Potsdam: Lustgarten

  • Man stelle sich vor, die Hotelplatte wäre kurz nach der Wende gebaut woren und nicht unter der Prämisse sozialistischen Städtebaus in der DDR. Es kann mir keiner erzählen dass in diesem Fall die SED-Anhänger die sich so lautstark für den Erhalt eingesetzt haben, sich auch nur eine Mikrosekunde lang mit diesem Thema beschäftigt hätten. So wie es nun aber ist, ist der Konflikt um die Kunsthalle auch nur ein weiterer Stellvertreterkrieg zwischen alteigesessenen Wendeverlierern mit Parteibuch und neureichen Zugezogenen.

  • "Plattner-Bau statt Plattenbau"

    Umso erfreulicher ist doch, dass laut RBB hunderte engagierte Bürger auf dem Alten Markt für die Kunsthalle demonstrieren und dabei sogar Unterstützung von in Potsdam wohnenden Prominenten erhalten. Ihrer Forderung "Plattner-Bau statt Plattenbau" kann ich mich nur anschließen.

  • Ich denke mittlerweile, dass die gestrige Kundgebung ganz hilfreich war, hat sie doch jedem vor Augen geführt, worum es in diesem Konflikt geht. Es geht bei alledem nicht um die Kunsthalle und auch nicht um den Lustgarten, sondern es geht ganz grundsätzlich um das bauliche Gesicht Potsdams. Es geht um die Frage, ob Potsdam eine Collage verschiedener Bauepochen sein soll, in der auch die DDR-Zeit ihren Bestand hat, oder ob das bauliche Erbe der DDR ausradiert werden soll. Denn mit den gleichen Argumenten, mit denen der Abriss des Mercure-Hotels gefordert wurde, kann auch der Abriss anderer Hochhäuser gefordert werden. Und ich habe keinen Zweifel, dass schon bald nach einem Abriss des Hotels gegen andere Hochhäuser Stimmung gemacht werden wird. Dann stellt sich die Frage, welche Hochhäuser als nächstes in das Visier der Abrissbefürworter geraten werden - die Hochhäuser an der Neustädtischen Havelbucht, die Hochhäuser am Kiewitt oder die Hochhäuser am Humboldtring? Plakate wie „Plattner-Bau statt Plattenbau“ oder die Bezeichnung von Plattenbauten als „Notdurftarchitektur“ durch Günter Jauch zeigen doch ganz gut, wohin die Reise gehen soll.


    Allerdings liegt in dieser Klarheit auch eine Chance. Denn in Potsdam gibt es 32000 Plattenbauwohnungen, das sind immerhin fast 40 Prozent des Wohnungsbestandes. Ich denke nicht, dass die Potsdamer, die in diesen Häusern wohnen, diese Stimmungsmache gegen die Plattenbauten klaglos akzeptieren werden. Sie werden sie erst recht nicht akzeptieren, wenn sie von Leuten kommt, die allesamt Millionäre und Promis sind, die in teuren Villen leben und sich nur durch den Anblick der Plattenbauten gestört fühlen. Und deshalb wage ich die Prognose, dass der Widerstand gegen den Mercure-Abriss jetzt erst so richtig beginnen wird. Ich würde sogar nicht einmal ausschließen, dass es am Ende eine Mehrheit gegen den Abriss gibt. Und da Herr Plattner ja sein Projekt nur im Einvernehmen mit den Bürgern realisieren will, bin ich guter Hoffnung, dass das Mercure-Hotel noch lange stehen wird.


    P.S. Man könnte ja auch mal den Abriss des Hauses von Günter Jauch fordern, denn dieses ist ein echter Schandfleck, und es beeinträchtigt den Ausblick von der Terrasse des Marmorpalais ganz ungemein.

  • Gehen dir jetzt die Argumente aus^^? Wo ging es denn um die Ausradierung des baulichen Erbes der DDR? Wie du richtig festgestellt hast, stellt das einen Großteil der Bebauung dar. Es ist unmöglich da irgendwas auszuradieren. Aber fakt ist, das Mercure ist bauhistorisch irrelevant, städtebaulich beeinträchtigt es die Qualität der Innenstadt. Wenn man das erkennt und die Möglichkeit hat das zu ändern ist doch ein Abriss vollkommen legitim. Das du diese Spezifik schon wieder auf einen allgemeinen Kreuzzug gegen die Plattenbauten beziehst, zeugt nicht von der Rationalität die du selber forderst.

  • 58 Prozent sagen Nein

    Fast schon sensationelle Ergebnisse brachte eine Online-Abstimmung zur Kunsthalle, die gestern von den Potsdamer Neuesten Nachrichten durchgeführt wurde. Gefragt wurde:
    „Wegen Querelen um das Mercure-Hotel will Hasso Plattner seine Kunsthalle an den Stadtrand bauen. Soll die Stadt Potsdam alles tun, damit sie doch noch am Lustgarten entsteht? “
    Kurz vor Ende der Abstimmung gegen 20 Uhr lautete der Stand:
    Ja - 42 Prozent
    Nein - 58 Prozent.
    Ich bin gespannt, ob dieses Ergebnis in der heutigen PNN erwähnt wird.
    Auf jeden Fall ist es ein gutes Signal an Herrn Plattner.

  • Und ich habe keinen Zweifel, dass schon bald nach einem Abriss des Hotels gegen andere Hochhäuser Stimmung gemacht werden wird. Dann stellt sich die Frage, welche Hochhäuser als nächstes in das Visier der Abrissbefürworter geraten werden - die Hochhäuser an der Neustädtischen Havelbucht, die Hochhäuser am Kiewitt oder die Hochhäuser am Humboldtring? Plakate wie „Plattner-Bau statt Plattenbau“ oder die Bezeichnung von Plattenbauten als „Notdurftarchitektur“ durch Günter Jauch zeigen doch ganz gut, wohin die Reise gehen soll.


    Das ist so lächerlich! Als würden die Leute Schlange stehen, um viel Geld für einen Abriss von Plattenbauten zu zahlen.


    Ich geh mal davon aus, dass in den nächsten Jahren kaum ein ökonomisch denkender Investor kommen wird, welcher vor dem Bau einer Luxusimmobilie das Bauland von Plattenbauten säubern muss. Eher werden die alten Platten general saniert, was ja teileweise ganz gut ausschauen kann.


    Im Fall des Hotels haben die Potsdamer einfach nur Glück, da es dem Herrn Plattner nicht juckt, wenn er vorher ein wenig mit der Abrissbirne wedeln muss. Und an dieser Stelle gibt es keine bessere Wahl.

  • Gibt es denn überhaupt schon Pläne bzw. Visualisierungen, wie Plattners Kunsthalle an der Stelle des Mercure-Hotel aussehen soll? Bevor man einen Abriss fordert, sollte man doch wissen, was die Alternative ist. Soll die Kunsthalle modern oder historisierend, in Anlehnung an die Vorkriegsbebauung, werden? Wenn Plattner an diese Stelle einen autistischen Solitär setzt, der sich genausowenig in das Stadtbild und das Ensemble des Alten Marktes einfügt wie das Hotel, könnte man sich den Abriss auch sparen.

  • Soll die Kunsthalle modern oder historisierend, in Anlehnung an die Vorkriegsbebauung, werden?


    Eine Vorkriegsbebauung gab es an dieser Stelle nicht. Das Hotel steht auf dem ehemaligen Lustgarten und trennt diesen räumlich wie ein Riegel von der Innenstadt ab.


    In irgendeinem Zeitungsartikel habe ich gelesen, dass Plattner das Burda-Museum als Vorbild sieht: http://www.museum-frieder-burd…llpaper_iMac_klein_01.jpg

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  • Es geht bei alledem nicht um die Kunsthalle und auch nicht um den Lustgarten, sondern es geht ganz grundsätzlich um das bauliche Gesicht Potsdams.


    Natürlich geht es darum und ich finde es nicht falsch.


    Das besagte Hochhaus ist meiner Meinung nach auch nicht sonderlich schön und passt auch nicht in diese Gegend. Und wenn es eine Mehrheit gibt, die das ebenso sieht, finde ich das noch besser.

  • @ mescha: Das ist mal ein interessanter Gedanke!


    Wenn man sich die Kunst ansieht, die Plattner sammelt und für die ja auch die Kunsthalle eine gewisse Rolle spielen soll, dann kann ich mir nicht vorstellen, dass es ein barock anmutendes Gebäude werden würde. Eher was Modernes, wobei Hr. Plattners gesammelte DDR-Kunst viellecht sogar am besten in einem DDR-Plattenbau passen würde?
    Er selbst kann sich das aber wohl nicht vorstellen, wenn mein von den Medien transportiertes Bild mit der Realität übereinstimmt. So würde die Kunsthalle an der Stelle des heutigen Mercure wohl ein Versuch hochwertiger und moderner Architektur in Potsdams barocker Mitte werden.
    Und einfach würde das nicht, so mein Bauchgefühl.

  • Im Interview mit den PNN äußert sich Plattner zu seinen Vorstellungen.


    Er möchte keinen Wettbewerb der ihn Millionen kostet, sondern als Privatmann einen oder mehrere Architekten aussuchen, von dort Vorschläge erhalten und diese dann mit der Stadt abstimmen.
    Im Interview spricht er von einem modernen, sich an der Topgraphie orierntierenden, maximal anderthalbstöckigen Bau, der sich gegenüber dem Schloss zurücknimmt ohne langweilig zu sein und eine Brücke in den Lustgarten bildet.

  • Ist ja wahnsinn, dass hier so viele (und so wie ich das verstanden habe auch einige verantwortliche Potsdamer Stadtpolitiker) Plattners Abrisspläne bejubeln ohne zu wissen, was er dort genau bauen will. Das nenne ich mal blindes Vertrauen in den Geschmack irgendeines mir völlig unbekannten Millionärs (oder Milliadärs?). Ein Haufen Geld um sich eine bedeutende Kunstsammlung zulegen zu können bedeutet ja nicht automatisch, dass man auch in Bezug auf Architektur ein Gespür für Stil und Ästhetik vorweisen kann. Einen Freibrief an Plattner, alles zu bauen was er will nur damit man das ungeliebte Mercure-Hotel loswird, halte ich für den falschen Ansatz.

  • ^^Recht hast du wohl, aber ich schätze, dass einige nach dem Grundsatz "es kann eigentlich nur besser werden" vorgehen, zumal Plattner ja nicht irgendetwas ohne Zustimmung der Stadt da hinstellen darf.
    Und Potsdam scheint da in Sachen Neubauten maßvoller vorzugehen als Berlin, wo man sich leider zu gerne ins qualitativ Fragwürdige "lüschert"

  • @ meschna: Die Stadt hat natürlich mitzureden. Und die Bebauung erfolgt natürlich nach rechtlichen Gegebenheiten. Hier baut allerdings dann ein Privatmann und nicht die öffentliche Hand (wie bei 80-90% aller innerstädtischen Bauten). Ich weiß wirklich nicht, was daran nun wieder Wahnsinn sein soll.


    Plattner hat übrigends die Fassade und das Dach des zukünftigen Landtagsgebäudes im Gewand des Potsdamer Schlosses bezahlt. Das könnte man vielleicht als (positiven) Wahnsinn bezeichnen. Es sagt aber natürlich auch etwas über seine städtebaulichen Vorstellungen in Potsdam aus. Landtagsschloss und Mercure stehen ja bekanntlich gegenüber.


    Deine Aufregung finde ich wirklich absolut unangebracht. Man versteht leider bei der Diskussion zunehmend, warum sich Superreiche in Deutschland, anders als z.B. in den USA, aus solchen Sachen lieber raushalten.

  • Planungsvorschlag für Plattners Kunsthalle

    Im Architekturmuseum der TU Berlin bin ich auf einen interessanten Planungsvorschlag aus dem Jahr 1947 von Hans Freese gestoßen. Dieser sieht ein Ausstellungsgebäude am Lustgarten vor, dessen Kubatur in etwa dem gegenüberliegenden Marstall entspricht:


    http://architekturmuseum.ub.tu…=1&p=51&sid=444392810&z=1


    Der Entwurf hat den Vorteil, dass vor dem Stadtschloss eine großzügige Platzfläche entstehen würde und man so wieder einen freien Blick auf den Neptunbrunnen hätte. Was haltet ihr davon mit Blick auf den möglichen Bau von Plattners Kunsthalle?

  • Die ganze Sache entwickelt sich zunehmend zu einem Pokerspiel, bei dem nicht klar ist, was die Spieler eigentlich wollen. Da ist zunächst Hasso Plattner. Was Hasso Plattner will, ist völlig unklar. Wenn er ein ernsthaftes Interesse an einer Kunsthalle am Lustgarten gehabt hätte, dann hätte er doch wohl als der clevere Geschäftsmann, der er ist, sehr diskrete Verhandlungen mit Blackstone geführt und erst nach einem Kauf des Hotels seine Pläne publik gemacht. Nun gibt es eine Situation, in der Blackstone am längeren Hebel sitzt und den Kaufpreis für das Hotel in die Höhe schrauben kann. Daher habe ich Zweifel an der tatsächlichen Kaufabsicht von Herrn Plattner.


    Auch sind die öffentlichen Aussagen von Hasso Plattner keineswegs so, dass er nun am Lustgarten bauen will. Er hat vielmehr eine Reihe von Bedingungen genannt, unter anderem die, dass es in der Potsdamer Bevölkerung einen Konsens zu dem Projekt geben sollte und dass es einen Bürgerentscheid zu dem Thema gibt. Einen solchen Konsens gibt es offenbar nicht. Nicht nur die stärkste Partei in Potsdam spricht sich gegen das Projekt aus, auch haben bei einer Online-Abstimmung der Potsdamer Neuesten Nachrichten 58 Prozent erklärt, dass die Stadtverwaltung nicht alles tun sollte, um die Kunsthalle an den Lustgarten zu holen. Und von einem Bürgerentscheid hört man auch noch nichts. Daher sind die von Plattner genannten Bedingungen keineswegs erfüllt.


    Ein weiteres Problem ist die Weiße Flotte. Diese verfügt über ein Baurecht für einen Neubau am Lustgarten, der mit dem Kunsthallenprojekt nicht vereinbar ist. Wenn die Stadt nun der Weißen Flotte das Baurecht wieder entziehen will, dann wird sie der Weißen Flotte Entschädigungen zahlen müssen. Dann stellt sich die Fragen, wer diese Kosten übernimmt: Die Stadt oder Hasso Plattner?


    All diese Faktoren sorgen dafür, dass die Lösung dieses Konfliktes völlig offen ist. Möglicherweise ist das Ganze nur eine PR-Aktion von Herrn Plattner, möglicherweise hat er auch noch ganz andere Pläne. Bedenklich ist auf jeden Fall, dass die Bürger bei diesem Pokerspiel so wenig mitentscheiden können. Es kann nicht sein, dass eine so wichtige Frage ohne Bürgerbeteiligung entschieden wird.


    P.S. Die Linke hat übrigens die Forderung Hasso Plattners nach einem Bürgerentscheid aufgegriffen, und sie hat auch erklärt, dass sie das Ergebnis respektieren wird.

  • Spannend wie ein Krimi

    Hasso Plattner verhandelt jetzt mit Blackstone. Wenn die beiden Parteien sich über einen Kaufpreis einigen, sind die Tage des Mercure gezählt. HP scheint die Unterstützung, die er ja reilchlich bekommen hat und die effiziente Funktionsweise der Stadt bei der Beseitigung von Hindernissen, auszureichen.


    Daumen drücken, dass Balckstone verkauft!

  • Über die Sammlung von Hr. Plattner schreibt heute der Tagesspiegel. Link
    Dort gibt es auch eine Bilderstrecke von einigen Werken der Sammlung. So bekommt man vielleicht ein Gefühl dafür, was für ein Gebäude für die Sammlung ein geeigneter Rahmen wäre.


    Ich persönlich fände den Standort am Jungfernsee gut geeignet für die Kunst und die Kunsthalle und würde ihn gegenüber dem Lustgarten vorziehen. Auch wenn ich das Mercure nicht erhalten möchte und als für das Stadtbild störend empfinde.


    Und OT möchte ich noch ein bisschen Werbung für das Kunstarchiv Beeskow machen, so für die Kunstfreunde, hier der Link zur Website. Das Kunstarchiv Beeskow versteht sich als Dokumentationsstelle zur bildenden Kunst in der DDR.