Baugeschehen: Zentrum

  • Bernsbachplatz 3 war schon vorher zumindest halbwegs auf Vordermann gebracht worden (neue Fenster, gescheites Dach). Zuletzt wurde aber mal die Fassade angegangen und das Gebäude ist nun "durchsaniert".


  • Und mit solchen Aussagen soll ich eigentlich was anfangen? Außer dass damit vielleicht die Würde für manchen Teilnehmer im Forum sinkt, weiß ich damit gerade nichts anzufangen. Trotzdem angenehmen Tag Dir.


    Mit welcher Aussage habe ich denn deine Würde herabgesetzt? Wenn dem so ist, dann tut mir das sehr leid. Das ist nicht meine Absicht und dafür entschuldige ich mich. Dennoch würde ich gerne wissen, mit welcher konkreten Aussage ich dich in deiner Würde herabgesetzt habe.


    Es ist nun mal so, dass wir hier in einem Diskussions-Forum zu Städtebau und Architektur sind und ich mir hier von Diskutanten schon ein gewisses Gespür für diese Themen erwarte. Das muss überhaupt kein architektonisches oder städtebauliches Fachwissen sein - aber einfach ein Interesse am Thema "Stadt". Was macht Städte aus, warum funktionieren Städte anders als das Land, was brauchen Städte, was sind die Eigenheiten von Städten, besonders auch von Chemnitz und wie kann mit Brüchen in der Stadt umgegangen werden. Und das Gespür fehlt mir bei dir komplett. Wir hatten das vor einiger Zeit schonmal: Du denkst die Stadt wie dein Wohnzimmer, wie deinen privaten Vorgarten. Hauptsache sauber, mit Stellplätzen, möglichst viel Wiese die aber auch immer frisch gemäht sein muss und vielleicht kann man auch noch die Menschen, die nicht in die Innenstadt passen, wegschicken. So kann und darf man aber keine Stadt denken.


    An Arwed:


    Genauso ist es, und es wäre doch schön, wenn nicht gleich der erste Einfall einer Variante einer Straßenbahntrasse an der Brückenstraße umgesetzt wird. So wie Du es nennst, gäbe es wohl verschiedenste Varianten, wie man solche Trassen so bauen kann, dass man trotzdem Aufenthaltsqualität an den "Platz" bringen würde.


    Ich finde es geht auch hier schon direkt so weiter: Hättest du Interesse an dem Thema und würdest nicht nur deine eigenen Interessen vertreten, wüsstest du, dass an den verschiedenen Straßenbahn-Trassen und deren jeweiliger Ausgestaltung schon Jahrzehnte gearbeitet wird. Das ist eben nicht "der erste Einfall" sondern viele Jahre Arbeit: Analysen, Konzepte, harte politische Arbeit und eben nicht "Ach hey, da ist Platz für eine Straßenbahn. Bauen wir doch eine." Genauso funktioniert Stadt eben nicht. Das ist kein Wochenend-Projekt im heimischen Garten sondern eine jahrelange Arbeit.


    Wenn man sich nun - auch als Laie - intensiv mit diesem Thema beschäftigt und dann zum Schluss kommt, die vorgeschlagene Straßenbahn-Trasse macht so keinen Sinn, dann ist das eine fundierte Kritik am Thema. Toll! Das kommt von dir aber auch nicht... Es kommen Allgemeinplätze, wie. "zu teuer, haben wir schon und brauchen wir nicht". Und damit macht es eine Diskussion hier leider sehr schwer - und deswegen hatte ich letztens auch auf einen Kommentar zu deinem Beitrag verzichtet.


    "Aber trotzdem bin ich nicht unbedingt ein Befürworter der Zerschneisung der (Innen-)Stadt durch Straßenbahnneubautrassen, da diese Investitionen nun mal auch sehr kostenintensiv sind. Die Frage ist für mich vor allem, was könnte man für diese Kosten/Aufwand für eine neue Straßenbahntrasse nicht stattdessen alles Sinnvolles bauen/sanieren/verbessern vor allem am Straßen-/Radwege-/Busnetz. Gerade weil man so oft vom "Geldmangel" hört, scheint es aber nur für Straßenbahn(trassen) nicht zu geben."


    Es gibt im Städtebau bzw. in der Raumordnung zahlreiche Fördertöpfe für ganz unterschiedliche Ziele in der Stadt- und Raumentwicklung. Wenn Freistaat und Bund nun Gelder für den Ausbau des ÖPNV - hier ganz konkret für den Ausbau der Straßenbahnen - in die Hand nehmen, dann kann mit diesem Geld eben auch nichts anderes als Straßenbahn-Infrastruktur gebaut werden. Das kann man eventuell als zu starr ansehen - durchaus lassen die Fördertöpfe in Deutschland wenig Spielraum für "Begleit"-Maßnahmen - es verhindert auch eben ungarische Zustände, wo Gelder veruntreut oder falsch verwendet werden.


    Auch kritisierst du die Zerschnesiung durch Straßenbahnen. Die Brückenstraße wird nach Umbau inklusive Straßenbahn weniger eine Schneise sein, als sie es heute ist. Hättest du dir mal die verschiedenen Varianten angeschaut, wüsstest du das aber auch.


    Und warum Straßenbahnen besser sind als Busse sagt die Google. Es hat schon einen Grund, dass sich die Verkehrsexperten auf den Ausbau des Straßenbahnnetzes fokussiert haben und eben nicht auf Busse. Aber die Antworten dazu findest du selbst im Netz ;)

  • Nun ist es in Chemnitz aber leider so, dass nur vergleichsweise wenige Menschen aus der Mitte der Gesellschaft "ohne Not" den ÖPNV nutzen. Ob das durch noch eine Trasse hier und da (meistens auch nur Ersatz für Busse) deutlich anders wird, ist diskutierbar. Ebenso gehen viele aus der Mitte der Gesellschaft (inzwischen) selten bis gar nicht in die Innenstadt und wenn, dann direkt ins Kino, Opernhaus oder zum Weinfest oder Weihnachtsmarkt. Jeder kann die beiden Punkte ja einmal bei sich selbst prüfen.


    Im Grunde liegen da mehrere Entwicklungen parallel, die man aber eben nicht zeitgleich "abarbeiten kann". Es ist ja quasi ein Henne-Ei-Problem: Warum nutzen viele Menschen nicht den ÖPNV in die Stadt? Weil er unattraktiv ist, weil zu lange dauert, weil er zu teuer ist, weil er unflexibel ist? Wenn es bessere Verbindungen gibt, nutzen auch mehr Menschen den ÖPNV. Wenn es schwerer ist, im Zentrum einen Parkplatz zu finden, steige ich stattdessen auf die Bahn um. Warum soll ich mit der Bahn fahren, wenn ich mein Auto eh überall in der Stadt abwerfen kann?


    Jetzt hat Chemnitz das Problem der zahlreichen "Satelliten"-Shopping-Center am Stadtrand, auf die man als Autofahrer ausweichen kann, wenn es in der Innenstadt keine Parkplätze gibt und man nicht mit der Bahn fahren möchte. Das sind Fehlentwicklungen der 90er-Jahre. Mittels Einzelhandelskonzepte kann eine derartige Entwicklung zukünftig verhindert werden. Früher oder später wird es auch den aktuell vorhandenen Shopping-Centern an den Kragen gehen. So begonnen schon mit dem ACC. Aus einem "klassischen" Shopping-Center ist ein Gewerbepark entstanden. Eine derartige Entwicklung kann ich als Stadt steuern: Ich kann bspw. den Umbau oder die Sanierung von vorhandenen Shopping-Centern am Stadtrand nicht genehmigen - eben auf Grundlage der Einzelhandelskonzepte.


    Der Ausbau des ÖPNV ist also eine enorm wichtige Voraussetzung: Gibt es ein gutes, flexibles und günstiges Angebot von den Stadtteilen und vom Umland, wie es das Chemnitzer Modell vorsieht, besteht weniger Not mit dem Auto in die Stadt zu fahren. Funktioniert der ÖPNV, kann irgendwann auch auf Parkplätze im Zentrum verzichtet werden - vorausgesetzt die Shopping-Center sind keine Konkurrenz mehr zur Innenstadt. Hier sehe ich leider noch immer des Haupt-Problem. Die Chemnitzer Innenstadt wird selbst noch immer zu sehr als Shopping-Center gesehen und entwickelt. Im Grunde braucht es eine neue städtebauliche Idee für die Innenstadt in der die Themen Wohnen, Kultur und Gastronomie eine deutlich größere Rolle spielen als bisher. Der städtebauliche Status Quo mit den zahlreichen Plattenbauten erlaubt das aber nur in sehr geringem Maße.


  • Schön, dass sich dort nun tatsächlich etwas tut. Ohne größere städtebauliche Veränderungen wird sich die Gesamt-Situation der Gegend aber kaum verbessern lassen. Ich finde die Gegend um den Bernsbachplatz eine der tristesten Gegenden von Chemnitz... leider. Dabei würden schon wenige Neubauten und die Aufwertung des öffentlichen Raumes dort Wunder bewirken. Ich hatte vor einigen Jahren an anderer Stelle mal ein paar Ideen skizziert...

  • Im Grunde liegen da mehrere Entwicklungen parallel, die man aber eben nicht zeitgleich "abarbeiten kann". Es ist ja quasi ein Henne-Ei-Problem: Warum nutzen viele Menschen nicht den ÖPNV in die Stadt? Weil er unattraktiv ist, weil zu lange dauert, weil er zu teuer ist, weil er unflexibel ist? Wenn es bessere Verbindungen gibt, nutzen auch mehr Menschen den ÖPNV. Wenn es schwerer ist, im Zentrum einen Parkplatz zu finden, steige ich stattdessen auf die Bahn um. Warum soll ich mit der Bahn fahren, wenn ich mein Auto eh überall in der Stadt abwerfen kann?


    Jetzt hat Chemnitz das Problem der zahlreichen "Satelliten"-Shopping-Center am Stadtrand, auf die man als Autofahrer ausweichen kann, wenn es in der Innenstadt keine Parkplätze gibt und man nicht mit der Bahn fahren möchte. Das sind Fehlentwicklungen der 90er-Jahre. Mittels Einzelhandelskonzepte kann eine derartige Entwicklung zukünftig verhindert werden. Früher oder später wird es auch den aktuell vorhandenen Shopping-Centern an den Kragen gehen. So begonnen schon mit dem ACC. Aus einem "klassischen" Shopping-Center ist ein Gewerbepark entstanden. Eine derartige Entwicklung kann ich als Stadt steuern: Ich kann bspw. den Umbau oder die Sanierung von vorhandenen Shopping-Centern am Stadtrand nicht genehmigen - eben auf Grundlage der Einzelhandelskonzepte.


    Der Ausbau des ÖPNV ist also eine enorm wichtige Voraussetzung: Gibt es ein gutes, flexibles und günstiges Angebot von den Stadtteilen und vom Umland, wie es das Chemnitzer Modell vorsieht, besteht weniger Not mit dem Auto in die Stadt zu fahren. Funktioniert der ÖPNV, kann irgendwann auch auf Parkplätze im Zentrum verzichtet werden - vorausgesetzt die Shopping-Center sind keine Konkurrenz mehr zur Innenstadt. Hier sehe ich leider noch immer des Haupt-Problem. Die Chemnitzer Innenstadt wird selbst noch immer zu sehr als Shopping-Center gesehen und entwickelt. Im Grunde braucht es eine neue städtebauliche Idee für die Innenstadt in der die Themen Wohnen, Kultur und Gastronomie eine deutlich größere Rolle spielen als bisher. Der städtebauliche Status Quo mit den zahlreichen Plattenbauten erlaubt das aber nur in sehr geringem Maße.

    Ich teile diese Sicht der Dinge leider nicht, der Reihe nach: Der Chemnitzer ÖPNV ist auch im Städtevergleich nicht seltener getaktet, zu unflexibel oder in anderer Sicht deutlich schlechter, als anderswo. Was ÖPNV allgemein kosten sollte oder darf, darüber kann man streiten aber auch das fällt nicht aus dem Rahmen gerade auch im Vergleich mit den sonst anfallenden Parkgebühren. Da muss es also (noch) andere Gründe geben. Und ebenso, wie in Chemnitz unterdurchschnittlich wenige Menschen über 35 hochfrequent abends oder nachts Gastro oder Tanzlokale nutzen, scheint die Region sehr am Auto zu hängen. Das Autofahren noch mehr zu erschweren führt zum Ausweichen auf die Center oder in andere Städte. Das vielbeschworene Chemnitzer Modell ist übrigens nett, in vielen anderen Städten mit S-Bahn aber seit Jahrzehnten Standard. Auch da ändert sich aber nichts daran, dass man sehr nah - möglichst in Laufweite - der Citybahn wohnen sollte, damit es effizient ist. Mit Umsteigen dauert es ewig und viele Orte sind auch einfach nicht ausreichend erschlossen.


    Was du mit der Umwandlung in einen Gewerbepark meinst, erschließt sich mir nicht. Das ACC steht so gut da, wie nie: Apotheke, Optiker, Reisebüro, Blumenladen, Technikladen, 2 Supermärkte, 6 (!) Kleidungsgeschäfte, Drogerie, 2 Möbelläden, ... ... ... . Sogar einen Orion gibt es. Das ACC steht besser da, als die "Kerninnenstadt". Also nochmal: Was meinst du?


    Und nochmal zu den Trassen: Ich kenne mich da wahrlich zu wenig aus, drei Punkte lassen mich aber daran zweifeln, dass das alles die beste oder gar alleinige Idee ist:


    - Es ist in hohem Maße unflexibel. Die Stadt entwickelt sich, nahe dem Hbf entstehen z.B. gerade in einem Gelände 180 neue Wohnungen. Eine Straßenbahn verlegt man nicht einfach mal 300 Meter um, selbst neue Haltestellen sind schwierig(er), auch temporäre Flexibilität ist nicht. Die Gleise liegen, Brückenstraße für Fest oder Demo oder was auch immer voll sperren geht nicht.


    - Es kostet sehr viel Geld und keiner weiß, ob nicht schon in 10 Jahren Busse wirtschaftlicher, autonom und mit Strom oder Wasserstoff fahren können.


    - So, wie es in Chemnitz umgesetzt wird, anders, als z.B. in Erfurt, trennt die Trasse Laufwege eher, als dass sie diese befördert. Schaut euch doch einfach mal die StraNa auf Höhe der Haltestelle vorm Rawemahaus an - Abtrennungen, mehrere verschiedene Höhen, Bodenbeläge, unklare Vorramängregelung usw.


    Also: Wo ist der Riesenvorteil, der das alles rechtfertigt? Es interessiert mich wirklich.

    Einmal editiert, zuletzt von chemnitz_er ()

  • ^ Ich finde der Chemnitzer ÖPNV mag für deutschen Standard in Ordnung sein. Schaut man sich aber in anderen Teilen Europas mal um, so relativiert sich das ganze. Taktungs-Zeiten von 20 Minuten auf Busse, die dann noch die halbe Stadt abfahren bevor sie am Ziel ankommen sind für mich nicht flexibel und damit keine Alternative zum Auto oder zum Rad. Auch gibt es keine Angebote an Vielfahrer, die wirklich überzeugende Vergünstigungen bringen. Günstigen ÖPNV bietet bspw. die Stadt Wien (365 Euro im Jahr, also 1 Euro pro Tag für ein dichtes Netz im Minutentakt bis an die Stadtränder), von kostenfreiem Nahverkehr ganz zu schweigen. Auch Graz oder Linz - von der Größe eher vergleichbar mit Chemnitz - bieten da deutlich bessere Bedingungen, was Dichte des Netzes, Art der Verkehrsmittel oder eben Preise angeht. Auch in Frankreich ist man beim öffentlichen Nahverkehrt deutlich weiter als in Deutschland: Straßenbahnen ohne Oberleitungen sind in vielen französischen Städten mittlerweile Status quo. Und, du sprichst es selbst an: die Feinverteilung, die Mobilität am letzten Kilometer, wie man so schön sagt, klappt in den seltensten Fällen. Anschluss-Busse sind nicht aufeinander getaktet, die Anschlüsse an die Stationen mittels (Klein-)Bussen kaum vorhanden was wiederum zu langen Wartezeiten bei den Umstiegen führt.


    Was die Anbindung ans Umland angeht, so ist die Anbindung aus Süden (Zschopau/Marienberg) bspw. eine Katastrophe. Die Busse fahren selten und brauchen viel zu lange. Ich bin nicht bereit, fast 50 Minuten für eine Fahrt von Zschopau bis nach Chemnitz zu investieren, wenn ich mit dem eigenen PKW nur 20 Minuten benötige. Hier muss der ÖPNV ansetzen und eine wirkliche Alternative zum eigenen PKW bieten. Das tut er aktuell überhaupt nicht.

    Aus den anderen umliegenden Orten kenne ich die Anbindung nicht, kann mir aber kaum vorstellen, dass es da besser ist. Von daher macht das Chemnitzer Modell mit einer deutlich schnelleren Lösung natürlich schon sehr viel Sinn (auch wenn ZP und Marienberg in diesem konkreten Fall nicht angebunden werden - leider für mich ein Kritikpunkt am Modell).


    Dass die Gegend am Auto hängt, glaube ich auch. Dennoch muss ich nicht die halbe Stadt als Parkplatz erhalten um diese Abhängigkeit noch weiter zu befeuern. Zumal ein Großteil der Innenstadt-Parkplätze leer steht: Schaut euch mal tagsüber die Parkhäuser in der Innenstadt an). Menschen können erzogen werden. Wie gesagt: Solange es noch die zahlreichen Center auf der grünen Wiese als Konkurrenz zur Innenstadt gibt, braucht die Innenstadt die Parkplätze selbstverständlich. Nach Ausbau eines wirklich effizienten (aus Nutzersicht) ÖPNV, einer Stärkung der Innenstadt (über viele Jahre, nicht bloß reine Schönheits-Maßnahmen um die Grundprobleme zu verdecken) und einer Reduzierung der Einzelhandelsflächen auf der grünen Wiese (bspw. durch die Einzelhandelskonzepte) müssen aber irgendwann auch die zahlreichen Parkplätze in der Innenstadt nicht mehr sein.


    "Was du mit der Umwandlung in einen Gewerbepark meinst, erschließt sich mir nicht. Das ACC steht so gut da, wie nie: Apotheke, Optiker, Reisebüro, Blumenladen, Technikladen, 2 Supermärkte, 6 (!) Kleidungsgeschäfte, Drogerie, 2 Möbelläden, ... ... ... . Sogar einen Orion gibt es. Das ACC steht besser da, als die "Kerninnenstadt". Also nochmal: Was meinst du?"


    Das ACC ist eine Anhäufung von Geschäften mit Parkplatz davor die nicht mehr über eine gemeinsam bewirtschaftete Grundinfrastruktur miteinander verbunden sind: Ein Gewerbepark also. Die Mail mit dem Glasdach im Inneren wird kaum mehr zur Erschließung der Geschäfte genutzt. Und das ACC funktioniert auch nur, weil die Mietpreise für die Gewerbeflächen dort krass niedrig sind und man damit dem Leerstand (noch) trotzen kann. Das Einzelhandelskonzept schreibt dazu: "Die bauliche Struktur mit den nicht miteinander verbundenen Malls schmälert jedoch die Funktionalität des Centers und schränkt die Kundenattraktivität deutlich ein. Dies zeigt sich vor allem in einer vergleichsweise schwachen Kundenfrequenz und den Leerstandsflächen, die in beiden Gebäudeteilen zu konstatieren sind." (Seite 108, Stand von nach dem Umbau des ACC!).


    In einem effizienten ÖPNV (wieder aus Sicht für den Nutzer) spielen Busse selbstverständlich eine wichtige Rolle - gerade eben zum Feinverteilten der Fahrgäste, als Zubringer und zur Weiterfahrt. Es geht hier ja überhaupt nicht darum die Bahn gegen Busse vollständig zu ersetzen. Ein Mix aus Straßenbahnen (für lange Strecken) und Bussen ist selbstverständlich notwendig und auch die richtige Strategie - sofern die Taktungen und die Anschlüsse passen. Und was die trennende Wirkung der Straßenbahn betrifft: Ich bin auch vehement gegen die Schottergleise (wie z.B. in der Zwickauer Straße) sondern bevorzuge die Straßenbahn in begrünter Mittellage oder in Straßenlage. Laut den Planungen des Chemnitzer Modells sind aber derartige Gleisführungen nicht geplant - die noch vorhandenen Schottergleise stammen noch aus DDR-Zeiten. Was an einem freien Gleiskörper dann noch trennend sein soll, verstehe ich beim besten Willen nicht. Da ist jede Chemnitzer Innenstadt-Straße eine größere und gefährlichere Barriere für Fußgänger.

  • Jetzt bin ich doch tatsächlich an einer sehr außergewöhnlichen Stelle auf die vermutlich finale Visualisierung des Simmel-Gebäudes in der neuen Johannisvorstadt gestoßen. Auf einer Website, die sich mit der auf dem Baufeld gefundenen Mikwe beschäftigt, ist der Neubau von allen Seiten zu sehen und das deckt sich nun im Gegensatz zu allen anderen, älteren Visualisierungen doch sehr stark mit dem aktuell sichtbaren Baufortschritt. Man kann jetzt schon mal sagen, dass die Gebäudehöhe wohl akzeptabel sein wird.


    https://mikwe-chemnitz.de/umfeld/neue-johannisvorstadt.html

    Einmal editiert, zuletzt von piTTi ()

  • Danke für den Fund piTTi: Überzeugt mich jetzt leider überhaupt nicht... Der "Kopf" zur Kreuzung erinnert mich sehr ungut an westdeutsche Architektur der 70er-Jahre, insbesondere was die Farbe und Ausgestaltung der Fenster betrifft. Dieses burgartig-abgeschottete der Obergeschosse sagt mir überhaupt nicht zu. Der Überbau des Parkhauses wirkt durch die wenigen Fenster und die liegenden Formate super trist. Sollte hier noch der - wie es in der Visualisierung scheint - verwendete Kliniker gegen Putz getauscht werden, wäre das ein neuer Tiefpunkt in Sachen Architektur in Chemnitz - würde sich aber gut in die Reihe hässlicher Parkhäuser der Stadt einfügen. Sehr schade. Den ursprünglichen Entwurf mit seiner eleganten Vertikalen fand ich für diese Ecke sehr angenehm.


    Der Neubau am Getreidemarkt stammt übrigens vom selben Büro.

  • ^ Naja, im Grunde ist das ein normales Vorgehen: Der Bau beginnt erst, wenn mindestens 35-40% der Wohnungen vorab verkauft wurden. Im Artikel steht, es würde eine Erstauflage von 40 Einheiten benötigt. Bei 143 Wohnungen gesamt ist das sogar noch deutlich unter 35% - was mir eigentlich sagt, man glaubt seitens der Hansa Real Estate an das Projekt. Bei den Krisen der letzten Zeit und der starken Inflation wundert mich die Kaufzurückhaltung nicht - das ist ja nicht bloß in Chemnitz sondern überall in Europa zu beobachten.


    Ich finde Tag24 sucht hier vergebens die Schuld bei der Stadt. Was kann der Bau-BM für den schleppenden Verkauf in einer Zeit, in der sich Immobilien nun mal schlecht verkaufen lassen? Und laut Vertrag hat die Hansa Real Estate bis 2028 Zeit - diese Zeit kann man ohne Vertragsstrafen ausreizen. Dass das ganze Projekt nun nicht bis zum Kulturhauptstadtjahr fertig ist, mag schade sein, aber das ist nun auch kein Beinbruch. Baustellen gehören nun mal zu einer Stadt dazu und diese lassen sich nur schwer an kulturelle Großereignisse anpassen. Zumal das Gebäude selbst ja mit der Kulturhauptstadt überhaupt nichts zu tun hat. Man nutzt nur die Marketing-Effekte für das eigene Projekt aus.

  • Beim Simmelbau wundert mich das nicht. Die machen hier das Gleiche wie bei dem hässlichen Hotel neben dem Schocken. Auf den Visualisierungen riesige, Bodentiefe Fenster und nur kleine Fassadenteile. In Realität entsteht ein Plattenbau. Das wird am Simmelgebäude nicht anders. 0815 Schießschartenarchitektur ohne gestalterischen Anspruch. Traurig wie man hier die letzten stadtbildprägenden Chancen in die Tonne wirft. Gleiches am Getreidemarkt. Die Leute, die sowas entscheiden gehören endlich aus dem Amt gejagt und gegen welche ausgetauscht, die gegenüber Investoren auch mal Arsch in der Hose haben. Hoffentlich lesen die hier mit.

  • ^ Du weißt aber schon, dass es für eine Stadt (konkret die Stadtplanungsämter) nur sehr geringe rechtliche Handhabe gibt, die Ausgestaltung eines Gebäudes zu beeinflussen. Im Grunde ist der Bebauungsplan der einzige verbindliche rechtliche Hebel - und mittels B-Plan können nur grobe Gestaltung-Elemente wie Gebäudehöhe, Dachform, etc. festgelegt werden. Fenstergrößen bspw. - weil du die gerade ansprichst - sind nicht in einem B-Plan geregelt. Der B-Plan entsteht meist noch bevor es eine konkrete Architektur gibt. Das heißt im Grunde, die Stadt fischt hier quasi zu Beginn im Dunkeln.

    Gestaltungssatzungen zum Beispiel sind rechtlich sehr einfach anfechtbar, weil sie im Baugesetz keine Verankerung haben. Das ist auch der Grund, warum nur sehr wenige Kommunen überhaupt Gestaltungssatzungen erlassen: die Ausarbeitung einer Gestaltungssatzung ist kostenintensiv, die Gefahr, dass dagegen geklagt wird, immer vorhanden und sie besitzt keine Rechtsgültigkeit und muss damit vom Bauherr auch nicht umgesetzt werden. Das "Problem" liegt hier in unserem Baurecht. Die Kommunen müssen es dann in Form von eben solchen Neubauten ausbaden.


    Sofern der Bauherr/Investor die im B-Plan von der Stadt vorgegebenen "Grundelemente" im Bau auch umsetzt, kann die Stadt laut Bau-GB nichts machen. Der Kommune sind die Hände gebunden. Manche Städte setzen hier auf "Gestaltungsbeiräte" - Dresden oder Berlin bspw. (war das für Chemnitz nicht auch mal im Gespräch?). Dort geht man genau den anderen Weg - als du hier vorschlägst: Anstatt Investoren aus der Stadt zu jagen, versucht man einen Konsens zu finden. Was nützt es der Stadt den Investor zu verprellen? Gehört ihm das Grundstück und besitzt er Baurecht (gemäß B-Plan), so kann er bauen - wie er das will. Kommunikation zwischen Stadtplanungsamt und Bauherr ist hier der richtige Weg um positiv auf das Endresultat einzuwirken (bspw. über Ensembles, über das Image des Unternehmens, etc.).


    "Die Leute, die sowas entscheiden gehören endlich aus dem Amt gejagt und gegen welche ausgetauscht, die gegenüber Investoren auch mal Arsch in der Hose haben. Hoffentlich lesen die hier mit."

    Das jedenfalls ist Populismus weil es eine einfache Lösung auf ein kompliziertes Problem "anbietet". Das Problem lässt sich so aber keinesfalls lösen. Gegen wen sollen die Personen denn ausgetauscht werden? Wer verspricht denn hier eine einfache Lösung? Und was hat das ganze mit "Arsch in der Hose zu tun"? Klingt für mich eher nach Wutbügertum, sorry.

  • Stimmt und weil die Verwaltung nix zu sagen hat, hat man es in Dresden oder Frankfurt geschafft ganze Quartiere zu rekonstruieren. Frei nach dem Motto, alle sagen das geht nicht und dann kam einer, der hat das einfach mal gemacht. Lieber arnold, verteidige ruhig was hier geschieht und unterstütze diese Menschen. Ich werde es nicht, denn die verhunzen meine Heimatstadt. Und selbstverständlich bin ich ein populistischer Wutbürger. Denn anders kommt die Botschaft ja heutzutage nicht mehr an. Egal wie oft man sowas in Diskussionrunden, bei Bürgerbeteiligungen etc. anbringt, wie wichtig Identitätsstiftende Architektur für uns Chemnitzer wäre, es kommen immer nur die gleichen Antworten, wie du sie auch gibst. Vlt sollte man mal anfangen über Lösung zu reden anstatt die Probleme zu verteidigen.

  • Der Vergleich mit Dresden oder Frankfurt hinkt gewaltig. Das hier in Chemnitz ist kein Rekonstruktionsprojekt in Toplage, sondern ein ziemlich normales Areal in Innenstadtrandlage. Auf welcher rechtlichen Basis hätte die Chemnitzer Stadtplanung denn hier qualitätvollere Architektur erzwingen können, einmal abgesehen davon, dass es durchaus unterschiedliche Ansichten gibt, was man darunter verstehen soll.

    Im Übrigen stellt sich mir die Frage, was „identitätsstiftende Architektur“ für Chemnitz denn wäre? Chemnitz ist für mich wie kaum eine andere Stadt von moderner Architektur geprägt und von weiten Räumen. Chemnitz ist die Parteifalte, die Stadthalle mit Hochhaus, die Straße der Nationen, das Stadtbad und dazwischen ein paar Relikten der Vergangenheit wie dem Rathaus, dem Roten Turm oder dem Theaterplatz. Das ist die bauliche Identität der Chemnitzer Innenstadt (dass der Charakter der umliegenden Stadtteile ein anderer ist, das ist mir bewusst).

  • Immer die gleiche Leier. Das kann man nicht vergleichen, was ist überhaupt Identitätsstiftend, wir sind hier Chemnitz und nich New York. Genau wegen der Einstellung kommt diese Stadt ne ausm Sumpf. Ich diskutier da auch gar ne mehr weiter. Das macht keinen Sinn, wenn man das Problem verteidigt anstatt über Lösungen zu reden. Ich hab genug von der Welt gesehen. Gibt viele schöne Orte, an denen ich irgendwann mal meine Jahre verbringen werden. Hier is eh alles verloren.

  • Chemnitz ist nicht New York, aber auch nicht Dresden, Frankfurt oder sonst was. Chemnitz hat eine eigene Identität, aber wenn man nicht in der Lage ist einen Schritt zurückzutreten und das zu erkennen, dann ist man verdammt dazu alles Kacke zu finden, was hier passiert. Warum wohl wurde Chemnitz für 2025 ausgewählt, Kulturhauptstadt sein zu dürfen?

  • Ich diskutier da auch gar ne mehr weiter.

    Was du hier machst, hat mit Diskussion leider überhaupt nichts tu tun, weswegen ich da gar nicht drauf eingehe. Im Grunde tust du mir leid. Wenn man sich an nichts erfreuen kann, ist das schon unfassbar traurig und trist… Chemnitz ist nicht New York und Chemnitz ist nicht Dresden - und es hat sich dennoch gerade in den letzten Jahren so viel getan in der Stadt. Wenn man dass nicht sieht und anerkennen kann, dann tut mir das sehr leid….

  • Arwed, ich sags gern auch dir noch. Ich habe hier die hälfte meines Lebens an Energie und Hilfsbereitschaft bereitgestellt um Chemnitz zu einem besseren Ort zu machen. Feste auf dem Brühl organisiert, mit für den Erhalt des Eisenbahnviaduktes an der Annaberger gestritten, ich bin der Grund, warum der Pavillon auf der Schlossteichinsel saniert wurde. Was hast du erreicht? Und ich lasse mir doch nicht sagen, dass der streitbare Weg der Falsche ist, wenn er am Ende zum Erfolg führt. Aber man kann ihn nicht alleine gehen, es braucht Unterstützung und Rückhalt. Nur so schafft es die Stadtgesellschaft auch die Obrigkeit von ihrem Irrweg zu überzeugen. Und ich sehe eben nicht alles schlecht, ich finde nicht alles doof. Ich finde mich nur nicht mit dem gewöhnlichen ab. Weil diese Stadt was außergewöhnliches braucht um gesehen zu werden und das nicht nur in einem KH Jahr sondern auf dauer. Damit die Menschen hier bleiben, neue kommen, gern hier leben, anderen davon erzählen. Und wenn dazu Identitätsstiftende Architektur, schöne Architektur hilfreich ist, werde ich dafür weiter streiten und mich nicht, wie andere mit dem gewöhnlichen Zufrieden stellen. Das kann jeder gern anders sehen. Aber doch bitte nicht mit mir drüber streiten, sondern über die Sache.