Stadtschloss Berlin: Der Thread für den Wiederaufbau

  • Na, wenn man sich das Charlottenburger Schloß anschaut werden rekonstruierte Räume sehr gut angenommen und haben alles mögliche aber keinen "Disneyland"-Charakter.


    Der Neue Flügel beweist, dass man auch dieses mit Beherrlichkeit und Qualität bewerkstelligen kann.

  • All eure Beispiele haben gemeinsam, dass diese Gebäude lediglich mehr oder weniger Stark beschädigt wurden, ausbrannten, usw., aber nicht gänzlich verloren und verschwunden waren. Das Stadtschloss wurde weggesprengt, abgetragen, dort ein ganz anderes Gebäude erbaut. Der Faden ist sozusagen komplett zerschnitten worden. Das ist einfach eine andere Kategorie. Ihr müsst nicht weit schauen, um echte, alte Baudenkmäler, auch fürstlicher Natur, in Berlin-Brandenburg zu finden, die dringender Pflege und Restaurierung bedürften.


    Ich hielte es für einen schlechten Scherz, mit viel Geld einer 100 % Replika zu 100 % neue Innenräume, die sich am Originalbau orientierten, zu geben und gleichzeitig unweit davon originale Substanz weiter verrotten zu lassen (und sagt mir nicht, man kann ja beides machen, man kann, man kann,... Gelder vom Staat und von Mäzenen für derlei sind aber nicht unbegrenzt vorhanden).


    Freut euch doch einfach darüber, was hier an zentralster Stelle bisher durchgesetzt wurde und lasst uns daran arbeiten, dass nicht Frau Lüschers Steinwüste sondern ein großzügiges Schlossumfeld, inklusive einiger historischer Goodies, auch noch verwirklicht werden. Nun, da die Schlossfassade langsam Gestalt annimmt und nicht mehr so sehr eure Fantasie strapaziert - was wäre denn, wenn Rossebändiger, Adlersäule, Schlossbrunnen und Co. nicht nur in einer Umfeldgestaltung des historischen Vorbilds eingebettet sind, was ja auch noch reichlich steinern daherkam, sondern in einem echten kleinen Schlossgarten, sozusagen einer Erweiterung des Lustgartens rund um das Schloss herum, aber von der Qualität eines kleinen botanischen Stadtgartens, open for public? Wäre das nicht eine gigantische Steigerung der Lebensqualität vieler Berliner in ihrem Alltag? Würde es sich dafür nicht ungleich mehr lohnen, Gelder zu sammeln, ggf. noch zu einer Stiftung die diese Anlage pflegt und eintrittsgeldfrei offen hält und betreibt, als für Innenräume die man einmal durchschreitet, hübsch findet und das war es dann? Man könnte zB auch den Zankapfel um den Sockel des Nationaldenkmals damit beilegen - warum dort nicht eine großzügige Rotunda aus Rankhilfen für Blütengewächse anlegen, mit einem ebensolchen blühenden Laubengang anstelle der früheren Säulen am Rand. Wäre das nicht ein herrzlicher Freisitz in Frühjahr und Sommer, direkt am Wasser?


    Hübsche, historische Innenräume gibt es in Berlin-Brandenburg zahlreiche zu besichtigen. Solch einen zentralen Stadtgarten, für den Erholungssuchende nicht sofort den Geldbeutel öffnen müssen, gibt es in Mitte bisher nicht wirklich. Und eine Vision für eine ganz ferne Zukunft wäre, das gen Rotes Rathaus fortzusetzen und auch hier Grau und Pflaster und Beton durch eine Erweiterung dieses Stadtgartens zu ersetzen. Das wäre eine Aufgabe, die politisch und finanziell engagierten Bürgern viel abverlangen würde. Und uns allen viel bringen würde. Und dafür könnte man sicherlich Bürger jeglicher Färbung begeistern. Solch eine Stiftung könnte, wenn man etwas weniger preußisch angeht und nicht nur auf hauptamtlichen Gärtnern insisiert, sicherlich eine Heerschar aus Hobbygärtnern mit "grünem Daumen" zur Pflege rekrutieren, die sich mehr "austoben" wollen, als sie es auf ihrem kleinen Blockrandbalkon können, aber keinen Bock auf einen Kleingarten haben, wo man ja v. a. Salat und Bohnen anbauen muss und nur am Rande bischen gärtnern darf. Dieser Drang die Stadt zu verschönern wird von vielen ja sogar schon in einer rechtlichen Grauzone im Rahmen des Guerilla-Gärtnern ausagiert. Wenn man etwas weniger formalistisch wäre und in einer Bürgerstiftung solche Bürger auch ohne "HWK-IHK Zertifikat über eine gartentechnische Berufsausbildung" (oder wie auch immer das Beamte nennen), dafür mit Leidenschaft und Grünem Daumen, ranlassen würde und das Land Berlin die Flächen kostenfrei in diese Stiftung einbringen würde, dann wäre das kostentechnisch gar nicht so astronomisch. Würde solch ein "Mitmachgarten" nicht zum kreativen, modernen Berlin passen? Und damit endgültig beweisen, dass das Humboldtforum keine Keimzelle einer kulturellen Reaktion ist?


    Ich möchte euren Blick dringend etwas weg von den Innenräumen lenken, hin zum Schlossumfeld. Denn die Innenräume sind jetzt erstmal gesetzt, so wie sie sind in Bau befindlich sind, ohne Rekos. Aber das Schlossumfeld ist noch "offen", entwickelt sich aber langsam zur akuten, drängenden Frage! Wenn das verlüschert wird, dann bleibt es erstmal so. Nix hält in Berlin länger als Provisorien.

  • @ Konstantin:


    Ich halte es für einen Unterschied, ob man Räume in einem teilweise zerstörten Gebäude direkt wieder aufbaut (was ja auch in München oder Würzburg geschah), oder ob man sie in ein völlig neues Gebäude mit ganz anderer Baustruktur Jahrzehnte später hineinpflanzt. Wobei ich gar nichts gegen die Gigantentreppe oder so gehabt hätte, aber nun gibt es ja erstmal ein Raum- und Nutzungskonzept. Ich hoffe doch sehr, dass hier niemand eine Debatte lostritt nach dem Motto: "Moderne Innenräume müssen weg, weil Kniefall vor verkappten SED-Greisen und bösartigen Feinden des Wahren, Schönen, Guten".


    Man könnte ganz Germania aufbauen aus privaten Mitteln - wenn man denn wollte.


    Wie, in aller Welt, kommt man auf so einen Gedanken?

  • Das ist ja häufig nur ein gradueller Unterschied. Ob manchmal noch ein paar Wandreste vorhanden waren oder nicht - die heutigen Räume sind neu. Dass Rekonstruktionen von vielen als akzeptabel bezeichnet werden, wenn noch 2 % Originalsubstanz irgendwo versteckt sind aber komblette Neuschöpfungen als "Fälschung" gelten zeigt nur wie beschränkt die Sichtweise ist.

  • Quantifiziert betrachtet handelt es sich immer nur um graduelle Unterschiede. Der Sandstein entstand insgesamt vor Äonen. Es ist also, wenn man das tatsächliche Alter des Steins quantifiziert, kein Unterschied, ob die Menschlein diesen jetzt oder Anno X aus dem Steinbruch geholt haben. Das lässt sich sogar auf die Atomebene herunterbrechen, das Eisenatom ist geologisch immer gleich alt, ob es jetzt geschürft und verarbeitet wird oder zigmal recycled wurde oder vor 100 Jahren...


    Authentizität ist also nicht abschließend quantifizierbar sondern eine emotionale Kategorie der Menschen.


    Und diese ist je nach Gegenstand höchst unterschiedlich.


    Ein Schloss wurde noch nie von einem Architekt höchstselbst, mit den eigenen Händen, errichtet. Erbauer waren immer andere, Handwerker und Arbeiter, die den Plan ausführten, die den Plan in die Realität umsetzten. Also kann die Authentizität nur im Plan und der plangetreuen Ausführung liegen, niemals im eigentlichen Bauwerk. Wenn der Plan jetzt (neu) plangetreu ausgeführt wird ist das Ergebnis für mich daher exakt so authentisch, wie die plangetreue Ausführung Anno Dazumal. Selbst der Sandstein ist geologisch ja genauso alt. Ansonsten wäre zB auch der Kölner Dom "Disneyland", der ursprüngliche Architekt hat dessen Fertigstellung nicht mehr sehen können und er wird seit Fertigstellung quasi ständig neu gebaut, weil ständig Teile davon ausgetauscht und erneuert werden müssen. Aber solange dies getreu dem ursprünglichen Plan geschieht bleibt der Gesamtbau ein authentisches Baudenkmal. So sieht es offenbar auch die Öffentlichkeit, selbst die UNESCO.


    Ganz anders aber bei Inneneinrichtungen. Wenn dies des Königs Tafel war, an dem er saß und speiste oder bei Staatsanlässen verhandelte, dann war dies der authentische Ort dieser Geschichte und Geschichten. Keine Doublette, sei sie bis auf jedes Atom eine identische Kopie, kann diese Authentizität jemals erreichen, die durch die Nutzung und die Geschichten, die dieser Gegenstand sah, entsteht. Nur ein hübscher Stuhl zieht keine Besuchermassen an. Aber ein Stuhl, auf dem tatsächlich der König einst saß, sein Thron, das ist eine ganz andere Sache. Denn erst dadurch, dass der König dort saß, wurde aus einem Stuhl ein Thron. Das lässt sich nicht materialistisch quantifizieren, das ist eine rein emotionale Aufladung und die lässt sich nicht kopieren oder "austricksen".


    Und daher differenziere ich hier stark zwischen Fassade und meinetwegen auch Dingen wie Rekonstruktion von wenigstens noch in Teilen vorhandenen Räumen einerseits sowie einer kompletten Neuentstehung eines Schlossinnenraums andererseits. Da ist sozusagen der historische Faden abgerißen. Der Faden kann sehr dünn werden, er kann Feuer fangen und wieder gelöscht werden, er kann auch wieder geflickt werden, aber wenn er abgetrennt wurde und das Ende des Fadens lange Zeit lose blieb und vergessen wurde, dann lässt sich daran einfach nicht mehr überzeugend anknüpfen. Ich finde diese Metapher erklärt es ganz gut. Und ich finde, das lässt sich trotz aller Emotion rund um "Authentizität" sogar sachlich nachvollziehen.

  • Das Ganze ist sowieso vorerst nur eine sehr hypothetische Option. In den nächsten 10 Jahren wird man über die Wiederherstellung von Innenräumen gar keine Gedanken machen brauchen. Dafür wird kein Geld bereit stehen.
    Dann wird man wohl als erstes das Gigantentreppenhaus angehen, für welches aber auch erstmal sämtliches Geld fertig gesammelt sein muss. (Vorstrecken wird der Bund dabei nichts) Kann also gut sein, dass es noch 20 Jahre dauert, bis hier was geschieht.


    Bei diesem und eventuell auch anderen Treppenhäusern sähe ich allerdings nicht so dass Problem mit "Mal sehen wie Königs & Kaisers gewohnt hat". Die Treppenhäuser kann man gut unabhängig von den eigentlichen Sammlungen sehen. Auch in vielen anderen älteren Museen fallen die Treppenhäuser ja oft prächtig aus, während die eigentlichen Sammlungssäle ihres Schucks beraubt wurden (oder z.B. nach Kriegsschäden nicht wiederhergestellt wurden).


    Die Wiederherstellung solcher Räume wie Thron- und Ballsälen, der Enfiladen oder ehemaliger Wohnräume wird man wohl frühestens bei der nächsten Generalsanierung des Humboldtforums erleben. Und dann könnte man sich auch überlegen ob man nicht doch ein "Bäumchen-Wechsel-Dich" betreibt und in diesen Räumlichkeiten lieber Gemälde, Skulpturen und Kunstgewerbe aus westlichen Ländern zeigt (also zu den Räumlichkeiten passendes) und die außereuropäischen Sammlungen wieder woanders unterbringt. Aber dies wäre dann wohl erst in 50 Jahren der Fall.

  • Erst einmal ist wichtig, dass man auch weiterhin den Zeit- und Kostenrahmen einhält, noch einen Spender für die Kuppellaterne findet und die misslungenen Umfeldpläne überarbeitet. Schließlich wäre ein Humboldt-Forum ohne Lustgartenterrasse, Rossebändiger, Adlersäule und Neptunbrunnen wie ein Brandenburger Tor ohne Quadriga.


    Die wichtigsten Innenräume, darunter der Rittersaal, der Elisabethsaal, der Weiße Saal und die Treppenhäuser, kann man später immer noch wiederherstellen, wie das Beispiel Münchner Residenz und viele andere in ganz Europa zeigen.

  • @ Architektator


    ich habe inzwischen meinen Frieden mit dem Humboldt Forum geschlossen, habe mich mit dem Konzept angefreundet und gerade weil es die auussereuropäischen Sammlungen Aufnehmen soll.
    Ihre Vision hingegen lässt mich immer wieder zweifeln und zusammenzucken. Hört es sich doch sehr danach an ... wenn erstmal das Äussere steht wird das Innere in alter Form auch nachfolgen. Die Dahlemer Sammlungen können sich dann trollen.
    Quasi ein Trojanisches Pferd.


    Ich persönlich freue mich auf das neue Humboldtforum, seinen hoffentlich weiten Horizont, seine Aufgabe die Museumsinsel durch die aussereuropäischen Sammlungen adäquat zu ergänzen und neue Einsichten und Synergien mit den bestehenden Sammlungen dort zu ermöglichen.


    Eine Rekonstruktion des Hohenzollernschlosses war nicht und ist nicht politisch erwünscht.

  • Würde man die Ostseite rekonstruieren müsste man diesen Flügel komplett rekonstruieren und man müsste wohl noch mehr Milliönchen an Spenden draufpacken...


    Ja, ich stimme zu, dass die Rekonstruktion der Ostfassade sehr aufwendig und kostspielig gewesen wäre.


    Stellas Ostfassade für sich genommen finde ich architektonisch nicht schlecht, doch im Zusammenspiel mit den anschließenden Fassaden wirkt sie unangenehm. Die Ostfassade nach dem Entwurf von Kleihues+Kleihues hätte mich eher angesprochen. Was die anderen Teile des Schlosses angeht, ziehe ich Stella vor.


    Übrigens würde es meiner Meinung nach die Ostfassade unglaublich verschönern, wenn man sie mit Wildem Wein begrünen würde. :eek: ;)

  • Na, Pumpernickel, mit der Wahrhaftigkeit (das Fremdwort trifft's aus meiner Sicht nicht und authentikós heisst ja „echt“) ist es nicht so einfach. Die Reduktion auf die Substanz ist ein Steckenpferd der Berliner Denkmalpflege, die Brandenburger und Denkmalpfleger in Bayern oder Sachsen sehen Substanz (Material), Form, Nutzung und Ort als annähernd gleichwichtige Komponenten bei der Beurteilung an.
    Man kann da viele Beispiele anführen: was ist der Berlin-Pavillion als Burger King noch wert? Die Substanz ist gewahrt, das Denkmal trotzdem hingerichtet. Was ist mit ihrer Umgebung entrückten, translozierten Denkmalen wie dem Hotel Esplanade am Potsdamer Platz? Substanz gewahrt - Denkmal nicht mehr erkennbar. Die Reihe liesse sich fortsetzen.


    Und Camondo, schön, dass Du deine Frieden gemacht hast. Es ist ja meist so: zuerst sind alle gegen die Reko, dann waren bei der Einweihung eigentlich (fast) alle (schon immer!) dafür um beim nächsten Projekt wieder felsenfest zu behaupten, dass eine Reko auf gar keinen Fall (ganz generell!) und unter keinen Umständen in Frage kommt, protofaschistoid ist und unmittelbar und direkt in den dritten Weltkrieg führt.
    Ich finde diesen stets revolvierenden Vorgang ermüdend, wenig originell und schon gar nicht intellektuell befriedigend. Erfahrung ist eigentlich etwas, was selbst Krähen und Affen zu anspruchsvollen Tätigkeiten verleitet - die meisten mit Architektur beschäftigten Menschen scheinen dies hier aktiv zu unterdrücken (das ist ja in der Regel nur mit erheblichem Aufwand zu bewältigen).
    Wahrscheinlich liegt es daran, dass man - wenn man das Phänomen der Rekonstruktionen akzeptiert - man sich zeitgleich eingestehen muss dass die Zeitgenossen eine Reihe von Bauaufgaben an bestimmten Orten eben nicht bewältigen können. Und dieser Schluß darf nicht sein. Ist aber so, leider.


  • ich habe inzwischen meinen Frieden mit dem Humboldt Forum geschlossen
    Mod: Zitat gekürzt.


    In der Tat, bin ich mehr als zufrieden mit den bisherigen Planungen und obwohl ich sonst ein großer Verfechter der Rekonstruktionen bin war der Kompromiss mit der Stella Fassade recht famos.



    Ahja, nebenbei an alle Foren Nutzer ein herzliches Hallo von einem gebürtigen Unterfranken im Berliner Exil.

  • Eine Rekonstruktion des Hohenzollernschlosses war nicht und ist nicht politisch erwünscht.


    Ich finde bei diesen Formulierungen wird mal wieder das gesamte Grundmissverständnis deutlich, das immer mitschwingt, wenn sich Rekobefürworter und Rekogegner miteinander unterhalten.


    Selbst wenn man das Schoss eins zu eins rekonstruiert hätte, ist dies doch nicht gleichbedeutend, dass man das Hohenzollernschloss wieder haben will in dem Sinne, wie es die Gegner allzu gerne interpretieren. Sie knüpfen nämlich oft die Analogie, dass der der das Schloss zurück will auch die Zeit, die dahinter steht, zurück will. Und da steckt der große Irrglaube.


    Sicher, es gibt möglicherweise ein paar Spinner, die dann gerne wieder den Kaiser auf den Thron setzen würden. Aber das sind vielleicht 0,1% der Schlossbefürworter. Ich glaube, die meisten Unterstützer des Schlosses setzen sich aus ästhetischen Gründen für den Bau ein, so wie ich übrigens auch. Ferner spielt sicher auch eine Rolle, dass es meiner Meinung nach wichtig ist, dass die Zeitschichten in der Stadtentwicklung ablesbar bleiben und man eine mehrere hundert Jahre dauernde Entwicklung nicht völlig negiert.


    Dies ist auch der Grund, warum ich mir z.B. vorstellen könnte, den Palast der Republik irgendwann an einer anderen Stelle zu rekonstruieren, weil ich es wichtig finde, dass auch diese Zeitschicht im Berliner Stadtbild vertreten bleibt.


    Ich finde diese teils plumpe Generalisierung in der Debatte einfach unglaublich schade, als ob wenn da 10 Räume rekonstruiert würden plötzlich die Monarchisten in Scharen kommen und irgendwem im Thronsaal da eine Krone aufsetzen wollen. Nein, es geht einfach darum, Geschichte erlebbar zu machen und ästhetische und künstlerische Leistungen der vergangenen Generationen wieder ins Gedächtnis der Allgemeinheit zurück zu holen. Jeder, der da ständig mehr hinein interpretiert, ist glaube ich völlig am Thema vorbei!

  • ^
    Die Residenz in Würzburg (seit 30 Jahren Weltkulturerbe) wird auch nach und nach in den Innenräumen rekonstruiert. Aber es war nie geplant darin das Museum Frankens aufzubauen. (Kommt jetzt in die Festung Marienberg) Das Humboldt Forum hat einen bestimmten Zweck wie Camondo schon aufgezeigt hat. Da hat wilhelminisches Blattgold wenig verloren.


    Bitte überflüssiges Zitieren vermeiden. Danke
    Bato

  • Einer der großen Fehler der Modernisten ist, dass sie ihre Lösungen für das Ende der Geschichte halten. Es ist doch nachgerade sicher, dass auch das Humboldtforum einstmals anderen Zwecken dienen wird als momentan geplant.
    Das zeigt sich ja schon vor der Fertigstellung im Berliner Teil des Hauses, der umgebaut wird bevor das Museum öffnet. Und die Museumsdidaktik ist vielen Änedrungen unterworfen - keiner weiss, was in 10 oder 20 Jahren als modernes Museum gilt. Deshalb is es natürlich auch gut möglich, dass einzelne Räume im Original wiedergewonnen werden - das hat weder etwas mit "wilhelminischem Blattgold" noch mit der Monarche zu tun, sondern mit der Geschichte des Ortes.

  • @ Camondo:


    Offenbar hast du meinen Beitrag völlig falsch interpretiert. Ich schrieb darin nur, dass man die wichtigsten Innenräume später immer noch wiederherstellen kann. Warum du dies als "Rekonstruktion des Hohenzollernschlosses" und "nicht politisch erwünscht" liest, bleibt dein Geheimnis. Abgesehen davon muss ein wiederhergestellter Innenraum die museale Nutzung nicht gleich ausschließen.

  • ^Architektator


    Ich habe Ihr Statement ganz genau so verstanden.
    Nur Sie können sich nicht vorstellen, dass eine Rekonstruktion ganzer Säle und Räume vielleicht gar nicht gewünscht ist, vielleicht weil so etwas garnicht in Ihr Weltbild passt, dass es Menchen geben könnte die das nicht für erstrebenswert halten.
    Aber das ist nicht weiter schlimm.
    Ich freue mich auf das Humboldt Forum so wie es geplant und umgestezt wird, das sollten Sie auch.

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  • Die Ostfassade nach dem Entwurf von Kleihues+Kleihues hätte mich eher angesprochen.


    Diese Stufen erinnern an ein Bauvorhaben aus einem anderen Berliner Thread, welches dort gerne mit Plattenbauten verglichen wird - eine einfallslose Idee, die nicht einmal die im Barock übliche Symmetrie bietet, welche die Stella-Fassade zumindest hat.


    Es wird hier viel über die Authentizität diskutiert - in Warschau wurden die Innenräume rekonstruiert und gut ist. Hier kann man es nachträglich nicht machen, da die Grundrisse andere als vor der Zerstörung sein werden. Man könnte aber in einigen besonders stark frequentierten Räumen einige Elemente früheren Dekors nachbauen - um zu zeigen, wie sie einmal aussahen.


    Mir kommen die Bauten der Plaza de España in Sevilla in den Sinn - die Treppenhaus-Decke (#35) erinnert an Decken Maurischer Paläste Andalusiens. Es gab nie einen Kalifen unter ihr, doch sie ist dadurch authentisch, dass sie an das architektonische Erbe der Region anknüpft. Es wird etwas gezeigt - geht es nicht darum in Museen, wie sie für das Humboldt-Forum geplant sind?
    Die Lösung ist in den 1920er Jahren entstanden, in der gleichen Zeit wie Bauhaus - sie müsste also als zumindest genauso zeitgemäss betrachtet werden.

  • Camondo, nicht so ideologisch. Die Nutzung des Humboldtforums ist nicht in Erz gegraben und ändert sich ja schon vor der Eröffnung (berliner Teil). Das zeigt, dass das Haus auch in Zukunft Wandlungen erfahren wird (nur für die unverbeserlichsten Modernisten ist die zeitgenössische Architektur das Ende aller Dinge). Es wird sich die Austellungstechnik ändern und so der Bau in 30 Jahren ganz anders genutzt werden.
    Hierbei kann es auch gut sein, dass die Menschen wissen und sehen wollen wie der Weiße Saal aussah oder die Schwarze Adlerkammer. Mit dem Wunsch solche Räume wie den neuen Flügel des Charlottenburger Schlosses wiederzugewinnen muss man nicht immer gleich ein "Weltbild" verbinden und den Leuten, die solche Wünsche äußern, irgendetwas Böses unterstellen.

  • Camondo, nicht so ideologisch.


    Das ist nicht idelogisch. Ich versuche nur den gesellschaftlichen Konsens der die Wiedererichtung der 3 Fassaden, der Kuppel und des Schlüterhofes gewährt, nicht mit hinterhergeschobenen Maximalforderungen das Umfeld und die Innenräume betreffend zu gefährden. Ich sagte es schon mehrmals, dass mir dem Humanismus gegensätzliches wie Ideologie nur widerstrebt.

  • Dieser Konsens war und ist nie gefährdet. Von der PDS bis zur CSU haben die Abgeordneten von derweil drei deutschen Bundestagen mit zunehmend großer Mehrheit zugestimmt. Du musst nicht eine Gefährdung konstruieren, wo keine ist.
    Auch eine originalgetreue Wiederherstellung des Weßen Saales, in dem nach 1945 noch international beachtete Austellungen stattfanden (mit Leihgaben aus dem Louvre) würde diesen Konsens nicht im geringsten gefährden.