Rahmenplan "Innenstadtkonzept Frankfurt"

  • Das ist wie mit der unendlichen Anzahl Taschentücher im Koffer: In einen vollen Koffer passt immer noch ein Taschentuch. Dann ist der Koffer voll. Iterieren...


    Natürlich kann man in Frankfurt Straßen verengen, sperren, durch Tempolimits in der Kapazität begrenzen - jede einzelne Maßnahme hat kaum wahrnehmbare Wirkung auf den Gesamtverkehr, aber irgendwann geht es einfach nicht mehr. Wenn dann die Maßnahmen permanent umgesetzt sind, kann man sie nicht mehr zurücknehmen und muss damit leben, dass sich der Verkehr seine Wege sucht.


    Alternativen zur Berliner Straße gibt es leider sehr wenige, insbesondere, wenn Start und/oder Ziel nicht all zu weit von der Berliner Straße selbst entfernt sind. Und Umwegverkehr auf anderen Straßen ist auch nicht das, was die Stadt unbedingt braucht.


    Dazu kommt, dass gerade bei der Berliner Straße die Ausweichstrecken nicht unbedingt permanent verfügbar sind, da das Mainkai mehrfach im Jahr gesperrt ist.


    Die früheren Ost-West-Verbindungen (Zeil, Bleidenstraße/Töngesgasse, auch Rossmarkt/Große Eschenheimer/Bleichstraße, Südliches Mainufer) sind ja inzwischen alle entweder verkehrsberuhigt, Einbahnstraße oder eben nicht zuverlässig verfügbar.

  • ^ Bei der Berliner Straße handelt es sich um eine Schneise, der gerade den am meisten besuchten Teil der Altstadt zerteilt. Sie ist breiter als etwa die Via Ugo Bassi in Bologna, die genauso wie die Via dell Indipendenzia den meistbesuchten Teil dort zerteilt. Das aber nur noch werktags - am Wochenende habe ich beide Straßen komplett gesperrt erlebt, wodurch man wundervoll entlanglaufen konnte. Komplett gesperrt, nicht nur verengt, wie für die Berliner Straße vorgeschlagen wird.


    Ich wette, man könnte leicht eine Untersuchung bekommen, die im Namen der Autogerechten Stadt nicht nur von jeder Verengung abrät, sondern auch möglichst eine Verbreitung empfehlt. Staus hat Ähnliches in der Vergangenheit nicht beseitigt, dafür die zu Fuß erlebbare Lebensqualität zerstört. Zeit zur Umkehr - und es geht nicht um "Öko-Wahn", sondern um die Attraktivität der Stadt, die auch wirtschaftliche Aspekte hat.


    Neben dem Straßenrückbau muss auch sehr viel am Straßenbild der geschundenen Frankfurter Altstadt passieren - das Römer-Areal kann noch nicht das Ende sein. Beim Goethe-Museum braucht man nicht lange zu überlegen - am passendsten ist der Entwurf, der am meisten den historischen Charakter wiederherstellt. Diese Prämisse sollte noch für viele andere Gebiete entlang des Mainufers und der Berliner Straße gelten - wo nicht gerade ein Hochhaus vorgesehen ist, kann ein niedriges Haus gerne altwürdig wirken.

  • ^Dass man in einer Stadt auch 2014 oder 2030 noch ein paar Straßen braucht, über die der Verkehr von einem Ende des Stadtkerns ans andere Ende des Kerns kommt, ohne Fußgängerzonen zu durchqueren, sollte auch nach dem Auslaufen des Modells der Autogerechten Stadt akzeptiert werden.


    Gerade dann, wenn ich eine Fußgänger- und Fahrradgeeignete Stadt bauen will, muss ich mir über den MIV, Lieferverkehr und insbesondere an touristischen Zielen auch Busverkehr und -abstellflächen Gedanken gemacht haben, bevor ich zu Presslufthammer und Schippe greife. Wenn ich mir den Verkehr im Bereich Bleidenstraße/Töngesgasse ansehe, dann ist das ein Zeichen dafür, dass es offensichtlich für einige schon heute attraktiver ist, über diese "Fahrradstraße" zu fahren, als runter zur Berliner, auf die sie dann über die Hasengasse doch müssen.
    Eine Reduzierung der Leistungsfähigkeit der Berliner Straße wird diesen Schleichverkehr verstärken - das Ergebnis ist dann weder autogerecht, noch hilft es den Fußgängern und Radfahrern, die sich dann am Liebfrauenberg zwischen den mit laufendem Motor stehenden Autos hindurchzwängen müssen.
    Irgendwann wird dann sogar die Braubachstraße mit Schleife über Domstraße und Fahrgasse oder verbotenem Linksabbiegen bei der Einfahrt in die Fahrgasse attraktiv. Prima Leistung für die Verkehrsentlastung des Altstadtgebiets.


    Ansonsten: Die Besuchergruppen nördlich und südlich der Berliner Straße sind durchaus unterschiedlich, während der Norden hier (alltags-)konsumorientiert ist, liegt südlich der Berliner Straße der eher touristische Schwerpunkt - geringfügige Ausläufer der Orientierung auf (insbesondere asiatische) Touristen finden sich noch auf der Nordseite der Berliner Straße, ja sogar im nach allgemeiner Lesart "vom Römerberg abgeschnittenen" Bereich Kornmarkt, Weißadlergasse, Hirschgraben, jedoch nach meinem Eindruck kaum noch in dem (von der Nordseite der Berliner aus ohne weitere Straßenüberquerung erreichbaren!) Gebiet oberhalb der Südseite der Kleinmarkthalle - also schon am Liebfrauenberg kaum noch (Lebkuchen Schmidt mit den echt Nürnberger Lebkuchen in Frankfurt).


    Eine Verkehrsberuhigung kann hier m.E. nur durch Verlängerung des Theatertunnels um 750 Meter mit neuer Rampe zwischen Fahrgasse und Kurt-Schumacher-Straße erfolgen.

  • ^ Die Straße soll ja bestehen bleiben, nur enger als bisher - aber bestimmt ausreichend für die wenigen Anwohner. Die vierspurige ist auf den Durchgangsverkehr ausgelegt, der die gute Stube der Stadt gerne verschonen könnte. Dass irgendwer sich das vermeintliche Recht herausnehmen sollte, regelwidrig zu fahren, ist kein Argument - dafür gibt es die Verkehrspolizei.


    Noch einmal - es kann nicht so sein, dass über die Stadtplanung einzig die Belange der Autofahrer entscheiden sollten, jene der Fußgänger sollten in der Innenstadt nicht minder wichtig sein. Persönlich laufe ich bei jedem Frankfurter Besuch zwischen der Hauptwache, dem Römer und dem Main (meistens am Eisernen Steg) hin und her. Anders geht nicht einmal - wie soll sonst ein Tourist den Römer erreichen?


    Das Thema erinnert an die Kölner Nord-Süd-Verbindung, die dort ganz ähnlich die Altstadt zerschneidet - und dem Masterplan nach zurückgebaut werden soll. Demnach wollen die IHK und manche konservative Politiker diese tiefer legen, die anderen Kommunalpolitiker würden sie nicht nur weit stärker zurückbauen, sondern auch die umliegenden Straßen einbeziehen. Dass diese Schneise wie gehabt verbleiben sollte, scheint dennoch keiner zu meinen - alle merken wohl die verheerende Wirkung ähnlich jener der Berliner Straße. (Meint im Frankfurter Stadtrat irgend jemand, die Berliner Straße würde gar nicht stören?)
    Und hier kommen wir zum 750 Meter langen Autotunnel - kann sich solchen heute überhaupt noch jemand leisten? Gäbe es da keine Probleme mit der U-Bahn, die es in der Nähe des Doms/Römers unter der Straße geben muss? Die Idee bestätigt übrigens, dass es bloß um den Durchgangsverkehr geht, den man mal quer durch die Altstadt leiten möchte und mal darunter.

  • Du erweckst bei mir den heftigen Eindruck eines starken Mangels an Ortskenntnis sowie eines ebenso starken Bedürfnisses nach Aktion statt Denken. Das ist nicht gut.


    Mir geht es nicht um pro Auto sondern um einen Plan, den man macht bevor man irgendetwas zurechtwuselt. Die Folgen eines "ach nur ein bisschen enger" habe ich oben aufgezeigt, warum das nicht eintritt solltest Du erklären.


    Die schon öfter diskutierte Idee, ähnlich wie in Düsseldorf, einen Tunnel am Flussufer zu bauen, ist wegen der besonderen Bedingungen am Ufer wesentlich teurer und bringt im kritischen Bereich der Altstadt deutlich weniger Nutzen.


    Der Vergleich mit der Nord-Süd-Fahrt hinkt gewaltig. Die Nord-Süd-Fahrt ist bspw. zwischen Minoritenstraße und Brückenstraße zehnspurig (Rechtsabbieger Süd, drei geradeaus Süd, zwei Linksabbieger Nord, drei geradeaus Nord und rechtsabbieger Nord), während die Berliner Straße an der breitesten Stelle (Kreuzung Kornmarkt) nur sechs Spuren hat, ansonsten vier plus Abbieger.
    Davon sollen zwei, nämlich die für alle, die nur durch wollen, ohne zusätzliche Ausfahrten weiter zur Battonstraße geführt werden.


    Das Tunnelstück liegt innerhalb der Krümmung der B-Strecke zwischen Konstablerwache und Römer - nicht zuletzt deshalb muss der Tunnel vor der Kurt-Schumacher-Straße an die Oberfläche.
    In der "autogerechten Stadt" würde man ihn auf die andere Seite der KSS verlängern, die Ein/Ausfahrt in die Stoltzestraße/Battonstraße verlegen, und für die Abbieger von der Kurt-Schumacher-Straße auf die Berliner eine Tunneleinfaht dazubauen. Die 750m sind das notwendige Minimum, um den Verkehr aus dem Bereich der Altstadt zu entfernen, so dass ein Rückbau der Verkehrskonstruktionen zur Berliner Straße, beginnend an der Weißfrauenstraße bis zur Fahrgasse möglich wird. Dazu gehört dann auch der Rückbau der zuführenden Straßen auf eine Fahrspur je Richtung ohne separate Abbiegespuren, was den Fußgängern am Kornmarkt sicher auch zu gute kommen kann.


    Anderenfalls muss man bereits am Baseler Platz, bei de Einfahrt in die Wilhelm-Leuschner-Straße bzw. bei der Einfahrt von der Hanauer Landstraße auf die Allerheiligenstraße eingreifen und den Durchgangsverkehr des inneren Stadtkerns umleiten.
    Dabei ist der Cityring in beiden Richtungen, in jedem Fall aber in Ost-West-Richtung, meiner Meinung nach nicht in der Lage, den zusätzlichen Verkehr der Berliner Straße vollständig aufzunehmen.

  • Ich sehe das ähnlich wie Xalinai! Der Plan der Einengung der Berliner Straße ist ein Schnellschuss!!:Nieder:
    Ich habe nichts einzuwenden gegen eine Umgestaltung der Berliner Straße (gerne in Form der Wilhelmstraße in Wiesbaden), aber es muss eine Alternative geboten werden um innenstadtnah in Ost-West-Richtung fahren zu können. Durch die Einengung der Berliner Straße gäbe es nur noch die Routen am Main, entlang der Wallanlagen oder vielleicht noch über Kennedyallee/Gartenstraße. Keine dieser Straßen wird allerdings in der Lage sein, ein Mehraufkommen an Verkehr aufzunehmen.
    Eine Verlängerung des Theatertunnels bis zur Kurt-Schumacher-Straße (oder mMn besser bis zum Allerheiligentor) würde den Durchgangsverkehr perfekt durch die Innenstadt schleusen und die Berliner Straße könnte umgestaltet werden.

  • Du erweckst bei mir den heftigen Eindruck eines starken Mangels an Ortskenntnis sowie eines ebenso starken Bedürfnisses nach Aktion statt Denken.


    Ich sehe - die Argumente sind offenbar ausgegangen, dann wird persönlich.


    Dabei ist der Cityring in beiden Richtungen, in jedem Fall aber in Ost-West-Richtung, meiner Meinung nach nicht in der Lage, den zusätzlichen Verkehr der Berliner Straße vollständig aufzunehmen.


    Dann müsste man nach Möglichkeiten suchen, den PKW-Verkehr u.U. kleiner zu machen, wozu es genügend Möglichkeiten gibt - ob eine City-Maut oder andere - die ich hier nicht in epischer Breite beschreiben werde. Genauso die Berliner Straße wie die Kölner NS-Durchfahrt und manche andere entspringen einem Denken, nach dem die PKW-Durchfahrbarkeit die oberste Priorität hat - was sonst mit der Stadt passiert inklusive der Erlebbarkeit als Fußgänger hatte sich dem unterzuordnen. Eine meiner frühesten Erinnerungen an Frankfurt - es gibt eine Sichtbeton-Fußgängerbrücke über einer der Tunnelrampen des Autotunnels im Zug der Berliner Straße (Theatertunnel), erreichbar über ein paar Stufen, weil der Einschnitt dort nicht tief genug ist. Gleich habe ich den Ort als denkbar unwirtlich empfunden (kein Wunder, dass die meisten Touristen möglich in der Römer-Nähe bleiben).
    Noch eine Rampe neben dem Museum für Moderne Kunst? Auch wenn dort relativ weniger Leute rumlaufen (warum wohl?) - auch dort ist die Berliner Straße bereits jetzt eine stark trennende Schneise.


    Der neue Ansatz - die Stadt sollte wirtlicher werden und diesmal sollen sich die Verkehrsströme dem unterordnen. Stimmt, es ist nicht mehr die Vorzugsbehandlung, die man die letzten Jahrzehnte gewohnt war und die tiefe Wunden ins Stadtbild geschnitten hat. Und das ist gut so.

  • Ich habe nicht gesagt, du hättest keine Ahnung, ich sprach davon, dass Du bei mir den entsprechenden Eindruck erweckst.
    Den verstärkst du jetzt weiter durch ein hartnäckiges Verweigern jeglicher konkreter Vorschläge in Richtung einer Lösung des Problems und Wiederholung der politischen Seifenblasen.


    Und, nein, ich will nicht noch eine Rampe, ich will eine bessere Rampe statt einer anderen, schlechten. Den Unfug mit der Bücke über den Graben braucht man ja nicht zu wiederholen - nicht zuletzt, weil man in diesem Bereich keine so lange Rampe braucht: Der bestehende Tunnel unterquert meines Wissens Teile der U-Bahn-Station Willy-Brandt-Platz und kommt von ziemlich weit unten und sollte halt am Kornmarkt schon oben sein, wohl auch um das Parkhaus Hauptwache zu erschließen.
    Im Bereich der Berliner Straße könnte der Tunnel ziemlich flach unter der Oberfläche geführt werden, so dass die Rampe in das verfügbare Straßenstück Battonstraße passt.

  • "Pfiffige Projektentwickler" gesucht

    Die Volltextsuche auf den letzten Seiten ergibt, dass dieser FR-Artikel vom 06.08 noch nicht verlinkt wurde - Cunitz zeigt den Journalisten Beispiele des verschwenderischen Umgangs mit der Fläche mitten in der City, u.a. frei stehende Stellplätze für städtische Bedienstete. Zu den Beispielen gehöre die breite Berliner Straße, derer Rückbau ein ganz entscheidendes Projekt sei. Die Zeit der Flächenverschwendung zugunsten der Autofahrer gehe zu Ende.


    Weiter wurde ein Ensemble mit Ensembleschutz zwischen der Alten Mainzer Gasse und der Limpurgergasse vorgestellt - abends sei das Bürogebiet tot. Was genau an den 1950er-Bauten schützenswert ist, müsste jemand erklären - persönlich sähe ich kaum 100 Meter vom Römer entfernt Platz für ein paar weitere individuell gestaltete, gerne rekonstruierte Giebelhäuser mit Lokalen in den Erdgeschossen. (Stadtkarte '1861 als Inspiration.)
    Änderungen (eher eine Nachverdichtung als kompletter Neubau) werden auch bei den 1950er-Wohnbauten südlich des Doms geprüft - persönlich finde ich das Ensemble für eine attraktive Altstadt nicht angemessen, trotz diesmal Ladenflächen im EG. Dies beginnt beim Fehlen der altstädtischen Kleinteiligkeit - es ist bloß eine austauschbare 0815-Wohnsiedlung, die überall stehen könnte.


    Cunitz stellt noch einige verbesserungswürdige Orte vor und sucht pfiffige Projektentwickler.

    2 Mal editiert, zuletzt von Bau-Lcfr ()

  • Ein ganz wunderbarer Artikel, der exemplarisch zeigt, dass der verantwortliche Politiker offenbar keine differenzierten Vorstellung davon hat, wie sich die Innenstadt entwicklen soll.


    Man muss sich das mal vorstellen, der Herr Bürgermeister braucht einen Rundgang durch die Innenstadt, um sich ein Bild zu machen und um zu sehen, dass da an vielen Stellen was zu ändern wäre. Das hätte er schon länger wissen können! Und was ist seine Antwort: Wir brauchen "tolle Projekte" und, als Oberhammer, "pfiffige" Projektentwickler :nono:


    Wir brauchen endlich mal "pfiffige" Politiker, die den Projektentwicklern sagen, was sie zu planen haben und zwar möglichst konkret und nicht nur urbane Nutzungsmischungen vorgeben.


    Das beste Beispiel ist doch die wunderbare Entwicklung des Dom-Römer-Areals. Hätten das die pfiffigen Projektentwickler entwickelt und gestaltet, wissen wir ja, was rausgekommen wäre: austauschbare Investorenarchitektur, konstenminimiert und nutzenmaximiert, ohne all das, was eine lebendige Innenstadt braucht :Nieder:


    Erst durch den massiven Druck der Öffentlichkeit hat sich die Politik mal dazu bequemt, das zu machen, was ihre eigentliche Aufgabe wäre, nämlich mutig und kraftvoll das durchzusetzen, was eine attraktive Stadt braucht :daumen:

  • Parkplätze beseitigen und Straßen schmaler machen, dafür reicht der grüne Mut. Vielleicht. Immerhin steht einem hier ja auch ein Dogma beiseite. An die unangemessene Fünfziger-Jahre-Bebauung traut sich jedoch keiner heran, obwohl diese Areale freilich ein ungleich größeres Potential darstellen. Im Gegenteil: Es droht der Denkmalschutz, wie dem FR-Artikel zu entnehmen ist.


    Niemand gesteht öffentlich ein, dass die Ergebnisse des hastigen Wiederaufbaus auf den Trümmern der Altstadt nicht länger hinnehmbar sind. Sozialbauten nach dem Gartenstadt-Modell im Zentrum einer Metropole - grotesk! Ein wohl noch drastischeres Beispiel als die in #169 verlinkte Fahrgasse ist der Trierische Hof. Wie auf diesem Foto sieht es im Grunde auch heute noch aus.

  • 65% Lösung deutlich besser als 100% Lösung im Jahr 2028

    Eine Verlängerung des Theatertunnels bis zur Kurt-Schumacher-Straße (oder mMn besser bis zum Allerheiligentor) würde den Durchgangsverkehr perfekt durch die Innenstadt schleusen und die Berliner Straße könnte umgestaltet werden.


    Die Verlängerung des Theatertunnels wäre die beste aller Lösungen, aber würde aufgrund der horrenden Kosten sofort als "Schnapsidee" in der Luft zerrissen und Vorschub leisten für eine weitere 10-jährige "Diskussionsphase".


    Nach dem Motto "wir machen nichts bis die perfekteste aller Lösungen kommt" sollte man nicht mehr verfahren. Maximalforderungen zu stellen, in weiser Voraussicht, dass diese chancenlos sind und sofort in der Öffentlichkeit diskreditiert werden (Titel in Zeitung XYZ: "Sentimentale Altstadt-Freunde fordern Luxus-Tunnel auf Kosten des Steuerzahlers"), verlängert die Lebensdauer der Berliner Strasse in der jetzigen Fassung mindestens um eine weitere Dekade (Planungszeit, Finanzierungsgeschacher, Absperrungen, usw, usw). Für eine solche Hängepartie á la Bundesrechnungshof ist dieser Teil der Stadt einfach zu wichtig.


    Jetzt ist kostenbewusster Pragmatismus gefragt und kein Rumwarten auf den Sankt-Nimmerleinstag. Ich bin mit einer 65%-Lösung in 2-3 Jahren deutlich zufriedener als einer 100%-Lösung im Jahr 2028.

    Ich kann mir zudem folgenden politischen Kommentar nicht verkneifen:
    Mit dumpfen Verallgemeinerungen wie "Öko-Wahn" und "Öko-Schnellschuß" konnte man vielleicht noch in Zeiten von Helmut Kohl Punkte gewinnen, aber wie man in Ba-Wü erkennt, sind die dortige Landesregierung und Stuttgarter OB in dem einst konservativsten Bundesland schon längst dem "grünen Pragmatismus" zugeneigt (übrigens mit hohem Zuspruch). Wer es schlecht findet, dass die CDU in den 10 grössten Städten Deutschlands keinen OB mehr stellt (ich gehöre übrigens dazu), sollte mal die Gründe in der selbstzerstörerischen Niebelungentreue zur autogerechten Stadtplanung suchen.

  • "Grüße aus Frankfurt" :lach:



    Bild: By Dontworry (Own work) [CC-BY-SA-3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], via Wikimedia Commons



    Ok, diese Ansichtskarte verschickt sicher niemand, aber der Anblick macht schon traurig ...


    Politiker haben das angerichtet und Politiker können das auch wieder ändern, wenn sie denn wollen, sich trauen und sich durchsetzen. Aber von unseren Politikverweigerern braucht man das wohl nicht erwarten.


    Da wird ein bisschen gepflastert, ein bisschen verengt, werden ein paar Bäumchen gepflanzt und diese Art Politik nennt sich dann Pragmatismus, der zu einer Tugend umgedeutet wird ... :nono:

  • Ich mag die Berliner auch nicht. Aber was ist eigentlich so gravierend ungewöhnlich an dieser Magistrale. Solche Straßen gibt es bspw. in Köln gleich mehrfach. Da rahmen solche Straßen sogar ganze Plätze ein. Sie gehören nun mal zu einer Großstadt, in der mehr Verkehr bewältigt werden muss als in Fulda oder in Kölleda.


    Natürlich könnte man die Barriere der Fußgängerzone von Zeil bis Römer mittels Tunnel beseitigen. Jedoch wenn ich dann an mindestens 5 Jahre Baustelle denke... Vielleicht reicht auch behutsames Verändern, Verschönern und Verbessern.
    Natürlich ist der Tunnelschlund nicht schön. Vielleicht kann man ihn aber erträglicher machen. Vielleicht auch mehr Grün, das allerdings auch in Schuss gehalten werden muss.
    Ich frage mich auch, warum man nicht mal darüber nachdenkt, die parkenden Busse zu verbannen. Oder warum nutzt man nicht den Tunnel und baut einen unterirdischen Busparkplatz dran. Hat man in Rom auch gut hinbekommen.


    Eines fällt auf: Die Gegend ist bisweilen sehr dreckig und ungepflegt. Vielleicht reichen die Neubau-Impulse von Maintor und ehem. Bundesrechnungshof ja aus, dass man die Magistrale einfach versucht sauberer und gepflegter zu halten. Das betrifft die Häuser in gleicher Weise wie die Wege, Plätze und Grünanlagen.


    Insgesamt fällt der zunehmende Dreck und die immer mehr verdreckenden Ecken in der Innenstadt auf. Nur was neu angelegt ist, sieht für eine gewisse Zeit gut aus. Frankfurt war einmal sauberer. Ich nenne nicht nur die Berliner straße als Beispiel - allein die Brückenauf- und Abgänge muss man sich mal ansehen. Oder auch die Pissecke am Frankfurter Hof... Das wäre aber ein gesondertes Themenfeld, das man hier gern mal diskutieren könnte, denn es gibt auch Forumsmitleser in den Amtsstuben.

  • Sie gehören nun mal zu einer Großstadt, in der mehr Verkehr bewältigt werden muss als in Fulda oder in Kölleda.


    Aber nicht an prominente Stellen, die die Stadt genau an der noralgischen Stelle, in diesem Fall zwischen Zeil und Römer / Mainufer durchschneidet. Wer vom Goethehaus in Richtung Main gehen will, darf sogar noch gnädigerweise über eine Fußgängerbrücke spazieren.


    Es ist gerade nicht eine Straße wie jede andere, sondern eine Straße, die in ihrer völlig überzogenen Dimension und ihrer spaltenden Wirkung auf den gesamten Innenstadtbereich ihresgleichen sucht. Da kann Köln doch gar nicht mithalten.

  • Bitte erklärt mir, wieso diese Straße für euch alle so wichtig ist.
    Für mich gehört sie gefühlt nicht mehr zur Innenstadt und das kann auch so bleiben. Ich wüsste nicht, wieso ich mich dort aufhalten sollte.

  • Ne, Golden Age, die CDU hat BaWü an die Grünen vor allem wegen Fukushima (am selben Tag waren bekanntlich auch Kommunalwahlen in Hessen, mit dem gleichen Phänomen) und den Protesten um Stuttgart 21 verloren, und ganz sicher nicht wegen irgendwelcher stadtplanerischen Konzepte. Schön wäre es wenn die Stadtplanung tatsächlich auch mal wahlentscheidende Auswirkungen hätte, aber da dominieren traditionell ganz andere Themen.


    Generell sollte ja Verkehrspolitik darauf abzielen Alternativen zum Auto (v.A. ÖPNV) attraktiver zu machen, künstliche Zwangsbeschränkungen ala City-Maut sind nichts anderes als die Kapitulation vor der eigenen Konzeptlosigkeit, und auch keine Antwort auf konkrete Fragestellungen wie zum Beispiel die hier so oft (in meinen Augen sogar viel zu oft) diskutierte Berliner Straße.
    Ideallösung für diese wäre den Theatertunnel komplett zuzuschütten. Nur hab ich noch keine Ahnung wohin dann mit dem Verkehr (der ist ja keineswegs vorrangig großräumiger Durchgangsverkehr - von Hanau nach Wiesbaden zB gibt es deutlich schnellere Strecken). Vor allem deshalb sollte die Variante Mainkai und Berliner in Einbahnstraßen umzuwandeln mal eingehend geprüft werden. Die Breite ist aber definitiv nicht das größte Problem dieser Straße. Fast alle Großstädte haben deutlich breitere Straßen die deutlich weniger trennend wirken. Und zumindest im Bereich Kornmarkt ist die Straße ja trotz der Breite halbwegs passabel. Wirklich problematisch im Zusammenhang mit der Straße sind die unsäglichen Situationen Höhe MMK (siehe exports Bild) und am Bundesrechnungshof, und dort liegt es kaum an der Breite der Straße sondern vor allem daran dass es einfach generell total verbaut ist (Theatertunnelrampe, Fußgängerbrücke, kaum Querungsmöglichkeiten und vor allem auch der unterirdische Städtebau, konkret also die Lage und Anordnung der Umgebungsbebauung, von der Augenkrebs verursachenden Architektur mal ganz zu schweigen) - und diese wirklich dringenden Problemzonen verbessert man ganz sicher nicht in dem man einen Fahrstreifen je Richtung in einen Radweg umwandelt und einen Mittelstreifen mit ein paar Bäumchen anlegt!


    Und dann natürlich was Schmittchen schon meinte, was sich aber mit einem Herrn Cunitz als Planungsdezernenten wohl nie in einem Innenstadtkonzept wiederfinden kann: die unsägliche Vorstadtbebauung im Trierischen Hof, südlich des Römers und rund um den Dom. Wenn man hier endlich mal Mut beweisen würde und diese Bereiche einschließlich des Bundesrechnungshofareals komplett überplanen würde (natürlich möglichst eng am historischen Grundriss angelehnt), könnte man nicht nur wahrscheinlich deutlich mehr Wohnraum bereitstellen sondern auch die dort komplett fehlende Urbanität herstellen und damit würde die gesamte Altstadt auch ganz enorm an Attraktivität gewinnen. Dagegen würde jede Maßnahme an der Berliner Straße wie Peanuts aussehen. Überhaupt finde ich diese Bereiche (und die eben skizzierten städtebaulich problematischen Stellen der Berliner) als deutlich wichtiger als die Anzahl der Fahrstreifen und Üppigkeit des Begleitgrüns irgendeiner Straße.

  • Fast alle Großstädte haben deutlich breitere Straßen die deutlich weniger trennend wirken.


    Richtig. Ich möchte hier mal zu bedenken geben, dass z.B. um den Central Park herum auch 4-6 spurige Straßen führen - trotzdem ist es einer der teuersten Wohnlagen der Welt. Generell findet man in New York häufig 6-8 spurige Straßen und trotzdem hat man dort mehr Aufenthaltsqualität als in der Berliner. Das Problem der Berliner sind nicht die Anzahl der Autospuren, sondern die katastrophale Bebauung drumherum. Verstärkt wird dieser Eindruck noch durch den heruntergekommen Zustand der Bauten und Gehwege.


    Das Beste wäre es fast alles abzureißen und neu zu bauen, was bekanntlich leider nicht geht. Was Cunitz aber macht finde ich fahrlässig und wenig zukunftsorientiert. Als Mischnutzer (fahre täglich ÖPNV, öfter Fahrrad & regelmäßig mit dem Auto nach Frankfurt) verstehe ich die Ideologisierung eines Verkehrsmittels nicht. Letztens kam ein Bericht im heute-journal, in dem gesagt wurde, Frankfurt wächst um 15.000 Einwohner pro Jahr. Das heißt in 2-3 Jahren wuchs und wächst Frankfurt um eine Kleinstadt. Ob man will oder nicht, die werden niemals alle mit Fahrrad oder ÖPNV fahren. Jeder hat andere Vorlieben und auch der ÖPVN stößt gerade im Berufsverkehr ebenfalls arg an seine Grenzen.


    Trotzdem werden seitdem immer mehr Straßen verengt. Teilweise war dies richtig und hat Aufenthaltsqualität geschaffen. Aber auf Dauer plant man so nur den Verkehrsinfarkt. So wie oben beschrieben gibt es kaum noch Ausweichmöglichkeiten bzw. kaum noch eine gescheite Ost-West-Verbindung, wenn man auch die Berliner verengt. Anstatt Aufwertung durch Wegnahme ein bis zweier Autospuren zu bewirken sollte man als pfiffiger Planungsdezernent mal ein Gesamtkonzept aufstellen. Wieso müssen denn überall wo Autos fahren auch Radler hin? Allgemein fände ich es sinnvoll, wenn man ein Verkehrsnetz erstellt, dass einen Hauptstrom für die jeweiligen Verkehrsteilnehmer hat. Beispiel: Berliner + Anlagenring für Autos, Kurt-Schumacher-Str. & bestimmte Zeilnebenstraße als inneren Fahrradring, die Zeil+Liebfrauenstr.+Neue Kräme+Altstadt als Fußgängerzone. Bin kein Verkehrsplaner, ist kein ausgereiften Konzept, aber so eine Grundrichtung die ein Mit- und Nebeneinander vorsieht würde ich mir eher Wünschen als das man Verkehrsteilnehmer bzw. Arten gegeneinader aufhetzt ("Flächenverschwendung zugunsten der Autofahrer"...).

  • Bitte erklärt mir, wieso diese Straße für euch alle so wichtig ist.


    Es ist nicht nur, dass diese Strasse der Stadt sehenden Auges Urbanität und begehbaren Zusammenhang genommen hat, sondern auch noch jahrzehntelange Bauruinen wie den Bundesrechnungshof einbrockte. Der verstaubte Paulsplatz bleibt völlig unter seinen Möglichkeiten, während das hermetisch abgeriegelte Degussa-Gelände wie eine Trutzburg an der Strasse stand. Die Rückseite des Frankfurter Hofs, die der Strasse zugewandt ist, sieht aus wie die rußbeschmierten Gebäude aus der ehemaligen DDR.


    Vor der WM 2006 war das Mainufer ebenso ein völlig abgehängtes Gebiet, gerade durch Strassen wie dem Mainkai oder der Berliner Strasse. Das wird manchmal gerne vergessen, jetzt wo jeden Donnerstagabend tausende Picknicker und Spaziergänger die Uferpromenaden in Anspruch nehmen.


    Zu guter letzt ist die "graue-ocker" Tristesse der Berliner Strasse ein Relikt aus der "Bankfurt, Krankfurt" Zeit der 80er Jahre, als viele Pendler der noblen Vororten die Aufenthaltsdauer in der Innenstadt so kurz wie möglich gehalten haben um aus dem "drogenverseuchten Moloch" auf den Tennisplatz zu gelangen. Durch die vielen Bemühungen der letzten 20 Jahre (danke Frau Roth!), dem EZB-Zuzug und einer erfolgreichen Aufwertung der Innenstadt geht der Trend aber längst vom Vorort in Richtung Stadt. Schnelle "Fluchtwege" in den Taunus sind nicht mehr gefragt, sondern Konzepte für höhere Verweildauer, praktische Durchwegung zu Fuß und urbane Belebung. Die Berliner Strasse stellt in dieser Hinsicht das genaue Gegenteil hiervon dar.

  • Die trennende Wirkung der Berliner Straße resultiert meiner Meinung nach zuerst aus der Funktionslosigkeit ihrer Südseite. Das Überqueren von Nord nach Süd ist - bis auf dem Bereich am Paulsplatz - nicht interessant, weil auf der Südseite nichts liegt, was man erreichen möchte. Bis auf ein paar Läden, die von Stammkundschaft leben oder, wie die Galeriebrache von Fahrgasse und Umgebung, nach intensiver Recherche alle fünf Jahre mal besucht werden.


    Die Fahrgasse ist übrigens auch eines der Beispiele für die Folgen unzureichend koordinierter Projekte. Einerseits hat man seinerzeit eine ganze Kette von Wohngebäuden mit Gewerbe im Erdgeschoss an die alte Hauptstraße von der Zeil zur Alten Brücke gestellt - eigentlich ein Garant für florierende Geschäfte mit fußläufigen Kunden - und gleichzeitig hat man mit dem zunehmenden Autoverkehr auf der Alten Brücke über die Kurt-Schumacher-Straße, diese so unattraktiv für Fußgänger gemacht, dass so wenige Leute noch diesen Weg genutzt haben, dass nur noch Läden übrig blieben, die trotz weniger Kunden ihre Mieten erwirtschaften können.


    Übrig geblieben ist die vom Fußgängerverkehr völlig überlastete Neue Kräme, die nicht nur den Römerberg mit der Zeil verbindet, sondern auch den Fußgängerverkehr über den Main, der im Zentrum der Stadt seinen Schwerpunkt auf dem Eisernen Steg gefunden hat.


    Der Verkehr funktioniert wie Wasser: Wenn man es irgendwo staut, verengt oder ihm seinen Weg verlegen will, dann tritt es an Stellen zu Tage, mit denen man nie gerechnet hätte.


    Womit wir wieder bei der Berliner Straße ankommen: Querungsmöglichkeiten hat sie vieleicht sogar mehr als sie braucht, so lange durch die Bündelung des Verkehrs entlang der attraktiven Wege der Rest nicht genutzt wird.
    Eine der effizientesten Verbindungen von der Hauptwache zum Eisernen Steg führt über Katharinenpforte, Kornmarkt, Buchgasse - sie ist aber so öde, dass sich die Leute eine Straße weiter östlich drängeln. Oder die Sandgasse, wer geht da durch, selbst wenn er dadurch, dass er zügig gehen kann, einige Minuten einspart?