Technisches Rathaus und Umfeld - Neugestaltung nach Abriss

  • Sehr schön! Jetzt heißt es dran bleiben, sich mit potenziellen Reko-Bauherren koordinieren und möglichst viele Gebäude wiederherzustellen.


    Zur Übersicht ein Ausschnitt aus dem mittlerweile gemeinfreien Ravenstein-Plan von 1860:

    Blaue Gebäude stehen schon bzw. noch, die grünen waren im ursprünglichen Beschloss schon berücksichtigt. Die gelben Gebäude hat die SPD nun zur Rekonstruktion vorgeschlagen. Markt 13 und 28 wurden bereits als private Rekonstruktionen ins Spiel gebracht.


    Besonders ärgerlich finde ich allerdings, dass nur der Kunstverein-Anbau ("Markt 42") einer durchgehenden historischen Häuserzeile vom Steinernen Haus zum Hühnermarkt im Wege steht und zu allem Überfluss noch den historischen Grundriss von Markt 40 und H.d.Lämmchen 9 und 11 blockiert. Das Vorgängergebäude ist übrigens hervorragend dokumentiert und seine Fundamente sollen auch noch im Boden schlummern... :nono:

  • Aber richtig nachgedacht haben die nicht. Neues Paradies und Seligeneck sind nämlich Gebäude die gar nicht rekonstruiert werden brauchen. Es sind die schon vor dem Krieg als Fremdkörper empfundenen (und nicht zuletzt deshalb schlecht dokumentierten) Gebäude an der Ostseite des Hühnermarktes. Da sollte man lieber die Südseite rekonstruieren, also Nachbarhäuser des Roten Hauses (auch an Langer Schirn und Tuchgaden), und die Grüne Linde. Schildknecht und Flechte hingegen sind wirklich absolutes Muss.
    Aber zumindest für die Grüne Linde gibts ja beim Altstadtforum Interessenten, die bräuchte demnach wohl nicht von der Stadt gebaut werden.

  • Ich muss leider die ketzerische Befürchtung äußern, dass damals unpassende Gebäude heute immernoch besser zu den Rekonstruktionen passen würden als alles, was heutige Architekten in ihrer unerschöpflichen Phantasie zur Ausführung bringen würden. Und überhaupt, sind nicht gerade "Brüche" und "Kontraste" das, was in der zeitgenössischen Architektur immer gerne hergestellt werden will? ;)

  • Wenn man Architekten ranlässt die nicht krampfhaft modern bauen wollen, sondern sich mal mit der Typologie der Frankfurter Altstadt beschäftigt haben und diese auch in die Entwürfe einfließen lassen, denke ich schon, dass da was weniger störendes rauskommen kann als die beiden ursprünglichen Bauten. Die Entwürfe die der Mäckler von seinen Studenten da gezeigt hatte lassen die Vermutung ja durchaus zu, nur hätten sich jene eben mal mit der Frankfurter Altstadt auseinandersetzen müssen anstatt Allerweltsaltstadthäuser zu entwerfen.


    EDIT: übrigens ist der Plan im Magistratsentwurf eine ziemliche Mogelpackung. Wenn man ihn über einen historischen Plan legt, erkennt man dass die Parzellengrenzen zum Teil von einander abweichen. Inwiefern dies an Ungenauigkeiten im Plan liegt, oder vom Stadtplanungsamt so gewollt ist um Rekonstruktionen zu verhindern vermag ich nicht zu sagen, ich hoffe mal auf ersteres. Was aber richtig stört: der Durchgang "Im Rebstock" vom Haus Rebstock zur Neugasse ist im Magistratsentwurf ohne Grund nach Süden verlegt worden was eine Rekonstruktion der Neugasse 2 schonmal unmöglich macht und dazu führen würde dass man auf die Brandmauern der Häuser Schildknecht und Flechte schaut. Die alte Hölle mit dem Belvederchen der Goldenen Wage ist auf dem Plan den Häusern Markt 7 und 9 zugeschlagen worden, was absolut inakzeptabel ist. Und dann halt die Geschichte mit dem Kunstverein. Ich werd nie begreifen warum man diese Kiste einfach so stehen lässt und sich damit zwingt nur halbe Sachen machen zu können. Dieser mehr als unpassende Klotz behindert die Rekonstruktion von Haus Mohrenkopf, Zu den 3 Römern (Markt 40) und Markt 42; und der Bebauungsplan der diesen Zustand auch noch betoniert verhindert zusätzlich noch die Hinterhäuser von Stadt Mailand und Goldenem Haupt. Besonders tragisch ist es dabei um das Haus Mohrenkopf, Zu den 3 Römern (nicht wegzudenken für den Blick vom Römer zum Dom) und das Hinterhaus des Goldenen Haupts mit dem Lämmchenbrunnen.

  • Haus Mohrenkopf ist übrigens das einzige Haus in der Altstadt, das Dehio schon in der 1. Ausgabe seines "Handbuchs" in Frankfurt als "Vorzeigefachwerk" der Gotik lobend erwähnte.


    Dabei müsste gerade mal das Erdgeschoss rekonstruiert werden, alles darüber war eh barock verändert. Anbei mal nur auszugsweise, wie detailliert das Fachwerk überliefert ist:



    (Aufmaß stammt von einer Restaurierung um 1900 und sollte wg. des Alters gemeinfrei sein)

  • In Anbetracht dieser Umstände sollte man alles unternehmen, um die Verantwortlichen auf diese Situation hinzuweisen. Lieber irgendwo anders ein Haus nicht rekonstruieren und dafür den Mohrenkopf wieder hochziehen. Der erforderliche barrierefreie Zugang ins Steinerne Haus ließe sich mit etwas gutem Willen im Inneren sicher unterbringen.


    Fühlt sich jemand berufen, einen Musterbrief an Presse, Stadtverordnete und OB Roth zu verfassen?

  • Wer sich, da zu diesem Thema ein neues Posting angezeigt wird, darauf freut, eine Neuigkeit zu diesem Thema zu erfahren, der möge mir bitte verzeihen, dass es keine Neuigkeit ist, die gepostet wird. Da ich zur Zeit gerne ein wenig in Vergangenheit schwelge, habe ich unter anderem auch diese Diskussion von 2002, gestartet von el_mariachi, wiederentdeckt.


    Rekonstruierung der Frankfurter Altstadt

  • Wer es noch nicht weiß: Laut FAZ stellen Schwarz und Lüpke heute den neusten Planungsstand zur Altstadt vor. 18.00 Uhr im Plenarsal des Römers, Anmeldung nicht erforderlich.

  • Gestern tagte der Dom-Römer-Ausschuss, dabei wurde dem Rahmenplan des Magistrats (Links) zugestimmt. Es gab jedoch eine wesentliche Änderung: Der Altstadtgrundriss aus der Magistratsvorlage ist nun lediglich als schematische Grundlage anzusehen. Sollen weitere Gebäude rekonstruiert werden, wird der Zuschnitt der Parzellen den historischen Gegebenheiten angepasst. Dazu wurde dem Beschluss eine Protokollnotiz angefügt, die lautet: "die einzelnen Parzellen [sind] bei weiteren sich konkretisierenden Rekonstruktionsprojekten dem historischen Zuschnitt anzupassen".


    Soll ein Gebäude rekonstruiert werden, müssen gegebenenfalls zwei verschiedene Entwürfe eingereicht werden, wie bei Entwürfen ohne historisches Vorbild auch. Daraus soll die qualitativ höherwertige Lösung ausgesucht werden. Vor allem soll der Grundsatz gelten: "wer rekonstruieren will, hat Vorfahrt", so der Grüne Uli Baier wörtlich!


    Näheres heute in der FNP und in der Rundschau.

  • Viel mehr gibts da auch nicht zu sagen. Alles wichtige steht im Prinzip in der Presse. Sehr offensichtlich war: würden CDU und Grüne nicht koalieren hätte die übergroße Mehrheit des Ausschusses den Antrag der BFF (historischer Grundriss bildet Grundlage, und ausführlichere Texte zum Thema Gestaltungsbeirat) und möglicherweise auch den der SPD (Reko Hühnermarkt) angenommen. Im Prinzip wars CDU und Grüne gegen SPD, FAG und BFF (FDP und Linke waren nicht mehr anwesend). So wurden beide abgelehnt und nur die Protokollnotiz ist durchgekommen. Danke Grüne :nono:
    Auch wenn immer wieder betont wurde, der bisherige Plan sei kein Masterplan, richtig glauben konnten das die Wenigsten.
    Hauptteil war die Bürgerrunde, wo eben vielfach auf die Ungenauigkeiten im Plan, das fehlen der alten Hölle und der Nachbarhäuser des Roten Hauses (die sich großteils außerhalb des Archäologischen Gartens befinden, womit deren Parzellen problemlos in den Plan hätten aufgenommen werden können), und die miserable Situation mit dem Kunstverein hingewiesen wurde.
    Die Stadt versucht die 6/7 bisher festen Rekos offenbar an Private loszuwerden und doch nicht selbst als Bauherr aufzutreten.
    Und so wie es aussieht heißt es noch lange nicht, dass sobald für eine Parzelle eine Rekonstruktion vorgeschlagen ist, diese auch kommt. Mit der fadenscheinigen Begründung dass aufgrund der Dokumentenlage auch eher schlechte Rekonstruktionen zu befürchten wären (die Fassaden sind ausreichend dokumentiert und mit genügend Ahnung über Fachwerkbau kann man nur richtig rekonstruieren oder gar nicht, halbe Sachen sind da so gut wie ausgeschlossen), soll es auch dabei 2 konkurrierende Entwürfe geben. Ich seh doch schon was kommt: wenn die falschen Leute im Beirat sitzen - und die Gefahr ist durchaus gegeben - wird jegliche Rekonstruktion abgelehnt weil die Qualität angeblich nicht hoch genug sei...

  • Naja, malen wir mal nicht den Schwarzen Peter an die Wand - ich denke der politische Wille ist doch auf fast allen Seiten da, dass besser mehr als weniger Rekonstruktionen kommen sollen, oder? Zumindest sollte allen Politikern mittlerweile klar geworden sein, was der Wille des Volkes ist, und daran sollten sie sich gefälligst orientieren. Dann wird sich schon ein Weg finden...

  • Gestern Abend hat die Stadtverordnetenversammlung der oben genannten Vorlage zum Dom-Römer-Areal zugestimmt.


    Ich gehe davon aus, dass eine Voll- oder Fast-Vollrekonstruktion dieses Altstadtbereichs nie so nah war wie heute. Von der Zusage, dass Rekonstruktionen Vorrang bekommen, wird die Koalition nicht mehr loskommen. Wie es aussieht, soll es bewusst in die Hände der Unternehmen und Bürger gelegt werden, nun für möglichst viele Rekonstruktionen zu sorgen.


    Das halte ich auch für richtig. Mit dem Freimachen des Baufelds einschließlich Herstellung des historischen Höhenniveaus durch Abriss der obersten Tiefgaragen-Ebene, der Schaffung einer einheitlichen Organisation für Planung, Bau und Vermietung sowie der Garantie für sieben Rekonstruktionen unter eigener Regie hat die Stadt ihre Schuldigkeit getan. Gefordert sind nun Frankfurter Unternehmen wie die Binding-Brauerei, Privatinitiative sowie die bestehenden Initiativen aus der Bürgerschaft, die Zarges, Possmanns und Albrechts, ihren damaligen Worten Taten folgen zu lassen. Am Zug ist die Bürgerstadt Frankfurt mit ihrer langen Tradition, am finanziellen Background wird es sicherlich nicht scheitern.


    Links zu den heutigen Presseberichten:


    Bericht FNP: Römer baut auf Investoren
    Kommentar FNP: Den ersten großen Schritt zur Rekonstruktion
    Bericht FR: Alter Esslinger sucht Bauherrn
    Kommentar FR: Großer Atem der Geschichte
    FAZ: Eine Totalrekonstruktion ist noch denkbar

  • Genial muss ich sagen! Ich habe noch nie von einer Lösung gehört die so un-engstirnig, pragmatisch, kostenkontrollierend, lösungsorientiert und gleichzeitig so bürgernah war, wie diese. Ein großes Lob an die Stadt Frankfurt. :daumen: :daumen: Ich freu mich drauf, Frankfurt wird einen Un-ort weniger haben und verdient es dass immer mehr Touristen dieses Stadt besuchen.

  • Tolle Neuigkeiten! :stickdance: Ich kanns kaum erwarten, dass der alte Kasten erstmal wegkommt, darauf warte ich schon Jahre. Wenn das erstmal erledigt ist, kanns ja richtig losgehen. Ich hoffe nur, ich erlebe das noch und das Hinauszögern hat irgendwann ein Ende.

  • Ich weiß, passt nicht 100%ig zu dieser Thematik, aber meines Wissens nach am ehesten hier rein. Die Moderatoren können diesen Beitrag gerne entsprechend verschieben, ich fand die entsprechend passende Sektion nicht.


    Wikipedia ehrte heute den Artikel "Freie Stadt Frankfurt" zum Artikel des Tages. Dazu die äusserst interessante, hochauflösenden Stadtkarte aus dem Jahre 1845:


    http://upload.wikimedia.org/wi…t_Frankfurt-Plan-1845.jpg

  • Stammt übrigens aus meiner Kartensammlung. ;)


    Der Ravenstein-Plan von 1862 ist aus baugeschichtlicher Sicht allerdings wesentlich wertvoller, da dort jede Parzelle eingezeichnet ist.


    Relativ niedrig aufgelöste JPEGs davon gibt's hier:


    http://commons.wikimedia.org/w…ischer_Plan_von_Frankfurt


    Ich habe jedes der neun Kartenblätter aber auch in einer Auflösung von 100 Megapixeln bzw. 600 DPI Auflösung hier, wer also Interesse hat, PM reicht.

  • Als Frankfurt 100 Gassen hatte

    Ich habe vor einiger Zeit im HR die Sendung "Als Frankfurt hundert Gassen hatte" geschaut - und nun festgestellt, dass diese auch online verfügbar ist :) Diese Dokumentation vermittelt einen unvergleichlichen Eindruck von der ehemaligen Pracht der mittelalterlich anmutenden Frankfurter Altstadt.


    Hier der Link zum Streaming-Video


    Natürlich sieht man hier auch bewegte Bilder der zur Debatte stehenden Rekonstruktionen auf dem Areal des heutigen Technischen Rathauses, so dass man eine ungefähre Vorstellung davon erhält, wie es hier eines Tages mal wieder aussehen könnte.


    Störend wirkt bei dem Beitrag eigentlich nur das übermäßig oft genannte Argument, es sei dort "zu eng & zu dunkel" gewesen - ansonsten eine sehr löbliche und altstadtfreundliche Sendung. Unbedingt empfehlenswert, nicht nur für Altstadtfreunde!

  • Bezüglich "düster und stickig": Bezeichnenderweise redet niemand von den düsteren und stickigen Gassen von Rothenburg, Rom oder Regensburg. Dem Straßengewirr in erhaltenen, inzwischen gut sanierten und durchaus bewohnten (!) mittelalterlichen Städten wird dagegen Charme nachgesagt, die meisten finden die Atmosphäre einzigartig, die schmalen Wege pittoresk ....


    Der Einwurf eine Rekonstruktion sei nur schwer machbar und kaum wünschenswert wegen der schlechten Belichtung der Häuser und der Enge ist meistens ideologisch-motiviert. Eine "gegliederte, aufgelockerte" Fachwerkstadt mit Top-Belichtung und weiten Straßen wäre doch nur Verar***e. Gebäude, die den modernen Ansprüchen voll genügen, gibt es in Frankfurt en masse. Daher muss auch kein Mensch aus Armut zwangshaft in den engen Quartieren der Altstadt wohnen, wie es vor dem Krieg ja war.