Potsdam: Wiederherstellung historische Mitte - Diskussionsthread

  • Doch eines hat das Bürgerbegehren schon jetzt gezeigt: Mindestens 14742 Potsdamer wollen ein Potsdam mit dem FH-Gebäude, mit dem Wohnblock am Staudenhof und mit dem Hotel Mercure [...].


    Ein paar Geschmacksverirrte gibt es immer und überall.


    Hier einmal eine anschauliche Bildergalerie zur überörtlich am wenigsten bekannten der drei Schönheiten, dem Staudenhof:


    http://www.pnn.de/mediathek/684325/1/

  • Nicht, dass ich für den Erhalt wäre, aber diese Fotos zeigen den Staudenhof nun mal in seinem jetzigen, runtergekommen Zustand. Nach einer Sanierung sähe er wohl anders aus.

  • Ein paar Geschmacksverirrte gibt es immer und überall.


    Wir reden von mehr als 10 Prozent der wahlberechtigten Potsdamer, die sich aktiv an einem Bürgerbegehren beteiligt haben. Hier völlig argumentfrei von "ein paar Geschmacksverirrten" zu sprechen, zeugt schon von einiger Arroganz.


    Was den Staudenhof betrifft, stimme ich Ben zu - ich finde nicht, dass man ihn erhalten muss, genausowenig kann man aber den heruntergekommen Zustand als Beleg für schlechte Architektur heranziehen. Ich würde sogar noch einen Schritt weitergehen: Der Bau ist alles andere als 08/15-Ostmoderne, sondern ein in Potsdam einzigartiges Beispiel des Brutalismus. Mich erinnert er ein wenig an das - natürlich ungleich bedeutendere - Kloster Sainte-Marie de la Tourette von Le Corbusier, das seit kurzem auf der Weltkulturerbe-Liste steht (und sich leider trotzdem in einem ähnlich desolaten Zustand befindet wie der Staudenhof).

  • Der Grund mag wohl sein, das sich nur eine Minderheit von 10% fuer solch eine Architektur erwaermen kann.
    Wenn man sich zum Beispiel die Touristenstroeme ansieht die Potsdam besuchen, dann wuerde ich mal (ohne Belege zu haben) behaupten 99% sehen sich die ueblichen "Schoenheiten" an. Also, Schloesser, Gaerten, Palaeste und erhaelten Teile der Architektur von vor 1945.
    Wegen der FH, dem Staudenhof und dem Hotel Mercur kommen vermutlich nur sehr wenige Touristen nach Potsdam.
    Ich wuerde sogar soweit gehen, das hoechsten 10% der Einwohner ein wohliges Gefuehl der Behaglichkeit ueber den Ruecken laeuft wenn sie am Staudenhof vorbei kommen (selbst wenn er im Ursprungszustand, dort stehen wuerde).
    Dem grossen Rest der Bevoelkerung duerfte bei Anblick des Staudenhofs wohl eher ein Wtf durch den Kopf gehen.
    Diese Kloetze wurden meiner Meinung nach deshalb gebaut und dorthin gestellt um die Architektur der Zeit von vor 1945 auszuloeschen.


    Die SED-Machthaber hatten damals einfach abgerissen und auf dem Platz diese Architektur-Monster hingestellt. Die Anhaenger dieser Ideologie weinen jetzt bittere Traenen wenn ihren 'Bauwerken' ein aehnliches Schicksal bevorsteht.
    Ich wuerde es ausgleichende Gerechtigkeit nennen. Nur, haben es die Alt-SED Kader heute wesentlich besser, als die welche sich damals fuer den erhalt der Garnisonkirche und Stadtschloss eingesetzt hatten. Die waeren vermutlich in Bautzen gelandet wenn sie zu unbequem geworden waeren und der Staudenhof wird nicht aus ideologischen Gruenden abgerissen, sondern weil man die Flaeche wesentlich effektiver bebauen kann.

  • Der Grund mag wohl sein, das sich nur eine Minderheit von 10% fuer solch eine Architektur erwaermen kann.


    Wenn sich zehn Prozent aktiv an einem Bürgerbegehren beteiligen, heißt das nicht, dass neunzig Prozent dagegen sind. Ich will aber keineswegs behaupten, dass die Anhänger der Bestandsbauten in der Mehrheit seien - ich wehre mich nur dagegen, dass sie hier ständig als "Verirrte", "Alt-SED-Kader" oder gar als "bösartige Demagogen" denunziert werden. Falls es interessiert: Ausführlichere Argumente hier.

  • Bausünde ist ein Neologismus des 20. Jahrhunderts, richtig. Das heißt aber nicht, dass es solche Gebäude nicht schon immer gab. Es gab sie schon immer! Nur haben wir "Bausünden" zB des Barock nie zu Gesicht bekommen, weil sie schon lange, lange, lange abgerißen wurden. Das, was man aus früheren Zeitaltern zu Gesicht bekommt, was diese "destruktive Schöpfung und Erneuerung" einer lebendigen Stadt überstanden hat, ist sozusagen eine Art Filet der jeweiligen Zeit. Natürlich abgesehen von Willkürakten durch Ideologen oder auch Kriegszerstörung.


    Diese Fähigkeit zur Selbstkorrektur hat Potsdam natürlich auch, siehe "Wiederherstellung historische Mitte". Es sind eher die Menschen, die dem entgegen stehen. Aus nachvollziehbaren Gründen. Jeder von uns ist ein Nostalgiker und je älter wir sind, desto mehr klammern wir uns an Überbleibsel aus der Zeit in der wir anfingen die Welt zu entdecken und uns eine Identität zu bilden und an einem Ort Wurzeln zu schlagen. So entsteht letztlich Nostalgie. Da gilt dann eben "nicht schön, aber selten" für Orte die kein eye candy sein mögen, aber Heimat und Identifikation stiften.


    Das werfe ich zB Klarenbach auch nicht vor. Ich werfe ihm nur vor, auf eine teilweise manipulative Art und Weise zu argumentieren, siehe die kürzlich durch Luftpost korrigierte Falschbehauptung einer gescheiterten Unterschriftensammlung von Mitteschön. Klarenbach am 30.07.2016 "Eine Unterschriftensammlung von Mitteschön zur Alten Post musste abgeblasen werden, weil sich kaum Unterzeichner fanden." - Luftpost daraufhin am selben Tag "so, habe gerade von Mitgliedern von Mitteschön die Antwort bekommen, das es sich bei dieser Behauptung von Klarenbach um nichts anderes, als um eine Lüge handelt. Weder wurde eine Unterschriftensammlung zur Alten Post initiiert, noch weniger abgebrochen, wegen angeblicher fehlender Unterschriften."; da habe ich offen gesagt die Größe vermisst einen offensichtlichen Irrtum/Falschbehauptung auch unumwunden einzugestehen, stattdessen wurde dann versucht die Sache wieder anders darzustellen. Da komme ich mir schlicht manipuliert und nicht ernst genommen vor, wieso sollte ich umgekehrt nun Klarenbach noch ernst nehmen Architektenkind?

  • ^ Welche Bausünden aus früheren Zeiten sollen dass denn gewesen sein? Sogenannte "Willkürakten durch Ideologen" gab es zu diesen Zeiten nicht, Kriegszerstörungen oder Brände indess schon. Dass der Zustand nachher hässlicher ist als der Zustand vorher hat es noch nie gegeben.
    Es ist nirgendwo dokumentiert das es sowas wie "Stadtreparaturen" gegeben hat.


    Ich wünschte ja, dass du Recht hast und sich das Thema langfristig erledigt da Bausünden langfristig verschwinden.
    Aber ich sehe da eher schwarz. Natürlich kann man punktuell deutliche Verbesserungen hervorbringen aber Städte wie z.B. Kassel ("Architekturexperiement") sind für alle Zeiten verloren (Es sei denn man macht in der Innenstadt einen Totalabriss.

  • @Pumpernickel


    Wenn hier jemand manipulativ argumentiert, dann bist Du es. Du wolltest uns weismachen, dass die Grünen einen Umzug des Neptunbrunnens auf den Schlossplatz fordern würden.


    http://www.deutsches-architekt….php?p=530732&postcount=1


    Das entsprechende Parlamentsprotokoll sagt aber das genaue Gegenteil aus.


    http://www.parlament-berlin.de…/protokoll/k17-068-ip.pdf


    Dann hast Du behauptet, dass die Grünen eine Koalition mit den Linken ausschließen würden.


    (mit der Linkspartei will außer der SPD niemand koalieren)


    Auch das ist eindeutig falsch.


    http://www.morgenpost.de/meinu…alition-mit-SPD-warm.html


    Ich habe zur Online-Petition für den Abriss von FH-Gebäude und Wohnblock Staudenhof folgendes geschrieben:


    Eine Online-Petition für den Abriss von FH-Gebäude und Wohnblock Staudenhof haben gerade einmal 613 Potsdamer unterzeichnet.


    Diese Aussage habe ich mit dem entsprechenden Link belegt.


    https://www.openpetition.de/pe…rt-und-zukunft-versoehnen


    Und dann habe ich geschrieben:


    Eine Unterschriftensammlung von Mitteschön zur Alten Post musste abgeblasen werden, weil sich kaum Unterzeichner fanden.


    Diese Behauptung kann ich nicht belegen, da ich keine Foto von dem Sammelstand gemacht habe. Jedenfalls gab es einen Sammelstand auf der Brandenburger Straße, und er wurde von einer Pro-Reko-Gruppierung betrieben, meiner Ansicht nach war es Mitteschön. Wenn es aber eine andere Gruppierung gewesen sein sollte, wie das "Bündnis Potsdamer Mitte" oder anderes, dann korrigiere ich mich selbstverständlich.


    Ansonsten finde ich den Diskussionsstil, den hier einige Pro-Reko-Aktivisten an den Tag legen, völlig unterirdisch. So werden die Befürworter eines Erhalts des FH-Gebäudes und des Wohnblocks am Staudenhof mit folgenden Etiketten belegt:


    Idioten


    Ein paar Geschmacksverirrte


    DDR-Nostalgiker


    Altkader im Abklingbecken


    Ulbricht-Apologeten


    Diese ständige Aggressivität, mit der hier gegen die Befürworter einer behutsamen Stadterneuerung gehetzt wird, hat mit einem respektvollen Umgang wirklich nichts mehr zu tun. Und diese Aggressivität geht ausschließlich von Liebhabern vormoderner Gebäude und städtebaulicher Strukturen aus. Kein Moderne-Fan fordert hier den Abriss vormoderner Gebäude oder die Zerstörung vormoderner Ensembles, kein Moderne-Fan behauptet ständig, dass Liebhaber von Gebäuden aus der Zeit der Monarchie selbst verkappte Anhänger der Monarchie wären.


    Aber, und das ist eine Erfahrung aus der Debatte um die Plattner-Kunsthalle 2012: Diese Entgleisungen sind kein Zeichen von Stärke, sondern ein Zeichen von Schwäche. In diesem Sinne bin ich optimistisch, dass die Hetzparolen auch diesmal scheitern werden.

  • Ich habe Ihnen auch konkrete Fragen gestellt:
    Wie soll das finanziert werden?
    Was soll in der FH zukünftig stattfinden?
    Wie kommt die Stadt auf die laufenden Kosten?
    Und zusätzlich frage ich Sie noch: was soll mit der Wüste geschehen, die vor der FH durch die Verschmälerung der F.E.Str. entstanden ist?
    Bisher habe ich dazu nur ausweichende Anworten gelesen. Das würde uns nüchternen Ruhrgebietlern doch sehr zu denken geben. Mit den Idioten habe ich Sie nicht persönlich angesprochen, aber wenn Sie sich angesprochen fühlen...?

  • Wir reden von mehr als 10 Prozent der wahlberechtigten Potsdamer, die sich aktiv an einem Bürgerbegehren beteiligt haben. Hier völlig argumentfrei von "ein paar Geschmacksverirrten" zu sprechen, zeugt schon von einiger Arroganz.


    Damit kann ich ganz hervorragend leben. Geschmack ist subjektiv, und für mich sind Staudenhof, FH-Gebäude und Mercure-Hotel zumindest an dieser Stelle halt "Geschmacksverirrungen".


    Was den Staudenhof betrifft, stimme ich Ben zu - ich finde nicht, dass man ihn erhalten muss, genausowenig kann man aber den heruntergekommen Zustand als Beleg für schlechte Architektur heranziehen. Ich würde sogar noch einen Schritt weitergehen: Der Bau ist alles andere als 08/15-Ostmoderne, sondern ein in Potsdam einzigartiges Beispiel des Brutalismus.


    Zunächst einmal: Meine Meinung hat nichts damit zu tun, dass es sich um Gebäude aus DDR-Zeiten handelt. Der Staudenhof ist in der Tat ein Vertreter des Brutalismus, FH-Gebäude und Mercure-Hotel solche des Internationalismus. Provokant gefragt: Na und?


    Das Mercure-Hotel finde ich baulich ordentlich, das FH-Gebäude und den Staudenhof bescheiden. An anderer Stelle würde das vielleicht ihren Erhalt rechtfertigen, an diesem ganz speziellen Ort meiner Meinung nach jedoch nicht - dazu ist der spezifische Eigenwert dieser (im wahrsten Sinne des Wortes) quer zum historisch gewachsenen Stadtgrundriss stehenden Gebäude einfach zu klein, und die von ihnen ausgehende Beeinträchtigung des Stadtbildes zu groß.


    Wie gesagt: Für tausende vergleichbarer Nachkriegsbauten in Westdeutschland gilt das auch. Das ist aber kein Grund mit vergleichbaren DDR-Bauten nachsichtiger umzugehen.

  • Diese ständige Aggressivität, mit der hier gegen die Befürworter einer behutsamen Stadterneuerung gehetzt wird, hat mit einem respektvollen Umgang wirklich nichts mehr zu tun.


    In der Tat. Da ich ein "Befürworter einer behutsamen Stadterneuerung" bin (in Potsdam und anderswo), möchte ich mich an dieser Stelle ganz ausdrücklich für die Unterstützung bedanken. ;)


    Und diese Aggressivität geht ausschließlich von Liebhabern vormoderner Gebäude und städtebaulicher Strukturen aus. Kein Moderne-Fan fordert hier den Abriss vormoderner Gebäude oder die Zerstörung vormoderner Ensembles.


    Nehmen Sie es nicht persönlich, aber das ist bedauerlicherweise hanebüchener Unsinn: Mercure-Hotel, FH-Gebäude und Staudenhof verdanken ihre Entstehung doch gerade dem brutalen Abräumen der beschädigten Altstadtbebauung nach dem Kriege und der ohne Rücksicht auf die gewachsene Entwicklung erfolgten Wiederbebauung - und genießen genau deshalb (und wegen ihrer geringen baulichen Qualität) auch keinen Bestandsschutz.


    Wie dem auch sei: Es ist zu begrüßen, dass durch Krieg und Nachkriegszeit (DDR-Regime) in Potsdam geschlagenen städtebaulichen Wunden langsam wieder heilen.

    4 Mal editiert, zuletzt von Carlo ()

  • Es ist doch so, dass wenn Potsdam durch die Zerstörungen im Krieg nie so nachträglich verunstaltet worden wäre doch niemand auf die Idee kommen würde die Bestandsbauten durch das zu ersetzen was da aktuell steht!


    => Wenn von "Stadtreparatur" und "Bausünden" gesprochen wird bedeutet es doch das da gewaltig was schief gelaufen ist!

  • Ansonsten finde ich den Diskussionsstil, den hier einige Pro-Reko-Aktivisten an den Tag legen, völlig unterirdisch. So werden die Befürworter eines Erhalts des FH-Gebäudes und des Wohnblocks am Staudenhof mit folgenden Etiketten belegt:


    Anhänger einer historisch angelehnten Stadtreparatur ständig als "Kahlschlagsarnierer", "Pro-Reko-Aktivisten", "Lobbyisten" usw. zu betiteln trägt nun auch nicht gerade zur Befriedung des Diskussionsstils bei.




    Diese Entgleisungen sind kein Zeichen von Stärke, sondern ein Zeichen von Schwäche. In diesem Sinne bin ich optimistisch, dass die Hetzparolen auch diesmal scheitern werden.


    Wenn das für alle Beteiligten gilt stimme ich voll zu.


    Was zu einem vernünftigen Ausgang beiträgt wird hoffentlich ernsthafte und ehrliche Aufklärung anhand von Fakten sein.
    Dazu zähle ich auch die Potsdamer mit Bildern daran zu erinnern was ihre alte Stadt für eine historisch gewachsene Altstadt besaß bzw. wie diese Heute wieder aussehen und welchen Gewinn das für alle Potsdamer bedeuten könnte.


    Dazu zähle ich allerdings auch, daß man bei Erhalt des jetzigen Zustandes nicht ständig den Fragen über die unbedingte Nutzung uva. Finanzierung ausweicht.



    Gruß, Jockel

  • Nehmen Sie es nicht persönlich, aber das ist bedauerlicherweise hanebüchener Unsinn: Mercure-Hotel, FH-Gebäude und Staudenhof verdanken ihre Entstehung doch gerade dem brutalen Abräumen der beschädigten Altstadtbebauung nach dem Kriege und der ohne Rücksicht auf die gewachsene Entwicklung erfolgten Wiederbebauung


    Und? So wie in allen möglichen Städten in Deutschland, Zeitgeist ändert sich. Das ist auch nicht neu, den nicht nur wie hier behauptet wurde Stadtbrände und Kriege haben zu solchen Überformungen geführt. Nein. Technologische Fortschritte und wechselnde Bedürfnisse gab es schon immer. Die meisten Innenstädte betanden mal aus Baupolizeilich gefährlichen Fachwerkhäusern, dann wurden sie vom Barock und Klassizismus verdrängt und als dieser zu klein geworden ist wurde er in der Gründerzeit überformt. Das dann immer als behutsam gewachsen abzutun ist fragwürdig. Weil natürlich Straßenverbreiterung, Begradigung und Quadratmetervergrößerung durch Neubau oder Aufstockung nicht als sanft zu bezeichnen sind. Oft ist der Stadtgrundriss also gar nicht so alt. Fallen sie nicht auf die Amenmärchen der Moderne rein, die gern die Vorher-Situation als Stasis darstellen wollte um die eigene angebliche Fortschritlichkeit und Modernität zu unterstreichen.


    Zunächst einmal: Meine Meinung hat nichts damit zu tun, dass es sich um Gebäude aus DDR-Zeiten handelt. Der Staudenhof ist in der Tat ein Vertreter des Brutalismus, FH-Gebäude und Mercure-Hotel solche des Internationalismus. Provokant gefragt: Na und?


    a) der Staudenhof ist kein Brutalismus, sonst müsste ja jeder WBS 70 auch als Brutalismus zu Klassifiziert werden. Es ist ein Grundriss und Fassadenmäßig spezielleres weitest gehend aus Typenelementen (auch aus Großserien) hergestelltes Gebäude so wie die FH.


    b) Meiner Meinung nach kann die FH und der Staudenhof stehen bleiben. Schließlich sind die Rekos nicht so viel wiederaufbauwertere als (wenn auch sehr Hübsche) Barocke Stangenware Italienischer Vorbilder als die Ostmoderne.


    - und genießen genau deshalb (und wegen ihrer geringen baulichen Qualität) auch keinen Bestandsschutz.


    Das sind wirtschaftlich teure Bauten aus Stahl- und Beton welche äußerst flexible Grundrisse haben, nix mit billig, maximal im Sinne von reduziert in der Außengestaltung. Eine Sanierung ist billiger als Neubau (mal abgesehen von der Umweltverschwendung) und betrifft kaum die großen Typenteile sondern eher Installationsebenen wie die abgehängten Decken.


    Wie dem auch sei: Es ist zu begrüßen, dass durch Krieg und Nachkriegszeit (DDR-Regime) in Potsdam geschlagenen städtebaulichen Wunden langsam wieder heilen.


    Städten entwickeln sich weiter, schon immer, das als Wunden zu bezeichnen ist subjektiv. Der Neue/Alte Stadtgrundriss hat seinen Reiz wurde aber auch nur nach alten Vorbildern errichtet statt sich an die aktuellere Bestandssituation anzupassen geschwiegen denn auf Zeitgenössische Bedürfnisse zu reagieren im Gegensatz zu Jahrhunderten zuvor. Daher sind die Bauten Städtebaulich auch so entrückt. Letzendlich kann man die Rekos auf alten Stadtgrundriss auch als Wundenschlagenden Städtebaulichen Überformungen sehen. Die Rekoleute haben natürlich dahingehend recht das die Abrisse die Homogenität der aktuellen Modernistischen Überformung und ihrer Qualitativ schwankenden Fassaden und Nutzungen erst erlaubt.


    Aber es ist keine Heilung sondern nur erneute Stadtzerstörung die nur einseitig auf das Bedürfnis Tourismus eingeht statt Resilenterer Diversität.


    Besonders die Ambiguität des Schloss als Low-Budget Sparkasse mit langweiligeren Details als im Orginal-Schloss wieder aufzubauen stellen das ja ganz gut dar. Das Schloss ist dümlich Modern mit seinen zwei Fenstertypen und der Perfekteren Symmetrie sowie der fehlenden Umgebung.



    Aber ich sehe da eher schwarz. Natürlich kann man punktuell deutliche Verbesserungen hervorbringen aber Städte wie z.B. Kassel ("Architekturexperiement") sind für alle Zeiten verloren (Es sei denn man macht in der Innenstadt einen Totalabriss.


    Oder einen Totalumbau, Fassaden lassen sich überformen, ihr immer mit euren Abrissen.

  • Puha, und sowas muss man noch um Mitternacht lesen. "Resilentere Diversität", meingott, Larry, - Du kennst Wörter. Dagegen ist die "Ambiguität" des Landstagsschloßes (die Du aber dann gar nicht kritisierst, sondern die fehlenden weiteren Rekos im Umfeld) ja noch Umgangssprache. Bist Du Dir sicher, dass Du so Diskussionspartner findest, die Dich auch inhaltlich weiterbringen?


    Natürlich können viele Faktoren zu Stadtgrundrissänderungen führen. Die Stadtbrände Potsdams haben jedoch im Stadtkern genausowenig dazu geführt wie die genannten "Kriege". Es waren die Flächenabrisse der Nachkriegszeit, und zwar nicht aus rationalen sondern aus rein politischen Gründen. Diese Zerstörung und Überformung der Altstadt ist für Potsdam jedenfalls einmalig - das hat ostelbisch mit 1000 Jahren Geschichte schon etwas Wert. Und deine "Stasis" konnte ich bei deinen Gedankenarabesken mal wieder nicht zuorden.


    Natürlich kann man auch jede Diskussion über Architektur, Städtebau und Geschichte mit dem Argument abtun alles sei "Geschmackssache". Da bist Du mit dem Regierenden Laviermeister Müller in gemeinsamer, zweifelhafter Gesellschaft. Stimmte das, wäre das jedoch das Ende von Architektur - denn dann dürfte man überall alles bauen - Hauptsache es gefällt. Das kann auch nicht dein Impetus sein, denn so müsstest Du auch die schönsten historisieenden Traumdörfer gutheissen - wenn es eben gefällt. Geht es nicht doch um Qualität und kontextuelles Bauen?


    Die These, dass traditionelle Architektur sich zeitgenössischen Bedürfnissen nicht anpassen könne ist platt und hundertfach widerlegt. Und dass Totalumbauten deutlich teurer sind als Abbrüche mit Neubau - zumal wenn (wie im Potsdamer Fall) die neuen Baufelder fast die doppelte Nutzfläche erlauben, ist dir auch klar.


    Nein, den Meisten, die so argumentieren geht es nicht um Architektur oder Städtebau. Meistens ist die Verlustangst dahinter, dass aus der eigenen Jugendzeit nichts "Bleibendes" erhalten bleibt. Menschlich, aber hier themenfern. Oder/und es die Furcht oder die politische Angst vor Aufwertung der Stadtkerne und damit wiederum vor der sozialen Veränderung.

  • ^^ Lass Dich hierin nicht beirren, Whywolf Larry, es gibt auch Foristen (z.B. mich), die die Verwendung etwas entlegener Fremdwörter nicht als Zumutung, sondern als Bereicherung empfinden. (Allerdings sollte es wohl "resilientere Diversität" heißen, vermute ich.)

  • ^es gibt schon einen qualitativen Unterschied zwischen Bildungssprache und Bildungsjargon. In Wortnebeln wie resiliente Diversität verschwindet halt das, was der Urheber eigentlich aussagen möchte. Vermutlich wollte er damit auf die Anpassungsfähigkeit städtischer Strukturen durch größtmögliche Vielfalt hindeuten, während eine homogene Überplanung weiter Bereiche einer Stadt per Generalplan schon häufig das Problem in sich barg, dass eine so umgebaute Stadt bei sich verändernden Bedürfnissen der Menschen zur Last wurden und sich einst vermeintliche Stärken in massive Schwächen wandelten, vgl. besonders ehrgeizig als autogerechte Stadt der Moderne umgebaute Städte wie Ludwigshafen, die damals als "das Ding überhaupt" galten und heute eher belächelt werden und stark damit zu kämpfen haben, dass sich die Ansprüche der Menschen an eine Stadt seitdem massiv gewandelt haben.


    Ich kann diesem Argument von WL aber nicht ganz zustimmen, da Altstädte in ganz Europa, die nie zerstört wurden und deswegen auch nie rekonstruiert werden mussten, tagtäglich beweisen, dass man auch sehr alte Strukturen sehr gut mit immer neuen Bedürfnissen der Menschen in Einklang bringen kann, Wien oder Prag sind zB nicht dafür bekannt heutigen Bedürfnissen nicht mehr zu genügen weil sie so massiv von Städtebau aus einer anderen Epoche geprägt sind. Sie gelten viel mehr als mit die attraktivsten Großstädte unseres Kontinents. Nicht trotz, sondern auch wegen der Dominanz historischen Städtebaus in ihnen.


    Whywolf_Larry hat durchaus etwas zu sagen, wenn er sich etwas weniger verkünstelt ausdrückt. Siehe "Oder einen Totalumbau, Fassaden lassen sich überformen, ihr immer mit euren Abrissen." - da hat er schon einen wunden Punkt angesprochen. Ganz ohne Fremdwörter.


    Genug der Stilkritik.


    Der Worte sind wohl generell genug gewechselt, alle Standpunkte sind klar. Nun muss eben mit demokratischen Mehrheiten entschieden werden und ich kann nur hoffen, dass die Wähler Potsdams dabei einen kühlen Kopf behalten und sich nicht von der Emotionalität der Umgestaltungsgegner mitreißen lassen. Zumal es, WL sprach es an, ja auch noch einen dritten Weg gibt. Statt bloßem Erhalt oder Abriß einen radikalen Umbau. Oft erwächst aus einem Konsens, den keine "Seite" befriedigend findet, die genialste Lösung.

  • ^Das groteske sanierte Bibliotheksgebäude um die Ecke ist bereits ein Negativbeispiel für einen Umbau. Bei den aktuellen Auflagen rund um Wärmeschutz etc. und der Verbandelung von kommunalen Potsdamer Bauträgern mit mittelmäßigen Architekten wäre auch für die FH mit einem katastrophalen Ergebnis zu rechnen. So erhitzt wie die aktuelle Debatte läuft, könnte ich mir aber gut vorstellen, dass das FH-Gebäude tatsächlich erhalten bleibt, saniert wird und am Ende in bester Bottrop/Gießen/Gelsenkirchen Fußgängerzonen-Optik strahlen wird. Leider.


    Generell scheint die Debatte sich weniger um Architektur selbst, sondern um das Gefühl des sich-abgehängt-fühlens einiger Potsdamer zu drehen. Angesichts der rasanten Entwicklung der Stadt sollten die Politiker, die für einen Abriss plädieren, glaubhaft deutlich machen, für welches Nutzungskonzept die Gebäude künftig stehen. Auch scheint in der breiten Öffentlichkeit noch nicht angekommen zu sein, dass viele Wohnungen zu sozialverträglichen Mieten bewohnt werden können.


    Es fehlt schmerzlich ein(e) Baudezernent(in) in Potsdam, die diese Dinge glaubhaft kommunizieren und zwischen den einzelnen Parteien vermitteln kann.

  • Zweierlei Maß

    Ich erlaube mir mal, den Wortnebel etwas zu lichten, Weißer Wolf, und mich auf eine der Kernausagen zu beschränken, nämlich diese:


    Städten entwickeln sich weiter, schon immer, das als Wunden zu bezeichnen ist subjektiv.


    ... der ich voll zustimme.


    Der springende Punkt ist nur dieser: Warum sollte ausgerechnet das zwischen 1949 und 1989 Gebaute von Veränderung ausgenommen werden?


    Warum sollte es nicht möglich sein, das (heutige) Mercure-Hotel, das FH-Gebäude und den Staudenhof abzureißen und durch eine andere bzw. gar keine Bebauung zu ersetzen? Warum sollten ausgerechnet in diesen Fällen andere Maßstäbe gelten als sonst?


    Die DDR ist mit dem in Potsdam vorgefundenen Ist-Zustand sehr viel rabiater umgegangen, als das heute der Fall ist. Da wird man ausgerechnet die baulichen Hinterlassenschaften, die sie mit größter Rücksichtslosigkeit in die gewachsene Mitte Potsdams geklotzt hat, nicht mit Samthandschuhen anpacken müssen.