Stell Dir Würzburg-Hannover vor. Hätte nun Fulda einen Kopfbahnhof gehabt und wäre nicht bereit gewesen, einen Durchgangsbahnhof daraus zu machen, hielte die Bahn dort nicht, jedenfalls nicht mit Zügen des HGV. Völlig egal, wie gut der Fuldaer Kopf-Hbf funktionierte, hätte der verspätungsfreiste, sauberste, schönste, servicesträrkste, bei der ansässigen Bevölkerung allerbeliebteste Bahnhof aller Zeiten sein können. Und doch wäre er eine katastrophe für den HGV, das HGV-Netz.
Schau dir mal die Einwohnerzahl von Fulda an. Ca 64 000, zum Vergleich Waiblingen 52 000, Ludwigsburg 87 000. Da einen Kopfbahnhof zu erhalten wäre unsinnig. Bei solchen relativ kleinen Städten war auch deshalb ein Kopfbahnhof von Anfang nicht nötig, da man auch mit Durchgangsgleisen relativ nahe am Stadtzentrum vorbeikam und diese Bahnhöfe auch sonst nicht als bedeutende End- und Zielpunkte anzusehen sind. Fulda hatte einfach durch seine Lage Glück einen hochwertigen HGV-Bahnhof zu bekommen, der aber vor allem auch Umsteiger dient, da sich hier Fernverkehrsstrecken kreuzen bzw. verzweigen (Frankfurt - Erfurt/Kassel und Würzburg - Kassel). Eine Stadt wie Heilbronn 120 000 Einwohner liegt dagegen im Fernverkehrsschatten. Auch eine verfehlte Verkehrspolitik. Fulda hat übrigens für die Vogelsbergbahn aus Richtung Gießen auch Kopfgleise.
-> s.a. Kassel-Wilhelmshöhe, wo die Fernbahn natürlich nicht in den Kopfbahnhof der größten nordhessischen Stadt einfährt.
Auch bei dieser Stadtgröße vertretbar mit etwa 198 000 Einwohner. Ein Umbau zum Durchgangsbahnhof an Standort des dortigen Hbf wäre nur mit immens teuren Tunnelbauten möglich gewesen. Für Kassel ist es natürlich ungünstig vom Fernbahnhof aus noch recht weite Wege ins Zentrum zu haben. Für Stuttgart wurden mit einem neuen Bahnhof am Rosensteinpark oder Untertürkheim ähnliche Lösungen angedacht. Erfreulich ist, in Stuttgart den Hauptbahnhof weiter im Zentrum zu belassen. In Kassel wurde der Kopfbahnhof ja nicht dicht gemacht, für die Regiotram sogar zum Durchgangsbahnhof ausgebaut. Ingesamt also wiederum eher einer Referenz für eine Kombilösung.
Natürlich kann man sich sagen, die Bahn wird schon die wichtige, einwohnerstarke und daher umsatzbringende Region Stuttgart nicht abhängen. Ja, natürlich nicht ganz und freilich liefe das schleppend. Auch Fulda würde im obigen Beispiel weiter bedient, nur eben wie... Irgendwann jedoch käme ein Lückenschluss Frankfurt München. Sobald dieser beschlossen wäre, entstünde um Stuttgart Panik, sobald eröffnet, geht es ganz schnell. Dann hörst Du zu S-Hbf ähnliche Verlautbarungen wie jüngst zum Filderbahnhof. Mannheim-Stuttgart würde zur Zubringerstichstrecke, aus Sicht des Netzes eine Fehlinvestition.
Falls sich der Betrieb durch die Anlagen von Stuttgart 21 wenn es dann in Betrieb ist, als Engpass und störungsanfällig darstellt, ist es nicht ausgeschlossen, doch noch einen großen Teil des Fernverkehrs über Würzburg - Nürnberg um zu legen.
Sicherlich wäre es sinnvoll einen Ersatz-ICE-Haltepunkt in Untertürkheim einzurichten, um bei Störungen im Tunnel (man denke an die S-Bahn-Stammstrecke) zumindest einen Halt in Stuttgart einlegen zu können und die um Züge nicht ganz großräumig umleiten zu müssen. Wir wissen letztlich noch nicht ob das Anhydrit laufend Problem macht (Engelbergtunnel) oder ob es gut geht (S-Bahn-Wendeschleife). Auch bei sonstigen Entstandhaltungsarbeiten in den Tunnels wäre eine Umfahrungsmöglichkeit der Tunnelanlagen nicht dumm. Die Schusterbahn ist ja existent.
@Zürich. Ist durchaus bekannt, dass dort ergänzt und nicht ersetzt wurde. Wer würde auch bestreiten, dass Kombi mehr Kapazität als Tief allein besitzt? Hatten wir schon, wie gesagt Binsenweisheit. Es ändert nur weiterhin nichts daran, dass die Entwicklung von Zürich in der vorherrschenden Diskussion S21 vs. K21 ein Argument Pro S21 war. Übrigens ändert auch nichts daran, wenn es noch öfter als Argument Pro Kombi-Bahnhof genannt wird. Ja, es ist auch ein Argument Pro Kombi-Bahnhof, dem widerspreche ich gar nicht. Dass es aber hier neuerdings zum Argument Contra S21 verbogen wird, ist sachlogisch falsch.
Sachlogisch falsch halte ich den Züricher Bahnhof als Vorbild für den S21-Durchgangsbahnhof zu nehmen, eben weil hier der Kopfbahnhof NICHT durch einen Durchgangsbahnhof ersetzt wird. Der Bahnhof zeigt auch, was ein 16-gleisige Kopfbahnhof zu leisten vermag. Er wirkt auch heute nicht überdimensioniert, wie z.B. jetzt der Hbf in Leipzig. Zusammen mit seinen unterirdischen Durchgangsgleisen gehört der Bahnhof Zürich zu den am meistfrequentierten Bahnhöfen der Welt (Wikipedia). Ein großer Bahnhof muss beiden leisten können, durchfahrende Züge aber auch für Züge geeignet sein, die dort enden oder wenden müssen. Der Stuttgarter Durchgangsbahnhof ist gleisseitig so ausgelegt, dass alle Züge durchfahren MÜSSEN. Züge, die in Stuttgart enden, müssen die langen Strecken zum Abstellbahnhof zurücklegen um die Bahnsteige frei zu machen. Durchgebundene Regionalzüge betreffen auch immer nur einzelne Relationen, z.B Aalen - Tübingen. In alle anderen Richtungen muss weiter umgestiegen werden. Im Grunde schwächt die Durchbindung den Standort Stuttgart, der als Hauptziel- und Startpunkt im Regionalverkehr angesehen werden kann. Heute sind Züge von Stuttgart aus bis Lindau oder über Tübingen hinaus durchgebunden. Später muss in Ulm oder Tübingen für die Weiterfahrt umgestiegen werden. Übrigens ermöglicht die Streckenführung auch das Wenden von Zügen über riesige Schleifenstrecken, so von Waiblingen her über Bad Cannstatt - Hbf - Untertürkheimer Zuführung - Verbindungskurve nahe der Nürnberger Straße, bzw. Esslingen - Hbf - Bad Cannstatt - Esslingen.
Nach dem Bericht in der Stuttgarter Zeitung gibt es ja wohl Probleme, die Züge überhaupt in dem Maß durchbinden zu können, wie ursprünglich gedacht. Ein weiteres Indiz der mangelnden Leistungsfähigkeit von Stuttgart 21.
Jetzt diskutieren wir quasi S21 oder Kombi21. Was Stuttgart i.d.Z. angeht, ist es prädestiniert für sowas wie S21, weil es am meisten von dieser Neutrassierung profitiert. Zürich Hbf hat andere Lage, München liegt zumindest innerhalb Deutschlands als südöstlicher Endknoten - sei es aus Westen (Köln-Stuttgart) oder Norden (Berlin-Nürnberg). Frankfurt hat einen zweiten ICE-Fernbahnhof für HGV-Beschleunigung erhalten. Dennoch wurde auch dort sowas wie F21 oder M21 diskutiert
Vielleicht ist Stuttgart deswegen für einen 'kleinen' Durchgangsbahnhof prädestiniert, weil Stuttgart für einen Kopfbahnhof zu provinziell ist. Vielleicht wird der neue Bahnhof von der Bahnhofskategorie 1 auf 2 herabgestuft. Mannheim ist in der Kategorie 2. Frankfurt und München haben schnell erkannt wie immens teuer und aufwändig ein solcher Umbau wäre.
Stuttgart 21 ist ein gigantische Projekt was die notwendigen Kunstbauten angeht und ein kleines Projekt, was man nachher an Gleisen zur Verfügung hat und unserer Diskussion bestärkt mich immer mehr in der Ansicht, welcher Unsinn hier entsteht.