Fischerinsel / Petriplatz / Breite Straße

  • Baukunst
    Der "jüd. Tag" (zumindest der rituelle) beginnt und endet bei Sonnenuntergang. Der Rabbi baucht also nicht rufen, man kommt einfach zu dieser Zeit, seis nun zum Shabbat oder zu Feiertagen. Dann fangen diese an bzw. "beginnt das Ende" (also, wenn der bei Sonnenuntergang begonnene Ritus vollzogen wurde). Im Sommer ist das folglich später, als im Winter. Woher man dann aber weiß, wann man am Morgen zw. Anfang und Ende eines "rituellen Tages" da sein muss/soll, kann ich dir jetzt auch nicht genau sagen. Bei Sonnenaufgang fänd ich jetzt etwas früh, aber möglich...In den Kalendern steht außerdem immer drin, um wie viel Uhr es losgeht ;). Würde mal sagen, dass auch Kirchenglocken heute eher "Dekoration" sind, oder? Man weiß eben, um XY Uhr gehts los und da wir heute ja Uhren und Wecker haben, ginge es sicher auch ohne Glocken.

  • Die Berliner Zeitung hat einen frischen Artikel zum Thema, der trotz einiger womöglich spöttischer Tendenzen und Kritik an der konkreten Realisierung recht positiv auf das Projekt zu sprechen ist. Man komme gewissermaßen zurück zu den Anfängen der Aufklärung. Kritisiert wird insbesondere, dass kein Versammlungsraum für Nichtgläubige geplant ist, um den/ die Glauben auch mit dem Säkularismus zu versöhnen (ein primäres Ziel der Aufklärung, dass inzwischen noch wichtiger erscheine), denn Nichtgläubige seien hier so Gäste aber nicht zu Hause. Außerdem werde eine jeweils sehr traditionelle Auslegung der Religionen zu Grunde gelegt: Sogenannte "Frauenemporen" kämen den orthodoxen Juden und Muslimen entgegen, seien aber womöglich eine Zumutung für die Liberalen und auch der christliche Betraum weise eine geradezu mittelalterliche Hierarchisierung zwischen Priester/ Altarraum und Gemeinde/ Kirchenraum auf. Auch deshalb spricht sich der Autor für den viertplatzierten Entwurf aus, der einzig nicht so sehr auf die traditionellen Formen setze. Dieser bette zudem die prinzipielle Ähnlichkeit der drei monotheistischen Religionen in eine überzeugende architektonische Entsprechung. Auch sonst erschien mir der Artikel lesenswert, da er interessante - auch historische - architektonische Bezüge herstellt. Also am besten selber lesen.


    Nur noch einige relevante/ interessante Fakten (ich hoffe, nichts davon ist alt):
    -Die Finanzierung ist bisher keineswegs geklärt, das Projekt gilt aber wohl für diesen historisch und symbolisch wichtigen Ort als gewünscht und gesetzt.
    -Der Einzelraum für Muslime wird sich nach Mekka, der für Juden nach Osten gerichtet. Frauenemporen sollen den jeweiligen Orthodoxen entgegen kommen (siehe oben).
    -Im Wechsel soll je eine der drei Religionen Lessings "Nathan der Weise" inszenieren (bzw. einen Regisseur vorschlagen) und zwar stets am 14. April, dem Jahrestag der Uraufführung von 1783. Das alleine halte ich für einen sehr mutigen und höchst interessanten Einfall. Ich bin auf die jeweiligen Interpretationen gespannt.


    Quelle: http://www.berliner-zeitung.de…wg,10809150,17899086.html

  • Meiner Meinung nach ist dieses Projekt ein völlig falsches Signal. Es stimmt zwar, dass man den verschiedene Religionen gleichermaßen begegnen sollte, aber der Fokus sollte darauf gelegt werden, dass ausnahmslos alle Religionen die von den Religionen völlig unabhängigen Grundrechte gleichermaßen akzeptieren und diesen nicht im Weg stehen. Ob die drei abrahamitischen Religionen verschiedene Seiten derselben Sache sind oder nicht, ist außer für Historiker völlig irrelevant. Das solche Fragen übrhaupt (noch) diskutiert werden müssen, zeugt eher vom beschränkten Horizont der Beteiligten.


    Insofern stimme ich der in obigen Artikel angesprochenen Kritik zu. Wo sind außerdem die anderen Religionen - Hinduismus, Jedi und Sado-Satanismus? Warum gibt es eine Trennung zwischen den Gebetsräumen? So, wie es sich jetzt darstellt, wirkt das nur wie pseudotolerante Gutmenschelei.

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    Ich würde ja erstmal abwarten, bis Humboldtforum und die Randbebauung am Petriplatz("Cöllnisches Rathaus" und "Palais Petriplatz") fertig sind, um zu schauen, wie sich a) die Besucherströme seitens des Humboldtforums verhalten und b) ein freier Platz mit dem Grundriss der alten Kirche nicht vielleicht besser wirkt, als dieses neue geplante Gebäude.


    Mir ist auch ehrlich gesagt der Bezug zum Ort mitsamt den drei Religionen nicht ganz klar. Ok, Christentum ja, vielleicht auch Judentum (wegen der Tradition in Berlin), aber Islam? An diesem Ort? Ich glaube für dieses Verständnis bin ich nicht gescheit genug.

  • Vor über hundert Jahren beklagte sich Nietzsche über den "Monotono-Theismus", aber heute und gerade in Berlin kann man fast umgekehrt von einem Monotono-Säkularismus sprechen. Dass gerade im so säkularen Berlin ein Ort geschaffen werden soll, der der Begegnung der drei abrahamitischen Religionen gewidmet ist, erscheint mir eine Bereicherung dieser Stadt.


    Ich finde das Projekt auch symbolisch interessant: Die Tatsache, dass die organisierten Religionen in Europa und besonders in Berlin deutlich an Mitgliedern eingebüßt haben, sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass sie weltweit, auch in den USA oder in Russland, deutlich machtvoller sind. Die zentralen Konflikte der Gegenwart lassen sich ohne ein Verständnis der religiösen Tradition nicht verstehen, sie sind von religiösen Motiven durchsetzt und schwer von ihnen zu trennen. Hier in Berlin einen symbolischen Ort der Begegnung zu haben, finde ich grundsätzlich gut. Was dann daraus gemacht wird, muss man abwarten.


    Und necrokatz, um einen Ort zu schaffen, der allen Religionen (einschließlich Jedi und Sado-Satanisten) ein Dach bieten kann, müsste man doch die gesamte Stadtmitte opfern, mindestens. Das wäre eine interessante Idee, aber ich denke nicht, dass sie sich durchsetzen ließe ;)

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    Schade, daß es für das Rathaus garkeine Pläne gibt (bei Wikipedia ist ein Entwurf abgebildet, aber schon etwas älter).
    Mit Palais Petriplatz meinte ich das Grundstück östlich vom Kirchengrundstück, wo es scheinbar mal geplant war ein Palais mit Hotel zu bauen:
    http://www.plancontrol.ch/index.php?page=palais-petriplatz


    Keine Ahnung, ob das überhaupt noch aktuell ist. Hier auf dem Bebauungsplan ist es das Grundstück MK4: http://www.stadtentwicklung.be…load/I-218_2009-09-09.pdf


    Oder ist das ein und dasselbe Gebäude?


    (in besagtem Dokument ist auch eine "in Aussicht gestellte U-Bahntrasse" zu sehen, die scheinbar vom Alex, unter dem Nikolaiviertel Richtung Süden verläuft. Welche Linie soll denn das sein? Sorry, falls das hier schon angesprochen wurde.)

  • Das ist ja noch ein Entwurf von Züblin. Die sind doch wohl schon geraume Zeit aus dem Rennen. Ich glaube im Moment ist auf dem gesamten Areal noch überhaupt nichts in irgendeiner Planungsphase...

  • Was soll denn das "Palis Petriplatz" sein?


    Guckst du hier...;)


    Einen interessanten Artikel in der Frankfurter Rundschau möchte ich noch nachliefern.
    Kritikpunkte im Artikel sind, dass die Synagoge ausgerechnet im Bauteil läge, der außen eindeutig einen christlichen Kirchenchor zitiere. Zudem seien die Frauenemporen für liberale Juden und Muslime eine Zumutung. Weiter heißt es, dass nur konservative Christen angesichts einer Kapelle glücklich sein würden, die nicht um den Altar herum organisiert sei.
    Der einzige Entwurf der gleiche Räume für alle Religionen vorschlage sei der von Axel Schultes und entspräche am ehesten dem Grundgedanken dieses Vorhabens.
    Dennoch begrüßt der Autor das geplante Gebäude da es die Auseinandersetzung mit Religion und Glaube auch für Nichtgläubige anregen könnte.

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    Dann ist es ja wirklich das selbe Grundstück MK4 im PDF. Sorry für die Verwirrung.


    Gab es denn für das Grundstück westlich des Kirchplatzes (MK3) schon Entwürfe?

  • Da sieht man schon, dass es nur pseudo ist, weil Deutsche und Juden ist eh ein ewiges Täter-Opfer-Verhältnis, wenn man so weitermacht und mit der Integrationsdebatte und den weltpolit. Umständen muss man natürlich auch die Moslems mit einbeziehen. Bei Buddhisten (jaja, keine Reli, ich weiß), Hindus (immerhin 6.000 in Berlin laut Wiki), Satanisten und was es sonst noch gibt bestehen diese "deutschen Probleme" der Integration und des ewigen schlechten Gewissens nicht und auch das Judentum und der Islam (wobei ich mir da nicht so sicher bin in manchen Regionen) haben keine Probleme den o.g. genannten Relis - also braucht man auch keinen gemeinsamen "Kuschelplatz" mit ihnen.


    Mir erschließt sich der Sinn eines gemeinsamen BEThauses immer noch nicht...Grad ist jüdische Feiertagssaison und es kann mir keiner erzählen, dass auch nur einer der "Synagoge seiner Kindheit" zu solchen Anlässen den Rücken kehrt, um dann dort hinzugehen. Das wird lediglich eine "Show-Synagoge", weil eben die orth. und die lib. Vorstellungen nicht harmonieren. In der Jüd. Gem. gibts es zu dem Thema grad eine große interne Debatte. Dasselbe gilt sicher auch für die Moshee. Wie es bei der Kirche sein wird, bin ich mir nicht sicher, aber es wird sicher auch jeder Christ seine Gemeinde mit dazugehöriger Kirche haben, wo man die Feiertage verbringt. Irgendwelche interkulturellen Dialoge lassen sich auch woanders führen - im TV zum Beispiel ;).

  • Danke, Bato, dann soll das Cöllnische Rathaus und das "Palais Petriplatz" wohl das gleiche sein. Ich weiss nur, dass alle Bieter abgesagt haben.


    Die unterschiedlichen Stellungnahmen der drei Buchreligionen zueinander und die ultraschlauen Kommentare der meist geistig säkularisierten Forianer ist zwar immer nett zu berichten aber kaum zielführend. Ich bleibe bei meiner Ansicht: wenn die drei das schaffen ist es ein gutes Projekt, städtebaulich richtig und architektonisch reizvoll.

  • Heute war ich auch endlich mal in der Parochialkirche und hab mir die eingereichten Entwürfe zum Petriplatz angesehen. Ich muss sagen, dass da doch neben teils sehr futuristischen Modellen auch das ein oder ander klassische Konzept dabei ist, dass mir zugesagt hätte... kann ich jedem nur empfehlen mal vorbei zu schauen.






  • Der vorletzte Vorschlag gefällt mir ganz gut. Es nimmt sehr schön alte Formen auf, was den Wettbewerbsentscheidern wohl auch nicht modern genug war(?).

  • Der auf dem zweiten Bild am Rand sieht aus, wie die Synna in München. Der sagt mir so an sich auch am ehesten zu, aber auch eher, wenn er bereits stünde. Als Neubau...ich weiß nicht...Außerdem ist er schon sehr kirchlich, also der Funktion vielleicht nicht ganz angemessen. Ebenso der letzte. Sieht aus, wie ein Dom, der über Jahrhunderte entstanden ist...

  • Wie gesagt, sind ja nur ein paar Schnappschüsse. Insgesamt sind es ja an die 40 Exponate - wobei einige schon wirklich sehr bizarr sind...