Leipziger-Platz-Thread

  • Die meisten Leute im SSC-Forum wollen alles was groß ist und geil aussieht egal ob es zu teuer, völlig unnötig oder der letzte Kitsch ist.


    Ist nicht mein Eindruck. Selbst wenn dem so ist, sagt dies nichts über deren Urteilsfähigkeit hinsichtlich der Torbauten aus.



    Ich finde man kann an anderen Stellen in der Stadt gerne rekonstruieren, aber hier, wo die moderne Architektur (ausnahmsweise mal) ein stimmiges, ästhetisch gelungenes Ensemble bildet, das sich meiner Meinung nach vor der Vorkriegsbebauung am gleichen Ort nicht zu verstecken braucht, halte ich es für unangebracht.


    Ich finde den Platz auch nicht schlecht. Sehr wohl ist doch aber die Architektur an der Südostecke Richtung Bundesrat sehr homogen und beliebig.


    Der Platz wäre schon super, wenn er im Süden/Südosten nur einen auffälligeren, kreativeren Bau hätte. Dann würde die Komposition ungefähr stimmen. Insgesamt finde ich ihn aber recht fade. Das kann sich ja noch ändern.


    Im übrigen sind die Torbauten gerade aufgrund dieser recht modernen Situation dort wunderbar als Komplement. Allerdings auch nur an der Originalstelle und wenn es das Problem mit den S-Bahn-Ausgängen nicht gäbe.


    Dann würde ich sofort für die Tore plädieren. Ich finde es fast unfaßbar, nicht dafür zu sein, wenn die Umstände besser wären.


    Die Ausgänge und die falsche Lage sind für mich das einzige Argument gegen die Torhäuser. Sie würden die recht moderne Architektur am Platz noch aufwerten und dem Platz mehr Identität geben. Das ist doch eigentlich eine Binsenweisheit.


    Im übrigen haben sich im SSC-Forum schon diverse Leute sehr negativ zu dem Platz geäußert.


    Leider war zum Zeitpunkt der Planung das historische Gefühl in Berlin noch nicht so ausgeprägt und wiederhergestellt, wie dies heute wieder der Fall ist.

  • Die meisten Leute im SSC-Forum wollen alles was groß ist und geil aussieht egal ob es zu teuer, völlig unnötig oder der letzte Kitsch ist.


    Wer so argumentiert, geht davon aus, dass die eigene Meinung sachlich, ökonomisch und zutiefst sinnvoll ist. Ich halte dies für Hybris.

  • Ich finde es recht müßig über eine weitere Bebauung des Platzes ernsthaft zu diskutieren, bevor das Oktagon des Leipziger Platzes nicht endlich baulich vollendet ist. Soweit ich informiert bin steht an der Platzecke zur Ebertstraße noch immer nur ein Gerüst mit bedruckten Planen. Auch nach Fertigstellung des HGHI bleibt somit noch eine Baulücke.


    Die Torhäuser halte ich für unnötig, nicht jeder Kontrast zwischen alt und neu funktioniert, das würde an dieser Stelle, wo wirklich nichts an historischer Substanz erhalten geblieben ist, keine positive Wirkung entfalten. Das würde dann in der Tat sehr leicht in Disneykitsch ausarten, eben weil es viel zu künstlich in dieser Umgebung wirkt. Die Torhäuser könnte man an ihrem Originalstandort nicht nur wegen der S-Bahneingänge nicht aufstellen, sie scheinen auch zu tief zu sein, um nicht mit der Platzbebauung zu kollidieren. Mal ehrlich: Historisierte Torhäuser neben der sterilen Moderne des Leipziger Platzes? Das funktioniert nicht.

  • "Kitsch" ist etwas dann wenn es bloße Kulisse ist, wie eben in Vergnügungsparks (die trotzdem viel Spaß machen, aber alles eben an seinem Platz). Das heißt wenn handwerklich und architektonisch solide gearbeitet wird, mit anständigen Materialien, sowie der originale Standort beibehalten wird sind Rekonstruktionen niemals "Kitsch" sondern in einer Generation für die Jugend bereits nicht mehr vom "Original" zu unterscheiden. Außer man betreibt zeitgeschmäcklerische Travestie, die man dann als "Bruch zwischen Alt und Neu" anpreist, weil man nicht den Mut hat den Originalentwurf umzusetzen - oder schlicht zu eitel ist sich auf den Entwurf, d.h. die Planung und Ideen Anderer, zu beschränken.


    "Original" ist die qualitative und gestalterische Umsetzung, nicht etwa das Material. Der Naturstein ist in jedem Falle Millionen bis Milliarden Jahre alt, kommt auf die Herkunft an. Und keine Sekunde jünger oder älter, d.h. "mehr oder weniger original", weil er 1912 oder 2012 ausgegraben und behauen wurde. In einer Generation ist dann die vielgeliebte "Patina" vorhanden und die Rekonstruktion längst so in das Stadtbild integriert dass sie keiner mehr wissen will. Belegen alle Erfahrungen mit Rekonstruktionen in der Nachkriegszeit in Süddeutschland, wo man nicht so radikal war mit der kompletten Neuplanung der Stadtbilder. Im Übrigen finde ich es geradezu absurd dass man sich am Leipziger Platz an den alten Grundrißen und der gründerzeitlichen Platzform orientiert aber tatsächliche architektonische Rekonstruktionen, die Raumplanung und Architektur gehen ja Hand in Hand, unterlässt.

  • Kitsch ist allgemein als unpassend, billig und unoriginell empfundene "Kunst". Laut Wikipedia ist die genaue Definition dieses Begriffs schwierig, ich finde die folgenden beiden treffen es aber ganz gut:



    Insofern: Ja, der Wiederaufbau der Torhäuser an diesem Ort in dem heutigen zeitlichen und architektonischen Kontext halte ich für kitschgefährdet.

  • @ Baumeista


    Das ist ein sehr toller Beitrag, der die pauschale und oft substanzlose Kritik an Rekonstruktionen oder auch nur Neuinterpretationen gut entlarvt.


    Vor allem folgende Passage ist treffend:

    ...weil man nicht den Mut hat den Originalentwurf umzusetzen - oder schlicht zu eitel ist sich auf den Entwurf, d.h. die Planung und Ideen Anderer, zu beschränken.


    Man kann gerne gegen Rekonstruktionen sein, und ich fand meschas Meinung prinzipiell in Ordnung, vor allem weil er nicht die typischen künstlichen Nebengleise aufmacht, wie sie Baumeista karikiert.


    Es ist eine rein ästhetische Entscheidung. Man sollte da nicht mit prinzipiellen Auf- und Abwertungen von Moderne oder Historie kommen.


    Rekonstruktionen müssen vor allem gut und mit vollem Ernst und Überzeugung gemacht werden. Dann gelingen sie auch in einem psychologischen Sinne.


    Ich sehe einzig die S-Bahn-Ausgänge als Problem.


    @Baumeista: Was hast du denn für Vorschläge, wie man mit diesem Problem umgehen kann?


    Richard


    Was heißt denn genau zu tief? Kannst du das mal erläutern?


    Insofern: Ja, der Wiederaufbau der Torhäuser an diesem Ort in dem heutigen zeitlichen und architektonischen Kontext halte ich für kitschgefährdet.


    Die Sache sähe schon ganz anders aus, wenn man sich traute, die Nordwestecke historisierend zu bebauen. Zudem ist es prinzipiell möglich, daß im Krieg die Bebauung, aber nicht die Torhäuser zerstört worden wären.


    Es geht ja hier nicht darum, zwanghaft diese Teile wiederaufzubauen. Es stimmt schon: Das Oktogon muß fertig sein. Dann sehen wir weiter. Ästhetisch spricht meiner Meinung nach aber nichts gegen eine Rekonstruktion.


    Die historische Ampel am Potsdamer Platz wäre nach den rein pauschalen und formalistischen Kitsch-Kriterien auch Kitsch, oder?


    Dann ist sie eben Kitsch. Macht sich trotzdem gut.

  • ......... weil man nicht den Mut hat den Originalentwurf umzusetzen - oder schlicht zu eitel ist sich auf den Entwurf, d.h. die Planung und Ideen Anderer, zu beschränken.


    Es ist in Kultur und Wissenschaft zurecht verpönt gar keine eigene schöpferische Leistung mehr zu erbringen sondern nur zu 100% die Ideen anderer zu wiederholen. Manche mögen darin eine wünschenswerte Praxis für die Zukunft sehen. Aber das ist nicht mal mehr Stillstand sondern permanenter Rückschritt.


    Damit gewinnt man auch keine "Identität" zurück sondern man gibt die eigene auf zugunsten derer der Verstorbenen.


    Im Fall der Torhäuser fehlt ja auch der Nutzen. Sie erfüllen keine Funktion, vervollständigen kein Ensemble o.ä.


    Diskussion an dieser Stelle getrennt und, damit alle was davon haben und es originär nicht mehr um den LP geht, dorthin verschoben.
    Bato

    Einmal editiert, zuletzt von Chandler ()

  • @ Baumeista

    gründerzeitlichen Platzform


    Kleiner Klugschiss dazu: barocke Platzform. Zusammen mit dem Pariser und dem Mehrigplatz (Belle-Alliance-Platz) als Quarée, Oktogon und Rondell im Zuge der großen Stadterweiterung von 17hundertschlagmichtot entstanden :)
    Eine Rekonstruktion MUSS an gleichem Ort gebaut werden, weshalb die Torhäuser nicht wiederkommen können - es sei denn, die S-Bahn-Eingänge würden verlegt. Dass die Torhäuser nicht zum heutigen Platz passen würden, kann ich nicht so recht nachvollziehen. Das Hotel Fürstenhof etwa (wo im heutigen Nachfolgebau u.a. eine Kaffeerösterei drin ist) war ja auch bereits wesentlich jünger als Schinkels Torhäuser. Auch der fette Wertheim kam sehr viel später. Die Dimensionen der umliegenden Bebauung waren also bereits vor dem 1. WK nicht mehr die überkommenen barocken, die Schinkel vorfand. Trotzdem sah es gut aus, wenn man sich Fotos aus der Vorkriegszeit ansieht.

  • @ Baumeista: Die Tiefe der Torhäuser meint in Richtung Bürgersteig / Bebauung des Achtecks. Auf den Bildern von den Torhäusern sieht es so aus, als sei entweder die Straße damals schmaler gewesen oder die Bebauung des Achtecks ließ eine größere Lücke.


    @ Baukunst: Die Architektur des Fürstenhofs und des Wertheim-Kaufhauses waren zwar andere Stile als die Torhäuser, aber sie schufen dennoch nicht so einen starken Kontrast wie die heute am Leipziger Platz existente moderne Glasarchitektur. Natürlich müssten die Torhäuser nicht Gebäude genau ihres Baustils in ihrer Umgebung haben um ein ästhetisches Gesamtensemble zu bilden, aber in diesem Fall denke ich nicht, dass der Kontrast funktioniert, bzw. sich ein harmonisches Ganzes ergibt. Die Torhäuser könnten übrigens schon eine Funktion erhalten, wenn man darin z.B. die Eingänge zur S-Bahn unterbrächte.

  • Am Leipziger Platz gibts keine Glasarchitektur. Nur mal so am Rande...Jut, etwas mehr Fenster, als einst, haben die Häuser vielleicht schon. Aber Glaswände wie die DB-Turm gibts am LP selbst nicht. Vom Material her bestünde vielleicht nicht mal ein großer Unterschied zw. Torhäusern und Neubauten.

  • Glasarchitektur heißt nicht unbedingt Glasfassade, aber sei es drum: Würde man die (völlig funktionslosen) Torhäuser wieder aufbauen würden diese vom Stil her ganz anders aussehen als die existierende Bebauung am Leipziger Platz.

  • Na, das ist ja ein überwältigend wichtiger Grund.


    Mach bitte ein paar Vorschläge gegen die von dir monierte "Funktionslosigkeit".


    Welche Funktion hat eigentlich das Brandenburger Tor. Und wie verträgt sich das mit der Akademie der Künste?


    Das Niveau in den Diskussionen wird immer schlimmer.


    In der Tat sollten Rekonstruktionen und auch diese örtlich korrekt vollführt werden. Da stimme ich zu. Die S-Bahn-Ausgänge werden dieses Projekt wohl begraben.

  • Lesen hilft. Ich habe meine Ansicht zu den Torhäusern dargelegt und habe keine Lust mir hier eine haarkleine, spitzfindige Diskussion über zwei Torhäuser zu liefern, die sehr wahrscheinlich niemals wiederkommen werden.


    Es wäre schön und würde von Niveau zeugen, wenn Du anderer Leute Meinung zur Abwechslung mal unkommentiert akzeptieren könntest, vor allem wenn Gründe für diese Meinung dargelegt wurden. Du kannst noch so sehr lamentieren von der Ur-Identität Berlins die zurückkehren müsse etc. pp., es wird immer andere in diesem Forum geben, die damit nichts anfangen können und anderer Meinung sind. Das kann man dann auch nicht wegdiskutieren. Du bist nicht im Besitz einer ultimativen Meinung, ebenso wenig wie jeder andere hier.

  • Ich stelle meine Meinung nicht über andere. Ich kritisiere lediglich unlogische oder in sich widersprüchliche Begründungen und die üblichen Diffamierungen, wie du sie auch tätigst.


    Deine S-Bahn-Ausgang-Bemerkung hatte ich erst später gelesen. Trotzdem bleibt deine Kritik, die Häuser seien "funktionslos". Ich denke, dazu habe ich genug gesagt. Du kannst gerne gegen die Häuser sein. Ich erlaube mir aber, Begründungszusammenhänge zu kritisieren, die offenkundig Mängel haben.


    Ich bin auch nicht der einzige, der dies tut.


    Ich bin übrigens auch der Meinung, daß die Häuser kaum kommen werden wegen der Ausgänge.


    Der Umgangston im Forum läßt schon sehr zu wünschen übrig. Ich erinnere nur an die immer wiederkehrenden diffamierenden Pauschalvorwürfe, man wolle Berlin wie vor hundert Jahren haben, und vieles andere mehr.


    Hier haben offenkundig manche Menschen Probleme mit anderer Leute Meinung.

  • Und nun bitte wieder sachlich diskutieren. Beiträge die sich nicht auf's Thema beziehen werde ich ins Archiv verschieben. Meinungsverschiedenheiten persönlicher Natur bitte via PN klären.
    Danke

  • Durchaus ernst gemeinter Vorschlag.Die Torhäuser könnten ,stilistisch angelehnt an die Orginale,in Leichtmetallbauweise wiedererstehen und als Kiosk,Imbiss oder Luxus Pissoir /öffentliches WC verwendet und somit einer Nutzung zugeführt werden.


  • Ich finde den Platz auch nicht schlecht. Sehr wohl ist doch aber die Architektur an der Südostecke Richtung Bundesrat sehr homogen und beliebig.


    Mein Lob an dem Gesamtensemble galt auch nicht dem Leipziger Platz alleine (der ja zu einem großem Teil noch nicht vollständig bebaut ist), sondern der Doppelplatzanlage Potsdamer/Leipziger Platz, die man meiner Meinung nach gar nicht völlig getrennt voneinander beurteilen kann. Der Leipziger Platz strahlt eine zurückhaltenden Eleganz aus im Kontrast zu dem geschäftigen, auffälligen und abwechslungsreicheren Potsdamer Platz. Beide Plätze profitieren voneinander und bilden zusammen ein sehr gelungenes abwechslungsreiches Ensemble. Wenn man es mit neugeplanten Stadtvierteln aus der gleichen Zeit in anderen Metropolen vergleicht, ist am Leipziger/ Potsdamer Platz ein sehr urbanes und lebendiges, abwechslungsreiches Quartier entstanden. Deshalb nochmals: Rekonstruktionen gerne an anderen Stellen, aber hier vermisse ich sie überhaupt nicht.

  • Wenn man angelehnte und nachempfundene "Torhäuser" bauen dürfte, dann kann mans auch so lassen, wie es ist und die heutigen Eingänge als Neuinterpretation sehen. Sind die anderen, großen Eingänge auf der anderen Seite vielleicht Anlehnungen an die Torhäuser mir vorhin so mal aufgefallen.


    Habe ich vorhin im Zentrum für Berlin-Studien zufällig gefunden:

    (Von 1907, da braucht man keine Quelle mehr, oder?)


    Man sieht, schon damals hat man (oder zumindest der Schöpfer dieses Plans) über den Abriss der Torhäuser nachgedacht. Außerdem wär der Platz zu nem Kreisverkehr mit Mittelinsel geworden und die norswestl. Ecke, also quasi die kanad. Botschaft wär Straßenbahngleisen gewichen; aber es sieht so aus, als würde eine Brücke über die Gleise die Lücke schließen (im 1.OG und man sieht hier nur das EG). Oder ist das ein Tunnel?

  • Das ist meines Wissens nach ein Grundstück des Bundes, das für eventuelle Erweiterungen genutzt werden soll. Ähnlich auch die südöstliche Ecke Wilhelm-/Ecke Leipziger Straße.