Stadtgespräch Berlin / dies und das

  • Mittlerweile ist der Koalitionsvertrag online. Die Koalition hat sich ehrgeizige Ziele gesetzt. So soll der Bestand der landeseigenen Wohnungsgesellschaften um mindestens 55.000 Wohnungen aufgestockt werden, davon 30.000 durch Neubau und 25.000 durch Zukauf. Schwerpunkte des Wohnungsbaues sind:
    -Blankenburg Süd
    -Buch
    -Buckower Felder
    -Wasserstadt Oberhavel
    -Gartenfeld
    -Europacity
    -Michelangelostraße
    -Flughafen Tegel
    -Johannisthal/Adlershof
    -Köpenick
    -Lichterfelde Süd
    Weiterhin sollen auch die Genossenschaften gefördert werden.
    Vorgesehen ist eine aktive Flächenankaufspolitik. Das Land soll gezielt strategisch wichtige Grundstücke erwerben, damit diese für den Bau preisgünstiger Wohnungen genutzt werden können.


    Für die Innenstadt strebt der neue Senat einen Kompromiss zwischen Reko-Fans und Moderne-Fans an. Die Reko-Fans bekommen mit der Bauakademie eine zusätzliche Reko. Die Moderne-Fans können sich über die schon vom alten Senat beschlossene Sanierung des Hauses der Statistik freuen. Für die Gebiete der Bewerbung für das UNESCO-Welterbe (Hansaviertel, Karl-Marx-Allee) wird eine Erhaltungsstrategie entwickelt.
    Im Zusammenhang mit der Verkehrsberuhigung der Straße Unter den Linden werden die Planungen für den Molkenmarkt überprüft, möglicherweise müssen hier die Kapazitäten erhöht werden.


    http://www.tagesspiegel.de/dow…-berlin-zum-nachlesen.pdf

  • Der Letzte Satz von Klarenbach lässt mich aufhorchen. Der B-Plan für das Areal ist doch schon beschlossen. Wie soll da jetzt die Kapazität erhöht werden? Dauergrün auf der Grunerstraße? Ich bin gespannt.


    Carlo: Deine Gedanken finde ich nachvollziehbar. Man endet dann aber leider in einer Sackgasse der Unversöhnlichkeit. Schwierig, das hier in so einem Forum zu erörtern. Es ist außerdem nicht gesagt, dass man per se als ehemaliger Widerständler im neuen System Nachteile hat. Dafür genügt ein Blick an die Spitze unserer Staates.

  • R2G will die vom Bund finanzierte Bauakademie als Zugeständnis an die "Reko-Fans" verkaufen? Wie großzügig.


    Der Koalitionsvertrag liest sich wie eine Aneinanderreihung von Dingen, die man gern hätte, die man sich aber nicht leisten kann. Im Prinzip fortgesetzter Wahlkampf. Besonders frech wird die offene Ankündigung, das alles über Kredite vorbei an der Schuldenbremse zu finanzieren, wenn man sich überlegt, dass am Ende das als rückständig verspottete Bayern einen nicht unerheblichen Batzen davon wieder mal über den Länderfinanzausgleich finanzieren darf. Derweil können Münchner über die Berliner Durchschnittsmiete nur lachen.

  • Carlo: Deine Gedanken finde ich nachvollziehbar. Man endet dann aber leider in einer Sackgasse der Unversöhnlichkeit.


    Versöhnung ist immer gut, setzt aber Reue und Buße voraus, die es in den allermeisten Fällen aber nicht gegeben hat.


    Joachim Gauck und seine Familie (der nur Theologie und sonst nichts studieren durfte und dessen Söhne in der DDR generell nicht zum Studium zugelassen wurden) sind ein gutes Beispiel dafür, wie willkürlich die DDR Leben ruinierte. In der Familie meiner Frau gab es mehrere solcher Fälle, das senkt etwas die Nachsicht mit den Mittätern und Mitläufern von einst.


    Generelle Berufsverbote für ehem. SED-Mitglieder wären mit Sicherheit falsch gewesen, man hätte ihnen aber den Eintritt in das Berufsbeamtentum und die Ausübung hoher Wahlämter versagen sollen. Das hat man, wenn ich mich richtig erinnere, vor allem deshalb nicht getan, weil man nach 1949 mit ehem. NSDAP-Mitgliedern auch nicht so verfahren ist, und es dann "Wertungswidersprüche" gegeben hätte.


    Aber wir sind hier zugegebenermaßen off-topic.

  • Der Koalitionsvertrag liest sich wie eine Aneinanderreihung von Dingen, die man gern hätte, die man sich aber nicht leisten kann.


    Das stimmt leider, war aber auch nicht anders zu erwarten.


    Das beginnt übrigens schon damit, dass die Anzahl der Senatoren (entsprechen den Ministern in anderen Bundesländern und werden auch so bezahlt) von 8 auf 10 erhöht wurde (je 3 von LINKEN und GRÜNEN, 4 von der SPD), was zahlreiche neue Einstellungen (Stäbe, Leitungsfunktionen etc.) erforderlich macht.


    Wie dem auch sei: Mit dem Regierenden Bürgermeister umfasst der Senat zukünftig 11 Mitglieder.

  • Mittlerweile ist der Senat komplett. Die Grünen haben die Senatorin für Verkehr und Umwelt benannt - und eine durchaus hochkarätige Expertin gefunden. Das Amt übernimmt Regine Günther, die bis jetzt als Generaldirektorin für Politik und Klimaschutz beim WWF tätig ist. Die Grünen haben es ja sehr spannend gemacht, aber ich denke, sie haben eine gute Wahl getroffen, und wir können hoffen, dass sich auch die Stadtentwicklung künftig stärker an ökologischen Prämissen orientieren wird.
    http://www.tagesspiegel.de/ber…rssenatorin/14885196.html

  • Gut, das kann ja dann wohl nur heissen, dass man die Stadt wesentlich dichter bebaut. Das reduziert den CO2 Footprint erheblich - nutzt die vorhanden Infrastruktur besser - reduziert den Flächenfrass etc.

  • Eine sehr gute Nachricht! Damit zeigt Katrin Lompscher, dass sie keine Parteibuchwirtschaft einführen will, sondern auf qualifizierte Fachleute setzt.
    Ich denke, eine parteiübergreifend angesehene Fachfrau wie Regula Lüscher ist eine gute Gewähr für eine auf Ausgleich und Partizipation ausgerichtete Stadtentwicklungspolitik.


    Edit. Ist es möglich sich in diesem Thread sachlich über das Thema zu unterhalten?
    Bato

  • Zum Thema: Ich habe rein gar nichts gegen AMBITIONIERTE moderne Architektur. Mit Frau Lüscher verbinde ich hingegen die Förderung (bzw. teils Forderung) von brutal langweiliger Monotonie. Und gerade Partizipation verbinde ich persönlich überhaupt nicht mit dieser Person. Meist hält sie es ja nicht einmal für notwendig, ihre Arbeit transparent zu machen.

  • Lüscher ist das personifizierte Einheitsraster. Wahlweise in hellgrau, grau oder dunkelgrau. Irgendwelche kreativen Impulse sind von ihrer Seite nicht zu erwarten. Dagegen kann man Stimmans Tun ja schon als regelrecht visionär bezeichnen.


    PS: Zumindest aus bundespolitischer Perspektive ist es erfreulich, dass die im AA offensichtlich überforderte Frau Chebli einen Gang zurückschaltet und nun dem Herrn Müller zur Seite steht.

    Einmal editiert, zuletzt von Saxonia ()

  • Ich selbst "hasse" Frau Lüscher bestimmt nicht. Ich finde die Ergebnisse ihrer Arbeit allerdings provinziell und langweilig. Insofern passt sie allerdings auch wieder ganz gut zum gegenwärtigen Berlin, das schon seit einigen Jahren nicht mehr den Ehrgeiz zu haben scheint, in irgendeinem Bereich mehr als bestenfalls Mittelmäßiges hervorzubringen.

  • ... Insofern passt sie allerdings auch wieder ganz gut zum gegenwärtigen Berlin, das schon seit einigen Jahren nicht mehr den Ehrgeiz zu haben scheint, in irgendeinem Bereich mehr als bestenfalls Mittelmäßiges hervorzubringen.



    ... Zürich eben :daumen:

  • ^
    Schlimmer. Denn in Berlin gibt es - anders als im seit Jahrhunderten nicht mehr kriegszerstörten Zürich - nach wie vor riesige Flächen zu bebauen, die das Stadtbild entsprechend langfristig prägen werden - siehe die gehobene Gewerbegebietsarchitektur der sogenannten Europacity nördlich des Hauptbahnhofs.

  • Bei der Bildung des neuen Senates scheint alles nach Plan zu laufen. Heute wurde bekannt, dass bei der Mitgliederbefragung der Linken fast 90 Prozent für den Koalitionsvertrag gestimmt haben. Damit steht der morgigen Senatswahl nichts mehr im Wege.
    https://www.rbb-online.de/poli…itionsvertrag-berlin.html


    Ansonsten hat das Verbleiben von Frau Lüscher im Amt für Freude gesorgt, selbst Michael Müller erklärte, dass er sich darüber sehr freuen würde.
    http://www.tagesspiegel.de/ber…retaere-vor/14941712.html


    Und was das Diskussionsklima betrifft: Sicher ist gegen sachliche und differenzierte Kritik an Frau Lüscher nichts zu sagen. Allerdings sind Reaktionen wie "ein schrecklicher Tag für die Architektur in Berlin" sicher nicht als eine sachliche Kritik an Frau Lüscher zu werten, da ist schon bashing und Hetze. Da muss man sich nicht wundern, wenn es dann die entsprechenden Reaktionen gibt.

  • Warum soll das bitte "Bashing und Hetze" sein? Das ist eine Meinung. Undifferenziert, meinetwegen, aber doch um Gottes willen keine "Hetze". Du lobst die Frau hingegen dermaßen über den grünen Klee, dass man fast Glauben könnte, dir entstünden dadurch irgendwelche Vorteile. Wirklich differenziert ist das auch nicht. Vielleicht kann man einfach mal aktzeptieren, dass Lüscher sehr polarisiert und es zu ihr unterschiedliche Meinungen gibt. Das forderst du ja auch in gesunder Regelmäßigkeit.

  • Die Nachrichten werden immer besser: Der bekannte Gentrifizierungsexperte Andrej Holm soll Staatssekretär für Wohnen werden.


    http://www.rbb-online.de/polit…ekretaer-fuer-wohnen.html


    Eine sehr clevere Personalauswahl wie ich finde: Frau Lüscher übernimmt als Integrationsfigur die Einbindung der bürgerlichen Schichten, Andrej Holm steht für eine dezidiert linke Politik. Ich denke, die nächsten fünf Jahre werden sehr spannend werden. Da kann man ja schon mal den Sekt kaltstellen - für morgen.

  • Klarenbach: Die Personalie Holm ist tatsächlich äußerst interessant. Ich bin gespannt, inwiefern die Politik tatsächlich einen Durchbruch beim Thema bezahlbarer Wohnraum erreichen kann. Jedenfalls scheint sie es ernster zu nehmen als die Vorgängerregierung. Eine Erfolgsgarantie sehe ich darin aber noch lange nicht. Bisher befürchte ich nach wie vor, dass man sich extrem viel vornimmt und letztlich vermutlich deutlich weniger bei rum kommt bzw. man sich im schlimmsten Fall verzettelt oder sogar Dinge abwürgt, die vorher noch funktioniert haben. Ein Grundgesetz der Physik: Es ist immer leichter, Dinge am Laufen zu halten als sie neu anzuschieben. Daher sollte man weise mit der Energie umgehen und nicht zu viel/ alles auf einmal verändern wollen.


    Frau Lüscher übernimmt als Integrationsfigur die Einbindung der bürgerlichen Schichten


    Warum plötzlich so bescheiden? Ich dachte, die Frau ist unabhängig von politischen Konstellationen ein Fels in der Brandung. Diese immens bekannte und populäre Identifikationsfigur ruft doch bei allen Bevölkerungsschichten durchweg eine extrem hohe Zustimmung hervor. Selbst in verhärteten Milieus, die sich bisher null um Politik scheren, könnte sie eine völlig neue Euphorie und Sehnsucht nach gesellschaftlicher und politischer Partizipation entfachen. Vielleicht hätte sie bei einer eigenen Kandidatur sogar viel mehr Stimmen für die SPD geholt als Müller. ;)


    Ich denke, die nächsten fünf Jahre werden sehr spannend werden. Da kann man ja schon mal den Sekt kaltstellen - für morgen.


    Spannend wird es so oder so. Ich teile Deinen extremen Optimismus leider nicht. Aber auch ich hoffe das Beste und denke mit Zuversicht an die recht verlässliche und pragmatische Politik von rot-rot zurück. Vielleicht kann man ja daran anknüpfen und wird mehr hinterlassen als viel gut gemeinte Worte, Reformen und teure Geschenke. Besonders gespannt bin ich nach wie vor auf die Bildungspolitik.

  • Holm ist in der Tat eine sehr spannende Personalie.


    Er kann es jetzt richtig gut machen zB wie in seinen Schriften oft gefordert, den kommunalen Wohnungsbau radikal ausbauen (nicht nur den sozialen Wohnungsbau) und ein paar wegweisende Grundlagen legen wie Entmischung fördern (wie auch immer das in der Praxis umgesetzt werden mag).


    Andererseits pflegt Holm auch sehr schwarzweiße Feindbilder, ich hoffe nicht, dass es jetzt mit Eingentümerschikane losgeht.