Wilhelmstraße - Plattenbaumoderne vs Neubebauung

  • DDR-Luxus weicht heutigem "Luxus"


    In der Nähe des Leipziger Platzes, in der Wilhelmstr. 56-59 soll der ganze Wohnblock (einer der DDR Vorzeigeplattenbauten) zugunsten eines "Luxus"-Boardinghouses abgerissen werden. Fast die Hälfte des Hauses ist schon entmietet. Brisante Geschichte wegen der restlichen Mieter aber rein ästhetisch begrüße ich das Vorgehen.


    Interessant auch die Erwähnung der Machbarkeitsstudie für Block 5, Ecke Voßstraße Gertrud-Kolmar-Straße. Hier ist die Rede von einem 16-geschossigen Hochbau mit anschließender 6-geschossiger Bebauung.


    Filmchen mit Visualisierung des geplanten Neubaus.
    http://mediathek.rbb-online.de…ieter?documentId=11874010


    und der Berliner Kurier berichtet
    http://www.berliner-kurier.de/…ter,7169128,16491650.html

  • Luxus?

    Also hier wird mal wieder Schwarz/Weiss Malerei vom Feinsten betrieben.


    1. Die Wohnungen sind in der Tat günstiger Wohnraum
    2. Die Gebäude an Sich sind allerdings in der Tat alles andere als Repräsentativ für die Stadtmitte - ich will es kurz machen, die Klötze sind einfach nur hässlich
    3. Eine Aufwertung in dieser Gegend halte ich für Sinnvoll


    Allerdings und hier ist nunmal ein fehlendes Stadtentwicklungskonzept die Ursache und der Hase im Pfeffer:


    1. Bezahlbarer Wohnraum muss nicht zwangsweise mit hässlichen Fassaden und Gebäuden einhergehen.
    2. Hier wäre auch eine Kluge Subventionspolitik gefragt, die bezahlbaren Wohnraum genauso im Auge hat, wie das Stadtbild und damit die Architektur im Einklang mit der Umgebung.
    3. Logisch wäre doch eine Entwicklung bei der man tendenziell darauf abziehlt und etwas teureren "anspruchsovolleren" Wohnraum in der Stadtmitte toleriert und gleichzeitig
    4. bezahlbaren Wohnraum Stadtnah fördert so das eine Ghettorisierung in dne Aussenbezirken verhindert wird.



    All das lässt die Stadtentwicklung (egal welcher Partei) seit Jahren vermissen. Auch eine Integration von Bestandsbauten vor 1925 in das Stadtbild bzw. der Bestandsschutz historischer Fassaden scheint keine Priorität zu haben.


    ironson: Bitte iRonson - Wir wissen jetzt das die Schwaben die besseren Menschen sind - in Berlin finde ich es gerade wichtig das es eine Auseinandersetzung um die Beste Lösung gibt und nicht nur alles abgenickt wird - außerdem sind wir beide nicht betroffen - da lässt sich leicht reden.

  • Obwohl ich nicht unbedingt Freund von Plattenbauten bin (vorallem jene, die noch so aussehen wie in den 80ern), bin ich nicht 100%ig für einen Abriss besagter Bauten. Sie sind nicht hübsch, was aber eher an der Fassadengestaltung liegt.


    Wenn man die Fassade umbauen würde (und nicht nur in eine andere Farbe streichen!), die Grundrisse ändert, die unteren beiden Etagen optisch und funktional zusammenfassen würde und die Fenster vergrößert/neu ordnet und die Fassade farblich etwas gediegener in Richtung weiß oder andere helle Farben streichen würde, dann wären das Bauten mit einer Menge Potential und wahrscheinlich billiger als ein Abriss.


    Ich hoffe, daß man mit den Plattenbauten gleichen Typs im Block gegenüber wenigstens so verfahren würde.

  • Ob die Platten hässlich sind, empfindet jeder anders, ich find sie jetzt nicht so schlimm. Sicher erwartet man im Zentrum einer von Millionen Touristen gestürmten internationalen Top-Metropole wie Berlin ein anderes Straßenbild und solch schnöde Ostplatten passen da nicht rein. Da muss mehr Glanz her, was fürs Auge, mehr „Wow´s“ und „Boah´s“ und vor allem mehr KlingKlong in der Kasse der Grundstückseigentümer und Immobilienbesitzer … jaja ich weiß;).


    Ich will bei der ganzen Geschichte, die sich hier anbahnt, nicht HURRA schreien. In allen Medien flattert einem das Thema Wohnraumverknappung in der Innenstadt um die Ohren und da soll ohne Not ein intakter, gerade einmal 22 Jahre alter Wohnblock abgerissen und statt dessen ein Büro- und Boardinghouse (eventuell mit ein paar wenigen Eigentumswohnungen) errichtet werden, mit dem sich sicher wesentlich mehr Geld verdienen lässt, als mit der schnöden Platte. Das ist Wohnraumvernichtung und trägt dazu bei, den Wohnungsmarkt noch weiter anzuheizen.


    Jaja der private Besitzer kann natürlich mit dem Grundstück und den Gebäuden machen, was er will, und irgendwelche Zusatzklauseln zu Verträgen, die dem Besitzer verbieten die Miete aus Gründen XY zu erhöhen, sind das Papier nicht wert, auf dem sie stehen, denn es gibt immer einen Weg, diese zu umgehen. Aber warum hat denn eigentlich die städtische WBM die Wohnblöcke 2004 überhaupt verkauft? Da fing es doch schon an. Die wollte doch auch nur das Potenzial der Top-Lage ausnutzen und Geld verdienen. Aus heutiger Sicht eine unverantwortliche Politik. Die Sache in der Wilhelmstraße ist nur die Folge davon. Natürlich zuckt der Senat nun mit den Schultern … er kann ja leider nichts machen. Ich finde das alles sehr ärgerlich. Ich hoffe, die Mieter kämpfen weiter und die B.Ä.R. beißt sich an ihnen die Zähne aus.

    Einmal editiert, zuletzt von Gast14Jan ()

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    Tja, da sieht man eigentlich, daß die städtische WBM nicht langfristig planen und dementsprechend handeln kann. Sonst hätte sie ja selbst betreffende Gebäude sanieren können (ein Vorschlag wie, siehe mein Beitrag 309) und sich aufgrund der Lage (Innenstadt) und der Nutzung (Wohnen, Geschäfte, Gastronomie etc.) die Kosten auf längere Sicht wieder reinbekommen und später vielleicht auch Gewinn gemacht. Sicherlich wäre das natürlich langfristiger gewesen, hätte erstmal Kosten verursacht und wohl auch Kritik bekommen, aber man hätte die Gebäude erhalten können und was draus machen können (auch wenn sich die Mieterstruktur trotzdem geändert). Chance verpasst für einen kurzfristigen Gewinn durch den Verkauf. Schade.

  • Meiner Meinung wird es aber auch Zeit dass diese Bauten langsam aber sicher weichen, spätestens mit der Vollendung des Leipziger Platzes, wird nun eine überfällige Dynamik in die längst mehr als diskussionswürdige Immobiliensituation gebracht.
    Natürlich habe ich vollkommenes Verständnis für die dort wahrscheinlich vorwiegend sozialschwachen Mieter.
    Jedoch frage ich mich ob Sozialbauten dieser Qualität derart zentral angesiedelt werden müssen und ob man sich als Mieter nicht schon selbst aus der Entwicklung ringsherum einen Reim hätte machen können.
    Auch ich bin kein Freund von Plattenbauten, spreche ihnen jedoch nicht völlig die Existenzgrundlage ab, aber an so einer exponierten Lage haben sie meiner Meinung nach nichts zu suchen.
    Diese Wohnungen stehen nunmal auf einem sehr wertvollem Boden und ich finde jedwede Entwicklung zu einer wertigeren Bausituation für Berlin mehr als angemessen.


    Diese Entwicklung könnte man als "alternativlos" betrachten.

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    Hauptkritikpunkt beim Thema Gentrifizierung ist ja meistens, dass sozialschwache Mieter aus dem Zentrum an Randgebiete der Stadt verdrängt werden und es so zur Ghettoisierung dieser kommt - mit der Folge, dass soziale Brennpunkte à la Banlieues in Paris entstehen die irgendwann kaum mehr kontrollierbar sind. Die Kosten die der Allgemeinheit dadurch entstehen werden dann sozialisiert, die Gewinne der Immobilienbesitzer in der City privatisiert.
    Vielleicht wäre ein Mittelweg angebracht. Die "goldene" Hand des Marktes führt nicht immer zum für alle Beteiligten besten Ergebnis.


    Von daher kann ich den vorigen Beiträgen größtenteils zustimmen. Es gibt sicherlich schlechtere Plattenbausiedlungen in der Stadt. Hier hat man sogar, im Gegensatz zur Leipziger Straße, Traufhöhen der Umgebung aufgenommen und sich bei der Fassadengestaltung vom monotonen Plattenstyle der Vorjahrzehnte gelöst. Fraglich ist, ob die Besitzer den Sanierungsaufwand auf sich aufnehmen wollen wenn durch Verkauf an Projektentwickler womöglich bessere Renditen zu erzielen sind.

  • Ich frage mich jedes Mal wenn ich in Berlin bin, wann endlich diese potthäßlichen Zentrumsplatten abgerissen werden. Jedes, wirklich jedes Gebäude wäre passender als diese Abgründe des DDR-Plattenbaukastens. Dass nun endlich Pläne auf dem Tisch liegen zumindest einem Teil dieser Dinger den Garaus zu machen ist sehr begrüßenswert. Allerdings wäre es wie schon angesprochen in der Tat am besten für die Stadt, wenn hier stattdessen nicht weitere Eigentumswohnungen für die Upperclass, sondern bezahlbare Wohnungen für die Mittelschicht entstehen würden.

  • Richard Neutra
    eigentlich, und eingedenk der großen tradition der wilhelmstraße als regierungsstraße... wäre hier der adäquate ort um ministerien anzusiedeln. es gibt ja noch mehr als die hälfte davon in bonn.

  • Ich kann diesen Argumenten, von Ghettoisierung und Vertreibung, was die kommende bauliche Aufwertung der Wilhelmstrasse betrifft nicht folgen. In meinen Augen ist gerade diese Gegend dort von Anfang an als Ghetto gedacht gewesen, und zwar für die DDR-Nomanklatura, also für privelegierte SED- und Stasi-Chargen. Kein Normalberliner hätte dort, in Mauernähe, eine Wohnung zu Ostzeiten bekommen. Und nun sind eben die Zeiten für diese Herrschaften vorbei und mit ihnen die geliebten Privilegien... Auch der Hinweis auf die Banlieues de Paris greift voll daneben, denn die die dort wohnen, haben niemals neben dem Eifelturm oder am Louvre gewohnt...

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    Noch dazu kommt ja, WER modernisiert und damit Gentrifizierung begünstigt. In Marzhan wurde und wird ja auch modernisiert und es werden die alten Mieter nicht verdrängt, eben weil die Modernisierungen meist von Wohnungbaugesellschaft/-genossenschaften durchgeführt werden.

  • ..... Und nun sind eben die Zeiten für diese Herrschaften vorbei und mit ihnen die geliebten Privilegien...


    Hast du die letzten 20 Jahre auf einer abgelegenen Insel verbracht und jetzt erst gemerkt, dass die Mauer gefallen ist?

  • Diese Platten, die einigen hier so in den Augen brennen, hat die Geschichte nun mal an dieses Ufer gespült und da stehen sie nun an dieser prominenten Ecke und bieten Wohnraum - ob alten Bonzen oder Kadern, ob sozial schwach (kann ich mir nicht vorstellen) oder nicht - egal, es ist Wohnraum mitten im Zentrum, und der ist knapp! Als Stadt hätte ich alles versucht, diesen zu erhalten - nein statt dessen wurde 2004 verkauft um das Profitpotenzial, welches diese Ecke bietet, abzuschöpfen. Nun ist der Zug abgerauscht. Ein privater Besitzer hat natürlich an dieser Stelle ganz andere Interessen, als das Gemeinwesen Stadt. Jedenfalls ist es mir, als Teil dieses Gemeinwesens schnuppe, ob nun irgendwelche Investoren an der Wilhelmstraße die Möglichkeit erhalten, das Maximale aus der Top-Lage im Herzen der Stadt herauszuholen, aber ich hab ein großes Interesse daran, dass der Wohnungsmarkt nicht durch unnötige Vernichtung von intaktem Wohnraum noch weiter angeheizt wird - egal wie die Platte in der Wilhelmstraße aussieht! Darum gehts, nicht um irgendwelche unverschämten Mieter - womöglich alte Kommunisten, die verbiestert ihre alten Privilegien verteidigen ... wie verblendet muss man sein, um so zu denken.:nono:

  • @ ARCADIEN: Es gibt ja bereits die Landesvertretungen nebenan, da wäre ein bisschen Durchmischung mit Wohnbebauung auch weiterhin nicht schlecht. Weitere Ministeriumsbauten kann man meiner Meinung nach eher weiterhin im Spreebogen und Umgebung ansiedeln.


    @ Gast14Jan: Die Ästhetik sollte an so einer besonderen Lage schon eine Rolle spielen, Wohnraummangel hin oder her. Sonst könnten wir auch einfach ein paar Wohnplatten in den Tiergarten oder auf den Platz der Republik stellen, Platz wäre ja genug vorhanden.

  • @ Gast14Jan: Die Ästhetik sollte an so einer besonderen Lage schon eine Rolle spielen, Wohnraummangel hin oder her. Sonst könnten wir auch einfach ein paar Wohnplatten in den Tiergarten oder auf den Platz der Republik stellen, Platz wäre ja genug vorhanden.


    mittlerweile schon fast OT: die Ästhetik sollte natürlich idealerweise überall eine Rolle spielen - ohne Frage, aber das, was schon dasteht, kann maximal aufgehübscht werden. Moden, Geschmäcker und Umstände ändern sich bekanntlich und was heute als schön gilt, kann morgen schon in Ungnade gefallen sein. Aber Abrisse allein aus ästhetischen oder Profitsteigerungs-Gründen, wenn die Gebäude ansonsten funktional in Ordnung sind, sind höchst fragwürdig.

  • Richard Neutra


    ja ich weiss dass die landesvertretungen um die ecke sind. aber dies war nie eine wohngegend sondern immer der standort von ministerien, des reichspräsidentenpalais, des reichskanzlerpalais, verschiedener institutionen, hotels, einer kirche etc. erst die ddr hat hier ganz bewusst diese wohnblöcke hochgezogen, das heisst ja nicht dass es für immer so bleiben muss, oder?

  • Ostberlin - Wahnsinn

    Den Vorschlag mit den Ministerien finde ich sehr gut.


    Natürlich muß die jetzige Bebauung noch mindestens 10 Jahre so stehen bleiben, aus naheliegenden Gründen. Vor allem aber, weil ich nicht Verschandelung auf West-Niveau haben möchte. Die DDR-Bauten als Müll zu bezeichnen ist völlig absurd. Das sind noch die besten Plattenbauten, die Ostberlin zu bieten hat. Es ist dekadent, sie schnell abzureißen, und es besteht die Gefahr, daß dort Müll auf Westniveau hinkommt.


    Man sollte nicht nur hier warten, bis Berlin wieder stärker es selbst geworden ist und später die Qualität allgemein steigt. Die Plattenbauten auch anderswo haben vor allem den Sinn, Schlimmeres auf Westniveau zu verhindern. Ministerien wären eine tolle Sache. Natürlich auch noch anderes. Aber zumindest zum Teil eine Wiederherstellung der alten DNA.

  • Leute, die fraglichen Platten sind größtenteils Eigentumswohnungen. In jedem Fall im Privatbesitz. Deshalb wird da vorest garnix abgerissen.