• Magdeburg

    Achtung!



    Die Brutalismus- und Stadtvergewaltigungs-Szenen in dieser Fotoreihe wurden von architekturerprobten Fachleuten unter strenger Beobachtung und größtmöglichem Ausschluss der Öffentlichkeit mit höchsten Sicherheitsstandarts gemacht. Sie sind nicht zur Nachahmung empfohlen!
    Sollten Sie Fachwerkfetischist, Altstadtfreund, unter niedrigem Blutdruck und sanftem Gemüt leiden, setzen Sie sich bitte vor Betrachtung dieser Szenen mit ihrem Arzt in Verbindung.


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    Vielleicht hat ja schon der ein oder andere bei dem Text oben gemerkt, das Magdeburg nicht ganz so toll wiederaufgebaut wurde, wie manch andere Stadt. Ich hab mir in den Winterferien gedacht, ich müsse mal ein bischen weg fahren, und bin nach Magdeburg, weil ich da seit 15 Jahren nicht mehr war, aber ständig dran vorbei fahre. Man fährt in das Stadtzentrum und sucht erstmal die Altstadt, kreist und kreist herum, bis man endlich merkt, dass man von alten Kirchen umgeben ist, also längst sein Ziel erreicht hat.


    Ich habe glücklicherweise an der Nicolaikirche geparkt, deren Südturm man besteigen kann, was ich dann auch gleich gemacht habe.



    Die Kirche lag seit WWII in Trümmern, und wurde erst inden 90ern des letzten Jahrhunderts wiederaufgebaut. Den Südturm erreicht man über eine original mittelalterliche Treppe. Extrem uneben, schief und mit viel zu riesigen Stufen, und ich bin in Slippern gekommen.:banana:




    Von dort oben sieht man als erstes den Dom und den barocken Domplatz in Richtung Süden:




    Richtung Westen erkennt man diese sozialistischen Prunk-Blöcke, unten das Rathaus mit dem angrenzenden PLatz:




    Richtung Norden findet man nur Platten, lediglich entlang der Elbe gibt es nch interessante Sachen zu sehen, wie das Kloster auf dem Bild:




    HIer nochmal etwas größer. Man erkennt, dass es eigentlich 3 Kirchen/Kapellen sind:




    Hier mal das Innere der Nicolaikirche. Glücklicherweise geschlossen, so musste ich mir das nicht lange ansehen.




    Was hier schon auffällt ist, dass es enorm viele Plastiken im Innenstadtbereich gibt. Besonders entlang der Elbe wurden über das letzte Jahrhundert extrem viele Großplatstiken meist figürliche Darstellungen des Menschen aufgestellt. Weiter unten sehen wir aber noch mehr.




    Der Chor der Nicolaikirche, die die älteste Kirche in Magdeburg ist.




    Das barocke Rathaus steht dort, wo schon vor der Belagerung durch Tilly das gotische Rathaus stand. Der Begriff "magdeburgisieren" stammt von dieser Belagerung.




    Die Skulptur (oder Plastik, war nicht zu erkennen) ist das älteste Reiterstandbild nördlich der Alpen. Zeigt einen ottonischen Kaiser.
    Die Türen des Rathauses sind zeitgenössisch und zeigen die geschichte Magdeburgs mit beiden Zerstörungen.




    Jetzt das Kloster, dass wir schon vom Turm der Nicolaikirche gesehen haben.




    Die tiefgehende Analyse gotischer Gewölbe führte hier zu einer ... Neuinterpretation von ... ja ... egal.




    Neben der Kirche geht es runter zur Elbe. Anscheinend gab es hier früher Metallwerkstätten, wie man sie in Magdeburg früher zu Hauf fand.






    Die Werkstätten vom Elbufer aus:




    Der Raum um das Kloster herum ist extrem komplex und sehr spannend gestaltet. Man geht über Plätze, Treppen in Sackgassen findet überal Plastiken, Penner die sich in Ecken verstecken, genauso wie Pärchen etc. - eine riesen Spielwiese.




    Man geht entlang dieses Podestes an der ersten Kirche vorbei,...




    ... trifft auf ein kleine Kapelle, geht die Treppe rauf...




    ... auf einen kleinen Platz ...




    ... sieht hinter sich die Elbe, ...




    ... neben sich wieder die Kirche ...




    ... sieht nochmal, wie die Kirchen sich gegenüberstehen ...




    ... und verlässt den Platz wieder über die nächste Treppe. Man könnte auch neben der Kapelle über einen sich an der Kapelle entlangwindenden Weg in einen kleinen Garten gelangen, aber das hab ich hier mal augespart, genauso wie Kreuzgänge etc...





    Links ist wieder der Rathausplatz angeschnitten. Qualität verteilt sich sehr heterogen auf die einezelnen Gebäude:




    Der Breite Weg ist DIE Strasse in Magdeburg heißt es. Ganz hinten sieht man schon die Türme des Domes.




    Aber vorher sehen wir noch eine andere Prunkstrasse: Das ist übrigens die Seite zum Innenhof hin.








    Auf dieser freien Fläche soll eine Kirche wiederaufgebaut werden. Der Name fällt mir gerade nicht ein.




    Mein Professor meinte, ich dürfe alles machen wozu ich lustig bin, nur verbietet er mir mich mit Hundertwasser zu beschäftigen. Daher weiß ich auch nichts dazu zu sagen.




    Eines der wenigen erhaltenen Gebäude am Breiten Weg ist die Post:




    Das ist der Breite Weg. Natürlich hat es geregnet.




    Durch diese Gasse gelangt man zum Domplatz.





    Auf 2 Seiten ist er barock gefasst. Die eine Seite gehört dem Bischof, der sich hier bescheidene 4 Palais gebaut hat. Durchaus standesgemäß:





    Auf einer Seite steht der namensgebende Dom Sankt Mauritius und Sankt Helena zu Magdeburg. Der Dom gilt als das älteste gotische Gebäude in Deutschland. Der Chor ist daher eher schlicht gehalten, und ist noch stark romanisch geprägt, ...




    ... die Westfassade ist da schon etwas komplexer. Es fehlen ein Paar Figuren über dem Portal, warum weiß ich leider nicht.




    Dieser Grundriss täuscht, eigentlich steht der Dom nicht genau in Ost-West Richtung. Vom Vorgängerbau hat man eine Kapelle behalten wollen (weiß leider auch hier nicht mehr wessen Kapelle), weil man diese Heilige besonders verehrt hat. Deshalb hat man den Dom aus der Achse gedreht.




    Innen gehts weiter:





    In einer der Kapellen die ans Deambulatorium angeschlossen sind fand ich diese hübsche Skulptur:




    Das ist der hohe Chor, wie man unschwer erkennen kann. Der obere Teil ist heller, weil dort ein Netz hängt, nicht weil der Teil rekonstruiert ist.




    Die Heilige Helena als Zeichnung ...




    ... und der heilige Mauritius. Eine meiner Kindheitserinnerungen, eine Abbildung dieser Skulptur kenne ich aus dem "Was ist Was"- Heft "Ritter".:lach:




    Ein Deteil eines der Epitaphen:




    Die Käpfersteine im Langhaus:




    An den Basen der kantonierten Pfeiler erkennt man gut die frühe Gotik:




    Hier noch schön der Aufbau eines Joches zu erkennen:




    Ein Epitaph mit Beschlagwerk. Auch hübsch:




    Das sind die 4 Aposte, Maria mit dem Kind, die Amme die 3 Könige als nackte Kinder, und links unten die Geliebte von Joseph oder so ähnlich.




    Eines der Ottonengräber. Dieses hat eine Kuppel mit etlichen Fenster, die das Innere ganz interessant beleuchten und die Menschmassen um die wenigen Gucklöcher kämfen lassen:




    Herstellung heißt hier Sanierung:




    Im Kreuzgang:








    Diese ist die einzige Strasse in der nennenswert Gebäud erhalten blieben. Da war ich aber nicht, dass sah alles nach Gründerzeit aus, und das kann ich mir auch zuhause ansehen:




    Blick auf Kreuzgang und Dom:




    Das ist der Eingang in den Bereich hinter dem Dom, hinter uns ist die Elbe:




    Die Kapelle schließt direkt an den Kreuzgang an:




    Mal etwas modernes auf altem Sockel. Hier spricht nicht zufällig jemand Griechisch?




    Links ist die Staatskanzlei glaube ich, hinter uns der Dom:




    Blick über das Bischofspalais zum Dom:





    Jetzt kommen ein paar der versprochenen Plastiken:


    Armagedon?:




    Diese Kirche sieht man vom Dom:platz aus, war auch schon auf dem Foto ein Stückchen weiter oben




    Wieder Kunst:





    Das ist das "historische Museum", zu dem die Skulpturensammlung gehört:




    Noch mehr Kunst:





    Das heist bestimmt "Bellavista" oder "Residenz Elbblick":




    Das wars. Fast. Unten kann man sich ein GoogleEarth-Modell vom Magdeburger Dom herunterladen. Vorsicht, das hat 90.000 polygone, aber der Dom in Magdeburg ist echt eines der sehenswertesten Gebäude die ich kenne.


    http://rapidshare.com/files/94…ena_zu_Magdeburg.kmz.html



    Da Magdeburg nicht wirklich wirtschaftlich auf eigenen Beinen stehen kann bin ich dafür, die Stadt aufzugeben. Ja aufgeben. Der Dom wird in 2 Teile geschnitten - die Türme kommen an die Aegidienkirche in Braunschweig, die hat nämlich keine, das Kirchenschiff nach Hamburg an die Kirche, die nur noch ein Turm ist. Um den Rest dürfen die anderen schachern.

  • Vielen Dank für die Bilder und die Kommentare, klasse gemacht!


    Ja, Magdeburg ist schon ein trauriges Kapital der deutschen Stadtzerstörung.
    Viel Übles wäre der Stadt erspart geblieben, wenn man sie nicht zur sozialistischen Metropole hätte machen wollen...
    Da gab es noch jede Menge zu retten nach den Kriegswirren. Was fehlte, war der Wille. Und jedwede Rücksichtnahme der bedeutenden Historie Magdeburgs gegenüber :(


    Schockierende Eindrücke, die zeigen, dass auch im Osten nicht alles glänzt und funkelt...

  • Was nach dem Krieg noch stand weiß ich leider nicht.


    Es hat finde ich aber einen gewissen Charme - natürlich nur in Magdeburg. Die Zerstörung ist das was Magdeburg am stärksten geprägt hat, praktisch der Genius der Stadt.


    Erst die sinnlose Zerstörung durch Tilly im 30-Jährigen Krieg, bei der nur 600 Menschen im Dom überlebten, alle anderen starben, alles wurde zerstört, bis auf ein paar Kirchen und die Reiterfigur.
    Dann die Zeit in der Magdeburg zur größten Festung Preußens wurde, die ganzen Fortifikationen, Bastionen, Zitadellen das Militär, das die Stadt prägte.
    Die besonders krasse Industrialisierung im 19. Jhdt. für die unter anderem 20% der Altstadt für den Bahnhof planiert wurden, eine Zeit, die nur die wenigsten Gebäude überlebten. Gerade diese besonders harte Metallindustrie die auch diesen leicht zerstörerischen Charakter hat.
    Dann WWII - ist klar.
    Jetzt hat die Stadt seit 1990 60.000 Einwohner verloren, und kein Silberstreif am Horizont.


    Vielleicht liegt es daran, dass Neujahr war, kein Mensch auf den Strassen, es die ganze Zeit leicht genieselt hat, dass ich mich gefühlt habe wie in einem Film, aber diese Stadt ist echt krass. Nirgendwo ein bischen Harmonie, nur Verfall, Scheitern, alles war unfertig, die Goth-Szene, die einem ständig begegnet etc.
    Es ist schon was besonderes diese Stadt, gerade dass sie nicht glänzt und funkelt.

  • Naja ich denke man muss das aber alles etwas relativieren. Soviel ich weiß ist Magdeburg eine der wenigen Städte im Osten, die sich komplett darauf forciert hat nur Platten abzureißen und möglichst alle erhaltenen Altbauten zu retten. Die Stadt müsste auch noch einige gut erhaltene Gründerzeitviertel haben, die mittlerweile wieder strahlen. Die Innenstadt ist eben das Hauptproblem. Magdeburg scheint in diesen Punkten Chemnitz sehr ähnlich zu sein.

  • Schön Fotos, traurige Motive...Die leeren Straßen (aus welchem Grund auch immer) und das schwarz-weiß verstärken das nur noch. Schon ein hartes Schicksal diese Stadt.:nono:

  • Ich sag mal so mein Ding ist es nicht, aber ich kann mir vorstellen das man aus der Stadt mit einigen Plattenbaurenovierungen und einigen modernen Gebäuden einiges machen kann. In 10-20 Jahren wird die Stadt bestimmt ganz anders Aussehen spätestens dann ist Magdeburg auf einem Stand wo sich Investitionen in einem größeren Stil lohnen.

  • Ben:
    Es war Neujahr


    Westropolis:
    Als ich auf dem Kirchturm stanf konnte ich mich mit einem alten Paar unterhalten, die haben mir eine bischen über den Bevölkerungsverlust erzählt, und wie man versucht damit umzugehen. Anstatt flächig Platten städtebaulich zu subtrahieren reißt man überall Baulücken in die Stadt, mal hier mal da.
    Bis jetzt gibt es nur einen großen Park in der Stadt, nämlich auf dem Gelände der alten Zitadelle, also der Elbinsel und dem gegenüberliegenden Ufer. Die Menschen leben aber alle auf der Westseite der Elbe. In der Touristinfo hing eine Karte der Stadt, in der diese Situation eingezeichnet war, da konnte man erkennen, dass man in Zukunft plant Zentrumsnah Parkflächen durch den Abriss von Platten zu schaffen.


    Schnack:
    Stimmt. 2002 hat Magdeburg sogar die Goldmedaillie im Wettbewerb "unsere Stadt blüht auf" gewonnen. Damals ging es auch um ein Gründerzeitviertel.
    Diese Viertel sieht man aber kaum von der Stadtautobahn.

  • Also, wenn man mal bei GoogleEarth einen Blick auf die Stadt wirft, sieht man noch drei Parks in der Innenstadt - natürlich kein Englischer oder Tiergarten - und auch dazwischen beinah mehr Grünflächen/begrünte Brachen zw. den Platten als bebautes Gebiet. So zestückelt, wie die Stadt zu sein scheint, sollte man doch lieber weiter verdichten, statt weitere Parks zu schaffen...:???:

  • Da Magdeburg nicht wirklich wirtschaftlich auf eigenen Beinen stehen kann bin ich dafür, die Stadt aufzugeben. Ja aufgeben.


    Was heißt denn bitteschön "aufgeben"? Nach dem ISNM-Wirtschaftsranking kommt Magdeburg auf Platz 35 von 50. Heißt das jetzt, dass alle anderen 15 Städte, die hinter Magdeburg landen (u.a. Kassel, Aachen, Lübeck und Schlusslicht Berlin) auch aufgegeben werden sollten? Ansonsten ein hervorragender Bericht.


    Ich war letztes Wochenende auch zum ersten Mal in Magdeburg, meinem Bruder beim Umzug helfen (hat dort ein Studium angefangen). Er wohnt dort in der Nähe des Zentrums in einem Viertel, das jeweils zu einem Drittel aus entstuckten und plastikbefensterten Gründerzeithäusern, zu einem Drittel aus sanierten Mietskasernen der DDR-Fünfziger und zu einem Drittel Brachland besteht. Die Innenstadt ist wirklich grauenhaft. Die allgegenwärtige Anwesenheit von langgezogenen Plattenbauriegeln vernebelt die Sinne. Die wenigen, meist ruinösen Altbauten, die einem entlang der Hauptstraßen begegnen, sehen ziemlich deplatziert aus; was daran liegt, dass das Straßenraster nach dem Krieg völlig neu angelegt wurde. Entweder stehen die alten Gebäude im Vergleich zur zurückgesetzten Riegelbebauung zu dicht am Straßenrand, weshalb ich mir die Frage stellte, warum man dann nicht auch so konsequent war, den Altbau bei der Neustrukturierung mit abzureißen. Oder der Altbau steht einzeln und verloren viel zu weit aus eben genannten Gründen von der Straße weg.


    Einigermaßen ansprechend fand ich die sog. Stalinbauten, die auch auf den Bildern oben zu sehen sind und richtig toll die Gegend rund um den Hermannplatz, der mit großzügiger Gründerzeitbebauung, jeder Menge Gastronomie und einem buntgemischten Volk viel Großstadtfeeling verspricht...

  • Cowboy:
    Ja klar. Also aus Kassel hätte ich gerne die Dokumenta (wenn die noch wer anders haben will, kann man ja eine Wanderausstellung machen) und das Friderizianum. Die Schlösser Wilhelmshöhe kann wer anders haben, die Orangerie und den Aue-park gebe ich nur ungern her, aber man soll ja Bescheidenheit üben in der Fastenzeit.;)


    Es war ja nicht ganz ernst und objektiv. Braunschweig und Magdeburg pflegen eine relativ enge Beziehung unter anderem eine Städtepartnerschaft. Ich kenne sehr viele Menschen die Magdeburg in den letzten Jahren verlassen haben, und nie wieder zurück wollen weil sie keine Perspektive sehen. Leider gibt es neben meinen Bekannten wie erwähnt ja noch 60.000 andere Menschen, die Magdeburg seit 1990 den Rücken gekehrt haben, erst in den letzten Jahren ist die Stadt ein wenig gewachsen, ob das anhällt kann man nicht anschätzen.
    Die anderen Städte haben alle etwas besonderes das sie attraktiv macht - Kassel die Kultur, Lübeck die geniale Altstadt und das Meer um die Ecke, Aachen eine der besten Hochschulen und relativ spannendes Studentenleben, Berlin ist Berlin, Magdeburg hat das gewisse Nichts. Ich kenne eigentlich kein bekanntes Unternehmen dass dort ansässig ist, höre nicht von Veranstaltungen oder von den besonders glücklichen Einwohnern.


    Die Stalinbauten fand ich fürchtbar, die sehen von der Strasse aus gesehen relativ hübsch aus, aber der öffentliche Raum um die Gebäude hat mir nicht wirklich gefallen - der Raum zwichen den Gebäuden war nicht Park nicht Strasse, die Innenhöfe wurden regelrecht erdrückt von den Gebäuden.
    Am Hermannplatz war ich nicht, aber die eine vom Krieg verschonte Strasse die ich oben erwähnt habe sah wirklich schön aus, nur bin ich da nicht hin gegangen.


    Ben:
    Die Flächen zwischen den Platten habe ich nie gemocht und auch nur annähernd ein Ersatz für einen Park, was du auch nicht gesagt hast sind sie ja auch nicht. Die Parks die ich in GE sehe sind alle eher klein oder Restflächen auch nicht so das wahre, ein Defizit an wirklichen Parkflächen sehe ich auf jeden Fall, was das westliche Elbufer angeht. Die Wallanlagen wurden anfang des 20.Jhdts. geschliffen und zu Parks umgestaltet, um eben dort den Bedarf halbwegs zu decken, diese wurden aber durch die Stadtautobahn überbaut. In Richtung nw gibt es viele Kleingärten, dort war früher ein Gründerzeitviertel, die könnte man gut umgestalten. Den Rest kann man ja immernoch verdichten, aber bei schrumpfender Bevölkerung wirds schwierig.

  • Die anderen Städte haben alle etwas besonderes das sie attraktiv macht - Kassel die Kultur, Lübeck die geniale Altstadt und das Meer um die Ecke, Aachen eine der besten Hochschulen und relativ spannendes Studentenleben, Berlin ist Berlin, Magdeburg hat das gewisse Nichts.


    Nimm's mir nicht übel, aber das ist haltlose "Wessi"-Denke, zumal noch schwammige und rein subjektive Argumente herhalten müssen. Kassel und Lübeck kenne ich einigermaßen gut, und ich finde erstgenannte Stadt weder kulturell herausragend, noch bin ich der Meinung, dass Lübeck eine geniale Altstadt hat. Aber das ist natürlich ebenso eine rein subjektive Einschätzung von mir. Was aber "das gewisse Nichts" angeht, so ist unbestritten, dass es einen berühmten Dom hat, Landeshauptstadt ist, und zudem eine recht erfolgreiche Handballmannschaft beheimatet. Darüber hinaus hat Magdeburg eine nigelnagelneue Universität, an der immerhin über 20000 Studenten studieren. Ich fürchte, dort wird es auch nicht gerade prüde zugehen. Wie gesagt, mir sagt Magdeburg auch absolut nicht zu, aber so schlimm, dass du gleich von "aufgeben" sprichst, ist sie ganz sicher nicht. Und städtebaulich schlimmer als Kassel finde ich sie auch nicht.


    Ich kenne sehr viele Menschen die Magdeburg in den letzten Jahren verlassen haben, und nie wieder zurück wollen weil sie keine Perspektive sehen.


    Die Menschen ziehen nun mal der Arbeit hinterher, was nicht nur demografisch fatale Auswirkungen hat (Stichwort: brain drain). Aus selbigem Grund schrumpfen übrigens seit ein paar Jahren Städte im Ruhrgebiet sowie Hannover und Kassel, während Magdeburg seit ein paar Jahren in der Tat wieder leichte Bevölkerungszuwächse zu verbuchen hat.


    Zum Schluss noch eine Korrektur in eigener Sache. Mit "Hermannplatz" aus # 9 meinte ich den Hasselbachplatz. Den Hermannplatz gibt es in Berlin.

  • Magdeburg war Deutschlands grösster Verlust

    Magdeburg ist verloren, so scheint es.


    So schön wie es am 1944 war (gehörte zu den 10 schönsten Deutsche Grosstädte), so hässslich ist die immer weniger bedeutende "Grosstadt" heute.
    In 1944 gab es 10 kliometer Rundum um Magdeburg auch noch ganz moderne Industrie: mit Kassel, Hannover und Berlin Deutschlands Kern-industriewerk in der Mitte. Heute ist davon wenig noch übrig.


    Die Stadt hat fast wirklich alles was schön war abgebrochen und dafür furchtbare Stalin-bauten und furchtbar hässliche Plattenklotzen gebaut.
    Sogar die Aussenviertel sind heute ein Schatten was sie in 1944 waren.


    Die ausgedehnte hochmoderne Industrie wurde von der Russen abgeschleppt.


    Ulbricht (der Irre) sprengte fast alle Magdeburger Doppeltürmige Kirchen und alle wunderschöne stehen geblieben Gründerzeitler wurden abgeräumt.


    Das Ausstellungs Insel, früher ein wunderbares Trauminsel, heute eine Wüste. Vielen Brücken von der Wehrmacht gesprengt, wurden nicht mehr aufgebaut.


    Ein komplettes Ruinenlandschaft mit hässlichen Fremdkörper entstand auf der Platz einer einst sehr dicht bebauten Metropolen: Deutschlands grösster Verlust seit 1945. Schlimmer dann der verlust Dresdens, das heute wieder Anstrengungen macht um etwas vom alten Glanz zurück zu holen.


    Armes Magdeburg.


    Seitdem ist wenig hoffnungsvolles geschehen. Gründerzeitler die noch da sind mit Plastik Fenster versehen??? Wahnsinn. Kein Wunder das fast niemand mehr Magdeburg besucht. 100.000-den wegzeihen und die wenige Resten von einst erstrangige Metropole zu wenig vorstellen um noch etwas anzuziehen.
    Pläne um 1 Kirche (die Ullrichskirche) zu rekonstruieren? Ein sehr keliner Anfang auf einer langen Weg. Das Justizpalast, eine der schönste Bauten von 1944, wurde nicht mehr rekonstruiert. Einen unpassende Neubau ersetzt die einst sehr attraktibe Eigangspartie. Nicht einmal die Aussenseite (es gab Pläne dafür) wurde rekonstruiert!!!!


    Ich bin in 2005 entlang Magdeburg gefahren, sah der Dom aus der Ferne, aber hatte kein Lust um nur für den Dom und Hasselbachplatz in die Stadt zu fahren.


    Hier soll eigentlich tief eingegriffen werden: abbruch der Fremdkörper und aufbau von fast jedes Haus was da vor 1944 stand. Aber Magdeburg hat heute nicht mehr die einstige 350.000 Einwohner. Positives: also erleichtert das die Wiederaufbau, denn am Anfang braucht nur ein Bruchteil aufgebaut zu werden. Fängt an mit der Innenstadt (100 x 100 meter) und ein Wohnviertel von 100 Wohnhäuser und dann 100 x weiter so bis die Innenstadt wieder da ist. Über 20 oder 30 Jahren hat Magdeburg dann wieder etwas.


    Wer das alles bezahlt??? Ich weiss das nicht, aber notwendig ist es.


    Einiges ist völlig klar: einfach so anfangen und wenn es wieder etwas von Substanz gibt das attraktiv ist kommt der Nachwuchs bestimmt.

  • Es gibt kein Zurück in Magdeburg

    Als nahe Magdeburg Geborener muss ich nun aber doch eine Lanze brechen für diese - wie schon bemerkt - einzigartige Stadt.


    Kommen wir mal zum Thema Einwohnerschwund. Seit 1990 hat die Stadt von ehedem 288.000 Einwohnern 58.000 verloren und hat jetzt 230.000 Einwohner, nachdem die Zahlen in den letzten Jahren wieder gestiegen sind. Zum Vergleich andere ostdeutsche Städte, Eingemeindungen außer acht gelassen, die es so in Magdeburg nicht gab:


    Magdeburg: 288.000 > 230.000 (-58.000)
    Halle: 316.000 > 232.000 (-84.000)
    Dresden: 518.000 > 478.000 (-40.000)
    Chemnitz: 312.000 >233.000 (-79.000)
    Leipzig: 545.000 > 458.000 (-87.000)


    Die wirtschaftliche Entwicklung ist ebenso wenig düster, der alte Maschinenbaukern konnte sich in den letzten Jahren erfolgreich wiederbeleben, ebenso die Logistikbranche dank exzellenter Lage am Wasserstraßenkreuz und an A2 und A14. Ja, und was das Stadtbild angeht - mit der Rekonstruktion der Ulrichskirche wird hier sicher zumindest, wie in Dresden geschehen, das Elbpanorama vervollständigt, aber, wie auch in Dresden, als Kulisse einer gänzlich neuen Stadt. Die Magdeburger sind allerdings pragmatische Menschen und können ihrer einzigartigen, vielfachzerstörten Stadt durchaus Reize abgewinnen, die riesigen Parks (Rotehornpark, Elbauenpark, Herrenkrugpark, Glacisanlagen) sind heute stadtbildprägend.


    Also, ich male nicht so ein düsteres Szenario. Ich finde, Magdeburg konnte seit 1990 seinen 1945 erlittenen Bedeutungsverlust zu großen Teilen wettmachen. Und ist heute, sag einer, was er will, so schön wie seit 64 Jahren nicht. Heißt: Kaum einer der heutigen Bewohner kennt das alte Magdeburg. Das ist besagter Pragmatismus.

  • Hier sollten wir die Diskussion wieder aufnehmen. Vielleicht etwas ruhiger als VeenenbergR.


    Wie wäre es mit einigen Fotos von den Gebäuden rings um den Hasselbachplatz?


































































    Alles eigene Fotos.

  • Die Gründerzeitgebäude rings um den Hasselbachplatz sind fast nur mit Gebäuden aus Wien zu vergleichen, so groß und formenreich sind sie.





























    Einige Gebäude zeigen noch die Farben des Sozialismus.



































    In Richtung Dom findet man das Magdeburger Theater.















    Umgeben von sanierten Gründerzeitgebäuden.


























    Alles eigene Fotos.

    Einmal editiert, zuletzt von Stahlbauer () aus folgendem Grund: Fehler


  • Das Gebiet um den Hasselbachplatz ist nur ein kleiner Teil von Magdeburg. Hier gibt es Gelegenheit auch die anderen Stadtteile vorzustellen.:D







    Vor einigen Jahren wurde in der Nähe des Magdeburger Doms die Grüne Zitadelle nach Entwürfen des Architekten Friedensreich Hundertwasser errichtet.







































































































    Alles eigene Fotos.

    2 Mal editiert, zuletzt von Stahlbauer () aus folgendem Grund: Fehler behoben

  • Endlich Bilder aus Magdeburg. :D Ich muss ehrlich sagen, dass da einiges gar nicht mal so schlecht aussieht. Vielleicht ist man da als Rheinländer aber auch schlimmeres gewohnt.

  • Aufgeben?!

    Ich denke auch nicht, dass man eine Stadt wie Magdeburg, Kassel, Lübeck und die anderen hier genannten aufgeben sollte. Diese haben allesamt, zumindest historisch gesehen, zu viel Bedeutung. Übrigens, so hässlich Kassel in der Innenstadt auch sein Mag, an Fulda und in Richtung Wilhelmshöhe sieht es wirklich ganz anders aus.
    Aber zurück zum Aufgeben. Dass ist ja nicht einfach eine verrückte Idee, sondern etwas, womit man sich in Deutschland in den kommenden 50 Jahren wohl auseinander setzen muss. Die Bevölkerung schrumpft und viele Städte sind besonders vom Schwund betroffen. Besonders Kleinstädte, in Ost und in West. Gerade im Ruhrgebiet, gibt es viele kleinere Städte und Siedlungen, die nur entstanden, weil gerade eine Zeche um die Ecke war. In diesen wohnen heute nur noch ein paar Menschen und insgesamt ist die Stimmung und die Lebensqualität dort furchtbar. Vororte der größeren Städte, aber dennoch zu weit Weg um dazu zugehören, im praktischen Alltagsleben.
    Vl. muss man, oder vl. ist es auch sinnvoll solche Städte und Siedlungen "aufzugeben". Man ließt auch immer wieder von Dörfern gerade in Brandenburg oder Meckpom, die dieses Schicksal bereits erlebt haben, weil mitlerweile alle weggezogen, oder gestorben sind. So etwas lässt sich nicht verhindern. Die Frage ist wie man damit umgehen sollte. Geregeltes aufgeben der Orte, oder ausbluten lassen? Nach und nach Teile der Städte abreissen, städtische Mondlandschaften schaffen, damit das Ausbluten beschleunigen, oder ... ?