Sanierung Staatsoper

  • @NewUrb
    Doch, ich habe schon mal ne Oper von innen gesehen. Alle drei in Mitte sogar - beim Tag der offenen Tür ;). Und auch sonst schon drei mal glaube ich. Wie die Akustik war, weiß ich nicht mehr. Habe wohl eher, die Blätter an der Deckendeko gezählt. Ist auch schon zu lange her.


    @Verschwörungstheorie
    Ich habe durch Zufall die Entwürfe in dem einen Raum der Bauakademie-Attrappe gesehen und ich 90& waren auf barock getrimmt. Aber der moderne(re) hat gewonnen. Wer weiß, ob die Akustik wirklich besser gewesen wär, als beim zweit platzierten oder ob er eben gewonnen hat, weil Berlin mal wieder auf Zukunftsoffen machen will. Abgesehen davon, dass Roths Beitrag ja auch sehr retro ist. Diesen Entwurf sollte man mal lieber in eines der Kinos am Potse einbauen ;).

  • Mir mißfällt es gewöhnlich auch, wenn sich Wettbewerbsteilnehmer über den Anforderungskatalog hinweg setzen - und dann wohlmöglich noch gewinnen. Jedenfalls betrifft das die Eckpunkte, die innerhalb des Ermessenshorizontes der Auslober liegen und deren ursprüngliche Intention ignorieren. Ein wenig Luft sollte man den Teilnehmern schon lassen, sonst verbaut man sich alle Wege in Richtung gänzlich neuer Qualitäten. Ein einzelnes Ausnahmetalent kann sicher bessere Ergebnisse liefern, als ihm das Kompromiss-behaftete Korsett der Wettbewerbsanforderungen zugesteht (eine ausführlichere Abhandlung hierzu innerhalb dieses Threads habe ich auf Wunsch gelöscht, da sie sich zu sehr vom eigentlichen Thema entfernte). Solche "Ausnahmetalente" treten allerdings nicht besonders häufig auf den Plan. Ob Roth einer war, darüber ließe sich lange debattieren. Vielleicht wollen sich manche Jurymitglieder einfach nicht in die Biedermeier-Ecke stellen lassen (was ich nachvollziehen kann) und nehmen deshalb lieber einen zweitklassigen, innovativen Entwurf inkauf. Als Freund der sehr eigenständigen Spielart des frühen DDR-typischen Neoklassizismus und großer Bewunderer von Richard Paulick bin ich natürlich froh um die aktuelle Entscheidung. Allerdings halte ich den Roth-Entwurf deshalb nicht automatisch für miserabel! An einem anderen Ort wäre der für mich gut vorstellbar. Vielleicht hat sich ja Herr Roth mit seiner Arbeit für zukünftige Opernsäle empfohlen. Das wäre dann eine Win-Win-Situation. :)



    Um mein, möglicherweise etwas wirres, Geschreibsel im ersten Absatz zu veranschaulichen, hier mal folgendes fiktives Beispiel: ein Wettbewerbsteilnehmer hält sich nicht an die Vorgaben zum Erhalt des Opernsaals, bringt aber statt einer modernen Interpretation ein gänzlich neues, deutlich repräsentativeres und funktionelleres neoklassizistisches (oder meinetwegen barockes) Modell in die Diskussion ein. Was nun? Denkt mal über die möglichen Folgedebatten nach, wenn dieser Beitrag nur wegen der Mißachtung der Vorgaben abgelehnt würde (Realisierbarkeit vorausgesetzt)

  • Meine Vermutung geht eher in die Richtung, diejenigen die sich mokieren waren wahrscheinlich zu oft in der Semperoper.


    für die Semperoper gab es auch mehrere neue Entwürfe für den Zuschauerraum. Bloß war die Akustik der Modelle nicht annähernd so gut, wie die des alten Zuschauerraums. deshalb wurde er in alter Form wieder errichtet. Heute würde man wohl einfach nen Hochleistungscomputer bemühen. Ich will sagen, das Paulick den Saal zwar ganz ansehnlich historisierend gestaltet hat, dennoch die Akustik nicht in den Griff bekam. vermutlich weil man keine Erfahrungswerte mehr hatte und die Akustikforschung wohl noch in den Kinderschuhen steckte (oder die Experten schon im Westen waren). Ich bin kein genereller Kritiker des Saals, jedoch sehe ich nicht ein, warum man das Werk eines Mannes erhalten sollte, der die Bauaufgabe der Erstellung eines Akustischen Raumes nicht richtig gelöst hat!

  • AeG: Ich meine den Geltungsdrang der ihn dazu trieb sich eben über den Anforderungskatalog hinwegzusetzen.
    (Ja ich weiß, ich bin vom Architekturstudium geschädigt, als auch diejenigen aus Präsentationen mit den besten Noten hervorgingen die sich eben nicht an die Vorgaben des Profs hielten, und das hat mich jedes Mal wahnsinnig aufgeregt, weil ich mich immer wieder verbogen habe, um mich dran zu halten.;) )
    Dennoch denke ich, daß sich Roth eben da vielleicht ne Chance verbaut hat. Die Jury hat sich ja auch lang und breit begeistert über seine Raumfolgen ausgelassen, deshalb bin ich davon ausgegangen, daß er auch gewonnen hätte, wenn er seinen Saal oberflächlich so gestaltet hätte wie verlangt.
    Da schwingt bei mir auch Enttäuschung darüber mit, daß sein Vorschlag in seiner Gesamtheit vom Tisch zu sein scheint. Sein Konzept die Sitzreihen steiler ansteigen zu lassen und dazu Garderobe, Aufenthaltsbereiche, etc. aus dem Keller nach oben zu holen hätte der Oper nämlich meiner Meinung nach sehr gut getan.


    NewUrban: Das mit der Semperoper sollte eigentlich nur ein genauso simplifizierendes Widerwort aufs "waren noch nie in ner Oper" sein. ;)


    Ich denke übrigens auch, daß die jetzige Lösung einfach den bestehenden Saal zu sanieren die schlechteste ist.
    Alle Architektenvorschläge sahen einen Abriß der alten Substanz vor, und bei den historisierenden Vorschlägen hätte es wahrscheinlich niemanden interessiert, daß Paulick verschwindet. Jetzt hamwer halt den Salat...

  • Du irrst! Mich hätte das Verschwinden des Paulick-Saals interessiert - jedenfalls so lange er nicht im Anschluss an den Umbau neu eingepasst worden wäre. Die akustischen und visuellen Verbesserungen sowie die zu optimierenden Raumfolgen sind natürlich das Primärziel. Wir reden ja von einer Oper und nicht von einem begehbaren Baudenkmal. Da darf man das alte Interieur meinetwegen auf den Kopf stellen und dreimal von links nach rechts drehen. Die Originalsubstanz und deren Wirkungsweise sollten aber so weit wie möglich erhalten bleiben. Nur wenn damit keine wirksame Verbesserung zu erreichen ist, wobei das seriös belegbar sein sollte, bin ich für einen kompletten Neuentwurf. Der müsste sich dann wiederum an keine Konventionen halten. Auf die Intervention zeitgeistig geprägter Massen, die unbedingt einen historisierenden Entwurf wollen, egal, was er praktisch bringt und wie er die Kosten frisst, wäre dann möglichst zu verzichten. Da sollte vielmehr versucht werden, das Bestmögliche mit den vorhandenen Mitteln zu machen - so wie das auch schon früher alle Baumeister getan haben.


    OT: da Du gerade diese "Ungerechtigkeit" in Sachen Bevorzugung von Thema-Verfehlern ansprichst, brako (die war in dem, inzwischen von mir gelöschten, Beitragsteil auch mal Thema) und da Du vielleicht auch an einer Berliner Uni studiert hast: reden wir vieleicht von den gleichen Profs.? Als da u. a. wären eine herrschsüchtige Hakennase, weiblich (sieht man ihr aber kaum an), die zwar in ihrem Leben nur anderthalb Häuser gebaut hat, sich aber wie Cäsar persönlich aufspielt, oder von einem lustigen Wicht mit noch lustigerem Namen (im Comic-Style), der die Noten stets nach Absurditätsfaktor der Kreationen gab (so etwa ab Knetgummi-Vogelhäuschen aufwärts konnte man mit einer 2,0 rechnen), und von einem FB, bei dem man die, meist ungeliebten, Realisten locker an einer Hand abzählen konnte?

  • mea culpa AEG, da bin ich doch tatsächlich mal selbst in die von mir so gehaßte Generalisierungsfalle getappt. Natürlich bezog ich mich auf Teile der ansonsten in dieser Angelegenheit eher indifferenten stillen Mehrheit, deren Empörung wohl eher durch das mediale Kopfschütteln über Klaus Roths "Kinosaal" entfacht wurde.


    Nun Roth hat, trotz seiner erklärten Bereitschaft, also keine Chance erhalten seinen Vorschlag umzuarbeiten und zu paulickisieren. Das Ganze wird nun nochmal europaweit ausgeschrieben, man ist sich dennoch sicher, daß es nicht zu Verzögerungen kommen wird, und man ist wieder sehr konkret mit der Aussage, daß "soviel Paulick wie möglich" erhalten werden solle.


    Die Morgenpost geht von einer ein- bis zweijährigen Verzögerung aus und spricht angesichts der neuen Ausschreibung von einem Stück "Bigotterie", denn noch wisse niemand wieviel Paulick tatsächlich beim Wiedereinbau der Saals übrigbliebe, schließlich wird der Saal so und so im Zuge der Sanierung rausgenommen und überarbeitet.




    OT und AeG: Ich hab an der TU Dresden studiert, bin aber froh zu erfahren, daß es wohl überall so ist. Auch dort gibt es den Professor der erst ein Gebäude innen ausgebaut hat (bei dem man eigentlich nur mit Entwürfen punkten kann, die man ihm, egal obs nur ne zerschnittene Klorolle ist, im beredten Vertreterstil als "von Mies inspiriert" verkauft). Dann der Kunstexperte, der angesichts einer über eine Lampe gestülpten, lieblos durchlöcherten Alufolie freudig in juchzende Ekstase gerät. Seine Assistenten fanden das Ding bis zu seinem Anfall schlecht und an den Vorgaben vorbei, dann plötzlich superspitze, und ich konnte mich über die 1,7 gar nicht so recht freuen.

  • Nach Informationen der Berliner Morgenpost ist der (zweite) Architektenwettbewerb zum Umbau der Staatsoper entschieden. Gewonnen hat das Architektenbüro HG Merz, das schon für den Umbau der Alten Nationalgalerie sowie der Staatsbibliothek Unter den Linden verantwortlich zeichnet. Beginn für den auf 3 Jahre anberaumten Umbau soll 2010 sein. Die Kosten werden mit 240 Mio. Euro veranschlagt.


    Bilder von dem neuen Konzept gibt es leider bis dato noch nicht.


    http://www.morgenpost.de/berli…er_Sieger_steht_fest.html

  • Nun ich hoffe mal, dass sich zumindest einige funktionale Verbesserungen im Zuschauerraum realisieren lassen können mit dem neuen Konzept. Das wäre ja schade, wenn man die Chance verstreichen lassen würde.

  • Ich finde es eigenartig, dass - obgleich ein Gewinner schon gekürt ist - über sein Konzept zu Sanierung solche Unklarheit herrscht. Er sinniert öffentlich darüber, ob vielleicht das Parkett angehoben werden könnte! Sollte eine solche Entscheidung nicht Teil des Konzeptes sein, mit der er sich beworben hat und das nun ausgewählt wurde? Hat er den Zuschlag wegen des Namens oder ein paar Referenzen bekommen? Was steht denn in seinem Sanierungsplan, was ihn unterscheidet, wenn so essentielle Sachen noch entschieden werden müssen?


    Jan

  • HG Merz, der Architekt des Umbaus der Staatsoper (ab September 2010), hat gestern seine Pläne vorgestellt. Demnach soll die Decke des Zuschauerraums angehoben werden, es bleibt bei drei Rängen:


    http://www.tagesspiegel.de/ber…oper-Mitte;art270,2981211
    http://www.bild.de/BILD/region…aber-nicht-die-sicht.html


    Man kann nur hoffen, dass im Zuge der Sanierung der Oper auch die Gebäude der Kostümwerkstätten an der Französischen Straße 30/31, die bisher noch im DDR-Charme dahindümpeln, saniert werden. Im Rahmen des Bundes-Konjunkturpakets wurden nämlich - soweit ich das gesehen habe - keine Mittel "locker gemacht". Habe leider kein Bild, Ansicht per Vogelperspektive - um 180° drehen - lohnt sich:
    http://www.bing.com/maps/?v=2&…C%2010117%20Berlin&obox=1

  • ^^ Warum und für was auch immer - naja, das ist ja allgemein bekannt. Der miserable bauliche Zustand der Staatsoper erschließt sich einem sofort, wenn man mal genau hinschaut. Ob wirklich eine Viertelmillarde notwendig ist, erschließt sich einem dahingegen weniger.


    Dies dürfte ein interessanter Link, nicht nur, für dich sein:


    http://www.staatsoper-berlin.o…DE/show/opera_reconstruct (>"Bauschäden")


    Hier wird wirklich augenfällig, auch für jeden Laien, wie marode das gesamte Gebäude "hinter den Kulissen" zu sein scheint. Man hat sich wohl die größte Mühe gegeben dass das "Erlebnis" für Touristen und Besucher nicht getrübt wird, so dass sich bestimmt viele Leute fragen dürften "Ist das wirklich notwendig?" (zumal in Deutschland, wo der Zweifel seine Heimat hat ;)). Außen hui,...

  • Bin ich irre, oder haben die bei dem zu renovierenden Gebäude neben St. Hedwig eine weitere Fensterreihe durch die Attika gebrochen? (Vorletzte Reihe von Backsteins Bildern, das Zweite) Das darf doch wohl nicht wahr sein...

  • Ich glaube, ich weiß jetzt, was da passiert ist. Die Fenster waren tatsächlich schon vorher da, allerdings verdeckt durch eine steinerne Balustrade. Man hat diese Balustrade aber wohl gerade entfernt. Daher jetzt der freie Blick auf die Fenster. Die Balustrade kommt später sicherlich wieder genau dahin, wo sie war. Ich war nur etwas erschrocken, weil dieses vermeintliche Barockgebäude eigentlich ein Nachkriegsgebäude ist und ich befürchte, dass es wohlmöglich in seiner äußeren Gestalt nicht unter Denkmalschutz steht.

  • Hmm... hier hab ich noch zwei Ausschnittvergrößerungen. Da sieht es so aus, als ob einfach eine geschlossene Verblendung davor war (über dem Gesims) und keine Balustrade. Die Fensteröffnungen sind dann wohl doch neu (?).



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  • Sanierung Staatsoper

    Die baulichen Eingriffe am Proben- und Werkstattgebäude sind nicht von Pappe:




    An der Staatsoper selbst ist außer weiteren Gerüsten noch nicht viel Neues zu sehen:


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