Leipzig: Jahnallee 61 vulgo Capa-Haus (Split aus Bauerbe-Thread)

  • Städtebaulich halte ich das Gebäude an der Jahnallee/Lützner Straße für unverzichtbar.
    Ein Abriss würde das gesamte Stadtbild negativ beeinflussen, der Abschluss der Häuserfront zum Palmengarten fehlte und die Straße verlöre gegenüber dem Straßenbahnhof einen Großteil ihrer Schauseite.
    Aber die Begründung, dass das Gebäude "weltberühmt" wäre, weil dort ein bekanntes Foto aufgenommen wurde, ist lächerlich, ebenso wie der Name "Capa-Haus".
    Tragisch ist, dass dort im Krieg ein junger Soldat sein Leben lassen musste, doch für wen hatte er denn sein MG aufgebaut?
    Er hätte damit auf deutsche Soldaten geschossen, die vielleicht aus Angst vor "Standgerichten" der SS bis fünf Minuten nach zwölf noch kämpfen mussten. Vielleicht waren es zum Dienst gepresste Volkssturmleute aus unserer Stadt.
    Es war Krieg und der deutsche "Heckenschütze", der den US-Soldat im Kampf erschossen hat, wäre vielleicht das erste Opfer des Amerikaners gewesen.
    Dieses tragische Ereignis zu verklären, eine Gedenkstätte einzurichten oder gar eine Straße nach dem toten Soldaten zu benennen, ist absurd.
    Jeder Tote des Krieges war zu viel, aber das außerdem inzwischen nicht mal mehr originale Gebäude, sollte aus dem Grund erhalten werden, der der einzig akzeptable ist, dem städtebaulichen.
    Vielleicht hoffen die "Capa-Aktivisten" auf eine größere Chance für den Erhalt mit der
    Überbetonung der "geschichtlichen Rolle" (in welchem Gebäude wurde eigentlich in Leipzig keine Geschichte geschrieben?!) die dem Haus angedichtet wird?
    Reichen städtebauliche Gründe nicht mehr aus, ein Gebäude zu erhalten?
    Armes Leipzig!

  • Wie sagt man hier? Was schert mich fremdes Leid!



    Die Deutschtümelei im Heimatsenderland überrascht doch immer wieder. Täter werden zu Opfern des Befehlsnotstandes. Vielleicht eine deutsche Tradition? Bis in höchste Kreise.



    Leipzig war die letzte große Stadt in Deutschland, die von den Amerikanern erobert wurde. Die amerikanischen Bodentruppen wurden von zahlreichen Journalisten begleitet. Fotos und Filmaufnahmen kann man in der neuen DAUERAUSSTELLUNG des Stadtgeschichtlichen Museums im Alten Rathaus sehen.


    Die meisten Leipziger hatten weiß geflaggt. Einige deutschen Krieger hatten einen amerikanischen Panzer in Brand geschossen. Die Besatzung dürfte das nicht überlebt haben.





    M4 burning leipzig [Public domain or Public domain], by T/5 R. W. Crampton, US Army, from Wikimedia Commons




    Weitere Fotos aus der Gegen um den Straßenbahnhof Angerbrücke zeigen das Geschehen um den Tod des GIs.



    Der Sniper wurde gefasst und abgeführt. Da er dabei von den GIs getreten wurde, hat man diese FOTOS zunächst zensiert und nicht veröffentlicht. Deutsche Soldaten hatten da ganz anders reagiert. Da gab es kein Pardon.




    In Leipzig wird aber auch der Lebensgefährtin von Robert Capa Gerda Taro gedacht. Nach ihr ist die Tarostraße benannt. Wie diesem ARTIKEL der Badischen Zeitung zu entnehmen ist, starb Gerda Taro im Spanischen Bürgerkrieg nach einem Tieffliegerangriff deutscher Flugzeuge. Deutschland nahm –völkerrechtswidrig- mit der Legion Condor am Spanischen Bürgerkrieg teil.



    ROBERT CAPA, fotografiert von Gerda Taro



    GERDA TARO fotografiert von Robert Capa



    Eines der im Spanischen Bürgerkrieg von deutschen Truppen eingesetzten Flugzeuge wird im Deutschen Museum München gezeigt. Die Maschine vom Typ Bf 109 wurde in den Erla Maschinenwerken Leipzig gebaut.









    War Gerda Taro das erste Opfer in Leipzig hergestellter Rüstungstechnik? Leipziger Rüstungswerke haben im II. Weltkrieg kräftig daran mitgearbeitet, dass Deutsche an allen Fronten effektiv töten konnten. Solange man Städte wie GUERNIKA, Rotterdam oder Coventry selbst in Schutt und Asche legen konnte, fand man das in Deutschland völlig in Ordnung und war gar stolz darauf. Später waren Bomber anderer Staaten erfolgreicher. Die national-sozialistische Propaganda nannte das dann BOMBENTERROR.








    Auswahl Leipziger Rüstungsbetriebe in II. Weltkrieg - wider das Vergessen:



    ERLA MASCHINENWERKE einer der drei größten Hersteller von Messerschmitt-Jagdflugzeugen - heute in Vergessenheit geraten.



    HASAG einer der größten Waffenhersteller in Mitteldeutschland - heute in Vergessenheit geraten.



    MITTELDEUTSCHE MOTORENWERKE gehört zur Auto-Union, Hersteller von Flugzeugmotoren - heute in Vergessenheit geraten. Reste der Gebäude, vor allem Fundamente, findet man noch bei Taucha.




    FINE die Dessauer Werke für Zucker und chemische Industrie AG befanden sich zwar in Dessau; aber soweit ist das ja nicht von Leipzig entfernt. Das hier das in den KZs verwendete Giftgas Zyklon B hergestellt wurde, wird besonders gerne vergessen.




    ATG die Allgemeine Transportanlagen GmbH, Maschinenfabrik, Leipzig gehörte zum Flick-Konzern und stellte u.a. 1.058 von insgesamt 4.555 Junkers Ju 52 und 1.467 Ju 88 Flugzeugen her.


    Daten sind nicht leicht zu finden.


    Zerstörter Hangar in Leipzig


    LEIPZIG-MOCKAU




    Die Nazis spielten "Helden" und verschanzten sich im Völkerschlachtdenkmal. Wurden dort aber besiegt.


    RUHMESHALLE





    Oder entzogen sich der Verantwortung durch Selbstmord.




    Leipzigsuicide [Public domain], by US Army Signal Corps (NARA), from Wikimedia Commons




    Auch wenn es vielleicht langweilt: Auch in Leipzig gab es KZs.






    Die Rettung des Gebäudes Jahnallee 61 ist auch eine gute Gelegenheit mal über unsere Vergangenheit nachzudenken.




    Nicht gekennzeichnete Fotos: Eigene Fotos

  • dein verweis auf die dauerausstellung im stadtgeschichtlichen museum zeigt allerdings auch, dass dies ohnehin getan wird.


    ich persönlich halte die überhöhung der "geschichtlichen bedeutung" dieses hauses, wie sie derzeit von der linkspartei betrieben wird, für unsachlich und scheinheilig. in der ddr war nie vom "capa-haus" die rede, im gegenteil: damals galt die sprachregelung, dass leipzig im april von den amerikanern besetzt, aber erst im juni von der roten armee befreit wurde. (dass einsturzgefährdete häuser die spätfolgen der sozialistischen misswirtschaft sind, wird von dieser partei bis heute gern ausgeklammert.)


    ob die jahnallee 61 gerettet werden kann, hängt davon ab, ob die verwickelten eigentumsverhältnisse geklärt werden und ob die statischen voraussetzungen für eine sanierung noch gegeben sind. auf beide aspekte hat die politik keinen einfluss, also sollte aus diesem haus auch kein politikum gemacht werden.

  • Vielen Dank an Stahlbauer fuer den interessanten Exkurs. Von mir dazu nur kleine Ergaenzungen. Der US-amerikanische Panzer wurde unweit der Angerbruecke in Brand geschossen, in Plagwitz an der Kreuzung Karl-Heine-Str. und Zschochersche Str. Das Bild wurde meines Wissens ebenfalls von Robert Capa aufgenommen und zwar aus dem heutigen Waechterhaus Zschochersche Str. 23 mit dem Voener im EG. Kurz vorher hatte Capa noch Bilder am Plagwitzer Bahnhof geschossen. Das Foto zeigt die Zschochersche Str. in Richtung Lindenau mit der 1929 als IV. Städtische Bücherhalle eröffneten Bibliothek, heute Bibliothek Plagwitz "Georg Maurer", am linken Bildrand. Das grosse Eckhaus Karl-Heine-Straße 30, vor dem der Panzer steht, wurde im Herbst 2004 von der LWB illegal abgebrochen.


    Wenn ich es richtig verstanden habe, hat die Panzerbesatzung hier ueberlebt. Die Angreifer waren deutsche Hitlerjungen, die voellig verblendet mit einer Panzerfaust noch den Endsieg erkaempfen wollten. Stattdessen fanden sie hier selbst den Tod.


    An der Angerbruecke zeigen die Fotos von Capa sehr wahrscheinlich nicht den Todesschuetzen, sondern Volkssturm-Maenner und versprengte Wehrmachtssoldaten, die sich an der Angernbruecke in Strassenbahnwagen verschanzt hatten in der ebenso absurden Hoffnung, hier vor dem Elsterbecken den Vorstoss der US-Truppen zu stoppen. In letzter Zeit wurde viel ueber den erschossenen US-Soldaten Raymond J. Bowman geforscht und spekuliert und nun ueberwiegend davon ausgegangen, dass er von einem auf der anderen Seite des Elsterbeckens postierten deutschen Scharfschuetzen getoetet wurde. Der Schusswinkel, die Reihenfolge der Bilder auf Capas Kamera und die Gesamtsituation sprechen dagegen, dass Bowman von deutschen Soldaten erschossen wurde, die auf der Seite der Angerbruecke, etwa im Bereich der Tankstelle, postiert waren und auf den Bildern zu sehen sind.


    Die SS hatte sich zu dem Zeitpunkt schon laengst aus Leipzig abgesetzt. Zeitzeugen beschreiben uebereinstimmend, dass an vielen Stellen, so z.B. in der heutigen Georg-Schwarz-Str., weisse Fahnen hingen und sich die HJ-Jungen und alten Volkssturmkaempfer problemlos "absetzen" konnten, sofern sie nicht bis zuletzt an ihren "Fuehrer" glauben wollten. Der gern getaetigte Verweis auf den Befehlsnotstand geht hier einmal mehr ins Leere. Aus dem Haus an der Angerbruecke wurde vermutlich nur Signalmunition verschossen bzw. ungezielte Warnschuesse in Richtung Jahnallee abgegeben, um den letzten deutschen Kaempfern auf der anderen Brueckenseite Angst einzujagen und sie zum Aufgeben zu bewegen. Um so tragischer, dass Bowman dafuer als einer der letzten US-Soldaten sein Leben lassen musste.


    @ dj tinitus
    Man kann zu Volker Kuelow und der Leipziger Linkspartei stehen wie man will, aber sollte trotzdem zur Kenntnis nehmen, dass die nicht nun urploetzlich ein neues Thema entdecken, sondern schon 2010, also eine ganze Zeit vor der aktuellen Debatte, in einer Fotoausstellung im Abgeordnetenbuero von Kuelow mit den Bildern Robert Capas auf die Befreiung Leipzigs durch die US-Truppen erinnert haben. Ueber 20 Jahre nach der Wende immer noch auf der offiziellen DDR-Geschichtsauffassung herumzureiten halte ich fuer wenig zielfuehrend. Kuelow war zur Wende gerade mal 29 und frisch promoviert. Er war allerdings nicht zu jung, um als inoffizieller Mitarbeiter fuer das Ministerium für Staatssicherheit zu spitzeln, nur ist das ein Thema, was hier noch viel weiter vom Bauerbe-Thread wegfuehren wuerde.


    Und um den Bogen wieder zur Jahnallee 61 zu kriegen; Ja, in der DDR-Zeit wurde nicht sonderlich pfleglich mit dem Haus umgegangen, so mussten z.B. die Balkons, die auf Capas Fotos zu sehen sind, abgenommen werden. Aber das Haus war voll bewohnt und wurde allein daher in Schuss gehalten. Der Verfall setzte dann erst eine Zeitlang nach der Wende ein, als Gruende dafuer muessen hier in erster Linie Spekulationsgeschaefte genannt werden.


  • ob die jahnallee 61 gerettet werden kann, hängt davon ab, ob die verwickelten eigentumsverhältnisse geklärt werden und ob die statischen voraussetzungen für eine sanierung noch gegeben sind. auf beide aspekte hat die politik keinen einfluss, also sollte aus diesem haus auch kein politikum gemacht werden.


    Auch das sehe ich anders. Die Eigentumsverhaeltnisse, die so schlimm verwickelt gar nicht sind und auch nicht waren, denn sonst haetten die Haeuser nicht staendig weiterverkauft werden koennen, dueften nach der Zwangsversteigerung am 10. Februar gaenzlich geklaert sein.


    Angesichts der Weigerung von massgeblicher Stelle innerhalb der Stadtverwaltung, namentlich der neuen Amtsleiterin des Amtes für Bauordnung und Denkmalpflege, Heike Hellkötter, und des Referatsleiters Denkmalschutz der Stadt Leipzig, Dr. Norbert Baron, hier so schnell wie moeglich und gaenzlich unabhaengig von der Frage, ob sofort eine Vollsanierung erfolgt, staedtische Mittel fuer die Sicherung aufzuwenden, halte ich die politische Forderung des LINKE-Stadtrats Siegfried Schlegel fuer absolut notwendig. Schlegel (ja, der Gruenau-Schlegel ;) fordert als Notsicherungsmaßnahme eine „provisorische Abdeckung des Dachstuhls gegen Regenwasser“. Zusätzlich soll nach den Vorstellungen Schlegels eine Dachsanierung „eventuell durch kurzfristige Bereitstellung eines Zuschusses aus dem städtischen Gebäudesicherungsprogramm geprüft werden“.
    http://www.l-iz.de/Politik/Bre…1-Brand-Notsicherung.html


    Zu dem augenscheinlichen Konflikt zwischen Politik und Verwaltung und die nicht immer klare Rolle der Verwaltung spaeter sicherlich von mir auch noch mal mehr, nun sollte ich aber doch erst einmal auf Arbeit gehen :lach:

  • Ich muss gestehen, dass ich bis vor zwei Wochen nichts von Robert Capa wusste. Dass sein Tod während einer Kriegshandlung als etwas Besonderes dargestellt und somit überhöht wird, erschließt sich mir nicht. Gewiss wohnt diesem Todesfall etwas Tragisches inne aber es war nun beileibe kein Einzelfall. Unzählige Menschen kamen noch kurz vor Kriegsende ums Leben.


    Vielleicht liegt es daran, dass er US-Amerikaner war und zudem recht fotogen wie das verlinkte Bild von Stahlbauer zeigt. Das klingt zynisch, ich bin mir dessen bewusst aber ich denke dem Tod eines 08/15-Rotarmisten wäre bei vergleichbaren Umständen weniger Aufmerksamkeit zuteil geworden.

  • ^ Zum Zynismus gehört allerdings auch Korrektheit: Robert Capa war gebürtiger Ungar und ist 1954 in Indochina gestorben. Er hat im Capa-Haus den Tod des letzten GIs fotografiert. Insofern wirkt deine Vermutung ein wenig fehlplatziert.


    Zustimmung im Übrigen an LE Mon. hist., ich kann ebenso nicht nachvollziehen, warum dort - und wenn es eben nur aufgrund der städtebaulichen bedeutung ist - sofort Mittel zur Sofortsicherung freigegeben werden. Genauso wenig, wie ich verstehe, warum ähnliches nicht bereits am Hotel Bayrischer Hof passiert ist. Das befindet sich ja im selben Zustand.

    Einmal editiert, zuletzt von DaseBLN ()

  • "Das Bild wurde meines Wissens ebenfalls von Robert Capa aufgenommen und zwar aus dem heutigen Waechterhaus Zschochersche Str. 23 mit dem Voener im EG."



    Ich denke das Bild ist eher vom gegenüber liegenden Haus mit der Apotheke im EG aufgenommen worden.
    Edit: OK hast Recht.. Das Haus steht ja gar nicht mehr... Wurde warsch. nach der Wende (?) abgerissen.

  • Er hat im Capa-Haus den Tod des letzten GIs fotografiert. Insofern wirkt deine Vermutung ein wenig fehlplatziert.


    Dann war dies schlicht ein Missverständnis meinerseits, da ich annahm, der Photograph war der getötete GI. Dennoch so ganz fehlplatziert scheint mir mein Gedankenspiel nicht zu sein, dass bei ähnlich gelagerten Vorzeichen um den Tod eines russischen Soldaten weniger Aufhebens gemacht worden wäre.

  • @ Appalossa: das Gebäude ist sogar einer der schlimmsten Nachwende-Verluste und hat zusammen mit dem Abriss der kleinen Funkenburg und der Märchenhäuser in der Friedrich-Ebert-Straße zu Protesten und Vereinsgründungen und dadurch (unter Mithilfe der positiven wirtschaftlichen Entwicklung) zu einem Paradigmenwechsel in der Stadtbaupolitik Leipzigs geführt. Nachzulesen hier, hier und hier.


    Dennoch so ganz fehlplatziert scheint mir mein Gedankenspiel nicht zu sein, dass bei ähnlich gelagerten Vorzeichen um den Tod eines russischen Soldaten weniger Aufhebens gemacht worden wäre.


    Woran machst du das fest? An der gegenwärtig in Deutschland grassierenden Amerika-Liebe? Klingt mir eher nach unterschwelliger Amerika-Kritik, die mit dem Thema nichts zu tun hat.

  • Artikel in der Berliner Zeitung und anderswo

    Der Fall Jahnallee 61 zieht immer weitere Kreise. Sehr stark gerafft wird in der Berliner Zeitung die Geschichte des Hauses im April 1945 und im Winter 2011|12 erzaehlt:


    Berliner Zeitung, 07.01.2012
    Ein Mahnmal gegen den Krieg
    Von Andreas Förster
    http://www.berliner-zeitung.de…eg,10809150,11400780.html


    Und weil wir gerade beim Pressespiegeln sind, hier noch eine Auswahl zum ueberwiegenden Teil noch nicht genannter Artikel:


    LF, 5. Januar 2012
    Einsturzgefahr: Ermittlungen im Capa-Haus schwierig
    http://www.leipzig-fernsehen.d…?ID=5846&showNews=1095072


    BILD, 04.01.2012
    FEUER IN LEIPZIGS UMKÄMPFTEM CAPA-HAUS
    Experten glauben nicht an Zufall
    http://www.bild.de/regional/le…zufall-21885748.bild.html


    LVZ, 03.01.2012
    Stadt Leipzig bemüht sich um Komplettsanierung des Capa-Hauses – zeitnahe Umsetzung
    http://www.lvz-online.de/leipz…/r-citynews-a-119781.html


    BILD, 03.01.2012
    Nach Brand - Ist das Capa-Haus noch zu retten?
    http://www.bild.de/regional/le…retten-21868858.bild.html


    LVZ, 12.12.2011
    Berühmtes Capa-Foto: US-Kriegsveteran Lehman Riggs kannte in Leipzig gefallenen Soldaten
    http://www.lvz-online.de/leipz…/r-citynews-a-117247.html


    Neues Deutschland, 12.12.2011
    Der Name des toten Befreiers
    Soldat auf berühmtem Weltkriegsfoto aus Leipzig jetzt identifiziert
    http://www.neues-deutschland.d…-des-toten-befreiers.html

  • Öffentlichkeit ist ja schon mal gut :)


    Könnte das Stadtforum nicht eine Spendenaktion für die Dachsicherung starten? Falls es dann doch nichts wird, können sie das Geld ja für ein anderes Projekt verwenden.
    Ich wäre jedenfalls bereit, einen dreistelligen Euro-Betrag zu spenden, wenn mir jemand plausibel machen kann, wie ich damit zum Erhalt des Gebäudes beitragen kann.

  • Meine Einlassung bezog sich auf diesen Beitrag:



    Tragisch ist, dass dort im Krieg ein junger Soldat sein Leben lassen musste, doch für wen hatte er denn sein MG aufgebaut?
    Er hätte damit auf deutsche Soldaten geschossen, die vielleicht aus Angst vor "Standgerichten" der SS bis fünf Minuten nach zwölf noch kämpfen mussten. Vielleicht waren es zum Dienst gepresste Volkssturmleute aus unserer Stadt.
    Es war Krieg und der deutsche "Heckenschütze", der den US-Soldat im Kampf erschossen hat, wäre vielleicht das erste Opfer des Amerikaners gewesen.
    Dieses tragische Ereignis zu verklären, eine Gedenkstätte einzurichten oder gar eine Straße nach dem toten Soldaten zu benennen, ist absurd.



    Dem gefallenen GI ist schon mit den Fotos ein Denkmal gesetzt worden. Wenn das Haus gerettet werden kann, wäre das schön. Aber als Denkmal für den getöteten Raymond J. Bowman halte ich es für nicht geeignet. Immerhin reden wir hier über ihn und gedenken damit seiner. Das bekommen nicht viele der mehr als 50 Millionen anderen gefallenen und getöteten Menschen des II. Weltkriegs geboten.


    Entgegen der Auffassung des Users Kai-Uwe Arnold zeigen die Filme und Fotos der amerikanischen Journalisten von der Eroberung Leipzigs -deutsche Fotos habe ich nicht gefunden- Leipzig als Stadt, in der die meisten Einwohner die Lage realistisch sahen und keine Lust auf Kämpfe hatten. Und SS-Truppen sind nirgends zu sehen. Vermutlich waren die dabei, sich auf ihre Zeit in der amerikanische Zone vorzubereitet.



    In unsere medial geprägten Zeit prägen BILDER unsere Wahrnehmung. Mit Verlaub: Helden die sich im Völkerschlachtdenkmal verschanzen und dort für den Endsieg kämpfen, wirken nach so viel Jahren wie Theaterhelden: Einfach nur peinlich.



    Letztendlich waren wir, das heißt unsere Vorfahren Täter und wir sollten uns nicht in die Opferrolle begeben. Das ist nicht schön, aber ehrlich.








    Heute kann man das ja alles googeln.


    GROHMANN & FROSCH






    Eigene Fotos.

  • Nur mal ein kurzer Schlenker beim Thema politische Indienstnahme und Staedtebau, diesmal aus einer ganz anderen Richtung:


    Das Haus in Zwickau-Weißenborn, in dem das Neonazi-Trio Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe vermutlich drei Jahre lang gelebt hat und das offenbar von letzterer durch eine Explosion mit dem Ziel Beweise zu vernichten teilweise zerstoert wurde, wird in diesem Jahr abgerissen. Möglich wird der Abbruch durch den Verkauf des Grundstückes an die Gebäude- und Grundstücksgesellschaft Zwickau, ein 100-prozentiges Tochterunternehmen der Stadt. Das Haus soll durch den Ausbau eines Parks ersetzt werden. Die Stadt Zwickau, die ihren Ruf geschädigt sieht, drängt auf einen vollständigen Abriss des Gebäudes. Zwickaus Oberbürgermeisterin Pia Findeiß sieht ansonsten die Gefahr, dass die Rechtsextremisten daraus eine Kultstätte machen. Der Freistaat Sachsen wird sich mit 90 Prozent an den Kosten für den Abriss des explodierten Hauses an der Frühlingsstraße 26 und an der Neugestaltung der Abrissfläche beteiligen.


    Hinter dem zerstörten Wohnhaus befinden sich ein Platz und Denkmal zu Ehren von Simon Schocken. Der jüdische Unternehmer baute von Zwickau aus den Schocken-Konzern auf, vor dem Zweiten Weltkrieg eine der größten deutschen Warenhausketten. Er starb am 26. Oktober 1929, 55jährig, an den Folgen eines Verkehrsunfalls. In Zwickau-Weißenborn ließ der für seine Wohltätigkeit bekannte Schocken erschwingliche Siedlungshäuser bauen.
    http://de.wikipedia.org/wiki/Kaufhaus_Schocken
    http://de.wikipedia.org/wiki/Salman_Schocken


    TV Zwickau, 20.12.2011
    Weißenborner Terrorhaus wird endgültig abgerissen
    http://www.tv-zwickau.de/2011/…ird-endgultig-abgerissen/


    FP, 06.01.2012
    Stadtchefin schlägt nachdenkliche Töne an
    http://www.freiepresse.de/LOKA…ene-an-artikel7869301.php


    Fuer symbolische Aktionen und fuer das Verdraengen sind andernorts offenbar Mittel der Kommune und das Landes vorhanden.

  • Ich rede hier keinesfalls einer sinnlosen Verteidigung das Wort.
    Ich habe immer Achtung vor Leuten wie Petershagen, Gadolla oder Luckner empfunden,
    die Städte wie Greifswald, Gotha oder Halle(Saale) kampflos übergeben haben.
    Allerdings lehne ich die These, dass wir (oder unsere Vorfahren) ein Volk von Tätern waren ab.
    Deutschland hat auch einen hohen Preis für den Krieg bezahlt, unermessliches Leid, Millionen Tote, der Verlust der Ostgebiete usw.
    Die unschuldigen Kinder, Frauen und Alte, die bei Bombenangriffen oder Besatzerterror
    auf allen Seiten (auch auf deutscher Seite) ums Leben kamen, zeigen nur zu deutlich, dass es Kriegsverbrechen auf allen Seiten gegeben hat.
    Ein Volk sollte daher auch an eigenes Leid erinnern und eigener Toten gedenken dürfen,
    ohne das sofort selbsternannte Moralisten zur Stelle sind.
    Im Übrigen halte ich nach wie vor für wichtig, dass die Gebäude zwischen Luppenstraße
    und Jahnallee erhalten werden, aber eben nicht als "Capa-Häuser".

  • Das ist ein ganz guter Ansatz LE Mon. hist.!


    Aber Dein letzter Satz verdeutlicht das Problem des Lindenauer Hauses und DaseBLN hat es auch schon einmal weiter vorne zynisch angedeutet. Das öffentliche Interesse an einem Objekt welches von städtebaulicher Signifikanz ist und geschichtliche Bedeutung vereint, wird wohl eher gering sein - zumindest im Kontext des Hauses. Welcher politische Eiertanz da passiert lässt sich ja schon jetzt bei der Linken in Leipzig sehen. Dementsprechend ist es wichtig das Haus durch private Initiativen zu retten. Die Stadt kann da wahrscheinlich "einfach" nur so hilfreich wie möglich sein. Würde sie jetzt damit anfangen Stellung zu beziehen dann wird sich die Diskussion ewig ziehen und das hilft dem Objekt nicht weiter. Das haben wir ja an der Diskussion um die Umbenennung des WLP gesehen.


    @ LE Mon. hist. - die Chancen auf eine Rettung und eine weitere, evtl. Themen befassende, Nutzung des Hauses nach einer Sanierung werden wohl eher durch eine Nichtpolitisierung steigen. Vor allem die Möglichkeiten der Auseinandersetzung mit dem geschichtlichen Hintergrund durch die USArmy und dem künstlerischen mit Robert Capa als Kriegs Photograph welche mehr als nur Gedenktafel sind, steigen durch private Initiativen.


    PS - ich hatte mir den Bildband 'Robert Capa - Die Sammlung' schon vor Jahren gekauft und kann diesen fantastischen Einblick nur empfehlen!


    Edit: wenn man vom Teufel bezüglich des WLP spricht...

  • Anknüpfend an den Beitrag von "Kai-Uwe Arnold".
    Es ist doch immer dieselbe Leier:
    Insbesondere reaktionär gewandte Menschen, versuchen die Verbrechen die vom Boden des Deutschen Reiches ausgingen mit den, Gott sei Dank, stattfindenden Reaktionen der Allierten gleichzusetzen. Im Endeffekt gibt es doch, so wird postuliert, auf allen Seiten nur "Opfer". So etwas ist in meinen Augen Geschichtsklittung und nicht hinnehmbar:
    Es war das deutsche Volk mit seiner nationalsozialistischen Führungsclique, die Krieg und ermittliches Leid über ganz Europa brachten; Millionen Menschen in KZ vergasten und sonstwie umbrachten, um den zur Staatsdoktrin in Deutschland erhobenen Hass umzusetzen.

  • So what? Keiner leugnet das. Jeder akzeptiert das als Teil der deutschen Geschichte. Genauso wie kein ernstzunehmender Mensch die Rückgabe der Ostgebiete fordert oder den Holocaust leugnet.


    Aber wir leben im hier und jetzt. Die Generation aller, die hier diskutiert, hat nichts mit diesen Verbrechen zu tun gehabt. Ich denke, worauf Kai-Uwe Arnold hinaus will, ist, dass es ihn die postulierte Kollektivierung und Vererbung einer gesamtdeutschen Schuld ankotzt. Das geht mir genauso.


    Übrigens ist das auch etwas, was Ausländern vollkommen unverständlich ist. Wer sich mal mit jungen Franzosen, Engländern, Amerikanern etc. unterhält, wird überrascht feststellen, dass ihr Fokus eben nicht auf die Zeit von 1933–45, sondern auf die Leistungen gerichtet ist, die in Deutschland davor und danach gemacht wurden.


    Mir selber haben erst meine Auslandsaufenthalte wirklich die Augen darüber geöffnet, auf was für absurde Weise sich viele jetzt Lebende immer noch in dem Dreck suhlen, den uns unsere Vorfahren hinterlassen haben. Warum muss noch jetzt immer alles und jedes an dem gemessen werden, was im Dritten Reich passiert ist? Stellenweise nimmt das ja geradezu Züge an wie in der katholischen Kirche, frei nach dem Motto, wir werden alle als Sünder geboren...


    Insofern kann ich mich nur dem anschließen, was bereits in Beitrag #41 gesagt wurde: Reichen städtebauliche Gründe nicht mehr aus, ein Gebäude zu erhalten?

  • Dann Nägel mit Köpfen

    Es ist eine einmalige Chance für Leipzig in der Jahn Allee 61 eine Bowman-Capa Gedenkstätte mit Ausstellung zu errichten.
    Gerade heutzutage ist es wichtiger denn je zu erinnern. In diesem Zusammenhang biete die Jahn Allee 61 alles was eine auch pädagogisch wertvolle Gedenkstätte benötigt - der Platz ist authentisch und Capas Fotos dokumentieren das Schicksal des Raymond Bowman.


    Dies könnte umso eindringlicher wirken, da wie man Stalin zuschreibt gilt: "Der Tod eines Mannes ist eine Tragödie, aber der Tod von Millionen nur eine Statistik.". Hier wird ein Einzelschicksal dokumentiert und damit stellvertretend aus der Masse gehoben, somit erfassbar.
    Dadurch kann hier relativ zentrumsnah und wirkungsvoll Geschichte dokumentiert und erinnert werden, zumal Robert Capa bisher ideologisch nicht vereinahmt wird, aber ein lupenreiner Kämpfer gegen Faschismus und Nazis war.


    Betrachtet man die Leipziger Gedenkstätten für die Opfer Nazideutschlands und derer die aktiv gegen die Nazis gekämpft haben, so wird man nur durch genaues Suchen fündig.
    Die Gedenkstätten für KZ Aussenlager sind natürlich an den Standorten dieser, wie Thekla oder Lindental, also gut versteckt und ausser der Goerdeler Gedenkvertiefung, welche sich gut tarnt, soll innerstädtisch lediglich der jüngsten "Heldenstadt" Vergangenheit gedacht werden.


    Zusätzlich ist es im Osten Grundsatz die Verdienste der USA für Deutschland vor und nach 1945 klein zu reden, Leipzig könnte hier vorangehen und den Befreiern auch ein richtiges Denkmal setzen.


    Erinnern bedeutet nicht nur sich eine Geschichtsecke in der persönlichen Komfortzone zu schaffen, sondern sollte im konkreten Fall auch mal ein heißer Nagel im Sitzfleisch sein.


    Das Gebäude ist mit sicherlich hohen Folgekosten günstig zu haben, würde aber auch die Position der Stadt zu Geschichte und Bauerbe klar darlegen.

  • Für einen souveränen Umgang mit der eigenen Geschichte gehört erst einmal zur Kenntnis zu nehmen was geschehen ist. In der DDR sah man sich immer auf der Seite der vermeintlich „Guten“. Im Namen der „guten Sache“ war man dann IM und bespitzelte seine Umgebung. Und findet das auch heute noch in Ordnung. Ich frage mich, was wohl Herr Kühlow seinem Führungsoffizier gemeldet hätte, wenn zu Ostzeiten einer auf die Idee gekommen wäre zu fordernd das Gebäude zu erhalten, weil dort ein Amerikaner gefallen ist oder dort gar eine –sagen wir mal: Erinnerungstafel an einen gefallenen amerikanischen Soldaten anzubringen.


    Eine Auffassung, „der Mann ist an seinem Tod selbst schuld, warum kommt er auch nach Leipzig“, ist einfach unchristlich.



    Auch DIESER Genosse war sicherlich der Meinung im Namen der guten Sache zu handeln. Jeder ist für sein Tun selbst verantwortlich.