Kulturforum

  • Warum nicht? Die Geschichte hat die Bewertung gewisser Figuren im Nachhinein oft verändert. Wenngleich auch Attila Hildmann mit Sicherheit die falsche Assoziation ist.

  • Nun, wenn die NN als Tankstelle herhalten muss, dann hat man sicherlich auch nichts dagegen, wenn man das Humboldt Forum Schlossattrappe nennen würde. So verstehe ich diesen Diskurs.

  • Nun, wenn die NN als Tankstelle herhalten muss, dann hat man sicherlich auch nichts dagegen, wenn man das Humboldt Forum Schlossattrappe nennen würde. So verstehe ich diesen Diskurs.

    Na ja, das Humboldtforum ist ja letztendlich eine Schlossattrappe, aber die Neue Nationalgalerie ist natürlich keine Tankstellenattrappe

  • Mich stört der Vergleich mit einer Tankstelle oder einer Aldifiliale nicht besonders, die Assoziation ist ja absolut nachvollziehbar.

    Allerdings denke ich dass - ähnlich wie beim Bauhaus - es bei mancher moderner Architektur darum geht, Funktionalität so zu betonen, dass daraus eine eigene Ästhetik entsteht. Das Reduzieren auf und die Betonung des Notwendigen - so dargestellt wie bei der NN - mag Dir dann als banal erscheinen oder als Taschenspielertrick - aber das ist es nicht.


    Mich stört weniger daran, dass viele Menschen mit mancher Architektur nichts anfangen können, ästhetisches Empfinden ist unterschiedlich, bzw. jeder wird anders geprägt und erzogen.

    Was allerdings immer wieder festzustellen ist, ist diese Ablehnung, Herabwürdigung und unglaubliche Emotionalität die hier immer zum Vorschein kommt.

    Ich finde es auch interessant 'wenn Du Dich verschaukelst und herabgewürdigt fühlst' und die üblichen Claqueure angesichts dieser Bekenntnisse sich grandios verstanden fühlen.

    Ich denke, wenn Vorstellungen darüber was ästhetisch ist, was bedeutende Architektur ausmacht, so eindeutig festgelegt und unverrückbar sind, dann wird Alles, was dem nicht entspricht abgelehnt, das ist nachvollziehbar.


    Wenn man dann allerdings feststellt, dass die eigenen Vorstellungen nicht mehr von den meisten geteilt werden, wenn sich mehr und mehr eine Verschiebung oder Erweiterung darüber, was bedeutende oder gute Architektur ausmacht die öffentliche Meinung bestimmt, dann glaube ich wird das eigene Wertesystem in Frage gestellt und das wird als Bedrohung wahrgenommen und dann entsteht eben diese Emotionalität.


    Wenn man immer wieder betont und sich selbst einredet, es geht nur um Geschmacksfragen, dann macht man sich was vor.

  • Llewelyn Deinen Standpunkt kann ich ehrlich gesagt nur teilweise nachvollziehen, denn die relativierenden Argumente lassen sich mE nahezu beliebig auf jedes Bauwerk anwenden. Natürlich setzen auch Stonehenge, griechische Tempel, Obelisken oder ägyptische Pyramiden die entsprechenden baustatistischen und technischen Grundlagen sowie im Handwerk geschulte Kräfte unbedingt voraus. Und auch hier haben wir im Grunde meist ganz einfache geometrische Formen und Proportionen. Spätestens nachdem die ersten Vorlagen existierten, wurden zudem primär ähnliche Varianten geschaffen. Und doch waren diese Bauten teilweise stilprägend für zwei antike Weltreiche und dienten auch noch Jahrtausende später als Vorbilder für bedeutende Bauwerke. Bis heute gelten sie (auch bei mir) als erhaben und schön.


    Die Neue Nationalgalerie tat wie Du ausführst exakt das Gleiche: Es wurden die technischen Mittel der Zeit sowie das Wissen um Proportionen und ästhetisches Empfinden genutzt, um mit klaren, einfachen geometrischen Formen ein in Deinen eigenen Worten "schickes" und ästhetisch ansprechendes Bauwerk zu schaffen.


    Ein großer rundum verglaster Innenraum unter einem scheinbar frei schwebenden Dach war damals zudem spektakulär und ich sehe auch diverse Unterschiede zur heutigen Tankstelle. Das gilt vor allem für die Dimensionen: Es macht schon einen Unterschied, ob man ein paar Dutzend Quadratmeter frei schwebende Decke zwischen vergleichsweise recht eng zusammenliegenden Säulen hat oder aber gleich hunderte Quadratmeter in deutlich größerer Höhe. Ich finde es zudem auch nicht trivial, dass die Neue Nationalgalerie einen INNENRaum durch diese schwebende Decke und die riesigen Fenster fast wie einen großen, freien Außenraum wirken lässt, der sich maximal flexibel bespielen lässt. Die subjektive Bewertung bleibt wohl Geschmackssache aber das teils wütende Negieren jeglicher gestalterischer Leistung kann ich nicht so ganz nachvollziehen.

  • @ Llewelyn:

    Ich sehe einen Widerspruch in Deiner Argumentation: Wenn Du mit Deiner Prämisse von der "prinzipielle[n] (!) Ähnlichkeit zwischen der Neuen Nationalgalerie und einer Tankstelle der abgebildeten Art" recht hast, dann spricht doch gerade dieses Beispiel gegen die Behauptung der modernen Architektur als "ein Elitenprojekt". Oder sind Tankstellen in Deinen Augen auch elitär?

  • Nun, wenn die NN als Tankstelle herhalten muss, dann hat man sicherlich auch nichts dagegen, wenn man das Humboldt Forum Schlossattrappe nennen würde.

    Nein, nein, das siehst Du ganz falsch. Das Humboldtforum ist (mit Ausnahme der Ostfassade) objektiv wunderbar und über jede Debatte erhaben. Die Neue Nationalgalerie ist objektiv eine tankenstellenartige Banalität. Wenn Du das anders siehst, bist Du ein intellektueller Covidiot und Klimaleugner und würdigst außerdem Llewelyn herab. Klar soweit?


    Sorry, Llewelyn , aber ich bin sauer. Du trittst eine ganze Architekturepoche ohne jeden Unterschied in den Orkus und setzt Leute, die was mit ihr anfangen können, mit Verschwörungsspinnern gleich. Soll ich jetzt damit anfangen, dass ich bestuckte Gründerzeitler zwar schick finde, mit ihrem immergleichen Backsteinkisten-Aufbau und ihren Schmuckelementen aus Massenproduktion aber auch banal? Soll ich Dir erklären, dass z.B. Scharouns Philharmonie alles andere als banal ist, sondern ungeheuer komplex und ästhetisch von der größten Form bis ins kleinste Detail durchdacht? Oder dass mich Mies van der Rohes Pavillon in Barcelona schlicht ergriffen hat, als ich ihn das erste Mal sah - ganz ohne, dass mich jemand in etwas "hineinreden" musste oder ich mich "wissend" und "aufgeklärt" fühlen wollte? (Ich war 17 und hatte von Architektur-Theorie keine Ahnung.)


    Ich bin hier wirklich der Letzte, der ein Entweder-Oder aufmacht. Ich bin ein großer Fan barocker oder klassizistischer Architektur, und die klassische, eruopäische Stadt ziehe ich dem Städtebau der Moderne allemal vor. Wenn mir aber jemand erklären will, dass ich offensichtlich verblendet sei, weil ich Meisterwerke der Moderne als Meisterwerke würdige - dann werde ich fuchsig.

  • Mich stört der Vergleich mit einer Tankstelle oder einer Aldifiliale nicht besonders, die Assoziation ist ja absolut nachvollziehbar.

    Allerdings denke ich dass - ähnlich wie beim Bauhaus - es bei mancher moderner Architektur darum geht, Funktionalität so zu betonen, dass daraus eine eigene Ästhetik entsteht. Das Reduzieren auf und die Betonung des Notwendigen - so dargestellt wie bei der NN - mag Dir dann als banal erscheinen oder als Taschenspielertrick - aber das ist es nicht.

    Als Taschenspielertrick empfinde ich die NN nicht, allerdings als banal. "Banal" hat eine abwertende Konnotation, die aber hier nicht gemeint ist. Ich finde die NN so "banal" wie einen gewöhnlichen Tisch. Ein Tisch kann mir, wenn er z.B. aus einem schönem Holz gebaut wurde, so gut gefallen wie mir die NN gut gefällt, ich halte aber weder den Tisch noch die NN für eine besondere ästhetische Leistung. Wenn der Tisch zum ersten Mal mit einem bestimmten Material oder einem bestimmten Verfahren gefertigt wurde, kann man das würdigen (und gerne auch in einem Museum ausstellen), dadurch wird aber die Ästhetik immer noch keine besondere Leistung. Wenn Adolf Loos 1909 ein für die damalige Zeit sehr reduziertes Haus entwirft, das absehbarerweise zum Skandal wird, dann ist das jenseit jeder ästhetischen Vorlieben zumindest mutig. Die NN war aber 1968 sicher nicht mehr mutig. Das war vielleicht noch das Seagram Buidling 1958.


    Was allerdings immer wieder festzustellen ist, ist diese Ablehnung, Herabwürdigung und unglaubliche Emotionalität die hier immer zum Vorschein kommt.

    Aber die ist doch vor allem Reaktion. Reaktion auf eine Szene, die Banalitäten wortreich zu Meisterleistungen hochstilisiert und traditionelle Bauformen, die nun mal den meisten Menschen gefallen, marginalisiert bis verachtet. Das gibt es so in keinem anderen Kunsthandwerk oder Gewerbe, denn im Gegensatz zur Architektur muss jeder "Produzent" (sei es von Entwürfen oder von konkreten Produkten) sein Produkt direkt an den Konsumenten verkaufen, das Produkt muss also dem Konsumentem gefallen. In der Architektur ist jeder Passant zwangsweise Konsument, dessen Geschmack wird aber nicht (angemessen) berücksichtigt oder für voll genommen. Und wenn sich dann Menschen mehr oder weniger aus Notwehr für Rekonstruktion einsetzen, werden sie als Gestrig dargestellt.


    Das Ganze ist so, als wenn man jeden Tag Hering mit Vanillesauce essen muss, irgendwann aufbegehrt und nach Spätzle, Kohlroulade oder einer Gemüsepfanne verlangt und dann als ungebildet oder rückschrittlich belächelt wird. Selbst in Sternerestaurants, die gerne mit ungewöhnlichen Kombinationen experimentieren, muss es dem Gast schmecken. Kein Sternekoch würde jemals auf seine Gäse herabblicken, wenn diese bestimmte Kreationen nicht goutieren. Jeder soll essen / konsumieren können, was er möchte, aber da man Architektur zwangsweise konsumieren muss, ist hier besonders stark (also nicht immer!) darauf zu achten, dass es den durchschnittlichen Menschen gefällt.

  • Sorry, Llewelyn , aber ich bin sauer. Du trittst eine ganze Architekturepoche ohne jeden Unterschied in den Orkus

    Nein, das tue ich nicht, ich habe die NN explizit als gelungen bezeichnet.


    Es geht bei Architektur letzlich nicht darum, was Du oder ich als schick empfinde oder was innovativ ist oder nicht, sondern was der Mehrheit gefällt. Architektur ist nun mal zwangsläufig ein öffentliches Gut, daher fordere ich, dass es auch der Öffentlichkeit gefallen muss. Gerne mit gelegentlichen Ausnahmen, nur ist es heute eben umgekehrt: Die meisten modernen Gebäude gefallen den meisten nicht, mit gelegentlichen Ausnahmen.

  • @ Llewelyn:

    Ich sehe einen Widerspruch in Deiner Argumentation: Wenn Du mit Deiner Prämisse von der "prinzipielle[n] (!) Ähnlichkeit zwischen der Neuen Nationalgalerie und einer Tankstelle der abgebildeten Art" recht hast, dann spricht doch gerade dieses Beispiel gegen die Behauptung der modernen Architektur als "ein Elitenprojekt". Oder sind Tankstellen in Deinen Augen auch elitär?

    Nein, sie werden aber nicht als ästhetische Meisterleistung gepriesen. (Das trifft vielleicht auf die weiter oben erwähnten Art Deco-Tankstellen zu, aber gegen Art Deco habe ich ja gerade nichts).

  • Die Neue Nationalgalerie tat wie Du ausführst exakt das Gleiche: Es wurden die technischen Mittel der Zeit sowie das Wissen um Proportionen und ästhetisches Empfinden genutzt, um mit klaren, einfachen geometrischen Formen ein in Deinen eigenen Worten "schickes" und ästhetisch ansprechendes Bauwerk zu schaffen.

    Richtig, aber die technischen Mittel sind, wie ausgeführt, keine Leistung des Architekten, sondern der Ingenieure und Metallurgen, und das Wissen um Proportionen ist Erstsemester-Wissen. Kein Grund, um die NN zu verurteilen, aber auch kein Grund, sie als ästhetische Meisterleistung zu betrachten. Ästhetisch ist die NN ein "banales" Stück Architektur, das mir gefällt.

  • ^^ Dass Gebäude von Mies van der Rohe als Meisterwerke gepriesen werden und Tankstellen nicht, ist leicht erklärbar: Letztere können keine Originalität oder Innovativität für sich beanspruchen. Wenn Einstein die Formel E = mc² aufstellt und ich nun auch die identische Formel E = mc² dann sind beide Formeln nicht nur ähnlich, sondern identisch. Und dennoch wird nur Einstein als Genie angesehen – und ich nicht.

  • Ich finde die NN so "banal" wie einen gewöhnlichen Tisch. Ein Tisch kann mir, wenn er z.B. aus einem schönem Holz gebaut wurde, so gut gefallen wie mir die NN gut gefällt, ich halte aber weder den Tisch noch die NN für eine besondere ästhetische Leistung.


    Das gibt es so in keinem anderen Kunsthandwerk oder Gewerbe, denn im Gegensatz zur Architektur muss jeder "Produzent" (sei es von Entwürfen oder von konkreten Produkten) sein Produkt direkt an den Konsumenten verkaufen, das Produkt muss also dem Konsumentem gefallen. In der Architektur ist jeder Passant zwangsweise Konsument, dessen Geschmack wird aber nicht (angemessen) berücksichtigt oder für voll genommen. Und wenn sich dann Menschen mehr oder weniger aus Notwehr für Rekonstruktion einsetzen, werden sie als Gestrig dargestellt.

    Ich glaube, Du sprichst reduzierter, funktionaler Ästhetik hiermit zumindest unbeabsichtigt ab, dass sie eine Meisterleistung darstellen kann oder echte ästhetische Empfindungen auslösen kann.


    Deine Bezüge zum Design finde ich in dem Zusammenhang interessant. Welche Elektronikmarke wird denn heutzutage u.a. aus Designgründen besonders gehypt (von der Masse, nicht nur von Eliten)? Nostalgie-Geräte sind dagegen eine kleine Nische und beinhalten dann auch bereits moderne kastige Geräte wie den Sony Walkman oder frühe Nintendokonsolen. Ähnlich bei Möbeln, obwohl ein bisschen Patina, Schnörkel im Holz oder auch Metallbeschläge nicht gerade die Welt kosten. Wenn das die breite Masse so wollte, würde es auch so produziert. Auch bei Autos gelten kastige Modelle wie ein Golf 1 oder Mercedes 190 inzwischen ebenso als Klassiker wie zuvor Käfer oder Porsche 356. Und der VW Bulli war ja schon immer ein quaderförmiger Kasten, der inzwischen absoluten Kultstatus genießt. Und auch bei Privathäusern durchaus wohlhabender Menschen gibt es genügend, die sich völlig freiwillig moderne Würfel mit riesigen Fenstern hinstellen. Eine Kostenfrage ist es in diesen Fällen wohl kaum.


    Wem so etwas gefällt, der hat einfach einen anderen Sinn für Ästhetik aber nicht automatisch einen fehlenden bzw. pervertierten. Ähnlich wie Architektenkind kann ich mich ja auch für traditionellere Architektur begeistern, so wie ich auch viele lieblos produzierte moderne Bauten ablehne. Aber die Neue Nationalgalerie halte ich für einen positiv herausragenden Vertreter der (Klassischen) Moderne und laut Wikipedia bin ich da auch nicht allein mit der Bewertung.

  • Ich denke der hier gezogene Vergleich zu hildmann träfe mich hart sofern man ihn denn ernsthaft ziehen möchte. Das Absolute und menschenverachtende hält wohl noch am ehesten le corbusier als van der Rohe stand 😉


    Ich habe das Gefühl man verzettelt sich mit seinen Rundumschlägen hier.


    Ja die Architektur die sich als modern versteht sieht sich in der Tradition der einstigen Avantgarde - das war natürlich elitär im besten Sinne.

    Aus dem Selbstverständnis als Ende aller Irrwege und Entwicklungen wird eine Annäherung an tradierten Bauauffassungen und deren weiterhin geltende gesellschaftliche Relevanz bis heute in Abrede gestellt.

    Gerade städtebaulich und stadtgestalterisch hat das bis heute gravierende Konsequenzen die bei Bevölkerungsteilen einen gewissen Leidensdruck und gesellschaftliches Ungemach generieren.


    Wer die komplette Loslösung von der Vormoderne nicht akzeptiert und in Zweifel zieht gilt in Feuilletons, Hochschulen und Fachzeitschriften als rückschrittlich, unbedarft und ohne intellektuelle Reife.

    Das ist Elitär im schlechtesten Sinne.


    Ich denke jeder hat architektonische Präferenzen die bei der Betrachtung und Einordnung unweigerlich zum tragen kommen.

    Der Wille objektiv zu sein und sich zunächst erst einmal darauf einzulassen zeichnet eine gereifte Auseinandersetzung mit dem Bau aus.

    Man kann das in Form trockener Protokolle ohne Reibungsfläche und Aufhänger für Diskussionen machen.

    Ich denke Schlagworte in ihrer Eigenschaft als Verknappung bringen eine Analyse im Idealfall auf den Punkt man muss diese nicht teilen sollte sie aber nicht als Angriff auf das eigene Wertesystem verstanden wissen.


    Jemand der Restaurativen Tendenzen und Rekonstruktionen grundsätzlich ablehnend gegenüber steht wird sich so denke ich kaum in der Lage sehen selbst bei zugestandenen Qualitäten diesen dieselbe Aufmerksamkeit und Würdigung zukommen zu lassen wie jenen die das Eigene Werturteil bestätigen, funktioniert in der Gegenposition übrigens genauso gut-da menschelt es dann schon sehr.


    Das Kulturforum ist exemplarisch für den Ansatz der Moderne eine Stadt neu zu denken und gnadenlos zu scheitern völlig unabhängig davon ob die Bauten nun im einzelnen gelungen sind oder nicht.

    Zum einen weil eine radikale Abkehr vom traditionellen Städtebau und seinen Ausdrucksmitteln als unverhandelbar galt Und man quasi Jahrhunderte Entwicklung der Bedürfnisoptimierung und Wege der Harmonisierung bürgerlicher Repräsentation über den Haufen warf.


    Zum anderen überlebte das planungskonzept bekanntermaßen nicht da das angestrebte stadtkonzept von Sateliten am Wasser als Vision der Moderne nicht überlebensfähig war und geriet in das Verwalten von Brachen ohne städtebauliches Konzept. Am weitesten in seiner Ästhetik unbeschadet hat das noch die NNG bisher überstanden - das liegt zum einen in ihrer Randlage, leichten Erhöhung und relativen Freistellung begründet zum anderen vermeidet sie modische Querelen oder andere zeitgeistige Pickel - ein Neutrum im positiven Sinne

    Einmal editiert, zuletzt von Endell ()

  • Ich verweigere mir hier eine Mitdiskussion. Nie im Traum hätte ich je gedacht diese Ikone der Internationalen Architektur in Zusammenhang mit einem Herrn Hildmann oder Tankstellen und Billigmärkten zu vermengen. Es widert mich echt an. Die Populisten hier im Forum leisten ganze Arbeit! Und einige Denken hier das sei ein Diskussionsangebot ...

  • ^Danke Camondo.


    Derweil nimmt die Aussengestaltung der NN Formen an. Ich wusste bis dato nicht, dass Mies sehr viel Wert auf die Beziehung von Innen nach Aussen gelegt hat bzw. dass Bäume in seinen Panungen eine große Rolle gespielt haben. Das merkte man dem Umfeld nun wirklich nicht an.

    Die Abendschau berichtet mit einem kleinen Filmchen über die aktuellen Arbeiten. klick

  • Ich glaube, Du sprichst reduzierter, funktionaler Ästhetik hiermit zumindest unbeabsichtigt ab, dass sie eine Meisterleistung darstellen kann oder echte ästhetische Empfindungen auslösen kann.

    Ich würde nie absprechen, dass dieses oder jenes bestimmte Empfindungen auslösen kann, das ist ja etwas völlig Privates, das sich jeder (sinnvollen) Bewertung entzieht. Die entscheidende Frage für ein öffentliches Gut wie Architektur und Stadtplanung ist aber nun einmal, wie der Großteil der Leute den Großteil der Ergebnisse empfindet. Da hat die moderne Architektur halt im Großen und Ganzen (also nicht immer) versagt. (Ich spreche bewusst von "Architektur" um den einzelnen Architekten etwas aus der Schusslinie zu nehmen. Dass Architekten bei hohen Renditeerwartungen zumindest vieler heutiger Bauherren keine großartigen Leistungen liefern können, ist klar.)

    Was meine Bewertung reduzierter Ästhetik angeht: Ich mag z.B. das Design von Apple oder das alte Design von Braun meist sehr gerne, empfinde es aber nicht als Meisterleistung. Ecken rund zu machen und Geräte flach zu bauen mag für die Produktionstechnik eine Herausforderung sein, vor der Designleistung habe ich aber (in diesen konkreten Fällen) keine besondere Ehrfurcht, schon gar nicht vor dem Hintergrund heutiger Möglichkeiten. Wozu studieren denn Designer?

    Wem so etwas gefällt, der hat einfach einen anderen Sinn für Ästhetik aber nicht automatisch einen fehlenden bzw. pervertierten.

    Das habe ich ja auch nie geschrieben oder insinuiert. Die fehlende Differenzerung -- um nicht zu sagen: das aggressive Missverstehen -- , die bei solchen Debatten immer wieder aufblitzt, ist echt stupend (auch wenn ich Dir hier keine böse Absicht unterstelle). Das Phänomen entsteht wohl daher, dass viele immer wahnsinnig aufgeregt werden, wenn man es wagt, Kritik an den Säulenheiligen zu üben.


    Aber die Neue Nationalgalerie halte ich für einen positiv herausragenden Vertreter der (Klassischen) Moderne und laut Wikipedia bin ich da auch nicht allein mit der Bewertung.

    Dieser Bewertung stimme ich zu (hier ist der Kontext die klassische Moderne!). Dass Du das betonen musst, zeigt leider, dass Du den Punkt überhaupt nicht verstanden hast. Das ist aber symptomatisch für solche Diskussionen. Ich bin es jetzt müde, immer wieder das selbe zu erklären, wir könnn es gerne dabei belassen und das Problem auf meine mangelnde Formulierungskraft schieben. Ich danke Dir für Deine ausführlichen Erwiderungen und Deinen freundlichen Ton.

  • Ich halte die Einrichtung des Bundesrechnungshofes so wie er gegenwärtig konzipiert ist, für völlig kontraproduktiv.


    So sehr man eine unabhängige Beurteilung über Projektkosten oder Ausgaben begrüßen kann, so ist es doch gerade bei Kulturprojekten völlig unlogisch die reine Wirtschaftlichkeit zu beurteilen. Wie will man Größe oder Ästhetik wirtschaftlich beurteilen? Danach betrachtet wäre fast jedes Kulturprojekt unsinnig oder zu teuer. Der Rechnungshof (wenn er denn zuständig gewesen wäre) hätte mit Sicherheit die Elbphilharmonie in Grund und Boden gestampft. Von den Königsschlössern eines Ludwig II von Bayern will ich gar nicht erst reden.

    Aber würde unter Wirtschaftlichkeit nicht auch der Marketing- und PR Faktor für Hamburg fallen? Wie wird dieser berechnet? Wieviel Mehreinnahmen wird die Stadt generieren über die nächsten 50 oder Jahre weil es eben dieses Gebäude hat?. Das müsste man genauso berechnen wie qm an Sandstein und Klimaanlagen.

    Was bringt das Museum der Moderne an zusätzlichen Mehrwert. Bringt es mehr wenn es spektakulärer gebaut wird? Um wieviel mehr? Das wird alles außen vor gelassen beim Rechnungshof. Eine Erbsenzählerei ist für Ausgaben im Kulturbetrieb völlig ungeeignet.


    'Und außerdem was soll es bringen, ein Architekturprojekt, das beschlossen ist, das finanziert ist und das im Prinzip schon gebaut wird zu kritisieren und vorzuschlagen, dies oder jenes zu ändern. Das ist geradezu absurd. Aus verständlichen Gründen kann das gar nicht mehr gemacht werden, selbst wenn es sinnvoll wäre. Gerade Änderungen sind die Hauptursache für Kostensteigerungen.


    Das einzige was man damit erreicht ist, dass viele wieder sagen, der Bund wirft sein Geld zum Fenster hinaus, fördert Staatsverdrossenheit.

    Hinzu kommt dass, dieser Rechnungshof - der keinerlei Weisungsbefugnis hat - nach Gutdünken sich über jede Ausgabe des Bundes öffentlich auskotzen kann - und hat aufgrund der Stellung als Bundesbehörde (quasi die hauseigene Kritikabteilung, auf die niemand hört bei den Ministerien) natürlich sozusagen offiziellen Charakter für die Öffentlichkeit. Die hört nur, das ist Geldverschwendung. Warum aber das so ausgegeben wird, dass oft jahrelange Diskussionen davor stattgefunden haben, all das wird ignoriert, weil viele sich dafür gar nicht im Detail interessieren.


    Entweder man schafft interne Kontrollinstanzen die vorher besser greifen um Verschwendung zu vermeiden oder man schafft eine Organisation die Projekte hinterher auf ihre Sinnhaftigkeit überprüft, deren Wirtschaftlichkeit überprüft aber nicht so wie dieser Rechnungshof rein populistisch und je nach Lust und Laune - sondern systematisch, Entwicklungen von Maßnahmen analysiert über einen längeren Zeitrahmen und Empfehlungen für die Zukunft schreibt, wie man es besser machen könnte und vor allem weniger plakativ und öffentlichkeitswirksam.