Stadtschloss Berlin: Der Thread für den Wiederaufbau

  • ... Wenn schon nicht hier, wo soll man denn dann noch eine gepflegte Grünfläche mit gärtnerischem Anspruch, Wasserspiel usw. einrichten können, ohne Angst haben zu müssen, dass die keine Nacht übersteht? ...


    Oh, zum Beispiel auf dem RF und MEF.:cool:
    Aber das ist eine andere Geschichte.


    Die Thematik des Vandalismus haben wir schon breitest erörtert vor ca. 2 Jahren.

  • Der Zustand der Kaiserzeit ist ja gar nicht mehr darstellbar, weil sich die Menschen geändert haben. Eine Gestaltung mit derart aufwändig gestalteten Grünanlagen überlebte im heutigen Berlin keinen Monat mehr, soviel Disziplin ist nicht mehr vorhanden. Das würde nur mit einer Herrschar von Parkwächtern funktionieren, die Handfeuerwaffen tragen.


    Gegen akute Anfälle von Alleswirdimmerschlimmeritis habe ich zwei Empfehlungen:


    a) Zeichnungen und Fotografien von Heinrich Zille, denen unschwer zu entnehmen ist, das Berlin um 1900 zumindest nicht ausschließlich aus wohlgekleideten Großbürgern und Adligen bestand, die manierlich zwischen Blumenbeeten promenierten und dem Kaiser für ihren Wohlstand dankten. Es gab auch den einen oder anderen Arbeiter. Und Gauner. Und Huren. Und verfallene Gebäude. Bzw. heruntergekommene Stadtviertel.
    b) Einen Vergleich der Kriminalstatistiken von, sagen wir, 1910 und 2010. Wie hat sich die Wahrscheinlichkeit verändert, in Berlin Opfer eines Gewaltverbrechens zu werden? Ohne gerade Zahlen parat zu haben, bin ich mir völlig sicher: Sie ist heute wesentlich geringer als damals.


    Also bitte die Marienkirche auf dem Rathausforum lassen: Das Hauptproblem der Berliner Grünanlagen ist, dass sie von der Stadt nicht gepflegt werden – nicht geschnitten, nicht gejätet, nicht gegossen. Wo es eine Pflege gibt (zum Beispiel im Tiergarten) ist alles schick – selbst auf der gärtnerisch sehr anspruchsvollen Luiseninsel. Und für den wüsten Eindruck zwischen Brandenburger Tor und MEF scheinen mir in erster Linie die Unmengen an Baustellen verantwortlich zu sein. Hundertschaften, die des Nachts Jagd auf Baumpinkler machen, werden dieses Problem sicher nicht lösen.

  • Ich will noch auf einen Gastbeitrag von Hermann Parzinger hinweisen, der sich mit dem Konzept des Humboldtforums beschäftigt.
    Demzufolge soll in dem Gebäude das shared-heritage-Konzept verwirklicht werden. Ausstellungsstücke sollen nicht nur gezeigt werden, sondern auch es soll auch ihr Werdegang beschrieben werden. Außerdem wird eine Multiperspektivität angestrebt. Es soll nicht nur unsere Sicht auf die Ausstellungsstücke, sondern auch die Sichtweise der Herkunftsländer dargestellt werden. Auf diese Weise soll der Dialog zwischen den Völkern und Kulturen gefördert werden.


    http://www.berliner-zeitung.de…kt,24905948,30917178.html


    Da mittlerweile die baulichen Formen feststehen, rücken jetzt offenbar die inhaltlichen Fragen in den Mittelpunkt der Diskussion. Ich denke, dass wir darüber in den nächsten Jahren noch eine spannende Diskussion erleben werden.

  • Architektenkind
    Konstantin sprach doch gar nicht von Verbrechen allgemein wie du sie beschreibst sondern spezifisch von Vandalismus. Bei Raub etc bin ich mit dir einer Meinung, aber Vandalismus hat nun mal seine Blüte in unserer Zeit.

  • @Rheinland: Dieser Gedanke stammt aus den 60ern und ist bereits überholt. In Berlin gab es zu der Zeit teilweise genau so einen Rückbau von Straßen. Aber ich finde es gut, dass in Berlin nicht so ein kurz denkender Aktionismus geherrscht hat wie andernorts. So wurden zum Glück nicht immer die neuesten Erkenntnisse umgesetzt. Stattdessen hat Berlin seit Jahrzehnten ein und die selbe Straßenbauverordnung. Als das in West-Berlin verbaute kleinteilige Pflaster auf Bürgersteigen in den 70ern nicht mehr modisch war und der Trend zu größeren Bürgersteigplatten ging blieb Berlin standhaft und hat nicht bei jedem neuen Trend mitgemacht. Auch dadurch haben wir heute ein homogenes Straßenpflaster (außer in Teilen des ehemaligen Ostens) mit einem einheitlichen Straßenbild.


    Meiner Meinung nach sollte das neue Stadtschloss ein Solitär bleiben und nicht von Beeten usw. eingerahmt werden, weil es sonst an Monumentalität verlieren würde.

  • Meiner Meinung nach sollte das neue Stadtschloss ein Solitär bleiben und nicht von Beeten usw. eingerahmt werden, weil es sonst an Monumentalität verlieren würde.


    Die richtigere Formulierung wäre "ein Solitär werden".


    Denn das historische Stadtschloss war niemals ein Solitär, noch ist das neue Stadtschloss/H.-Forum als solcher gedacht.


    Das H.-Forum ist als eine Fortsetzung der Museumsinsel gedacht und gehört in der Planung mit zu diesem gesamten Ensemble.


    Somit gibt es dabei logischerweise schonmal eine Gemeinsamkeit mit der historischen Situation.


    Nun geht es allerdings darum diesen Fakt bei der Umsetzung der Umfeldgestaltung auch zu berücksichtigen, oder besser gesagt nicht zu ignorieren.


    Der Lustgarten endet nun eben nicht an der Durchgangsstraße von Liebknecht-Str. und Unter den Linden sondern am Schloss.
    Demnach kann an diesem Ort nichts für sich selber stehen und muß in seiner Gesamtheit betrachtet/gestaltet werden.


    Was liegt da näher, wenn die historischen Gebäude noch alle vorhanden sind bzw. mit dem Schloss/Forum (gemeint ist die relevante Nordfassade) wiedererstehen auch das historische Umfeld dementsprechend wieder zu errichten.


    Die Anlage der modernen Museumsinsel beginnt in nächster Zukunft südlich vom Schloss/Forum auf dem eigentlichen Schlossplatz.


    Um eine würdige Eingangssituation zu bilden ist auch die weitgehend historische Wiederherstellung des Schlossplatzes unerlässlich, dazu gehört dann u.a. wenigstens der Schlossbrunnen.


    Für Solitäre (mit welcher kulturellen Bestimmung auch immer) gibt es das Kulturforum im Tiergarten.



    Gruß, Jockel

  • @ Jockel


    Sag' ich doch, Das Umfeld beachten. Also den Lustgarten gestalterisch bis vor das Stadtschloss verlängern, das würde in Anbetracht einer Einbindung des Schlosses und auch gestalterisch Sinn machen.

  • ^
    Ich weiß natürlich daß du das im Ergebnis etwas anders meinst als ich, aber der Grundsatz bzw. Sinn des Lustgartens ist selbstverständlich richtig. ;)



    Gruß, Jockel

  • Die richtigere Formulierung wäre "ein Solitär werden".


    Denn das historische Stadtschloss war niemals ein Solitär, noch ist das neue Stadtschloss/H.-Forum als solcher gedacht.


    Nein, die Formulierung war schon richtig.
    Das NEUE Stadtschloss ist ein Solitär und sollte ein Solitär bleiben.


    Es war zu befürchten, dass wenn man drei historisierende Fassaden am neuen Humboldt-Forum zulässt, die Leute empor kommen und auch noch eine historisierende Platzgestaltung wollen.

  • Du magst das befürchten, ich hingegen erhoffe das!


    Die aktuell vorgesehene Steinwüste ist das, was ich als eine massive Entwertung des bislang Errungenen betrachte.
    Im Zusammenhang mit der Reko der Schlossfassade ist fälschlicher Weise oft von "nachempfunden" und "historisierend" geschwafelt worden.
    Nein: Die Fassade ist eine zentimeter genaue Rekonstruktion!
    Außerdem ist es massiv ahistorisch, die Schmuckteile der direkten Außenanlagen wie die Rossebändiger, die Adlersäule und den Neptunbrunnen NICHT an ihre angestammten Plätze zurück zu holen.


    Für die das Schloss umgebenden Terrassen würde ich sogar wieder spenden.

  • Umgestaltung des Lustgartens

    Der Lustgarten bildet zusammen mit dem Stadtschloss, dem Dom und dem Alten Museum eine räumliche Einheit. Sein derzeitiger Zustand wird spätestens nach der Vollendung des Humboldt-Forums und des Masterplans Museumsinsel der Bedeutung des Ortes nicht mehr gerecht werden. Angesichts dessen sollte man neben dem Schlossumfeld auch diesen Freiraum nach historischem Vorbild umgestalten.


    Früher war der Lustgarten eine gärtnerische Schmuckanlage, in deren Zentrum sich ein prächtiges Reiterstandbild Friedrich Wilhelms III. von Albert Wolff erhob. Den vorderen Bereich zierten zwei Fontänen, den hinteren wie heute die Granitschale von Christian Gottlieb Cantian.


    Blick zum Alten Museum:

    Quelle: Library of Congress, gemeinfrei


    Blick zum Stadtschloss:

    Quelle: Library of Congress, gemeinfrei

  • …Schon interessant wie jetzt die Propagandamaschinierie für eine historische Umgestaltung des Lustgartens anfängt auf Hochtouren zu laufen…


    Wie gesagt der Lustgarten ist erst vor einigen Jahren in den schönen Zustand versetzt worden, der Alt mit Neu hervorragend verbindet. Ich denke nicht, dass irgendjemand und speziell nicht in Berlin dafür noch Steuergelder locker macht. Wozu eine gute Gartenanlage nach einigen Jahren wieder zerstören zumal da sie von der Bevölkerung und ihren Gästen gut angenommen wird ?
    Ich denke die Schlossbefürworter sollten sich jetzt erstmal an ihren barocken Fassaden erfreuen die sie bekommen und nicht gleich wieder anfangen neue Maximalforderungen aufzutürmen.
    Eine Neugestaltung des Lustgartens steht meines Wissens auch garnicht zur Debatte.

  • Ich kann mich irren, aber ich habe zumindest im Ohr, dass man die aktuelle Lustgartengestaltung seinerzeit ausdrücklich als Interim begründete, in der von Camondo bereits in anderem Zusammenhang genannten Absicht, einen Übergang zu umgebenden Stadträumen zu schaffen, die eben nicht dem preußischen Berlin entstammen, sondern (PdR) der Nachkriegszeit. So wurde es mir aus zweiter Hand berichtet.


    Diese "Scharnierfunktion" (das war, glaube ich, die benutzte Vokabel) ist nun nicht mehr nötig, es wird wieder die historische Schlossfassade geben.


    In Zukunft wird es eine große Freifläche zwischen Barockfassade des Stadtschloss sowie den historischen Fassaden des Dom, Altes Museum sowie (nur durch den kleinen Kupfergraben getrennt) Zeughaus und Kommandatur geben - selbst die Schlossbrücke über den Kupfergraben hat wieder ihr historisches Aussehen. Dazu gibt es noch Fragmente des historischen Lustgartens, wie die Granitschale.


    Nichts liegt in dieser Gemengelage näher, als das aufgezählte Ensemble dadurch zu vollenden und abzurunden, indem die in dessen Zentrum gelegene Fläche auch wieder historisch oder zumindest nah am historischen Vorbild gestaltet wird.


    Aber wieso einfach, naheliegend, plausibel wenn es auch von hinten durch die Brust ins Auge geht und ganz furchtbar komplitziert und unpassend..natürlich muss die Freiflächengestaltung vor dem Stadtschloss, auf der Lustgartenseite, in irgend einer Form mit dem Lustgarten korrespondieren, der davon nur durch eine schmale Straße getrennt ist. Und daher stelllt sich diese Frage. Mit einer Maximalforderung hat dies in meinen Augen nichts zu tun, viel eher dürfte der nun angedachte Kompromiss zum Dauerzustand werden, sobald er erst umgesetzt wurde (nichts hält sich in Berlin länger, als kurzfristige Provisorien).

  • @Architektator


    die aktuelle Anlage bezieht sich aber auf die Zeitschicht vor Ihrem Gründerzeitbild, da wurde die Anlage von Lenné geplant.


    Diese Variante, und damit auch den heutigen Zustand, halte ich für sinnvoller, da dadurch die Sichtachse "Altes Museum - Schloss"(wie von Schinkel geplant) nicht zerstört wird.


    Das Reiterstandbild mag an sich interessant sein, war damals aber fehlplaziert, da mitten in der Achse und somit den freien Blick aufs Schloss verstellend.



    Ausserdem haben sich unsere Nutzungsansprüche an Grünanlagen geändert. Heute trägt keiner mehr steife Kleider und Anzüge, sondern setzt sich auch gern einmal ins Gras. Dies übrigens auch in allen berühmten Parks in Paris und London.

  • Ich glaube keiner hat speziell das Reiterstandbild ersehnt. Es geht um die Gestaltung, den Stil wenn du so willst. Wenn man in diesem Stil ganz anders gestalten kann, gerne. Nur empfinde ich das, was aktuell auf der Lustgartenseite als Freiflächengestaltung geplant ist in Kombination mit dem aktuellen Lustgarten als Stilbruch.


    Im Übrigen sind die beliebtesten und zu jeder Tageszeit gut besuchten (um freie Plätze auf Sitzbänken muss man häufig warten, usw.) Grünflächen Berlins jene, die noch gründerzeitlich gestaltet sind. Mit diesen alten, gemütlichen Bänken mit geschwungenen Sitzflächen aus Holz und gußeisernem Unterbau, mit gepflegten Blumen, Wasserflächen mit Enten, plätscherndem Wasserspiel. Hier, wie auch in anderen Metropolen. Wer hingegen auf Grünflächen am liebsten seinen Einweggrill und Dosenbier auspacken möchte, der hat genug andere Möglichkeiten, man muss es nicht jedem an jeder Stelle recht machen.

  • ... Wer hingegen auf Grünflächen am liebsten seinen Einweggrill und Dosenbier auspacken möchte, der hat genug andere Möglichkeiten, man muss es nicht jedem an jeder Stelle recht machen.


    Sowas was du beschreibst gibt es nicht im Lustgarten. :nono:


    Vielleicht mal wieder vorbeigehen und sich auf den Rasen setzen und nicht soviel in alten Fotobüchern schmökern. Das Leben findet draussen statt, gerade für Leute Deiner Altersgruppe.

  • Sowas was du beschreibst gibt es nicht im Lustgarten. :nono:


    Eben. Und deswegen muss es nicht auch eine möglichst große Rasenfläche geben. Liest du überhaupt den Kontext, mit vorhergehenden Posts? sebiart zweifelte an, dass der vergleichsweise moderate Anteil von Rasenflächen der historischen Lustgartengestaltung mit heutigen Nutzungsansprüchen an Grünanlagen inkompatibel wäre, weil man sich ja mal gerne in das Gras setzen würde.


    Und ich weiss nicht wie es anderen geht, aber ich setze mich eigentlich nur dann ins Gras, wenn ich keine gemütliche Bank an der Stelle vorfinde, wo ich mich niederlassen möchte. Mehr Notlösung als erste Wahl also.


    In München wurde vor wenigen Jahren der kleine Gärtnerplatz umgestaltet, nicht als "Rekonstruktion" aber doch nach klassischer Parkgestaltung:


    http://de.wikipedia.org/wiki/G…tnerplatz_vom_Theater.jpg


    In dem Stil muss das auch bei den Freiflächen auf der Lustgartenseite möglich sein (und seht ihr's? Auf dem Foto sind die gemütlich aussehenden Sitzbänke alle gut besetzt während keiner auf dem ebenfalls vorhandenen Rasen sitzt).

  • ...Da bin jetzt aber froh, dass ich in Berlin und im Lustgarten und nicht in München bin. Hier gibt es Bänke am Rand sehr bequem im übrigen fast schon Liegen, für die die nicht auf dem Rasen sitzen möchten. Und es ist nicht verboten ebenso auf dem Rasen zu sitzen. Mach doch dein Verhalten nicht zur Blaupause für alle.

  • Definition Lustgarten:


    parkähnlich angelegter Garten, der zur Erholung dient (Quelle: http://de.wiktionary.org/wiki/Lustgarten)


    lustgarten, m. garten zur lust angelegt (gegensatz nutzgarten) (Quele: Lfg. 7 (1881), Bd. VI (1885), Sp. 1336, Z. 9)


    parkartiger Garten (Quelle: http://www.duden.de/rechtschreibung/Lustgarten)



    Ein Lustgarten definiert sich u. a. in seiner Verschiedenheit von einem Park (eben nur "parkähnlich"), sowie dadurch, dass er eben als Garten angelegt ist - als Garten "der zur Erholung dient".


    Wo wird der aktuelle "Lustgarten" seinem Namen denn gerecht? Graue Wege und Rasen, paar Bäumchen am Rande. Also ein Park und gerade kein "Lustgarten". Ein Garten ist gärtnerisch (!) gestaltet, hat verschiedene Blickbeziehungen, Nischen.

  • oh du liebe Güte ich brauche doch keine Definition für einen Lustgarten.


    Lebst du eigentlich noch?


    Ich glaube wir haben wie schon beim Geschmack auch eine völlig andere Vorstellung von Lust.


    Soll's geben mach dir nicht's draus.