Hochhaus 'Q 218' + 'Van Caem Park' (Lichtenberg | in Bau)

  • Henne-Ei-Problematik. Was war zuerst da? Das Verkehrsaufkommen, welches breite Straßen notwendig macht, oder breite Straßen, die erst Verkehr durch ein entsprechendes Angebot erzeugen?


    Was die Politik anbelangt, verstehe ich deinen Satz nicht. Überall auf der Welt gibt es entsprechende Vorgänge, dass Viertel verkehrsberuhigt werden, Straßen Auto-Fahrstreifen an andere Verkehrsträger verlieren (auch in Berlin) und sogar Autobahnen zurückgebaut werden, auf denen vorher sechsstellige Fahrzeugzahlen täglich unterwegs waren, ergo nach deiner Definition die Infrastruktur erforderlich ist. Du tust so, als existiere das alles überhaupt nicht und dass es völlig utopisch sei, solche Forderungen in den Raum zu stellen.


    Kurzum, mit deiner Argumentation gehörst du am Ende des Tages genau zu denen, die eine Verkehrswende zumindest argumentatorisch torpedieren. Dabei steht so viel auf dem Spiel. Dieses mutlose und verkrampfe Festhalten am status quo irritiert mich.

  • Kurzum, mit deiner Argumentation gehörst du am Ende des Tages genau zu denen, die eine Verkehrswende zumindest argumentatorisch torpedieren. Dabei steht so viel auf dem Spiel. Dieses mutlose und verkrampfe Festhalten am status quo irritiert mich.

    Dass wir uns da nicht falsch verstehen: Ich wäre sehr dafür, den Kfz-Verkehr stark zu reduzieren und dadurch am Ende auch wieder lebenswertere Stadträume zu schaffen. Aber meine Frage blieb unbeantwortet: stellst du dich in die erste Reihe oder erwartest du doch eher von anderen, dass sie sich dem Sturm der Autofahrerlobby stellen??

  • Ich bin angehender Verkehrsingenieur. Da ich keine Politiker-Laufbahn anstrebe, ist das für mich erste Reihe genug. Mir ist nach wie vor aber nicht klar, was du mit dieser Frage eigentlich bezwecken willst.

  • Mir geht es in erster Linie darum, einige Foristen hier von ihrem hohen Ross runter zu holen. Es ist immer leicht, solche Forderungen nach Verkehrsreduzierung aufzustellen und alle anderen, die versuchen, bei Anerkennung der Realitäten praktikable Lösungen zu finden, als mutlos oder unkreativ zu diffamieren.

    Im konkreten Fall war es mir sauer aufgestoßen, wie hier über die Bestandssituation im Wohngebiet Frankfurter Allee Süd geurteilt wurde, da dies meine alte Heimat ist und ich dort sehr gern gelebt habe.


    Am Rande: ich bin ebenfalls Verkehrsplaner.

  • bei Anerkennung der Realitäten praktikable Lösungen zu finden

    Was ist denn aber die Quintessenz deiner Aussagen? Dass man sich keine oder nicht zu viele Gedanken darüber machen soll, wo die Stadt lebenswerter gemacht werden kann? Anerkennung von Realitäten klingt eben mutlos und am status quo festhaltend. Die Realität, die ich mich traue anzuerkennen ist, dass unsere Städte vor riesigen Herausforderungen stehen. Soziologisch, klimatechnisch, verkehrstechnisch etc. und alles hängt irgendwie miteinander zusammen. Diese Herausforderungen sind einschneidend, zeitnah und hier und da auch existenzbedrohend, für Mensch und Natur. Und sie erfordern Mut und eine klare Kante. Eigentlich alles, was unsere vorhandene Politik nicht hat, völlig egal, welche Partei man da nun heranzieht.


    Mit deiner Attitüde kommen wir da keinen Millimeter weiter, weil aus deinen Worten schon die Furcht hervorgeht, es z.B. mit den Autofahrenden aufzunehmen und denen klar zu machen, dass die Party auf 8-spurigen Innenstadtautobahnen vorbei ist.


    Offensichtlich bist du aber einfach nicht objektiv und befangen, da du die Gegend, um die es hier exemplarisch geht, als deine Heimat nennst. Ich bin Nähe Heerstraße Nord aufgewachsen und habe bis heute ein seltsam heimeliches Gefühl, wenn ich durch die Westplatten-Öde laufe. Keine Ahnung, wie oft ich mit meinen Kumpels früher durch die Blocks gezogen bin, aber es war unser Reich, unsere Hood, oder wie immer man es nennen will. Es war aber vor allem vertraut. Meine Emotionalität steht der Ratio diametral gegenüber, ähnlich wie bei dir.


    Sozialer Brennpunkt, ästhetisch fragwürdig, energetisch eigentlich ein Totalausfall, es gibt rational und vor allem mit dem Blick in die Zukunft fast keinen Grund, diese Bauten auch nur in irgendeiner Form zu verteidigen, außer der wichtigste Punkt, dass hier Menschen mit geringem Einkommen ein Zu Hause haben und diese Wohnungen dringend benötigt werden. Deswegen würde ich auch nie eine Kahlschlag-Abriss-Orgie fordern, weil diese dazu tendiert, sozial unverträglich für die zu sein, die dort leben und oft eh schon am Existenzminimum leben. Im östlichen Abschnitt der Frankfurter Allee würde ich beispielsweise den Straßenquerschnitt radikal verkleinern und neue Blöcke (Blockrand und Traufhöhe wie zur Gründerzeit) vor die Platten stellen. Den Plattenbewohnenden müsste dann das Angebot gemacht werden, prioritär die Neubauten beziehen zu können, sodass die Platten sukzessive entmietet und dann abgerissen werden können. Im Prinzip genau das Gegenteilige Vorgehen als nach dem Krieg, als den vorhandenen Blockrandstrukturen zuerst die Hinterhöfe genommen wurden, dort dann die Platten hingesetzt wurden und schließlich die dann entmieteten Vorderhäuser abgerissen wurden, wodurch die Straßenquerschnitte z.B. Auf der KMA oder östlichen Frankfurt Allee ihre heutige Form erhielten.

  • Es ist auch keine Art mit maximal Forderungen zu kommen. Mehrere Ansichten müssen letztendlich miteinander vereinbart werden und das Automobil ist eben nun einmal ein fester Bestandteil der heutigen Mobilität. Gerade für Personen aus dem Umland gibt es doch letztlich keine wirklich Alternative.

  • Mit deiner Attitüde kommen wir da keinen Millimeter weiter, weil aus deinen Worten schon die Furcht hervorgeht, es z.B. mit den Autofahrenden aufzunehmen und denen klar zu machen, dass die Party auf 8-spurigen Innenstadtautobahnen vorbei ist.

    Also Furcht empfinde ich im Grunde weniger bis gar nicht. Ich habe nur schon etliche Planfeststellungsverfahren auch zu innerstädtischen Verkehrsbaumaßnahmen als Straßenplaner vorbereitet und begleitet und habe daraus die Erkenntnis gewonnen, dass es eben komplizierter ist als sich einfach nur hinzustellen und zu sagen: "Im östlichen Abschnitt der Frankfurter Allee würde ich beispielsweise den Straßenquerschnitt radikal verkleinern und neue Blöcke (Blockrand und Traufhöhe wie zur Gründerzeit) vor die Platten stellen." Da kannst du dann in der öffentlichen Anhörung gern deinen Mann stehen...


    Desweiteren gebe ich zu bedenken, dass man vor die Blöcke der FAS nicht einfach so neue Blockrandkisten stellen kann, da dort eine immens große Fernwärmeleitung unter der Wiese liegt. Ist in schneereichen Wintern gut zu beobachten, weil sich dann entlang der FA ein grünbleibender Streifen erstreckt ;) Und außerdem darf so dicht an einer Hauptverkehrsstraße keine Wohnbebauung errichtet werden wegen der Lärmproblematik. Gut zu sehen auch beim Vorhaben FA135 am Stefan-Heym-Platz, wo nach vorne raus ausschließlich Büros angeordnet werden konnten.

  • Ergänzend noch dazu folgende Anmerkung: Was nützte es, die FA auf dem Abschnitt zwischen 135 und 218 zu verschmälern, wenn dann der 17. BA der A100 gebaut wird und die Blechlawine sich anschließend durch ein solches Nadelöhr quetschen muss?

  • Ich wäre für den 17.BA der A100 aber wer die Frankfurter Allee schon als Autobahn tituliert kriegt damit ja erst recht Schnappatmung.

  • Euch allen auch ein fröhliches, neues Jahr. Auf viele fruchtbare Diskussionen mit euch!


    Zur Zeit der aktuellen Prägung dieser Frankfurter Allee in der DDR war die Begrifflichkeit wohl "Magistrale". Ich habe das Phänomen dieser Form der Hauptstraße kürzlich in Marzahn zum ersten Mal verstanden. Diese Hauptstraßen dienen als gesamter Straßenraum tatsächlich allein dem Autoverkehr, also auch dem Parken, während das Leben allein in den Innhöfen stattfinden soll. Es ist mal wieder das alte bzw. damals neue Lied der Trennung der Elemente. Nicht nur Wohnen und Arbeiten wurden getrennt, sondern auch Verkehr und Aufenthalt. Dadurch entstehen reine Funktionsstraßen im Sinne des Verkehrs, was sie dem Wesen nach tatsächlich zu einer Art Stadtautobahn macht. Und die Lebensräume wenden sich diesen "Straßen" nicht zu, sondern ab. Das macht sie so uncharmant und leider oft lebensfeindlich.


    Dem aktuellen Zeitgeist nach erscheint ein solches Konzept mitten in der Stadt vermutlich nicht mehr als würdig, denn es fehlt uns heute das Lebensgefühl von damals, um berauscht vom "Zauber der Mobilität" durch die Stadt von morgen zu gleiten. Geprägt von Staus ist heutzutage auch hier ein rauschhaftes Sausen nicht mehr möglich. Und wer auf der "Magistrale" zum Stehen kommt oder gar aussteigen soll, fühlt sich von der Umgebung auch mal abgestoßen.


    Als Fußgänger allemal, denn auf der gesamten hinteren Frankfurter ist mittig eine Kette gespannt, damit man den Schneisenraum bloß nicht überquert. Und wer dies Richtung Kreuzung am Tierpark versucht, bräuchte durch die ellenlangen Tunnelmünder sogar eine Seilbahn, um auf die andere Seite derselben "Straße" zu gelangen.

    Einmal editiert, zuletzt von Georges Henri ()

  • Hallo lieber George Henri, aus eigener Erfahrung fand der Begriff Magistrale zwar Verwendung für Hauptverkehrsstraßen einer Sozialistischen Planstadt - wohl und Wehe dieser Strassenform lag aber meist auch in der Größe, Architektur und Bedeutung die man Ihr beimaß.

    Auch sogenannte Prachtstraßen die im Sinne der 16 Grundsätze des sozialistischen Städtebaues als Teil des frühen Wiederaufbaues mit Berufung auf die „nationalen (lokalen)Traditionen“gestaltet wurden, galten als Magistralen.


    Für mich das schönste und gelungenste Beispiel dieser Art - die lange Straße in Rostock - die sich in der hanseatischen Backsteintradition sieht, Großzügige Trottoirs mit Skulpturen, Rabatten und Brunnen stimmig bespielt.

    Geschäfte und Restaurants sind zu großen Teilen unter Laubengängen anzusteuern - die Strassenbreite aufgelockert durch die Straßenbahn - Ein Flair, - erkennbar den Anforderungen der Modernen Grossstadt, ihrer Ballungsneigung und ihres wachsenden Verkehrsaufkommens aufs vorzüglichste abgerungen.


    Hier hatte man sich der leidigen Charta von Athen, deren Ansprüche sich nach ihrem städtischem ideal durch Funktionelle Zonenteilung auszeichnete, noch erwehrt.


    Die Charta, ab anfg. 60er in ihrer Anwendung allgemein verstanden und anerkannt als städtebaulicher Ausdruck der Moderne, mit dem Nimbus von Erfolg und Fortschritt, begründet eigentlich die unwirtliche trennende Magistrale die weithin nur als Stadtautobahn wahrgenommen werden


    Die Charta verstand sich irrwegig als Angriff auf die traditionelle Stadt und ihre kleinen funktionalen Gefüge.

    Ihr Selbstbild ist die des Besserers und Befreiers.

    In aller Fürsorge gewidmet dem Menschen. Diesen aus „ niedriger Häuser, dumpfen Gemächern, aus Handwerks und Gewerbesbanden, aus dem Druck von Giebeln und Dächern, aus der Straße quetschender Enge“ , zu holen sah sie als ihre vornehme Aufgabe und scheiterte in ihrer Regelwut und nüchtern gestapelten Effizienz mit ihrer gebauten Vision von Stadt.


    Dieses neue Stadtbild, setzte sich Anfang der 60er schließlich unüberwunden bis heute durch.

    Schuf z.T diese verkrüppelten Ideen von Stadt aus Teer und Beton.

    Satelliten und Trabantenstädte die uns in ihren Exzessen von Massstabslosigkeit bis heute abstoßen und beschäftigen.

    Frei nach George - ihr baut verbrechendes in Maß und GESTALT( Höhe)

    Einmal editiert, zuletzt von Endell ()

  • Ich hab es bisher so verstanden dass, die Charta zwar exegesen zuließ und sich dadurch aus den extremen Formen herauswand.

    Die überlebten städtebaulichen Dogmen z.b nach corbusier streifte man ab, die sozialen Forderungen und die wesentlichen Grundsätze haben aber immer noch Geltung.


    Die letzte eher ergänzend und korrigierend verstandene Reform hierzu war die Charta von Leipzig.


    Die weiträumigen städtebaulichen Zeugnisse im Geiste des Ideales der alten Charta sind bis heute präsent und dominieren die Grossstädte in ihrer Fläche bis heute.

    Das Konzept der der losen Anordnung von großformatiger antiurbaner Wohnbebauung in der Fläche ist wenn auch oft nunmehr im kleineren Masstab immer noch aktuell.

    2 Mal editiert, zuletzt von Endell ()

  • Zur Zeit der aktuellen Prägung dieser Frankfurter Allee in der DDR war die Begrifflichkeit wohl "Magistrale". Ich habe das Phänomen dieser Form der Hauptstraße kürzlich in Marzahn zum ersten Mal verstanden. Diese Hauptstraßen dienen als gesamter Straßenraum tatsächlich allein dem Autoverkehr, also auch dem Parken, während das Leben allein in den Innhöfen stattfinden soll. Es ist mal wieder das alte bzw. damals neue Lied der Trennung der Elemente. Nicht nur Wohnen und Arbeiten wurden getrennt, sondern auch Verkehr und Aufenthalt. Dadurch entstehen reine Funktionsstraßen im Sinne des Verkehrs, was sie dem Wesen nach tatsächlich zu einer Art Stadtautobahn macht. Und die Lebensräume wenden sich diesen "Straßen" nicht zu, sondern ab. Das macht sie so uncharmant und leider oft lebensfeindlich

    Das mag für den "Lebensraum" direkt an der Fahrbahn durchaus zutreffen. Aber dafür entfaltet sich in den "Innenhöfen" hinter den langen Gebäuderiegeln ein weitgehend vom Durchgangsverkehr verschontes, relativ ruhiges und angenehmes Lebensgefühl. Wenn ich auf unserem Spielplatz im Sandkasten saß oder auf den Iglus aus Trabbi-Plaste rumkletterte, bekam ich von der Frankfurter Allee nichts mit. Wenn ich aus meinem Kinderzimmerfenster schaute, konnte ich all die Wege im Wohngebiet wegen der vielen Bäume gar nicht alle einsehen. Ich habe gern in dieser "lebensfeindlichen" Umgebung gelebt.

  • Per Webcam kann man seit heute beobachten, dass die Betonpumpen per Ausleger vom LKW nicht mehr ausreichen.


    Pro Monat schafft man ca. 3 Etagen. Läuft bei PORR

  • Das Grundstück nebenan mit dem Lidl schreit förmlich nach einem Zwillings. Solch einfache Gewerbebauten sind nach 25 Jahren meist abgeschrieben. Baujahr 2006 + das Vermarktungspotential lässt vielleicht in den nächsten 5 Jahren den nächsten Turm wachsen.


    Das entstehende Bürogebäude nebenan hat bisher auch noch keinen Mieter für das Erdgeschoss bekannt gegeben. Vielleicht zieht der Lidl über die Straße. Wilde Spekulation :)