bevölkerungsprognosen für die Region sagen, dass die Zahl der 20- bis 65-Jährigen bis 2030 fast um die Hälfte abnimmt. Der Wegzug-Trend gehe zuerst von den ländlichen Gebieten in die Mittelzentren, später in die größeren Städte.


    Fr | 27.11.2015 | 09:00 Uhr
    Abschlusskonferenz „Entwicklungsperspektive Ländlicher Raum“
    Im Rahmen des von der Sächsischen Staatskanzlei geförderten Forschungsprojektes „Entwicklungsperspektive Ländlicher Raum“ lädt der Steinhaus e.V. alle Interessenten zur Abschlusskonferenz des Projektes in Bautzen ein. Thema der Konferenz ist der demografische Wandel in Ostsachsen (in den Landkreisen Bautzen und Görlitz) und dessen Auswirkungen auf den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt sowie die Jugendhilfe.
    http://kulturwegweiser-ol.de/de_DE/events_detail/13598193
    http://www.steinhaus-bautzen.d…ngsperspektNEU_151117.pdf

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    Dann kennen wir offenbar unterschiedliche Leipziger. Ich möchte nur klarstellen, dass es mir nicht darum geht morgens aufzuwachen und daran zu denken, dass man Sachse ist. Allerdings versuchen hier offenbar einige den Eindruck zu erwecken, die Leipziger sehen sich als eine Art Klein-Hamburg. Was ich dann wiederum als kleine Überheblichkeit in Sachen Selbstwahrnehmung bezeichnen würde, die man an der Pleiße ja gerne den Konkurrenten an der Elbe unterstellt. Dazu passt sicherlich auch die mittlerweile beihnahe als Fakt durchgehende Behauptung, Leipzig sei von Natur aus die kritischere und bürgerlichere Stadt. Mitunter kulminiert das ja gar in der unterschwelligen Botschaft, Leipzig stehe allein für das aufgeklärte und liberale Bürgertum Sachsens, sei also sowohl frei vom landesherrlichen Dünkel Dresdens als auch den proletarischen Verwerfungen Chemnitz'. Da halte ich dann eine Gewisse Erdung und ein Blick über den Leipziger Tellerrand aber für schon nicht völlig fehl am Platze.

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    Also meiner Erfahrung nach sehen sich schon viele Leipziger inkl. Umland als so etwas wie eine Enklave innerhalb Sachsens, vor allem gegenüber dem "Dresdener" Sachsen. Das hat sicher auch mit dem Konkurrenzdenken der beiden Städte zu tun. Und etwas protzend und größenwahnsinnig sind wohl beide Städte (man brauch sich ja nur mal die "Kosenamen" anschauen: Elbflorenz, Klein-Paris, Pleiß-Athen). Selbst Chemnitz versucht irgendwo zu prahlen, aber vmtl. eher, um überhaupt mal neben den Beiden (positiv) wahrgenommen zu werden.


    Ich denke aber schon, dass sich die Stadtgesellschaften in ihrer Zusammensetzung und Prägung z.T. schon deutlich unterscheiden. Aus eigener Erfahrung kann ich "nur" für Leipzig und Chemnitz sprechen, aber denke, dass das auch auf Dresden zutrifft. Dass eine Stadtgesellschaft meist einen eher etwas positiv verklärten Blick auf sich selbst hat, ist eigentlich ziemlich normal.

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    Oder Du liest Dich einfach mal durch die Geschichte der Stadt Leipzig!



    Nett. Das habe ich, seinerzeit mehr oder weniger unfreiwillig, in großen Teilen sogar schon getan. Keiner der Sätze fing allerdings mit "Es war einmal" an. Insofern werden wir wohl kaum auf einen Nenner kommen.

  • Wenn die fortschrittlichen Leipziger angeblich so wenig mit dem Rest Sachsens zu tun haben oder zu tun haben wollen, wäre das auch eine einleuchtende Erklärung, warum außerhalb der Stadt kein Mensch die Stadt zur Landeshauptstadt machen möchte. Vielleicht sollte man dann eher über den Aufstieg zur Bundeshauptstadt philosophieren? Das ist ähnlich realistisch.

  • @lguenth Also eine weniger starke Identifikation mit dem Freistaat Sachsen hat also etwas mit Fortschritt zu tun? Sehr interessant! Noch viel interessanter ist aber der Fakt, dass sowohl du als auch 'Saxonia' genau diese Identifikation als etwas negatives darstellen. Als müsstet ihr hier eine negative Assoziation, welche von euch anscheinend selber so wahrgenommen wird, umkehren. Was genau ist das Problem, wenn z.B. eine Person aus Dresden oder Chemnitz mehr zu Sachsen verbunden ist, als ein Leipziger? Ändert das, mit dem Hintergrund das es eigentlich schon immer so war, eigentlich etwas an einer Situation? Oder spielen wir uns nun weiter die Bälle hin und her. "Nein - ihr seid Sachsen. Nein - wir wollen nicht. Aber Leipzig liegt in Sachsen. Egal - das interessiert uns nicht. Aber ihr seid Sachsen! Nein wir sind Leipziger..."


    Allerdings versuchen hier offenbar einige den Eindruck zu erwecken, die Leipziger sehen sich als eine Art Klein-Hamburg.

    Ich habe in Leipzig noch nie einen Vergleich zu Hamburg wahrnehmen können. Schon alleine des Wetters wegen. Aber gewiss gibt es Analogien zweier rein bürgerlicher Städte. Genau so wie mit Frankfurt/Main. Schon alleine im Stadtbild.


    Was ich dann wiederum als kleine Überheblichkeit in Sachen Selbstwahrnehmung bezeichnen würde, die man an der Pleiße ja gerne den Konkurrenten an der Elbe unterstellt. Dazu passt sicherlich auch die mittlerweile beihnahe als Fakt durchgehende Behauptung, Leipzig sei von Natur aus die kritischere und bürgerlichere Stadt. Mitunter kulminiert das ja gar in der unterschwelligen Botschaft, Leipzig stehe allein für das aufgeklärte und liberale Bürgertum Sachsens, sei also sowohl frei vom landesherrlichen Dünkel Dresdens [...]

    Der Eindruck entsteht tatsächlich, dass der einzige Grund des hin und her Spielens der Bälle zum Thema Identifikation in Leipzig zu Sachsen, nur aus dem Grund entsteht weil du hier einen Punkt machen willst. Das grenzt etwas an einen Ritt auf dem Gaul der Polemik. Ich könnte als nicht-Berliner natürlich auch den Berlinern erklären, dass sie eine tiefere Identifikation zu Brandenburg haben, obwohl dies nicht der Fall ist. Aber - ganz ehrlich - mir fällt die Sinnhaftigkeit des Ganzen nicht so wirklich ein. Genau so derer, deines Schlagabtauschs mit Leipzigern im Forum, welche klar eine Meinung zu diesem Thema haben. Oder ist das eher ein messianisches Bedürfnis - Saxonia eint die Sachsen als Sachsen?


    Aber wenn du es so ansprichst. Ja - ich denke, dass man in der ganzen gegenwärtigen Problematik mit den rechts-konservativen/nationalistischen- rechtsradikalen Bewegungen bemerkt, dass in Leipzig eine sehr alte und wirklich stark in der Stadtgesellschaft verwurzelte Universität und derer positiver Nebeneffekte präsent ist.


    [...] als auch den proletarischen Verwerfungen Chemnitz'.

    Also ganz ehrlich 'Saxonia', dass mir als Leipziger der Vorwurf des Abwertens des Proletariats gemacht wird, hätte ich nie gedacht! Vielleicht wäre der Vorschlag 'LEonline' doch nicht so schlecht. Geschichtsbücher helfen manchmal doch. Sind nicht in Leipzig große Arbeiterbewegungen entstanden? Der Vorgänger der sozialdemokratischen Partei? Und wenn ich mir so die Straßennamen anschaue, sind doch viele größere nach alten Haudegen des sozialistischen/kommunistischen Widerstands benannt. Vor allem so einige "Ausfallstraßen" wie August-Bebel, Käthe-Kollwitz, Georg-Schumann, Karl-Liebknecht, Rosa-Luxemburg, Wilhelm-Liebknecht, Wilhelm Leuschner, Jahn, Lassalle. Es gibt eine Leipziger Volkszeitung usw. Ernsthaft?


    Da halte ich dann eine Gewisse Erdung und ein Blick über den Leipziger Tellerrand aber für schon nicht völlig fehl am Platze.

    Genau diesen Blick über den Tellerrand mit der einhergehenden Erdung des Selbstanspruchs, nehmen wir in Leipzig ja als alleinigen Anspruch wahr! Im Endeffekt landen wir da wieder am Anfang der Diskussion. Der hohe Grad an Leipzigern mit unterschiedlichen Herkünften schärft den Blick für etwas zu selbst-zentrierte Eigenschaften.

  • Hedges, vom Erzgebirge nach Chemnitz immigrieren, das klingt ein bisschen wie von Werdau nach Erfurt auswandern. :lach:

    Bei der ganzen gegenwärtigen negativen Verurteilung des Begriffs, mache ich das immer mit Absicht. ;)

  • warum außerhalb der Stadt kein Mensch die Stadt zur Landeshauptstadt machen möchte.


    Mir fällt gerade kein_e Leipziger Kommunalpolitiker_in ein, der/die sich dafür einsetzen würde. Der Oberbürgermeister Burkhard Jung hat sich in den letzten Jahren mehrfach ausdrücklich dagegen ausgesprochen - aus durchaus nachvollziehbaren Gründen. Auch darüber hinaus ist das nach meinem Eindruck nirgendwo ein Thema bzw. stößt, falls es doch mal (von außen) angesprochen wird, eher auf Ablehnung.


    Ich halte "Mitteldeutschlands Hauptstadtfrage" für eine Scheindiskussion. L’art pour l’art! Wer betreibt denn aktuell angesichts der unterschiedlichen polititischen Verhältnisse in den drei Ländern eine mögliche Fusion?


    Doch selbst wenn es mal dazu kommen würde: Wo sollte in Leipzig denn überhaupt Platz für den Neubau der dann notwendigen Parlaments-, Ministerien- und sonstigen Verwaltungsgebäude sein? Vom bereits dreimal in Dresden, Erfurt und Magdeburg dafür ausgebenen Geld und vom notwendigen Wohnraum für die Mitarbeiter_innen mal ganz abgesehen.


    IC(E), Internet, Telefon ... sind bekannt, oder?


    Frankfurt am Main ist keine Landeshauptstadt, ebensowenig Rostock. Mainz liegt am äußersten Rand von Rheinland-Pfalz und Kiel von Schleswig-Holstein. ...

  • D'accord!


    Aber: Ein Fehler ist mir doch aufgefallen. Mainz ist die Landeshauptstadt von Rheinland-Pfalz und grenzt an die hessische Landeshauptstadt Wiesbaden. (Außerdem Historismushauptstadt Deutschlands)

  • Dem schließe ich mich an! Ich bezweifle auch, dass bei einer Umfrage in Leipzig und in einem hypothetischen Bundesland "Sachsen-Anhalt-Thüringen", positiv zur Position als Landeshauptstadt entschieden würde.


    Ich halte/hielt die Länderfrage eher als eine Sinnhaftigkeit im übergeordneten Kontext - innerhalb der ostdeutschen Länder und innerhalb Deutschlands. Aber das hat 'Saxonia' - muss man sagen - ordentlich relativiert. Von daher...

    2 Mal editiert, zuletzt von hedges () aus folgendem Grund: inhaltlich

  • Mir fällt gerade kein_e Leipziger Kommunalpolitiker_in ein, der/die sich dafür einsetzen würde.


    Der Leiter des Stadtplanungsamtes Lunebach hatte vor einiger Zeit den Matthaikirchhof als möglichen Standort des Landtages in den Raum geworfen. Vlt. hatte er dies aber auch scherzhaft gemeint.


    [QUOTE=Doch selbst wenn es mal dazu kommen würde: Wo sollte in Leipzig denn überhaupt Platz für den Neubau der dann notwendigen Parlaments-, Ministerien- und sonstigen Verwaltungsgebäude sein?[/QUOTE]


    Kleinmessegelände würde mir jetzt spontan einfallen wobei ich mir denken kann bei Dir damit offene Türen einzurennen... :D



    Da die Fusionsgeschichte eh abgewiesen wurde und die Klage gegen den Entscheid beim Bundesgericht wohl auch nichts bringen wird können wir die Diskussion darüber tatsächlich so langsam ausklingen lassen.

  • Ein Land Mitteldeutschland wird es wohl in den nächsten Jahrzenten nicht geben.


    Wie es auch sei, bislang gibt es in Leipzig nach meiner Kenntnis keine Pläne Hauptstadt von Großsachsen zu werden.


    Vielleicht haben derartige Artikel zu PEGIDA geführt. Ähnliche Artikel gab es jedenfalls immer wieder in der zitierten Zeitung.