Baugeschehen: Zentrum

  • KMS1983, was ich erreicht habe? Ich habe Chemnitz selbst als planender Architekt um tolle moderne Architektur bereichert und arbeite auch schon am nächsten Projekt. Wir können jetzt aber wirklich sehr gern damit aufhören, uns gegenseitig mit Eitelkeiten zu bombardieren.

    Ich fürchte allerdings, wir werden uns nicht zu verstehen beginnen. Ich schätze die Chemnitzer Innenstadt mit ihrer modernen Architektur durchaus und würde weiter genau daran anknüpfen, Du hingegen offenbar nicht. Du forderst Außergewöhnliches für Chemnitz, tust den Megaerfolg, dass Chemnitz Kulturhauptstadt sein wird, aber in einem Nebensatz ab. Ich fürchte, Dir fehlt der richtige Maßstab.

  • Um hier mal noch einen Aspekt reinzubringen: Ich höre über Chemnitz immer wieder, dass alles zu groß und weit ist, einige Beiträge über mir wird das fast gefeiert. Mit Johannisvorstadt und eins/Hotel hätte man das wieder einmal ändern und an der Bahnhofstr. näher zusammenrücken können, ebenso gab es Pläne für einen Einbahnstraßenring und/oder Bebauung auf der Theaterstraße, um die Riesenmagistralen etwas aufzubrechen. Gemacht wird das Gegenteil, die Weite wird mit weiteren Klötzen (über deren Gestalt man streiten kann, aber nicht muss) zementiert, der Ring wirkt wie eine Stadtautobahn und bleibt auch so. Da sitzt dann auch niemand im Café oder schlendert locker drüber weg und versteht Bereiche direkt außerhalb des Rings (Bereich Schmidtbank-Passage/Markthalle, Uferstrand/Gunzenhauser/Falkeplatz, Moritzhof, Johannisvorstadt, Parteifalte,... also eigentlich reihum) noch als Kerninnenstadt.


    Zu den Innenstadtarchitekten und Schlossteichpavillonrettern: Das finde ich alles gleichermaßen wertvoll, alles, was unsere Stadt verdichtet, lebenwerter macht, ist gern gesehen.


    Insgesamt fehlt mir, dass in der Stadt jemand sagt: Für die Ecke sollten wir mal einen Gastronomen suchen, hier passt ein kleiner Spielplatz hin, hier braucht es eine längere Fußgängerampelphase, hier die drei Parkplätze stören, hier passen ohne Schmerz acht neue Parkplätze hin, die Brandwand hier könnte gestaltet werden,... ,... . In dieser Stadt wirkt es, als würde alles durch Zufall oder rein privates Engagement passieren, teilweise sogar mit starker Gegenwehr durch die Stadt. Das Gegenteil wäre wichtig. Gebt dem Betreiber der Gondelstation entweder Geld um diese herzurichten, oder jagt ihn vom Hof und sucht einen neuen Betreiber aber lasst es nicht einfach passieren.


    Gleiches am Moritzhof: Gespräche mit Bauherr: Unter diesen Bedingungen kein Spatenstich vorm 1.1.2026, halbwegs einebnen, Gras drauf, wenige Schotterwege, Pavillion in die Mitte, "Caipirinha und Cappuccino", Verleih von Strandstühlen, Lenkdrachen, Wikingerschach. Wenn das schon beim Stadthallenpark und beim Schloßteich keiner hinbekommt, dann zumindest da temporär für die KuHa. Bitte, darf so verwendet werden. Meinetwegen pflanzt einen Irrgarten oder macht eine Gokartbahn aber lasst es nicht wieder einfach nur passieren.


    P.S.: Ich befürche, die Stadt (gemeint: Handelnde und Entscheidende) tut den Megaerfolg KuHa bis auf die recht elitären unmittelbar involvierten Kreise ziemlich ab. Ich sehe keine übermäßigen Bemühungen um ein Fahrradverleihsystem, Hostels, allgemein Infrastruktur, Ansprache und Einbindung der Gewerbetreibenden und "Nichtkulturakteure" der Stadt...

  • Der Vollständigkeit halber mal ein paar Bilder vom Endzustand:

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    Dem Bild nach zu urteilen: Die Gestaltung der Fassade im Innenhof scheint das Highlight am Gebäude zu sein, ist aber leider von Außen nicht zu sehen. 😅 Ansonsten sieht es im Innenhof mit nur dem einen Büschel aber etwas karg aus.

  • @ danke Chemnitz_er. Es gibt also doch noch Leute, die denken, wie ich.


    Arwed das erklärt deine Sicht der Dinge. Aus meiner Sicht muss ich leider konestertieren, dass in den letzten 20 Jahren kein einiziger Neubau in der Innenstadt diese bereichtert hat. Solltest du genau solche Projekte meinen, die auch du verantwortest, sollte man als Architekt vlt. auch mal die kritischen Stimmen anhören und sich nicht nur von den Auftraggebern auf die Schulter klopfen lassen. Ansonsten kannst du dich ja gern mal an einen konkreten Beispiel messen lassen. Hier ist die Gelegenheit offen Lob und Kritik aus einem großen Kreis archtiekturinteressierter Laien zu empfangen.

  • chemnitz_er, Deine Worte teile ich durchaus. Ich liebe alte europäische Städte mit vielfältigen Plätzen und Straßen, sowie tollen Gebäuden aus allen Epochen. Die Frage ist für mich nur, ob es durch die Entwicklungen in Chemnitz in den letzten 120 Jahren eine Chance dafür in dieser Stadt gab. Schon vor dem Krieg stand fast nichts vorgründerzeitliches mehr in der Stadt. Nach den Kriegszerstörungen und der Entwicklung hin zur Bezirkshauptstadt blieben wirklich nur ganz kleine Reste der alten Stadtstruktur übrig. Chemnitz habe ich zum ersten Mal nach der Wende bewusst gesehen und war schockiert über diese öde und leere Innenstadt. Ich sehe es als Fehler an, dass die Wiedergewinnung des alten Stadtkerns innerhalb der Wallanlagen primär mit großmaßstäblichen Einkaufszentren erfolgte. Gleiches erfolgte aber quasi in allen Städten im Osten, was es nicht besser macht. Es ist bezeichnend, dass Schließungspläne für das Kaufhaus der Stadtverwaltung den Angstschweiß ins Gesicht treiben. Hier wurden zwar schon einmal 2 Kaufhäuser öffentlich umgewidmet, aber wieviele Nutzungen fallen einem da noch ein?

    Was ich bei meiner Schilderung über meinen ersten Eindruck von Chemnitz aus den 90ern nicht vergessen möchte, ist, dass ich vieles von den Gebäuden und dem Städtebau in Chemnitz seitdem kennen und wirklich schätzen gelernt habe. Das betrifft in erster Linie die Bauten der klassischen Moderne (wisst Ihr Chemnitzer eigentlich, wie großartig das Schocken ist, oder das Schwimmbad, die Sparkasse, …?), aber auch viele Bauten aus der DDR. Dazu zähle ich in erster Linie das Ensemble aus Stadthalle mit umliegendem Park und der Bebauung an der Brückenstraße, aber auch die Straße der Nationen mit den Kammgebäuden aus der DDR. Es gibt vieles was in Chemnitz (genauso wie anderswo) gar nicht, viel zu schleppend oder ganz einfach falsch läuft. Doch wünsche ich mir hier in der Diskussion etwas mehr Wertschätzung für das was in Chemnitz in den letzten Jahren, aber auch Jahrzehnten erreicht wurde.

  • Hier, kann sich jeder mal mit seiner Meinung einbringen und seine Vision auch denen mitteilen, die es in der Hand haben sie Wirklichkeit werden zu lassen.


    https://www.tag24.de/chemnitz/…aus-sammelt-ideen-2980660

    Huhu, ich bin Privat sehr Architektur interressiert und lese hier schon länger mit.


    Zum Tag24 habe ich mir mal folgende Gedanken gemacht. In meinen Ideen geht es auf einige Ausnahmen nicht darum das sie sofort umgesetzt werden aber in Zeiträumen bis zum Kulturhauptstadtjahr und einige jahrzehnte darüber hinnaus.



    1. Verbesserung der Sicherheit (da es mir selbst nach 20 Uhr in der Innenstadt graut) und ich habe Angst bei den ständigen Vorfällen, z.B. eine kleine Polizeistation in leerstehenden Räumen, gerade im Hinblick auf das Kulturhauptstadt Jahr. Desweiteren mehr kontrollen und eine besser Ausleuchtung und vermeidung dunkler Ecken.



    2. Verbesserung der Fußwege, auf den alten DDR Fußwegen kann man ganz schlecht laufen (Brückenstraße, Theaterstraße, Stadtbad Vorplatz, Straße der Nation bis zum Chemnitzer Hof bzw. Hotel an der Oper)



    3. Mehr Grün und Sitzmöglichkeiten (auch wenn sich da schon mehr getan hat)



    4. Weg von breiten Straßen, sie durchkreutzen die Innenstadt und es hintert ein von einen Bereich in den nächsten zu gehen (Bahnhofsstraße, vom Johannisplatz zur neuen Johannisvorstadt)



    5. Kulturquatier, wann wird endlich das Jahrzehnte Projekte Kulturquatier hinter der Parteisäge angefangen? So viel leeres Gebiet und der Brühl stirbt weiter, es brauch eine Achse vom Karl-Marx-Kopf zum Brühl. Desweiteren finde ich brauch Chemnitz ein Leuchturmprojekt mit endlich Ansprechnender Architektur (z.B. ein Kunsthaus/Kunstakademie mit einen tollen Restaurant und Rooftopbar/Aussicht). Sowas würde auch Junge Leute anziehen die komplett in der Innenstadt fehlen (im Gegensatz zu Leipzig).



    Was mich zu 6. führt, mehr Anziehungspunkte für junge Leute und Mittelschicht, wo ist der Ninersladen im Zentrum oder CFC Fanshop oder Bruno Banani Shop alles Chemnitzer Marken mit den man werben kann was Leute ins Zentrum locken würde.



    Oder ein Delikatesladen wie "Der Fleischladen oder The Cook Family" mit Geschäften im Zentrum. Desweiteren mehr größere Ketten, wie Starbucks oder endlich Losteria. Oder ein Mexiakaner, mehr hochwertige Restaurants im Zentrum, so das man nicht an den Stadtrand muss sondern in das Zentrum, wo gefühlt nichts ist.



    7. Verlängerung der Gastromeile bis zur Markthalle, und reaktivierung des Seeberplatzes und der Markthalle und die Markthalle als das was sie sein sollte, statt Fahrradshop und Poliklinik. Wir haben kaum alte Gebäude im Zentrum und die Markthalle ist gut erhalten, einmal saniert und da könnte man mit Balkon zur Chemnitz Gastronomie und Marktstände dauerhaft ansiedeln und die jetzigen Mieter (bis auf das Pub und Kabret) woanders hin verlangern. Es steht ja leider genug leer.



    8. Reaktivierung des Ratskellers, gerade an den beiden Märkten ist sogut wie keine Gastro (von Peter Pane und dem Eiscafe, Alex, Turmbrau abgesehen). Was auch im Hinblick auf 2025 sehr traurig ist.



    9. mehr Fotoinstaspots im Zentrum (die hängenden Lampen bei Kaufhofparkhaus) waren ein guter Anfang bitte mehr davon.



    10. Mehr Veranstaltungen für junge Leute (lasst das Kosmos bitte nicht sterben)



    11. Sauberheit der Parkhäuser verbessern und sich an die Eigentümer wenden, da sie ja derzeit in einem schlimmen Zustand haben der nicht hinnehmbar ist.



    12. Mehr Fahrradweg im Zentrum, von der Johannisvorstadt zum Brühl



    13. weitere Verdichtung der Innenstadt (Getreidemarkt), siehe Flachbau neben den neuen Bau



    14. Touristische Punkte wie den Karl-Marx-Kopf endlich Touristisch ausbauen, Sitzmöglichkeiten, ein Cafe, besseres Pflaster, weg von den großen Flächen. Man fühlt sich einfach nicht wohl am Karl-Marx-Kopf.



    Joa das waren mal im groben meine Vorschläge auch wenn sicher jeder andere Prioritäten hat. Was mir im Nachhhein noch einfiel, z.B. das Restaurant Hotel Dorint (ehemal Mercure) endlich mal toll ausbauen, das wäre ein Hammer ausblick über die Stadt, egal zu welcher Tageszeit. Leider schaut es da immernoch so aus wie vor 40 Jahren.

  • Arwed Du zählst die klassische Moderne auf, die die meisten hier sehr schätzen und dann noch als Ensamble konzipierte Großprojekte unter SED Führung. Die Einkaufstempel, die noch der deutlichste Versuch waren nach der DDR in ähnlichem Maßstab gestalterische Akzente zu setzen fallen bei dir durch. Ich persönlich finde den Kontrast auf dem Neumarkt gar nicht schlimm. Und würde der Kaufhof sein gläsernes Kaufhaus auch mal gläsern machen und nicht jede Wand mit Regalen zustellen oder Plakate vor die Fenster hängen, wäre das Erscheinungsbild dort auch ein völlig anderes. Am gelungensten für mich ist aber das Areal der Mittelstandsmeile. Kleinteilig, abwechslungsreich, Mischnutzung, Balkone, unterschiedliche Farben, Formen. Wem gefällt das nicht? Die Gassen sind voll, die Leute flanieren, sehen sich um, machen Fotos. Das ist ist Aufenthaltsqualität und Identitätsstiftend wie ich es meine. Aber das ist nur eine einzige Gasse, am Wall isses schon wieder vorbei mit Qualität, am Düsseldorfer Platz isses vorbei mit Qualität. Und am Getreidemarkt wird genau das fortgeführt! Wir bekommen nicht mal 2 Straßenzüge hin, die das Konzept des alten Vorkriegsstadtkernes aufgreifen und wenigstens in Ansätzen erlebbar machen. Aber dann gucken sich alle an und wundern sich warum sich dort nur zwielichtige Gestalten, Trinker, Randalierer etc. aufhalten. Und in der Johannisvorstadt passiert exakt das gleiche. Anstatt an das Erfolgsmodell der Mittelstandsmeile anzuknüpfen werden riesige gesichtslose Renditeobjekte ausm Boden gestampft, an denen alle schnell vorbei huschen werden. Die nichts fürs Auge bieten und jegliche Aufenthaltsqualität vermissen. Zur Bahnhofstraße hin kann ich das ja noch verstehen aber selbst die alten Straßenzüge, die dahinter wieder neu entstehen werden Hinterhöfe ohne gestalterischen Anspruch. Erst gestern lese ich, dass die einzigartige Mikwe wohl nie wieder einen Platz in der Mitte des Raumes finden wird. Am liebsten will man ein Modell ins Schlossbergmuseum stellen. *facepalm* Und wenn ich mit dieser Meinung alleine dastehe, frage ich mich, wo sind die Menschen, die an der Eins Zentrale verweilen, vorm smac sitzen und Kaffee trinken, das technische Rathaus fotografieren? Warum sollte ich solche Baufehler wertschätzen? Es sind Fehler!

    Einmal editiert, zuletzt von KMS1983 ()

  • KMS1983, zuerst mal eine Frage: die Bauten der klassischen Moderne in Chemnitz schätzt auch Du sehr? Das SMAC, d.h. das ehemalige Kaufhaus Schocken von Erich Mendelsohn, ist für Dich jedoch ein Baufehler. Das kann ich inhaltlich leider nicht ganz nachvollziehen.

    Dann habe ich die Einkaufscenter in der Stadtmitte nicht deshalb als Fehler bezeichnet, weil ich sie von ihrer Architektur her ablehne (das Kaufhaus von Helmut Jahn finde ich sogar ziemlich OK, die Galerie Roter Turm mit der Fassade von Kollhoff gefällt mir tatsächlich wirklich nicht). Ich empfinde diese Bauten hingegen als Fehler, weil sie große Flächen des historischen Stadtkerns mit Monofunktionen zupflastern, die sich ausschließlich nach innen orientieren. Schaufenster sind nicht alles, Ladeneingänge gibt es nur sehr wenige. Wie gesagt, das ist in vielen Städten leider genauso falsch gelaufen. Die Mittelstandsmeile finde ich tatsächlich auch super. Das ist zwar keine herausragende Architektur, aber die Kleinteiligkeit und Nutzungsmischung sind genau richtig für eine lebendige Innenstadt. Die Bebauung am Getreidemarkt finde ich in jeder Hinsicht fürchterlich. Das neue Johannisviertel will ich noch nicht abschreiben. Ich halte es aber für vollkommen unrealistisch, dass die Stadt Chemnitz hier mehr hätte erreichen können. Die Alternative wäre in meinen Augen der Fortbestand der Brachflächen gewesen. Das wäre für mich die schlechtere Wahl gewesen. Es ist leicht, sich hier hinzustellen und die wunderbaren neuen Stadträume auch für Chemnitz einzufordern, die es sicherlich immer mal wieder in anderen Städten gibt. Doch mehr ist für Chemnitz einfach nicht drin, dafür ist die Stadt für Investoren nicht attraktiv genug. Chemnitz hat aber eine vom Städtebau und der Architektur der DDR geprägte Innenstadt. Das ist ein Fakt und an dem wird sich auch nichts ändern, selbst wenn man das noch so schlimm findet.

  • und mehr soll es für mich auch nicht sein. es ist einfach meine Meinung, die ich aber gern immer wieder auf entsprechenden Diskussionen anbringe. Beim smac haben wir uns missverstanden. Ich meine nicht den Bau per se sondern die Raumgestaltung davor sowie das Super8 Hotel, das auf der ersten Viso auch einen deutlich gefälligeren Eindruck gemacht hat als das, was am Ende bei raus kam. Beim Simmelbau und dem was daneben enstehen soll, erfährt die Bevölkerung gleich gar nicht offiziell, wie es mal aussehen soll. Die Bilder, die in Unlauf sind werden durch 3. gesteut oder sind bereits veraltet. In deinem letzten Punkt muss ich dir erneut widersprechen. Hätte es eben wie in Frankfurt oder Dresden nicht den großen Druck aus der Bevölkerung gegeben, für Chemnitz gilt das beim Viadukt über die Annaberger Straße, hätte es keine so schöne Rekonstruktion von Vorkriegsgebäuden gegeben. Oder wäre das Viadukt einfach abgerissen worden. Und in beiden Städten kannste jetzt jemanden auf die Fläche stellen und fragen wo sind Sie? Beide werden die Stadt erraten können. Das galt vorher für viele sicher nicht. Insofern müssen wir Bürger hier deutlich sagen, dass das, was hier geschieht nicht richtig ist. Damit abfinden werde ich mich niemals. Im kleinen haben wir es durch unseren Einsatz aufm Brühl sogar geschafft, dass die charakteristischen Kugelleuchten in Form und Größe ähnlich nachgebildet werden. Sonst wären die nämlich auch still und heimlich abgebaut worden, so wie es heute mit den Gaslaternen passiert, obwohl ein Nachbau möglich wäre. SO beraubt man den Städten ihre Individualität. Alles sieht gleich aus, die Vielfalt geht flöten. Das gilt es zu verhindern und den Entscheidern begreiflich zu machen.

  • Die Situationen in Frankfurt am Römerberg und in Dresden am Neumarkt sind sicher nicht auf Chemnitz übertragbar. Natürlich sind Bürgerinitiativen wichtig. Es gibt keine Stadt in der es da keine tollen Beispiele für deren Wirken gibt. Bitte nicht missverstehen, den Erhalt der Eisenbahnbrücke finde ich großartig. Glückwunsch, dass das gelungen ist! Doch in Dresden, Frankfurt oder auch in Potsdam wurden und werden herausragende Ensembles der Altstadt rekonstruiert. Was aus der Chemnitzer Vergangenheit siehst Du denn als vergleichbar bedeutend an? Doch die historische Chemnitzer Innenstadt ist fast komplett verloren gegangen und wurde durch etwas anderes ersetzt, was die Stadt heute charakteristisch macht. Das absolute Wahrzeichen der heutigen Stadt in der überregionalen Wahrnehmung ist der Marx-Kopf und das Schriftfeld dahinter. Das denke ich mir doch nicht aus! Chemnitz kann sich natürlich auch neue Wahrzeichen schaffen, aber ob da der Blick z.B. nach Dresden hilft, bezweifle ich.

  • chemnitz_er, Deine Worte teile ich durchaus. Ich liebe alte europäische Städte mit vielfältigen Plätzen und Straßen, sowie tollen Gebäuden aus allen Epochen. Die Frage ist für mich nur, ob es durch die Entwicklungen in Chemnitz in den letzten 120 Jahren eine Chance dafür in dieser Stadt gab. Schon vor dem Krieg stand fast nichts vorgründerzeitliches mehr in der Stadt. Nach den Kriegszerstörungen und der Entwicklung hin zur Bezirkshauptstadt blieben wirklich nur ganz kleine Reste der alten Stadtstruktur übrig. Chemnitz habe ich zum ersten Mal nach der Wende bewusst gesehen und war schockiert über diese öde und leere Innenstadt. Ich sehe es als Fehler an, dass die Wiedergewinnung des alten Stadtkerns innerhalb der Wallanlagen primär mit großmaßstäblichen Einkaufszentren erfolgte. Gleiches erfolgte aber quasi in allen Städten im Osten, was es nicht besser macht. Es ist bezeichnend, dass Schließungspläne für das Kaufhaus der Stadtverwaltung den Angstschweiß ins Gesicht treiben. Hier wurden zwar schon einmal 2 Kaufhäuser öffentlich umgewidmet, aber wieviele Nutzungen fallen einem da noch ein?

    Was ich bei meiner Schilderung über meinen ersten Eindruck von Chemnitz aus den 90ern nicht vergessen möchte, ist, dass ich vieles von den Gebäuden und dem Städtebau in Chemnitz seitdem kennen und wirklich schätzen gelernt habe. Das betrifft in erster Linie die Bauten der klassischen Moderne (wisst Ihr Chemnitzer eigentlich, wie großartig das Schocken ist, oder das Schwimmbad, die Sparkasse, …?), aber auch viele Bauten aus der DDR. Dazu zähle ich in erster Linie das Ensemble aus Stadthalle mit umliegendem Park und der Bebauung an der Brückenstraße, aber auch die Straße der Nationen mit den Kammgebäuden aus der DDR. Es gibt vieles was in Chemnitz (genauso wie anderswo) gar nicht, viel zu schleppend oder ganz einfach falsch läuft. Doch wünsche ich mir hier in der Diskussion etwas mehr Wertschätzung für das was in Chemnitz in den letzten Jahren, aber auch Jahrzehnten erreicht wurde.

    Hier muss ich nochmal ran. Ich schätze jegliche Bemühungen, sehe sie aber selten, vielleicht bin ich auch einfach nicht informiert genug. Warum es wegen der traurigen Zerstörung der Innenstadt heute nicht die Möglichkeit für Plätze mit Aufenthaltsqualität geben soll, erschließt sich mir nicht. Ich habe sie an anderer Stelle benannt: Was genau ist denn z.B. beim Düsseldorfer (https://upload.wikimedia.org/w…z_in_Chemnitz%2C_2015.jpg), Dresdner (https://upload.wikimedia.org/w…emnitz-Dresdner-Platz.jpg), Campus- (https://maps.app.goo.gl/wSbmqKwHTGvdnVMCA), Bahnhofsvor- (https://media.tag24.de/951x634…n0einxwzjyvid4gubnnlm.jpg) oder Stefan-Heym-Platz (https://upload.wikimedia.org/w…itz-Stefan-Heym-Platz.jpg) alles schief gelaufen, damit man das als "gute Arbeit" empfinden kann? Als Düsseldorf, Dresden oder Nachfahre von Stefan Heym würde ich die Stadt wahrscheinlich auf Umbenennung verklagen. Ich war dieser Tage z.B. in Erfurt, dort gibt es soetwas: https://www.rehwaldt.de/0_img/…E/Flow/IMG_9489_bearb.jpg. Und es gibt unzählige Beispiele, wie man heutzutage Plätze und Wege gestalten kann, um Aufenthaltsqualität zu erzeugen. Die Chance hätten wir an sovielen Stellen, sie wird aber nicht genutzt.


    In einem anderen Beitrag schreibst du "Das absolute Wahrzeichen der heutigen Stadt in der überregionalen Wahrnehmung ist der Marx-Kopf und das Schriftfeld dahinter. Das denke ich mir doch nicht aus!" - und gerade dann: Warum hat es die Stadt in 30 (!) Jahren nicht geschafft, dort das Umfeld (https://cdn.amber-hotels.de/wp…monument-as_141415148.jpg) maßgeblich zu verschönern und eine Cafébar "Marx" anzusiedeln, die das Umfeld des Nischels nutzt und einbindet? Warum ist dort drumherum nichts, außer temporärer Nutzung für selten geöffnete Kulturthemen?

  • chemnitz_er, ich bin mir nicht ganz sicher, wer der Adressat Deines Kommentars ist. Ich kann es nicht sein, denn ich habe keinen dieser Plätze auch nur erwähnt. Dann halt jetzt: Den Campus finde ich gar nicht schlecht. Die Bäume da brauchen noch etwas Zeit sich zu entwickeln. Der Heym-Platz ist nur ein winziges Restdreieck an der Straßenkreuzung. Wer hätte da besseres gestalten sollen? Beim Düsseldorfer Platz wäre allerdings wirklich viel mehr drin gewesen. Der Vergleich mit dem wunderschönen Platz in der Erfurter Altstadt ist allerdings sehr unfair.

    Ja, der Marx-Kopf ist für mich das Wahrzeichen der Stadt. Siehst Du das denn anders bzw. was ist denn sonst das Chemnitzer Wahrzeichen? Warum es dort keine Bar gibt? Weiß ich nicht! Soll das die Stadt Chemnitz machen? Ich denke zwar nicht, dass das Aufgabe einer Kommune ist. Allerdings ist es auch nicht mein Anliegen, die Stadtverwaltung zu verteidigen.

  • Arwed Dann deute ich dein "Ich liebe alte europäische Städte mit vielfältigen Plätzen und Straßen, sowie tollen Gebäuden aus allen Epochen. Die Frage ist für mich nur, ob es durch die Entwicklungen in Chemnitz in den letzten 120 Jahren eine Chance dafür in dieser Stadt gab." sicher falsch. Es klingt, als gäbe es keine oder deutlich schlechtere Chancen für die Entwicklung von "vielfältigen Plätzen und Straßen" wegen der Entwicklungen in Chemnitz. Und da halte ich gegen: Schade, dass es wenige "wirklich alte" Gebäude gibt, schöne Plätze und Straßen hätte man trotzdem entwickeln können... müssen. Und wenn das vorm SMAC nicht möglich war (warum eigentlich, so wenig Platz ist da gar nicht), dann hätte man es nicht Platz nennen und ihm dann auch noch einen so recht wichtigen Namen geben sollen. Dazu kommt die Nutzung: Das SMAC hat jetzt scheinbar das Betreiben (lassen) einer Gastro ganz aufgegeben, man kann da also im Landesmuseum für Archäologie keinen Kaffee mehr trinken (oder?), sich dann noch damit auf den Platz direkt davor zu setzen, wie in anderen Städten ganz üblich, scheint niemandem in den Sinn zu kommen. Der Campusplatz ist nichts als eine riesige geteerte Fläche mit wenigen Sitzelementen in ähnlicher Farbe. Die Bäume brauchen noch Jahr(zehnt)e und auch dann ersetzen sie nicht etwas Grün und andere Materialien und Farben, als Teer und Beton. Beim Erfurter Platz (der nur ein Beispiel ist) geht es mir weniger um das Drumherum. Die Platzgestaltung ist einfach schön und Wasserzugänge hätten wir auch, wir nutzen sie nur nicht. Warst du in den letzten Jahren einmal am Seeberplatz?


    Ich sehe den Marx-Kopf auch als das Wahrzeichen und selbstverständlich sollte aus meiner Sicht gerade in einer Stadt mit etwas schwierigeren Bedingungen auch die Stadt selbst versuchen, zu bestimmten Entwicklungen zu motivieren und im konkreten Fall z.B. einen Betreiber für eine Gastro suchen und notfalls hofieren. Unabhängig davon ist auch am Umfeld allgemein Luft nach oben - es sieht oft schmuddelig aus, die Rampe neben den Stufen ist ein Schotterberg, es fehlen Auflockerungen und Sitzmöglichkeiten, überall wächst Unkraut. Es ist wie vielerorts: Es wird sich mit dem Bild abgegeben.


    Unabhängig davon könnten wir aber auch mehr Wahrzeichen etablieren und in ein anderes Licht rücken. Vielleicht fällt uns an/zur/mit der Essen mehr ein, unsere Markthalle ist toll, ein Pfad der Brunnen vielleicht, die erste (?) Innenstadt mit Stand Up Paddles auf dem Schloßteich, vielleicht doch eine Drahtseilbahn auf den Kaßberg,... . Leider wird in Chemnitz das Naheliegende zu selten getan und visionär geht scheinbar gar niemand ran.

  • ^^


    Mit deinen letzten Satz sprichst du mir so aus der Seele, ich vermisse die großen Visionen, wie noch die Galerie Roter Turm oder der Kaufhof. Beide Gebäude sind auch in schweren Zeiten entstanden aber heute wagt man garnichts mehr und das finde ich bedenklich und traurig.


    Ich mein das die Stadtverwaltung schon an kleinigkeiten wie sauberkeit oder Platzgestaltung scheitert, finde ich schon bedenklich. Geld hin oder her.

  • Danke für ein paar unterstützende Worte zu meinen Ideen. Ich finde bedenklich, wie Arwed versucht uns mitzuteilen sich quasi, mit dem zufrieden zu geben, was wir doch haben. Das Alte kommt nicht wieder und man sollte anscheinend auch keine Bemühungen hineinstecken, dieses wenigstens in Teilen, als Anlehnung oder gestalterisch einzufordern. Damit raubt man den Städten immer weiter ihre Identität und Einzigartigkeit. Wenn du tatsächlich an der Stadtgestaltung mitwirken konntest, erkenne ich, weshalb es ein Kampf gegen Windmühlen ist die Entscheider zu mehr Mut aufzufordern. Wird ihnen doch durch Leute wie dich anscheinend immer wieder das Gegenteil schmackhaft gemacht. Die Stadtgesellschaft selbst wird ja idR nicht mehr gefragt. Und danke, dass hier auch mal auf Erfurt gezeigt wird. Die Stadt ist kleiner als Chemnitz und versteht es doch deutlich besser mit seinem architektonischen Erbe umzugehen. Die Ausführungen zum Nischel oder dem Seeberplatz unterschreibe ich ich sofort. Und das gegenseitige Warten von Land und Kommune, wer denn als erstes mit dem Areal um den Nischel anfängt, damit man entweder sanieren kann oder dahinter bauen kann, ist an Peinlichkeit nach den Lippenbekenntnissen von 2019 unserer BabaLu und Kretsche kaum zu überbieten. Und so ziehen die Jahrzehnte ins Land und Chemnitz fällt weiter zurück. Es entstehen Belanglosigkeit und Konformität. Bald werden uns Halle und Magedeburg auch noch in der Größe überholen, später Erfurt. Da kannste hier erst Recht zusperren.

  • Neue Chemnitzer Schule zu teuer: Bund der Steuerzahler beklagt Verschwendung


    Die gerade fertiggestellte Oberschule am Richard-Hartmann-Platz ist mit Baukosten von etwa 36 Millionen Euro deutlich teurer als vergleichbare Schulneubauten. Diese Einschätzung vertritt der Bund der Steuerzahler und setzt das Projekt im jetzt veröffentlichten Ranking um den Negativpreis für Steuerverschwendung "Schleudersachse" auf Rang 3.


    Eventuell hätte man für das Geld auch ein Bestands(z.B. Industrie-)gebäude herrichten, zumindest aber nicht den Festplatz bebauen können.

  • ^


    Ich will nochmal Bezug auf den Mopo Artikel nehmen, der aus der Begründung zitiert:

    "Ursächlich ist das Zusammenwirken von großzügigem Raumprogramm, einem nicht alltäglichen Gebäudeentwurf und der durchgehenden Verwendung teurer Materialien." sowie "fachkundiger Bauherr hätte man nur die Räume bauen sollen, die wirklich notwendig sind"


    Entschuldigung, aber bitte was?

    Eine Schule muss kein Palast sein, der es mit der Frauenkirche oder Neuschwanstein etc. aufnehmen kann, soweit stimme ich zu. Aber hier ausgeprägte Steuerverschwendung anzuprangern, weil eine Schule, eine der wichtigsten Institutionen die wir haben, großzügige Räume hat, die nicht auf das absolute Minimum (am besten genormt nach DIN in Deutschland) und nicht alltäglich designed ist? Gehts noch???


    Hätte ich ein "gleichwertiges" Ergebnis an anderer Stelle mit etwas günstigeren Materialien sparsamer bauen können? Kann man diskutieren. Aber was der Bund der Steuerzahler hier abzieht zeigt mir u.a., was in Deutschland schiefgeht.


  • ^ Halb so wild, ist halt ein Pressespielchen. Man möchte suggierieren, daß "der Staat" mit (Steuer)Geld nicht sonderlich gut umgehen kann, ist eben Lobbying.

    Viele der vorgeworfenen Beispiele der letzten Zeit empfand auch ich als fraglich, überzogen, oder fachlich klar abseitig bzw. praxisfern.

    Der Rechnungshof ist die unabhängige Finanzaufsicht für den Staat, hier schreibt der BdSt auch oft nur ab. Zudem hat der Staat inhärente Mechanismen, welche Verschwendung möglichst ausschließen (mal abgesehen von Kostensteigerung während der Bauphase). Der BdSt hingegen ist ein bürgerschaftlicher Lobbyverein, welcher 15 Mitarbeiter in Berlin unterhält. Die immerhin 200000 Mitglieder rekrutieren sich v.a. aus alljenen, die meinen, zuviel Steuern zu zahlen - also v.a. Mittelständlern, Wohlhabenden etc. Es geht dabei um eine neoliberale Zielstellung eines weitgehend "schlanken Staates" mit niedrigen Steuersätzen. Man führe sich mal den Punkt "Kritik" bei wiki zu Gemüte, da wird einem vieles klarer. Also ernst kann man den Verein keinesfalls nehmen.

    Wenn es ihnen wirklich ums gute Geld beim Staat ginge, dann würden sie die Themen Steuerflucht, -vermeidung etc. nicht beschweigen, dort schlummern ja Milliarden. Und transparent ist Verein wie Arbeitsweise auch nicht zu nennen, vom Bauen im Speziellen haben die teils Politwissenschaftler auch nur wenig Verständnis. Also halb so wild.

  • ^ Verstehe den Punkt und will auch gar nicht widersprechen, dass man einer Gruppe mit Partikularinteresse zu viele Gedanken und zeit widmen sollte. Das Ausmaß, mit dem die "Erkenntnisse" durch die Medien gejagt werden, und sei es nur für ein paar Tage, finde ich doch etwas ernüchternd. Aber gut, Schwamm drüber I guess.


    Zum Vergleich Berichte aus dem Land mit den besten Böden: Schulen in Bayern. Nein, ich habe keinen Vergleich im Detail gemacht (Fläche etc.). Finde es aber auffällig, das neuere Schulbauten gefühlt häufiger der Quaderform mit Innenhof folgen. Auch ein Beispiel aus Berlin hab ich erst kürzlich gesehen.