Dimension des Stadtschlosswiederaufbaus

  • Danke Camondo, auch ich hätte es pers. schlüssiger gefunden das Gebäude eher der Kunstgewerbesammlung als den Überseeischen Sammlungen zu widmen.


    Nicht nur dass mit Dieser, ein Teil der Exponate an ihren ursprünglichen Standort zurückgekommen wäre, damit hätte es der natürlichsten, letztmaligen Nutzung des historischen Gebäudes entsprochen.

    Darüber hinaus hätte man die wirklich im Abseits stehenden wertvollen Bestände des KGMs endlich angemessen präsentieren können.

    Die gewählte provisorische Struktur und Gestaltung der Innenarchitektur die auf eine etwaige Rekonstruktion von kunsthistorisch Wichtigen Räumen spekuliert, wäre als Option weit weniger Abwegig. Das Auseinanderfallen des Inneren zu seinem äußeren Anspruch, als zeitlich befristet, glaubhafter.


    Die stete Aktualisierung des Bestandes des KGMs und seine Ausstellungen mit Kontemporären Exponaten ließen das KGM im Schloss längst über ein Schulterschweres monarchisches Historienmuseum als nostalgiesüchtiges Berliner Heimatkundemuseum zur Ortsgeschichte hinauswachsen und sind trotzdem versöhnlicher mit dem Bau einschließlich der baulich vorgeschlagenen Option zur Rekonstruktion innenarchitektonischer Schlüsselmomente, in Einklang zu bringen.


    Die jetzige, oft kritisierte Situation der unangemessenen und provisorischen Innenarchitektur die nicht mit dem äußeren Aufwand des HF in Einklang steht wäre als Aufgabe an zukünftige Generationen des Museumsbetriebes besser zu verstehen - und sämtliche Vorstellungen von der vervielfachten Orientierung des KGMs sind vor Ort umsetzbar und sogar über die Grenzen des HF- Baues hinaus ins nähere Umfeld wie dem Marstall als Erweiterung vorstellbar ohne den Eindruck einer Gesamtanlage zu gefährden.


    Ein Bildungs- und Ausstellungsort ähnlich dem Smithsonian „Cooper Hewitt Museum“ hätte hier f.m. wirklich Mehr Sinn gemacht.


    Natürlich müsste man für eine weitere Expansion in den Marstall die Musikschule umsiedeln, die Bspw. Im Umfeld der Philharmonie einen wunderbar sinnigen Platz gehabt hätte.


    Das HF als Idee zur Unterbringung von überseeischen Sammlungen hat für mich bis heute den Nachteil, dass seine Aussenwirksamkeit mit dem Schlossbau wenn nur sehr manieriert und trotzdem disharmonisch begrenzt wird.


    Eine Museumsidee die sich ausgerechnet überseeischen Sammlungen widmet braucht für mich auch einen schlüssigen gärtnerischen Aussenbereich auf den sich die Museumspädagogik wirkungsvoll ausdehnen kann - einen wahren Campus der der Dimension der globalen Vielfalt gerecht wird - stattdessen hat man eine baul sehr begrenzte, versteinerte Anlage die für dieses Anliegen viel zu klein und viel zu inkonsistent ist und sich seine Aufmerksamkeit mit der lokalhistorie teilen muss deren Schnittmengen nur über verkopfte Akrobatik herstellbar sind.

    Die wenigen Möglichkeiten eines gewinnenden wirksamen

    Aussenbereiches nicht nur an der Ostseite bis zum M+A Forum sondern auch and der Nordseite hat man hier m.M verschenkt.

    Die Prominente Westseite wird durch die neue Nationale Gedenkstätte vereinnahmt und ist ausgerechnet fürs HF als dessen Schau und Hauptseite gar nicht Nutzbar.


    Damit ist das HF also nicht nur durch den Ihm zugedachten Bau an sich, die konkurrierende Nutzung im Innern, sondern auch in den Möglichkeiten der außendarstellung schon durch den Ort sehr limitiert.


    Diese Idee der Museumskapsel halte ich für den Themenschwerpunkt des HF einfach für unzulänglich.

  • Die Platzierung der Völkerkundesammlungen in dem Stadtschloss ist ein Versuch, die Welt zu zeigen wie weltoffen gegenüber andere Kulturen die deutschen jezt sind - ein Art steinernen Persilschein im Herzen der Hauptstadt um die Sünde der Vergangenheit demonstrativ entgegen zu wirken. (Ähnlich auch die Umwidmung der Kongresshalle.) Die Sammlungen sind gewaltig, aber hier fehl am Platz.

  • Die Sammlungen sind gewaltig, aber hier fehl am Platz.

    Mag sein, dass das Zeigen der Weltoffenheit gegenüber anderen Kulturen ein Motiv für die Auswahl des zentralen Standorts der ethnologischen Sammlungen war/ist. Aber was ist falsch daran, wenn zu den bisherigen hochkarätigen Sammlungen auf der Museumsinsel weitere international erstklassige Sammlungen hinzukommen und wenn dadurch die Attraktivität dieses Ortes weiter erhöht wird?

  • Die Attraktivität des Orts Museumsinsel musste nicht weiter erhöht werden. Warum sollte alle Sammlungen auf der Museumsinsel konzentriert werden? Die ethnologischen Sammlungen wären genauso gut woanders im Stadtzentrum untergebracht - z. B. in eine angemessener Neubau am Kulturforum, am Hauptbahnhof, in der Friedrichstadt usw.

    Die einzigartige Sammlungen hinter eine europäische / barocke Schlossfaçade einzumauern kann (und wird auch) als ein Beispiel von Neokolonialismus bezeichnet.

  • Die Sammlungen sind ja nun alles andere als eingemauert. Ganz im Gegenteil werden Sie der Weltöffentlichkeit präsentiert und ihre Provenienz sehr kritisch durchleuchtet, für manchen Konservativen vielleicht schon zu kritisch. Und nun gehen wichtige Teile der ethnologischen Sammlungen an ihre rechtmäßigen Besitzer zurück. Das ist alles andere als ein Ausdruck von Neokolonialismus. Ich finde diesen Vorwurf doch etwas an der Haaren herbeigezogen.

  • Ja, medienwirksam die Weltöffenichkeit präsentiert als Teil der Wiedergutmachung für die Verbrechungen gegen die Weltkulturen, die von Berlin aus begangen wurde. Der Vorwurf der Neokolonismus ist nicht von mir, sondern vom kritischen Stimmen u. a. in Nigeria, Namibia und Zaire. Es ist kein Zufall, dass das Humboldtforum in manchen Teile Afrikas gehasst wird.

  • Du formulierst es so als, als wäre Deutschland allein oder federführend verantwortlich für Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kulturgüter auf der ganzen Welt. Tatsächlich hat Deutschland im Rahmen des Kolonialismus einen eher kleineren Anteil am Weltgeschehen gehabt. Das soll keine Entschuldigung, sondern lediglich eine Feststellung sein.


    Weiterhin formulierst du es so, als würde man das Humboldtforum nur deshalb errichtet haben, um seine Weste rein zu waschen. Du unterstellt unredliche Absichten. Ich kann dir aber versichern, dass man Provenienzforschung in der Kulturbranche ohne Hintergedanken sehr ernst nimmt. Was daraus dann folgt, das ist natürlich auch eine politische Entscheidung.


    Und drittens: Woher nimmst du die Gewissheit, dass man das Humboldtforum in Teilen Afrikas hasst? Man sollte kritische Äußerungen bitte nicht mit Hass gleichsetzen.

  • ^^Aus deinem vorangegangen Beitrag ist ganz deutlich, wenn auch grammatikalisch verquer, herauszulesen, dass der Vorwurf des Neokolonialismus deine Meinung ist.

    Gibt es irgendeinen Nachweis von A: "kritischen Stimmen" und B: das Humboldtforum in "Teilen Afrikas" verhasst ist?

    Und was zum Teufel sind "Verbrechungen gegen die Weltkulturen"?

  • Die Sammlungen sind ja nun alles andere als eingemauert. Ganz im Gegenteil ....

    --- aber genau das sind sie. eingemauert und man kann sie nie mehr entfernen ohne die Schlossfassade zu beschädigen oder zu öffnen. Siehe die Gebetshöle oder die Südseeboote .... die noch vor Fertigstellung der Fassade im HF installiert wurden.

  • ^ Ja gut, wenn man das so interpretiert, kann ich schwer widersprechen. Letztlich gilt das aber nur für ganz wenige Objekte, die aufgrund ihrer Dimensionen einfach nicht durch die Türen oder Fenster passen. Der weitaus größere Teil der Objekte wird aber entweder ausgestellt oder im Magazin aufbewahrt, wie in jedem anderen Museumsgebäude auch.

  • ... Darauf hatte ich mich ja meinem Beitrag zuvor bezogen, dass der Großteil der in Dahlem gezeigten und wirklich tollen Exponate, nun leider Depot verschwinden weil im HF kein Platz dafür ist und damit der Sammlung selbst eher kein guter Dienst erwiesen ist. Zerteilt, zum Großteil im Depot verschwunden oder die größten Exponate eingemauert. Schon schräg.

  • Camondo

    Ich hatte vor der Umsiedlung der Exponate die Ausstellung in Dahlem besucht.

    Ich hatte nicht den Eindruck, das zumindest die Räume im HF heute beengter sind als die damals in Dahlem waren. Stimmt das, dass früher gezeigte Exponate aus Platzmangel im HF jetzt weggesperrt werden müssen?

  • Naja, dadurch bedingt, dass das HF nicht als Museum für Ethnologische Sammlungen konzipiert wurde, bleibt von der eigentlichen Ausstellungsfläche nicht ein allzu großer Gewinn übrig. Vieles entfällt auf lange Korridore, lange Fensterreihen. Viele Objekte sind lichtempfindlich, so muss man sich mit Modulen behelfen die das Licht abschotten oder sie eben nicht zeigen und im Depot in Dahlem belassen. Das HF ist eben kein idealer Museumsbau den man, wenn man heute neubauen würde, für Ethnologische Sammlungen, für Für Forschung für Restaurierung etc, so bauen würde.


    Hier ist ein interessanter Beitrag zur Situation in Dahlem:

    https://www.deutschlandfunkkul…dahlem-ein-neues-100.html


    und hier:

    https://www.tagesspiegel.de/wi…erantwortung-4213786.html


    und hier der Absatz unten „Architektur hinderlich für große Ausstellungen“

    https://www.deutschlandfunk.de/koloniale-raubkunst-100.html

  • ^ ... was aber unbestritten sein dürfte, ist dass die Sammlungen im Standort Humboldforum wesentlich mehr Besucher anziehen dürften als je zuvor - nicht zuletzt eben weil es das Humboldforum im Berliner Schloss ist, und nicht irgendein Funktionswürfel in Posemuckel ...

  • Ganz Berlin ist wie eine große Villa mit Garten und viel Besucherverkehr, vor langem fast abbruchreif, dann später stückweise flickenartig wieder aufgebaut und saniert, stellenweise noch etwas herunter­gekommen, nicht zu vergleichen mit prächtigen alten Villen wie Paris; Rom und Bologna. In solchen Villen werden die alten besten Möbel, Bilder, Teppiche und Skulpturen dieser großen Häuser in den repräsentativsten Räumen und in Vorgärten platziert, im Blickpunkt der Öffentlichkeit und da wo die Bewohner, Freunde und Gäste sich häufig aufhalten.

    Die Bewohner der Villa Berlin hatten vor langem, als die große Gebäudereparatur und Sanierung begann, viele solcher wertvollen alten Schmuckstücke in ihre Nebenräume, Arbeitsbereiche und Privatzimmer, und in zwei größeren Parks abgestellt, da wo wichtige Gäste seltener hinkommen. Dort sind sie bis heute, während Mitglieder der Großfamilie rechthaberisch darüber streiten, wo die guten Erbstücke eigentlich hingehören. Jeder Bewohner besteht darauf, dass er darauf in seinem Privatbereich ein ersessenes Besitzrecht habe und dass es auf einen Gesamteindruck der Villa Berlin für wichtige oder gar internationale Gäste überhaupt nicht ankomme. Eine größere "Umdekoration" sei zudem eine rechthaberische Marotte konservativer Romantiker und Reko-Freaks. Das Grundstück der Villa Berlin sei schließlich kein Freilandmuseum. Man sollte in die Repräsentationsräume ein paar bunte, erfrischende, moderne Poster anhängen und in den Vorgarten Mitbringsel von den letzten Urlaubsreisen stellen.

    2 Mal editiert, zuletzt von Bauaesthet () aus folgendem Grund: kleine Korrektur

  • Natürlich hat der Architekturtheoretiker Stephan Trüby die Gelegenheit der Anbringung der Wappenkartusche vor einigen Tagen dazu genutzt, um auf die in seinen Augen fragwürdigen Spender hinzuweisen: https://twitter.com/i/web/status/1644275217181573121


    Ich habe versucht, in der Diskussion dagegen zu halten. Neben den üblichen Trollbeiträgen, die es immer auf beiden Seiten eines Disputs gibt, hat mich vor allem das Statement meines Kollegen, des Kunsthistorikers Max Koss, negativ überrascht. Ich habe die Kontroverse dazu genutzt, mich in einem Blogartikel ausführlich zu der Thematik zu positionieren: https://www.zeilenabstand.net/…er-schloss-als-zankapfel/


    Ich bin de Ansicht, dass diese unsägliche Diskussion, wie viele rechte Spender eine Rekonstruktion verträgt, zu keinem befriedigenden Ergebnis führt. Erst recht nicht, wenn man die immer wieder gleichen Argumente aufwärmt, sobald das nächste Ornament angebracht wird. Das Berliner Schloss steht, weil es unser Parlament so beschlossen hat und es genügend Menschen gibt, die gerne dafür spenden! Jetzt gilt es, das Umfeld uns die Inhalte schlüssig zu gestalten. Schließlich gibt es ja kein Zurück, sondern nur ein Vorwärts, auch wenn mancher tatsächlich den Abriss des Schlosses fordert. Ich befürchte aber, dass die Wappenkartusche nicht das letzte Detail sein wird, an dem sich die Schlossgegner abarbeiten werden.

  • Chimamanda Ngozi Adichie, die berühmte Schriftstellerin Nigerias, hielt anlässlich der Eröffnung des HF eine Festrede. Sie sagte einen bedeutsamen Satz, den bei der Rückgabe der Benin-Bronzen auch Annalena Baerbock zitierte:

    „Kunst lebt in Geschichte und Geschichte in der Kunst.“

    Das bedeutet: Kunstwerke haben unveränderlich: ein Schaffensmotiv, eine inhaltliche Aussage, einen kulturellen Hintergrund, eine räumliche Zuordenbarkeit, eine Herkommens Geschichte und Legitimation. Im Falle Neptunbrunnen wurde das Schaffensmotiv des Künstlers negiert, der hohe künstlerische Wert nicht angemessen geschätzt, die Bedeutung der Flüsse verdrängt, die Herkommens Geschichte abgeschnitten, der kulturelle Hintergrund als sozialistischer Parkschmuck umdefiniert, der Standort banalisiert, der Ort vom Bezirksbürgermeister sanktioniert, vom Landesdenkmalamt bekräftigt(!) und vom Senat jetzt ohne Begründung bestätigt. Warum geht Berlin so mit seiner Kunst um?

  • Aber die unveränderliche Zuordnungbarkeit usw. ändert ja nichts daran, dass die Geschichte anders abgebogen ist, als dies zur Entstehungszeit vorhersehbar gewesen wäre. Die Geschichte hat manches Kunstwerk zerstört, verändert, verschoben oder sonst wie aus dem Kontext gerissen, aber auch wiederentstehen, wunderschön renoviert, besser ausgeleuchtet werden lassen und manchmal dadurch auch verbessert.

    Das Stadtschloss ist heute in seinen drei Barockfassaden auch schöner als vor hundert Jahren, der Neptunbrunnen grösser und an seinem Standort, für sich allein, schön anzusehen und nicht mehr nur zusätzlicher Schmuck fürs schon prächtig geschmückte Schloß.

    Wegen mir kann es so bleiben.

  • Die Stiftung Humboldt Forum hat nun endlich das in Auftrag gegebene Gutachten zur Causa Bödecker in Gänze veröffentlicht: https://www.tagesspiegel.de/ku…-relativiert-9797735.html


    Ich hatte bereits in einem Artikel aus dem November 2021 dazu geraten, weniger Energie darauf zu verwenden, Bödecker zu verteidigen als vielmehr die richtigen Lehren aus der Causa zu ziehen. Denn dass dieser sich bereits damals als zu ehrender Großspender disqualifiziert hatte, war nicht zu übersehen und ist nun durch das Gutachten abschließend geklärt. Ich glaube dennoch nicht daran, dass es alle notorischen Zweifler, die so im weiten Netz ihren Senf zu der Thematik abgelassen haben, überzeugen wird. Anstatt zu akzeptieren, dass Bödecker kein gutes Aushängeschild für den Wiederaufbau des Schlosses gewesen ist (wie Bödeckers Familie es bereits recht schnell selbst erkannt hatte) und Strategien für weitere Fälle dieser Art zu entwickeln, wird weiterhin darüber lamentiert, dass bestimmt jemand jemanden diskreditieren wollte.


    Ich empfehle allen Rekonstruktionsfreunden dagegen: Zur Kenntnis nehmen, aufarbeiten, Lehren ziehen, Mund abwischen und weiter machen mit der Unterstützung von Rekonstruktionen.

  • Hier wird eindeutig aus einer Mücke ein Elefant gemacht.

    Dass hier für Spender eine Gesinnungsprüfung gemacht wird, halte ich für sehr grenzwertig, aber auch nicht überraschend für die heutige Gesellschaft.