Bemerkenswert, welche wichtigen Veränderungen ein doch eher kleines Detail am Gesamteindruck vornehmen kann. Das Ergebnis erscheint mir visuell absolut überzeugend, unabhängig davon, welche Botschaften dort zum Tragen kommen. Erst jetzt wirkt der Kuppelbau vollständig. Ästhetisch haben die Architekten Friedrich Wilhelms hier ganz Großes geschaffen und es eine Freude, dass Berlin heute wieder davon profitieren kann.
Beiträge von tegula
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Zu: Philipp Oswalt, Bauen am nationalen Haus. Architektur als Identitätspolitik
Philipp Oswalt, einer der schärfsten Kritiker des Wiederaufbaus des Berliner Schlosses, hat sein Buch zur Identitätspolitik in der Architektur veröffentlicht: https://www.uni-kassel.de/fb06…ur-als-identitaetspolitik
Das Schloss nahm darin selbstredend eine zentrale Rolle ein. Insgesamt ist mein Eindruck zwiespältig. Ich sehe einige richtige Beobachtungen, aber auch viele überzogene oder falsche Schlüsse. Wer sich mit der Thematik tiefer beschäftigen möchte, sollte aber über eine Anschaffung nachdenken und seine eigenen Schlüsse ziehen. Mein Fazit:
Oswalt positioniert sich überdeutlich als Gegner originalgetreuer Rekonstruktionen. Doch anstatt sich an ästhetischen oder städtebaulichen Gesichtspunkten in seiner Argumentation zu orientieren, unternimmt er den Versuch, die Bauten durch das Aufspüren einzelner umstrittener Freunde und Förderer der Wiederaufbauvorhaben zu diskreditieren. Damit zieht er Rekonstruktionen auf eine politische Ebene, die von den Organisatoren und Initiatoren der Projekte in der Regel nicht intendiert ist. Nicht auf Geschichte und Nation berufen sie sich, sondern auf Ästhetik und Lebensqualität. Muss daher nicht sogar der Ansatz, ein menschenwürdiges organisches Stadtumfeld zu schaffen, gegenüber dem Festhalten an Beton- und Glasarchitektur, die die Nachkriegsmoderne seit Jahrzehnten prägt, als der progressivere Weg angesehen werden?
Oswalt begeht den Fehler, Korrelation als Kausalität auszugeben. Weil auch rechte Gruppierungen Rekonstruktionen wohlwollend gegenüberstehen, unterstellt er derartigen Projekten einen erinnerungspolitischen Revisionismus sowie "Narrative und eine Identitätskonstruktion [...], die auf essenzialistischen Ideen von Herkunft und Ursprung basieren". Ich kenne allerdings keinen entsprechenden Bau, der in der Öffentlichkeit in dieser Weise instrumentalisiert worden wäre. Nicht der Hildesheimer Marktplatz, nicht die Frankfurter Altstadt, nicht das Potsdamer Schloss! Selbst das Berliner Schloss kann nicht wirklich als überzeugendes Beispiel herhalten. Und an der Dresdner Frauenkirche, die bisher als unbelastete Rekonstruktion gilt, setzte man sogar ein Zeichen gegen die Pegida-Aufmärsche. Vielmehr sind dies alles Konzepte, die von der Bürgerschaft getragen oder von demokratischen Entscheidungsprozessen begleitet worden sind. Das bedeutet nicht, dass sie grundsätzlich nicht kritikwürdig sind. Das sollte aber auf einer anderen Metaebene stattfinden, die nicht mit fadenscheinigen Theorien aufwartet und den Menschen ihre tatsächliche Motivation am ästhetischen Bauen und an lebenswerten Stadtbildern abspricht.
Zuletzt gibt sich Oswalt aber auch versöhnlich, wenn er die publizierten Interpretationen seines Kollegen Stephan Trüby und einiger seiner Co-Autoren in Teilen ablehnt. Bereits die dabei angewandte Begrifflichkeit als "Rechte Räume" stößt bei Oswalt auf Ablehnung, weil sie die Grenzen zwischen legitimen konservativen und rechtsradikalen Positionen verwischt. Rückbezüge auf historische Traditionen sowie ihr Gegenstück der Traditionsbrüche betrachtet er weder per se als reaktionär noch progressiv. Gleichzeitig betont er berechtigterweise, dass Gebäude eine symbolische Wirkung innehaben können, die Botschaften in die Öffentlichkeit transportieren. Ist es dann aber nicht auch legitim, originalgetreue Rekonstruktionen allein durch ihre neue Funktion zu kontextualisieren und ihnen damit einen modifizierten Aussagegehalt zukommen zu lassen? Auf diese Weise kann auch eine Potsdamer Garnisonkirche zum Ort der Versöhnung und der Friedensbotschaft werden – ganz unabhängig von ihrer barocken Gestalt. Und das ist es doch, was für die meisten von uns zählt, nicht die einengende Fokussierung auf dunkle Flecken in ihrer Geschichte.
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Beim Buddenbbrookhaus geht es seit mehreren Monaten nicht mehr vorwärts. Es gibt Streit um ein historisches Kellergewölbe, das für Brandschutzmaßnahmen beschädigt werden müsste. Nun befürchtet man gar durch den klangen Stillstand einen negativen Einfluss auf die historische Bausubstanz. Zum Stand der Dinge: https://www.german-architects.…nbrookhaus-drohen-schaden
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Man wird das Gefühl nicht los, dass mit der stetigen Verschleppung des Projektes die ursprüngliche Idee des Bundestages mit so viel Schinkel wie möglich aufgeweicht werden soll. Jetzt bleibt also nur noch das Material. Vielleicht wird am Ende eine Zwitterlösung wie am Berliner Schloss stehen. Ich könnte damit leben, wenn die Originalfassaden zum Schinkelplatz und Kanal weisen.
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Danke für den Hinweis. Angesichts der angestaubten Benutzeroberfläche war schon länger zu befürchten, dass der Dienst nicht für die Ewigkeit angelegt ist. Da habe ich mich seinerzeit leider nicht von abschrecken lassen. Ich denke, ich werde abwarten, wohin die Reise bei Abload geht, bevor ich handele. Über weitere Vorschläge für Alternativen würde ich mich aber auch freuen.
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Karlskrona in der südschwedischen Provinz Blekinge ist eine verhältnismäßig junge Stadt. Und doch ist sie voller Geschichte und ein UNESCO-Weltkulturerbe. Das hängt entscheidend mit ihrer geographischen Lage und den geopolitischen Verhältnissen in der frühen Neuzeit in Skandinavien zusammen.
Als 1658 im Frieden von Roskilde unter anderem die Provinzen Schonen, Blekinge und Halland von Dänemark an Schweden kamen, benötigte die schwedische Krone im südlichen Schärengürtel einen Militärstützpunkt für die Marine. König Karl XI. verlieh im Jahre 1680 der nach im genannten und von ihm auf der Insel Trossö gegründeten Stadt Stadtrechte. Karlskrona nahm damit auf schwedischer Seite die Rolle einer Festung ein, die das nur wenige Jahrzehnte zuvor von Dänemark gegründete Kristianopel ersetzte. Die Marinestadt stieg in den folgenden Jahrzehnten zu einer der größten Städte Schwedens auf, während das nur wenige Kilometer entfernte Kristianopel seine Rolle als Grenzfestung letztlich verlor und verfiel.
Die ersten Pläne für Stadt und Festung stammten von Erik Dahlberg und Carl Magnus Stuart. Die Lage der Stadt war klug gewählt, denn die vorgelagerten Schären bildeten einen natürlichen Schutz vor seeseitigen Angriffen. Entsprechend wurden an den Fahrrinnen weitere Festungsbauwerke errichtet, wie sie noch heute beeindruckend auf den Inseln zu sehen sind. Unsere Empfehlung ist daher ein Ausflug auf die Schäreninsel Aspö, auf der sich die hervorragend erhaltene Festung Drottningskär aus dem späten 17. Jahrhundert befindet. Von hier aus zeigt sich ein fulminanter Blick auf die gegenüberliegende Festung Kungsholm, die der Insel Tjurkö vorgelagert ist. Sie steht für den Besucherverkehr offen.
Rundgang durch Stadt und Marinemuseum: https://www.zeilenabstand.net/…ltkulturerbe-in-blekinge/
Galerie:
Stadtpanorama von Karlskrona mit der Admiralitätskirche links und der Friedrichskirche rechts
Das Marinemuseum mit dem Segelschulschiff Jarramas
Friedrichskirche und Markplatz
Dreifaltigkeitskirche auf dem Marktplatz
Rathaus, davor Denkmal für König Karl XI.
Admiralitätskirche Ulrica Pia
Blick entlang der Södra Kungsgatan zum Admiralitätsglockenturm im Admiralitätspark
Festung Drottningskär auf der Schäreninsel Aspö
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Unser Weg führt uns ins Zentrum der Niederlande, in die historische Provinz Overijssel, genauer in die Hansestadt Deventer, die malerisch am Ufer des Stromes IJssel liegt. Deventer ist einer der ältesten Orte der Niederlande und findet bereits in Quellen des Bistums Utrecht im 9. Jahrhundert Erwähnung. Doch darf angenommen werden, dass der angelsächsische Missionar Lebuinus bei seiner Überquerung der IJssel im Jahre 768 an dieser Stelle eine Kirche errichtete. Auch eine erste Stadtbefestigung aus Wällen ist im späten 9. Jahrhundert nachweisbar.
Die Entwicklung zur Stadt muss früh eingesetzt haben, denn in einer Schenkungsurkunde von König Otto I. aus dem Jahre 952 wird Deventer als urbs bezeichnet. Sukzessiv erhielt der Ort Privilegien und vergleichsweise früh erfolgte 1123 die Verleihung der Stadtrechte. Der Shipbeek, ein Nebenfluss der IJssel, floss im Mittelalter unmittelbar südlich der Altstadt in den großen Strom. Das Mündungsgebiet bildete den Hafen Deventers. Die günstige Lage an den Flussläufen und die damit einhergehende Verbindung zur Nordsee ließen den Handel florieren. Die blühende Handelsstadt war schließlich lange Teil der Hanse.Stadtrundgang: https://www.zeilenabstand.net/…hafenstadt-an-der-ijssel/
Galerie:
Altstadt mit der Lebuinuskirche an der IJssel
Lebuinuskirche am Grote Kerkhof
Chor der Lebuinuskirche
Bergkirche an der Stadtmauer
Westfassade der Bergkirche
Die Waage am Brink
Rathaus und Landshuis am Grote Kerkhof
Menstraat im Bergkwartier
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Die Friedensstadt
Osnabrück ist vor allem durch die Verhandlungen zum Westfälischen Frieden bekannt, die dort und im nahegelegenen Münster im Jahre 1648 zur Unterzeichnung eines Friedensvertrages führten, der nicht nur den Dreißigjährigen Krieg beendete, sondern auch noch viele Jahrhunderte nachwirkte. Regelmäßig werden Jubiläen dieses Ereignisses gefeiert, so auch in diesem Jahr, in dem die Erinnerung an die Mutter aller neuzeitlichen Friedensverträge angesichts der weltweiten Entwicklungen umso dringlicher erscheint.
Blick in die Geschichte
Der Ort an einer Hasefurt in einer Senke zwischen Wiehengebirge und Teutoburger Wald war bereits in sächsischer Zeit Kreuzungspunkt wichtiger Fernstraßen. Es bestanden somit Bedingungen für einen christlichen Missionsort, der 780 eingerichtet wurde. Im Rahmen der Sachsenmissionierung gründete Kaiser Karl der Große kurz darauf höchstpersönlich im Jahre 800 das Bistum Osnabrück. Der besondere Bezug zum Bistumsgründer ist in der Stadt noch heute spürbar. Neben dem Dom ist in ehemaligen Jesuitengebäuden das Gymnasium Carolinum beheimatet, das auf eine der ältesten Schulgründungen Deutschlands im Jahre 804 zurückgeht.
Im 10. Jahrhundert dürfte sich ein Markt mit Kaufmannssiedlung ausgebildet haben. Bereits 1171 erhielt Osnabrück städtische Privilegien und entwickelte sich zu einer der bedeutendsten Städte Westfalens sowie einer gewichtigen Hansestadt. Die mittelalterlichen Keimzellen der Stadt sind noch heute im Stadtgrundriss gut ablesbar. Der bischöfliche Einflussbereich war als Domburg mit einem archäologisch nachgewiesenen Mauerring versehen und lag unmittelbar an der Hase. Daran schloss sich westlich der Markt mit der 1177 erstmals erwähnten Marienkirche, der städtischen Pfarrkirche, an. Südöstlich der Altstadt entstand die Neustadt, die sich 1306 mit dieser vereinte. Sie bildete sich um das durch Bischof Detmar im Jahre 1011 gegründete Kollegiatstift mit seiner Johanniskirche heraus.
Die Bevölkerung Osnabrücks schloss sich ab 1543 überwiegend dem evangelischen Glauben an. Bedingt durch die Bestimmungen des Westfälischen Friedens stellte sich allerdings seit Mitte des 17. Jahrhunderts das Kuriosum ein, dass der Bischofssitz bis 1802 alternierend evangelisch und katholisch besetzt wurde. Unter den katholischen Fürstbischöfen gelangte Osnabrück gegen Ende des 18. Jahrhunderts zu einer letzten Blüte, die sich auch architektonisch im Stadtbild ausdrückt.Zum Stadtrundgang: https://www.zeilenabstand.net/…-westfaelischen-friedens/
Galerie:
Die Westfassade des Domes
Dom – Mittelschiff mit Blick zum Chor
Blick vom Domhof auf den Chor der Marienklirche
Westfassade der Johanniskirche aus der Johannisstraße
Marktplatz mit Rathaus und anschließender Stadtwaage
Marktplatz mit Blick nach Osten – links die Marienkirche
Fürstbischöfliches Schloss
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Es freut mich, dass es in diesem Projekt endlich vorangeht. Begrüßenswert, dass jetzt auch die Wissenschaft einbezogen wird. Ich denke, die Synagoge kommt gerade zur rechten Zeit, egal wie sie letztlich aussehen wird. Sie kann ein Mahnmal dafür sein, dass sich das jüdische Leben auch unter schwierigen Bedingungen nicht aus Deutschland verdrängen lässt. Ich werde den Wiederaufbau jedenfalls mit großem Interesse weiter verfolgen.
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Bilder stellst du gar nicht zur Verfügung, warum auch immer.
Die Bilder sind doch in meinem Artikel zu finden. Es ist ja hier nicht ohne weiteres möglich, Bilder hochzuladen. Da ich zudem nicht der Urheber der Fotos bin, möchte ich diese auch nicht über Drittplattformen einbinden, was ich mit meinen eigenen hier schon dutzendfach gemacht habe. Deshalb kommt mein Beitrag dieses Mal ohne direkte Bilder daher. Sie sind ja leicht aufzurufen. Hier gerne mehr: https://commons.wikimedia.org/…ite&uselang=de&type=image
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Ich verstehe die Frage nicht. Was ist nun deine Meinung zu Jakriborg. Ich würde hier gerne eine Diskussion über dieses außergewöhnliche Projekt anstoßen.
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Es existieren ja weltweit nicht viele Objekte des New Urbanism. Da ich sehr häufig in Schweden unterwegs bin, habe ich mich nun einer solchen Mustersiedlung angenommen und mir Gedanken dazu gemacht. Ich spreche von Jakriborg in der Nähe von Malmö. Mit seinen verwinkelten Gassen, den bunten, meist giebelständigen Häusern und einer Stadtmauer mit Wehrgang wirkt sie auf den ersten Blick wie ein Städtchen mit mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Wurzeln. Doch der Eindruck täuscht. Spätestens, wenn man bemerkt, dass die Stadtmauer als Schallschutz für die Bahnlinie fungiert und der Ort in alle Himmelsrichtungen unvermittelt abgeschnitten wird, realisiert man, dass wir hier in keinem historischen Städtchen stehen.
Bei dem Projekt geht es darum, der Zersiedlung der Landschaft mit immer weiter ausladenden Wohnsiedlungen rund um urbane Zentren andere Siedlungskonzepte entgegenzusetzen. Im Mittelpunkt stehen dabei kurze Wege für die alltäglichen Aktivitäten und ausgeprägte nachbarschaftliche Beziehungen. Das beinhaltete explizit auch eine Mischnutzung der Siedlungen, die der strikten Funktionstrennung moderner Städte entgegensteht. Fahrrad und Fußgänger stehen bei der Konzeption der Verkehrswege im Fokus. Der Bewegung des New Urbanism geht es letztlich um neue Formen des Zusammenlebens, also um einen soziologischen Ansatz.
Überzeugt hat mich die konkrete Ausführung nicht wirklich. Mein Schluss: In einem Umfeld, in dem ganze Ortschaften dieser Art auf grüner Wiese aus dem Boden gestampft werden, verkommen historische Architektur und ihre wertvolle Bausubstanz zur Beliebigkeit von Abziehbildern. Das Original wird spätestens dann entwertet, wenn solche Ideen zu Tausenden umgesetzt werden, bis unser kulturelles Erbe in der schieren Masse untergeht. Pseudomittelalterliche Stadtmauern mit Wehrgang sollten kein Synonym für gelungene Stadtbaukonzepte im 21. Jahrhundert darstellen. Zielführender wäre es, Altstädte, die durch Krieg und den Irrweg der autogerechten Stadt verunstaltet wurden, lebenswerter zu gestalten. Das kann man auch durch wissenschaftlich begleitete Rekonstruktionen und sensible historische Anlehnungen bzw. Ergänzungen erreichen, die aber als solche erkennbar bleiben. Ich möchte Jakriborg daher besser als experimentellen Weg, nicht als Vorbild für zukünftige städtebauliche Konzepte betrachten.
Abbildungen und meine vollständige Architekturkritik finden sich unter folgendem Link: https://www.zeilenabstand.net/…beitrag-zum-new-urbanism/
Was wären eure Gedanken dazu?
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Ich würde gern diesen Strang mit meinem Artikel zur Welfenresidenz Celle bereichern:
Welfische Residenz an der Aller
In den weitläufigen und dünn besiedelten Wäldern der südlichen Lüneburger Heide würde man nicht unbedingt eine bedeutende Residenzstadt wie Celle mit ihrem reichen architektonischen Erbe erwarten. Jedoch reichen die Wurzeln der Stadt bis in ottonische Zeit, als unweit der jetzigen Stadt eine Burg und ein Handelsplatz an der Aller entstanden. Die späteren Besitzer der Burg – die Welfen – verlegten die Burg 1292 um wenige Kilometer flussabwärts. Der Name wanderte mit; das alte Celle heißt heute daher Altencelle. Das neue Celle nannte sich noch im 14. Jahrhundert Nigencelle. 1301 erhielt die jüngere Siedlung Stadtrechte. Gegen Ende des 14. Jahrhunderts löste Celle Lüneburg als Residenz des Fürstentums Lüneburg ab. Dieser Zustand hielt bis zum Erlöschen der Celler Welfenlinie im Jahre 1705 an.
Neben Handel und Schifffahrt wurde die Hofhaltung zum wichtigsten Faktor für die Entwicklung der Stadt. Die größte Blüte erlangte Celle im 16. und 17. Jahrhundert, was sich bis heute in der prächtigen Architektur widerspiegelt. Herzog Ernst der Bekenner führte 1526 die Reformation im Fürstentum Lüneburg ein. Unter Herzog Georg Wilhelm und seiner Frau Eléonore d’Olbreuse setzte eine kulturelle Blüte ein, in die auch der prägende barocke Umbau der Schlossanlage fiel. Bei einer Schlossführung erfährt man, wie stolz Celle darauf ist, Teil des Stammbaums der Hannoveraner Welfen und somit auch des englischen Königshauses zu sein.
Stadtrundgang: https://www.zeilenabstand.net/…stadt-und-residenz-celle/
Galerie (Bildbeschriftungen in meinem Artikel):
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Vor einigen Jahren ist in Dresden-Blasewitz eine denkmalgeschützte Villa illegal vom Eigentümer angerissen worden, der geplant hat, das Grundstück gewinnträchtiger zu bebauen. Die Stadt Dresden hat lange versucht, den Eigentümer juristisch zum Wiederaufbau zu zwingen. Im Mai gab es vor Gericht eine überraschende Wende pro Denkmalschutz:
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Warum das nicht geht, steht in meinem Artikel. Das Gasthaus stand nicht unter Denkmalschutz. Das ist der entscheidende Unterschied, der die Sachlage hier leider anders erscheinen lässt.
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In List auf Sylt hat sich vor Monaten ein Abriss-Skandal ereignet, der abgesehen von der lokalen Presse weitgehend unbemerkt blieb.
In einer Nacht- und Nebelaktion hat der Unternehmer Andreas Kammholz ein kurz zuvor gekaufte Reetdachhaus am 30. Dezember ohne entsprechende Genehmigung abreißen lassen. Bis zu seiner Schließung im Jahre 2021 war das Gasthaus mit einer mehr als 200jährigen Tradition eine der angesagtesten Adressen in List. Das gewählte Datum zwischen den Jahren, abseits jeglicher Behördentätigkeit, war dabei sicher bewusst gewählt – ebenso die Tatsache, dass der Eigentümer in den folgenden Wochen im Urlaub weilte, um sich dem Zorn der Lister Bürger und Sylter Politik nicht aussetzen zu müssen. In den Monaten zuvor gab es Bemühungen, das ehrwürdige Friesenhaus aus dem Jahre 1650 unter Denkmalschutz zu stellen. Ein Vor-Ort-Termin der Denkmalschutzbehörde war bereits in Planung. Der möglichen Unterschutzstellung ist der Eigentümer zuvorgekommen.
Ich habe mit der Kommunalpolitik Kontakt aufgenommen und die Hintergründe hier zusammen getragen: https://www.zeilenabstand.net/…sthofes-in-list-auf-sylt/
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Historisches
Zierikzee in der Provinz Zeeland ist eine der vielen niederländischen Kleinstädte mit pittoreskem Stadtbild. Nicht nur die historische Altstadt, sondern auch die Nähe zu Wasser, Dünen und Nordsee machen die Stadt für Besucher so attraktiv. Sie liegt heute auf der Insel Schouwen-Duiveland, die durch Versandungen und Eindeichungen aus zwei großen und weiteren kleineren Inseln entstand. Im Mittelalter lag Zierikzee auf Schouwen. Eine Meeresenge verlief östlich der Stadt und trennte Schouwen von Duiveland bis ins 17. Jahrhundert hinein.
Die erste gesicherte Erwähnung Zierikzees in einer Urkunde datiert ins Jahr 1156. Eine erste Kirche dürfte im späten 12. Jahrhundert existiert haben. Die nahegelegene einstige Burganlage war dagegen älteren Ursprungs. Die Auseinandersetzungen zwischen Flamen und Holländern um Zeeland bestimmten in der Folge die Geschichte der Stadt. Im frühen 13. Jahrhundert verlieh Graf Wilhelm II. von Holland Zierikzee die Stadtrechte. Noch im Laufe des Jahrhunderts siedelten sich mehrere Klöster in der Stadt an, fielen aber vielfach im Spätmittelalter Stadtbränden zum Opfer.
Während des Spanisch-Niederländischen Krieges von 1568 bis 1648, der den nördlichen niederländischen Provinzen die Unabhängigkeit vom habsburgischen Spanien brachte, war Zierikzee wie viele andere Städte Schauplatz von Kriegshandlungen und Belagerungen. 1576 zogen die Spanier für kurze Zeit in die Stadt.
Stadtrundgang: https://www.zeilenabstand.net/…zee-kleinod-auf-schouwen/
Impressionen:
Blick auf die Altstadt von Zierikzee – links Im Vordergrund das Rathaus, rechts im Hintergrund das Havenplein mit Bürgerhäusern und Markthalle
Markthalle am Havenplein, dahinter die Gasthuiskerk
Zuidhavenpoort mit Zugbrücke und Hafeneinfahrt
Rathaus
Nobelpoort
Sint-Lievens-Monstertoren
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Jetzt darf es nur kein Einzelfall bleiben. Das nächste Projekt in vergleichbarer Lage in Lübeck muss auf dem selben Niveau sein.
Wobei die Lübecker Altstadt soweit intakt ist, dass derzeit keinerlei vergleichbare Projekte realistisch sind. Mittelfristig sollte man allerdings dringend über die zukünftige Bebauung der Holstenstraße nachdenken, die wahrlich keinen würdigen Eingang in diese Ausnahme-Stadt darstellt. Und auch die Hauptfußgängerzone, die Breite Straße, ist einem UNSECO-Weltkulturerbe nicht entsprechend. Die Umsetzung kann hier aber nur Schritt für Schritt erfolgen, weil es keine großen Leerflächen mehr zu bebauen gibt, Abrisse mit Neubauten nur sukzessive erfolgen werden.
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Es ist richtig, dass auch die Nachkriegszeit einen sehr gewichtigen Anteil daran hat, dass historische Bausubstanz in unseren Städten zerstört wurde. In der einen mehr, in der anderen weniger. Während im Osten tatsächlich die kommunistische Ideologie die Triebfeder für die Städteplanung war, ist es in Westen die Idee der autogerechten Stadt. Heute wissen wir, dass beides eine Sackgasse ist und das Leben in den Städten negativ beeinflusst.
Was heute allerdings fehlt, sind Lösungen der modernen Stadtplaner. Insofern haben Rekonstruktionen durchaus Konjunktur und aus vielerlei Gründen ihre Berechtigung. Das gilt auch für die Garnisonkirche, die für die Reparatur des Potsdamer Stadtraumes unentbehrlich ist, unabhängig davon, dass der "Obernazi" diesen ehrwürdigen barocken Bau für seine Propaganda missbraucht hat oder nicht.
P.S. Ich finde die Bezeichnung als "Hetzblatt" nur bei einem etablierten Medium wirklich angebracht. Welches das ist, das muss ich wohl nicht aussprechen, insofern scheint es da ja einen gewissen gesellschaftlichen Konsens zu geben. Alles andere ist politischer Grabenkampf und hat hier wohl nicht wirklich etwas verloren.
Die nachfolgende "Hetzblatt" Diskussion wurde in den Papierkorb verschoben.
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Die Problematik mit den Spendern, die der extrem rechten Ecke zuzuordnen sind, ist doch, dass sich andere Spender (wie z.B. ich) zurückziehen, weil sie nicht in einen Topf geworfen werden wollen
Die Problematik sehe ich grundsätzlich auch, weshalb ich den hier vorliegenden Fall auch als Rekonstruktionsfreund derart kritisch verfolge. Aber bei einem muss ich jetzt doch widersprechen. Bödecker kann man vieles vorwerfen, aber rechtsextrem ist er selbst nicht und seine Äußerungen auch nicht. Neben allen "Verfehlungen", die in seinen Schriften und Vorträgen zu Tage getreten sind, hat das Gutachten aber gerade festgehalten, dass er nicht in eine radikale Ecke zu stellen ist.