Leipzig: Umgang mit Bauerbe

  • Ich kann in dieser von Ihnen aufgeführten "Komplexität" nichts erkennen, das aus meiner Sicht "pseudosozialistische" Regelungen des Wohnungsmarktes in Leipzig und Dresden rechtfertigte. [...]

    Am besten noch einmal den Ausgangspunkt lesen und dann selber die Frage stellen, was ein "Begriff" wie "pseudosozialistisch" mit meinem Kommentar zu tun hat. Es gibt eine gesellschaftliche Komplexität auf vielen Ebenen, mittlerweile auch in Leipzig. Welche auf einen mittlerweile gut gefüllten und in bestimmten Wohngebieten mitunter schwierigen, Wohnungsmarkt trifft. Das ist eine von mir beobachtete Feststellung welche auch real ist.

    Mehr kann ich dazu hier nun auch nicht mehr sagen.

  • Mir war schon vorher klar, dass bei diesem Thema wieder die Emotionen hochkochen, aber staunen lässt es mich dann doch.


    Also die Stadt ist in dem von dir genannten Zeitraum noch einmal um rund 25.000 EW gewachsen.

    Seit mehr als 10 Jahren ist Leipzig die proportional am stärksten wachsende Stadt in Deutschland. Und wenn ich die Statistik der letzten Jahre richtig deute, dann steht da: die durchschnittliche Fläche der Wohnungen und die Zahl der Fläche pro Bewohner und auch der Einwohner je Wohnung sind gleich geblieben.


    https://statistik.leipzig.de/statcity/table.aspx?cat=6&rub=1


    Das deutet darauf hin, dass das Angebot auf gesunde Weise mit dem Zuzug schrittgehalten hat. Ansonsten hätten sich diese Werte nämlich verringert.


    Dieser Verdacht bestätigt sich mit Blick auf eine aktuelle Untersuchung aus diesem Jahr. Im Artikel wird Leipzig neben Essen als positives Beispiel genannt, denn "in Leipzig ist das Verhältnis sogar ausgeglichen: Sowohl die Kaufkraft als auch die Mietpreise liegen 11 Prozent unter dem Bundesschnitt." Fun Fact: anders als Hypezig ist Essen eine ziemlich unattraktive Stadt, die seit Jahren schrumpft.


    https://nex24.news/2022/02/ana…mit-mieten-nicht-schritt/


    Außerdem ist es für mich immer noch unverständlich, warum immer wieder der durchschnittliche Mietpreis einer ganzen Stadt mit einer generellen "entspannten" oder "preiswerten" Situation verwechselt wird.

    Nun, ich könnte jetzt die teuersten Stadtviertel in Mainz, Darmstadt, Berlin oder Frankfurt mit den teuersten Vierteln in Leipzig vergleichen. Da würde die Analyse auch nicht anders ausfallen: Leipzig hat ein moderates Preisniveau und ist deshalb auch in den beliebten Vierteln sehr gut durchmischt.


    Es ist ein Unterschied, wenn ich mit einem unteren durchschnittlichen Verdienst eine Dreiraumwohnung im Waldstraßenviertel beziehen möchte oder in Mockau. Und es ist auch ein Unterschied, ob ich als Student ohne Einkommen mit einer jungen Ärztin um eine kleine Wohnung in Gohlis-Süd oder Lößnig konkurriere. Was aber hat das mit einer generell entspannten Situation des Wohnungsmarktes zu tun?

    Genau. Was hat es damit zu tun? Deine Aneinanderreihung von Allgemeinplätzen hat keinen Erkenntnisgewinn. Wie eryngium schon schrieb, ein Porsche kostet mehr als ein Seat, das sagt nichts darüber aus, ob jeder sich das passende Auto leisten kann. Im entsprechenden Strang hier kann man nachlesen, dass z. B. mit großem Aufwand die von dir erwähnten Schulen in den, wie du suggerierst, vermeintlich unattraktiven Außenbezirken gebaut/saniert werden. Ich würde sogar behaupten, dass es in Leipzig überhaupt keinen unattraktiven Stadtteil gibt. Auch das von dir genannte Grünau ist sehr lebenswert. (Ich bin dort zur Schule gegangen und habe Freunde dort, aber als architektursensibler Mensch vertrage ich das viele Bauhaus dort nicht so gut. Klinger- und Lichtenbergschule sind übrigens auch sehr schnieke geworden im ach so traurigen Grünau).


    Ich sage ja nicht, dass es in Leipzig schon wie in Berlin oder München ist.

    Wunderbar, da sind wir uns einig. Man sollte auch mal die Übereinstimmungen herausstellen.


    Ich weiß nicht, ob das so schwer war zu erfassen, aber ich habe doch meine Aussage in Zusammenhang mit der von mir gefühlten Verwahrlosung der Wohngebäude gestellt

    Ich gebe zu, das habe ich nicht ganz ernst genommen und der darauf folgende Satz, dass "Leipzig leider längst zur Normalität deutscher Großstädte geworden ist" hat mich auch zu sehr getriggert.


    An dieser Stelle sei darauf verwiesen, dass wir hier im Strang "Umgang mit Bauerbe" sind. In Leipzig die Verwahrlosung von Wohngebäuden zu beklagen, ist wirklich witzig. Anstoß dieser Diskussion war übrigens ein schön sanierter Altbau, bei dem sich einige fragten, wie man den wohl vermietet bekommen will. Sonst wird immer geätzt, solche "Luxussanierungen" würden Leipzig zu einer westdeutschen Stadt machen, hier wird nun behauptet, durch Sanierungsstau würde Leipzig zu westdeutschen Großstädten aufschließen. Offenbar ist es ein unentrinnbares Schicksal, dass Leipzig den Bach runtergeht. :D


    Ich sehe immer wieder Altbauten in einem ordentlich sanierten Zustand, die ein Facelifting bekommen, viele Häuser in der Gohliser Straße waren/sind davon betroffen. Selbst wohne ich im Nordplatz in so einem Haus, dessen Entrée und Treppenhaus aufwändigst und wunderschön restauriert wurden. Auch die Fassade wurde neu gestrichen, obwohl sie noch okay war. Sukzessive wird in den Wohnungen das 1997er-Laminat gegen modernes Laminat oder sogar Parkett ausgetauscht. Ich habe einen Nachbarn, der anstandslos den Stuck in seiner Wohnung erneuert und Holzdielen in die Küche bekommen hat, weil er sich das wünschte. Eigentlich wollen sie wegziehen, aber in den für sie relevanten Bundesländern bekommen sie für den Preis ihrer 130 qm-Wohnung nur eine kleine Butze, letztens sollten sie nur für eine Besichtigung 300 Euro zahlen. Hat man so etwas in Leipzig schonmal gehört? Dann doch lieber pendeln mit Bahncard100, wohnen in Leipzig lohnt sich halt.


    Und was soll ich sagen: Bei mir im Haus wohnen "normale Leute": viele Studenten, Lehrer, eine Alleinerziehende mit drei Kindern, ein Altenpfleger. Daran hat sich in 10 Jahren trotz hoher Fluktuation nichts geändert.


    Kein Einzelbeispiel. Eine Freundin hat letztes Jahr eine wunderschöne, große, helle Wohnung mit Balkon und komplett Marmor-verkleidetem Badezimmer mitten im Waldstraßenviertel bezogen. Sie ist Friseurin und ihr Freund Statistiker an der Uni, zwei Kinder. Weder mussten sie 40 anderen Interessenten bei der Besichtigung auf die Füße treten, noch Fotoalben für den Vermieter basteln. Sie haben sich beim Vermieter gemeldet, sich in Leutzsch vorgestellt und die Wohnung anstandslos bekommen. Ein anderer Freund hat kürzlich mit seiner Partnerin eine geräumige 3-Raum-Wohnung mit Balkon zum riesigen, grünen Hof nahe Bayrischem Bahnhof bezogen. Sie hatten keine Mitbewerber. Beide sind Studenten und finanzieren sich allein mit Jobben neben dem Studium.


    Leipzig ist sehr links und die Mieten waren hier mal pervers niedrig. Diese Mischung führt meines Erachtens zu Überreaktionen bei dem Thema. (Ich bin übrigens auch links-grün eingestellt, damit hier keine Missverständnisse aufkommen.)


    Um das mal abschließend zu sagen: Vor 15 Jahren konnte man in Leipzig noch richtig billig leben. Es gibt manche, die sich das Leipzig von damals zurückwünschen. Ich gehöre nicht dazu.

  • Auch wenn die Sanierung von 2014 bald schon 10 Jahre her ist, hier noch ein paar Bilder vom Nordplatz 2, um die etwas angespannte Stimmung in diesem Strang aufzulockern. ^^



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    Solche Rekonstruktionen beeindrucken mich immer wieder, zeigen sie doch nicht zuletzt eines: Ein Treppenhaus aufwändig zu bemalen ist möglich und wird auch von heutigen Eigentümern als lohnend eingeschätzt. Dabei muss im Vorfeld ja sogar noch ermittelt werden, wie die alte Fassung aussah.


    An den Kosten wird es kaum liegen, dass neu gebaute Treppenhäuser nicht mehr so schön bemalt und verziert werden, sondern eher wirken wie Notausgänge. Es kommt halt keiner auf die Idee und diejenigen, die auf solche Ideen kommen sollten, die Architekt/innen, schälen sich leider nur im Schneckentempo aus ihren veralteten Ansichten heraus.


  • Wow - vielen Dank für diesen Erkenntnisgewinn!

    Ich bitte um Verzeihung, dass ich das hohe Niveau deiner faktenreichen Argumentation leider nicht erreiche. Umso mehr freut es mich, dass ich dir offenbar trotzdem einen Erkenntnisgewinn bescheren konnte.

  • Ich würde vorschlagen, die Diskussion zum Wohnungsmarkt bei Bedarf hier Immobilienmarkt oder hier Gentrifizierung fortzusetzen...


    Der Umgang mit Bauerbe zeigt sich aktuell in der Gorkistraße 122, Ecke Dimpfelstraße folgendermaßen:




    Im Hofbereich werden wohl noch einige Balkone angebracht... Seite zur Dimpfelstr.:



    vorher:


    Quelle: Google Earth - Street View






    Seite zur Gorkistr., an ein paar Details wird noch gearbeitet:



    Quelle: Google Earth - Street View




    größeres Bild


    größeres Bild



    Wie auf dem älteren Vergleichsbild zu erkennen ist, befand sich im EG einst das "Restaurant Wilhelmsburg"...



    ...mit sehr gepflegtem Ambiente. :cheers:



    Und abschließend die Hauptfassade vor und nach der Sanierung.


    größeres Bild

  • Schade, daß das Dachgeschoß ein wenig abfällt, und von den Proportionen nicht ausgewogen wirkt. Insgesamt jedoch wieder ein deutlicher Gewinn für die Gorkistraße.

    Die Erhöhung des Dachgeschosses kommt sicher dem Wohnungsmarkt zugute. ;)


  • Am Beyerhaus sieht es mittlerweile so aus:


    beyerhausneuernst-sch1wfc3.jpg


    Umme-Ecke-Bonus:

    bonus2x7eto.jpg

    pics LEonline

  • Kein grauenhafter Bau und eine erfreuliche weitere Lückenschließung, aber dass dafür der tolle historische Saal des Beyerhauses abgerissen wurde, ist weiterhin unfassbar und unentschuldbar. Kann nicht nachvollziehen, wie die Stadt das zugelassen hat.

  • Bist Du sicher, dass der Saal des Beyerhauses abgerissen wurde? Es könnte auch eine Aufstockung des Vorderhauses sein, der Saalbau steht (oder stand zumindest) im Hof...

    Das Beyerhaus wirbt auf seiner Website mit dem Saal.

    Am 1.9. ist Wiedereröffnung nach der Sommerpause. Am besten mal vorbeischauen.

    Wenn der Saal wirklich abgerissen worden wäre, hätte es bestimmt schon mal irgendwo in den Medien die Runde gamacht.

    Einmal editiert, zuletzt von LEurban ()

  • ^ ich hatte es auch erstmal nicht begriffen, dass es um genau jenen Saal geht. Ich kann es mir auch nicht vorstellen und dächte sogar, dass der dritte kleine Gastraum auch "nur" überbaut und nicht entkernt wurde.


    Denke wie LEurban, dass es wohl eine Welle der Empörung gegeben hätte.

  • Heilandskirche (LE-Plagwitz :!:) - Umbau EG zum Stadtteilzentrum "Westkreuz", zuletzt mit Visus #5376


    Ähnlich wie an der Trinitatiskirche in Dresden wird auch in Leipzig eine Kirche mit Städtebaufördermitteln umgestaltet, wobei man der dresdner Ruine einen Glaskubus implementierte und es in Leipzig ein intaktes Bauwerk betrifft. In beiden Fällen ist eine bessere Nutzbarkeit und Wirtschaftlichkeit bezweckt, insbesondere für die Heizperiode. In der Heilandskirche bestand allerdings bereits jene massive Zwischendecke aus Beton seit den 1980er Jahren, welche nun wiederum für die "Himmelstreppe" geöffnet bzw teil-rückgebaut wurde. Die Baustelle besteht seit etwa einem Jahr, die ersten Veränderungen sind jetzt gut sichtbar, aber fertig ist der Umbau noch längst nicht. Es entsteht quasi eine "Sommerkirche" oben und eine "Winterkirche" unten im EG, scherzten die Bauleute.


    Aussenansichten der Kirche sowie Bauschild

    Bild: https://abload.de/img/p10208615ed73.jpg   Bild: https://abload.de/img/p1020862ypdx1.jpg   Bild: https://abload.de/img/p1020863x5em8.jpg


    Die geflügelte neue Treppenanlage wirkt mit ca. 40cm Betonstärke wenig filigran, aber im Foto ok. Warum man sich für die Massivbau-Lösung entschied (viel Schalungsaufwand), ist mir unklar. Vielleicht wäre eine schlanke Metallkonstruktion bzw gar eine (knarrende) Holztreppe cleverer gewesen (?).

    p1020864i8dwm.jpg


    Blick von der Treppe ins Ganze: der dicke Betonquerträger ist auch neu, dahinter erstreckt sich die bisherige DDR-Zwischendecke.

    p1020865h4f60.jpg


    Treppenmotive (klick groß)

    Bild: https://abload.de/img/p10208666bdjj.jpg   Bild: https://abload.de/img/p1020867dpfdn.jpg


    Kirchraum oben - mit der Treppenlücke in der Zwischendecke. Gottseidank ist der schöne Kirchraum auch mit der Zwischendecke noch erlebbar. :saint:

    p10208682bc3z.jpg


    Blick andersrum

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    EG-"Untergeschoss" von der Treppe in die dortigen Raumvolumina. Weiteres oder Einzelheiten zu Bau oder Gestaltung sind mir freilich umbekannt.

    p1020870e3dhp.jpg

    alle fotos elli kny

    Einmal editiert, zuletzt von Elli Kny ()

  • Die Kochstraße 42 wurde gerade abgerüstet. Tippe auf Fassadenauffrischung.

    kochstrae42zpkdq.jpg

    Kochstraße 42 in der Südvorstadt ohne Gerüst:

    kochstrae42v5dqr.jpg


    Bei der Alfred-Kästner-Straße 34 steht die Kur dagegen wohl noch an.

    alfred-kstner-strae34y8kfv.jpg

    Alfred-Kästner-Straße 34 nach der Kur:

    alfred-kstner-strae34xlcg8.jpg


    alfred-kstner-strae349nekm.jpg


    Die Brandvorwerkstraße 32 ist z.Zt. eingerüstet:

    brandvorwerkstrae32d2fkv.jpg


    Laut diesem Artikel soll das Doppelwohnhaus Richterstraße 4-6 (Gohlis) von 1923/24 in den nächsten drei bis sechs Jahren behutsam und Schritt für Schritt saniert werden. Im Zuge dessen wird auch die historisch bedeutende Gartenanlage hinterm Haus rekonstruiert.

    Richterstraße 4-6:

    richterstrae4-64ri1v.jpg

    pics LEonline

  • Es gab hier vor einiger ZEit mal eine Diskussion um Gebäude, die nicht renoviert / aufgefrischt werden, da man selbst "heruntergekommene" Gebäude zu immer höheren Preisen vermieten könne - kann ich nicht bestätigen. Ich sehe in der Stadt unglaublich viele Zweitsanierungen (sowohl bewohnt als auch entmietet) im Altbausegment v.a. bei Fassade, Hausfluren und Dächern, dass wir weitgehend darauf hoffen können, dass die Altbausubstanz erhalten bleibt. Leider werden v.a. bei Kernsanierungen viele Altbauten völlig entstellt, so dass nur noch die Fassade und ggf. der Flur erhalten beibt. Stuck etc. in den Wohnungen wird leider bei einigen Anbietern eiskalt entfernt, da kein Denkmalschutz (aber eigentlich sehr gefragt...). Findet man bei manch Bauträgern schöne vorher (Stuck, Dielen, Kamin,...) /nachher (Optik wie im Neubau mit 0815-Altbau-"like"-Türen) Fotos.